Data Loading...
Corax 10/2004 Flipbook PDF
CORAX Fachmagazin für Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen Ausgabe 10/2004
251 Views
51 Downloads
FLIP PDF 927.68KB
www.rabenstueck.de
13. Jahrgang • 2004 • Nr. 10
CORAX
Magazin für Kinder- und Jugendarbeit
• Jugendsozialarbeit im Spannungsfeld aktueller Arbeitsmarktpolitik • Wege in Arbeit und Beruf • KJHG als Garant für Vielfalt von Angeboten • Rechtsextremismus im ländlichen Raum• • www.rabenstueck.de corax 10/2004 • 1
aufgefallen
Die Tragödie liebt uns Theater der Gedanken von Frank Castorf.
D
ass die Welt auf einen Abgrund zu treibt, können wir jeden Tag in der Zeitung lesen. Die ausweglos scheinende ökonomische Strukturkrise und das exponentielle Wachstum fundamentalistischen Terrors zeigen, dass wir von dem nach dem Ende des kalten Krieges vorschnell ausgerufenen Ende der Geschichte weit entfernt sind. Das Theater thematisiert diesen Abgrund seit über 2 500 Jahren in der Tragödie, deren Aufgabe es ist, eine perfekte Ausweglosigkeit zu suggerieren. Der Trost, den diese ehrwürdige Theaterform heute liefern kann, liegt in der Erfahrung, dass die Welt schon 1 000 mal auf einen Abgrund zugetrieben ist und immer noch existiert. Wir denken an die Formel des späten Heidegger: Nur ein Gott kann uns retten. Aber auch daran, dass der aktuelle Abgrund immer der tiefste ist. Wir selbst haben das auch schon bei der Atombombe, bei den Atomkraftwerken, beim Natodoppelbeschluss oder bei Aids gesagt. Es trifft immer zu und nicht zu. Das Theater der Apokalypse braucht wie der Katastrophenfilm immer neue Überbietungen. Die Horrorszenarios gleichen sich immer und laufen immer wieder auf die gleiche tragische Formel hinaus: Jeder Versuch, die Katastrophe abzuwenden, führt sie herbei. Der wilde Streik der Opelarbeiter in Bochum etwa führt dazu, dass das dortige Werk als erstes geschlossen
wird. Oder: jede Maßnahme von George W. Bush im Kampf gegen den Terrorismus produziert 100 000 neue Selbstmord-Attentäter. Solche Sätze sind ziemlich niederschmetternd, wahrscheinlich besonders für Menschen, die in einen Land leben, von dem – noch vor gar nicht langer Zeit – einige der größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte ausgegangen waren und das dafür – einmalig in seiner Geschichte – mit bald 60 Jahren Frieden, Freiheit und einer wie auch immer schwankenden Prosperität belohnt wurde. Ein müde gewordener, ehemals sehr erfolgreicher Tragödienregisseur, der jetzt in der Toskana sein Leben damit verbringt, hochwertiges extra jungfräuliches Olivenöl zu erzeugen, erscheint mir manchmal im Traum und erzählt immer dasselbe, ungefähr so: „Was man auch tut, was man auch unternimmt, führt grundsätzlich zu nichts Gutem. Diese Vorstellung, dass man im Grunde genommen nichts tun kann, und wenn man etwas tut, man im Verbrechen endet, diese entsetzliche Wahrheit müsste eigentlich zum sofortigen Selbstmord der Menschheit führen, würde sie ernst genommen. Sie wird im Theater so schonungslos und rücksichtslos und so bewegend und so wahr durch Lüge zum Ausdruck gebracht, dass sich eine lähmende Hoffnungslosigkeit über den Zuschauerraum und über die Theatermacher selber herniedersenkt.
2 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
Und dann gibt es einen Moment, den kann man organisieren, aber er ist glückhaft, wenn er eintritt, einen Moment, wo diese Hoffnungslosigkeit seltsamerweise umschlägt in die Bereitschaft, genau dieses Schicksal, diese Dichotomie der menschlichen Existenz auf sich zu nehmen und zwar freudig und hoffnungsvoll.“ Er sagt’s und verschwindet hinter einem Lenindenkmal, auf dem ein Wort eingraviert ist und ein Satz: Katharsis – durch Leiden lernen. Jetzt endlich wache ich auf. In mir wächst die Einsicht: Die Welt existiert nur, wenn sie auf der Kippe steht. Genau wie wir selbst. Es geht immer ums Ganze. Solange es uns gibt, gibt es die Tragödie. Wir brauchen sie. Und sie liebt uns. Frank Castorf ist Intendant der Volksbühne am Rosa-LuxemburgPlatz in Berlin. Aufgefallen: Me inung in der Berliner Zeitung Zeitung. – 60(2004)249 vom 23./24. Oktober 2004, S. 4
Weitere Informationen unter www.berliner-zeitung.de
seitenweise drehscheibe_jugend KJHG als Garant für eine Vielfalt von Angeboten
Aus dem Nest gekrächzt … Positions-
papier zum Kinder- und Jugendhilfegesetz Seite 19
drehscheibe_jugend [email protected]
thema Was soll Jugendsozialarbeit unter Hartz IV leisten? Jugendsozialarbeit im Spannungsfeld aktueller Arbeitsmarktpolitik ab Seite 4
thema
Seismographen der Gesellschaft DKHW stellt „Kinderreport Deutschland 2004“ vor Seite 21
drehscheibe_jugend Kita für Mama und Papa Familienbildung in Kooperation mit Kindertagesstätten Seite 23
drehscheibe_jugend
Wege in Arbeit und Beruf Acht-Punkte-Plan der Bundesagentur für Arbeit zur Integration von jungen Menschen ab Seite 13
Opstapje – Schritt für Schritt Präventives Förderprogramm für sozial benachteiligte Kinder und ihre Familien Seite 25
forum
drehscheibe_jugend
Studie: Schule – und dann? Themenschwerpunkt des DJI im Netz Seite 16
forum Mehr Informationen für Berufswahlentscheidungen Diagnose berufsbezogener Arbeitsmarktentwicklungen Seite 17
forum „Doppelt gemoppelt“ Sozial Benachteiligte absolvieren seltener eine Höherqualifizierung Seite 17
forum Berufliche Bildungsperspektiven Aktuelle Handlungsfelder zur Optimierung des Systems der Beruifsausbildung Seite 18
Fachtagung: „Rechtsextremismus im ländlichen Raum“ Eine Veranstaltung der Evangelischen Akademie Meißen, in Kooperation mit der Sächsischen Landjugend e. V. und dem Pro Jugend e. V. ab Seite 26
drehscheibe_jugend Zwischen Eminem und Picasso Erste bundesweite Umfrage zum kulutrellen Interesse bei Jugendlichen erstellt Seite 31
marktplatz Verlagsangebote. Aktuelle Bildungsangebote. Literaturtipps für die Fortbildung. Ausblicke. Impressum. ab Seite 34 und viele weitere Infos …
L
iebe Leserin, lieber Leser, zwar haben die wieder aufgelebten „Montagsdemonstrationen“ gegen die „Hartz IV“-Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung mittlerweile wieder abgenommen, doch sieht sich die Regierung bemüßigt zu erklären: „Missverständnisse und Gerüchte, aber auch falsche Informationen beeinflussen die öffentliche Diskussion zu Hartz IV. So entsteht eine Debatte, die nicht selten auf Irrtümern beruht und zur Verunsicherung beiträgt. Um den Dialog über diese wichtige Arbeitsmarktreform zu versachlichen, werden hier die wichtigsten Fragen beantwortet und Fakten dargestellt.“ (www.bundesregie rung.de/Politikthemen/Arbeitslosengeld-II-Hartz-IV-,11902/ Fakt-ist-....htm). Auch die Jugendberufshilfe als Teil der Jugendsozialarbeit sieht sich ab dem nächsten Jahr einer Neupositionierung gegenüber, „weil mit der vorrangigen Zuständigkeit der Arbeitsagentur für den Personenkreis der erwerbsfähigen jungen Menschen eine Aufgabenüberschneidung zum § 13 KJHG eintritt. Einer Verstetigung der gewohnten Angebote der Jugendberufshilfe steht damit ein gesetzlich neudefiniertes Arbeitsvermittlungs- und Existenzsicherungsmonopol in Gestalt der Jobcenter der Arbeitsagenturen bzw. Optionskommunen gegenüber“ (Prof. Dr. Peter Schruth in dieser Ausgabe). Wir versuchen mit dieser Ausgabe für einige Klarheit zu sorgen. Natürlich wieder zahlreiche Anregungen und insgesamt Lesevergnügen, herzlichst
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 3
thema
Was soll Jugendsozialarbeit unter Hartz IV leisten? Jugendsozialarbeit im Spannungsfeld aktueller Arbeitsmarktpolitik.
verpflichtung vorstelle, um dann auf die sich daraus ergebenden Einmischungschancen der Jugendsozialarbeit zu sprechen zu kommen.
M
Junge Arbeitsuchende im Kontext des SGB II
it der Agenda 2010 und insbesondere dem Sozialgesetzbuch Buch II (SGB II) ist die Jugendberufshilfe als Teil der Jugendsozialarbeit ab Beginn des nächsten Jahres zu einer Neupositionierung gezwungen, weil mit der vorrangigen Zuständigkeit der Arbeitsagentur für den Personenkreis der erwerbsfähigen jungen Menschen eine Aufgabenüberschneidung zum § 13 KJHG eintritt. Einer Verstetigung der gewohnten Angebote der Jugendberufshilfe steht damit ein gesetzlich neudefiniertes Arbeitsvermittlungsund Existenzsicherungsmonopol in Gestalt der Jobcenter der Arbeitsagenturen bzw. Optionskommunen gegenüber. Dies drückt sich gesetzlich mit dem § 3 Abs.2 SGB II insoweit deutlich aus, als alle erwerbsfähige Arbeitsuchende im Alter von 15 bis 25 Jahren dem gesetzlichen Zwang unterworfen sind, sich unverzüglich in Beschäftigung, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit vermitteln zu lassen. Akzeptieren diese jungen Menschen nicht die ihnen angebotenen Vermittlungen, weil sie beispielsweise auf ihren erhöhten Unterstützungsbedarf mittels Angeboten der Jugendsozialarbeit bestehen oder einfach nicht genügend mitwirkungsbereit sind, kann der Entzug der existenzsichernden Geldleistungen durch die Arbeitsagentur sanktioniert werden. Jungen Menschen droht per Gesetz die materielle und soziale Desintegration. Was bleibt da noch für die Jugendsozialarbeit und der Verstetigung der Jugendberufshilfe, wenn es deren gesetzlicher Auftrag ist, sozialen Desintegrationen junger Menschen durch sozialpädagogische Hilfen zu begegnen? Von der dem SGB II zugrunde lie-
genden Theorie des aktivierenden Staates und des Workfare sind nicht nur die 15- bis 25-jährigen Arbeitslosen, soweit sie sich bei der Agentur arbeitssuchend melden, unmittelbar betroffen, sondern auch eine über Jahrzehnte gewachsene Träger- und Angebotsstruktur der Jugendsozialarbeit mit einem besonderen Jugendhilfeprofil und entsprechenden Standards, fachlichen und methodischen Prinzipien. Offensichtlich ist, dass die gesetzlichen Selbstverständnisse des KJHG und des SGB II nicht übereinstimmen, sich in tragenden Punkten – wie z. B. dem Entwicklungsbegriff der Persönlichkeit nach § 1 KJHG – sogar diametral gegenüberstehen. Die Frage wird sein, • ob der Jugendhilfe in der gesetzlichen Aufgabenstellung der Jugendsozialarbeit eine bedingte Vorrangstellung zu den Aufgaben nach dem SGB II zukommen kann, • ob und wie Jugendämter in den Arbeitsgemeinschaften der Agentur kooperieren können, • inwieweit und unter welchen Bedingungen in diesem Zusammenhang private Träger mit ihren schulischen und beruflichen Ausbildungs- und Beschäftigungsangeboten beteiligt werden und • wie letztlich vermieden werden kann, dass junge Menschen mit einem Hilfebedarf nach Angeboten der Jugendsozialarbeit zusätzlichen Existenzgefährdungen durch die strengen Sanktionen nach dem SGB II ausgesetzt sind. Mit meinem Beitrag will ich aus rechtlicher Sicht zur Klärung dieser Fragen und damit zur Positionierung der Jugendsozialarbeit im Schatten des SGB II beitragen, indem ich zuerst das Grundverständnis des SGB II und die im Gesetz enthaltene Aufgaben-
4 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
Für junge Arbeitsuchende nach Erfüllung der Schulpflicht verändert sich mit dem Inkrafttreten des SGB II ab 2005 radikal die Bedingungen ihrer materiellen Existenzsicherung. Das SGB II ist das gesetzgewordene Nadelöhr der Existenzsicherung auf Sozialhilfeniveau für junge Menschen, die erwerbsfähig sind und über kein weiterführendes schulisches bzw. berufliches Angebot verfügen. Wenn die Fachkräfte in der Jugendsozialarbeit Recht haben mit ihren häufigen Alltagsbeschreibungen vom Abtauchen junger Menschen mit sozialen Benachteiligungen bzw. individuellen Beeinträchtigungen, weil sie genug von den Bevormundungen der Erwachsenen haben, wenn sie berichten von einem Leben junger Menschen unter persönlichem und ökonomischem Druck bzw. berichten von deren Vorstellungen, sich alles offen zu halten im Sinne von Null-Bock und No Future, wenn sie erzählen von denen, die sich selbst mit niedrigschwelligen Jugendhilfeangeboten nicht mehr erreichen lassen und aus der Ferne deren nahezu erzwungenen prekären Verselbständigungen beobachten und wie sie sich in den engen, nicht kontrollierten Zwischenräumen vornehmlich der Städte aufhalten und durchschlagen, dann sind wir im Kernbereich der Aufgabenstellung der Jugendsozialarbeit nach dem KJHG. Und dieser Kernbereich der Jugendsozialarbeit bewältigt seine besonderen Arbeitsanforderungen der sozialen Integration in den seltensten Fällen allein mit Ausbildungsplatz- und Lohnarbeitsangeboten, sondern regelmäßig aus der spezifischen Verknüpfung mit sozialpädagogischen Inhalten, mit Freiwilligkeit und Ver-
thema Wir ergänzen den Beitrag mit den zusammenfassenden Vortragsfolien zu „Grundsicherungfür Arbeitssuchende ALG II und Sozialgeld nach dem SGB II“ von Harald Thomé , Referent für Arbeitslosen- und Sozialhilferecht aus Wuppertal, die er uns freundlicherweise zur Veröffentlichung zur Verfügung stellte. trauen, mit kontinuierlichen Begleitungen nur ganzheitlich formulierbarer Perspektiven in jedem Einzelfall. Was bietet demgegenüber das SGB II diesen jungen Menschen, die bislang auf Angebote der Jugendsozialarbeit weitgehend angewiesen waren?
Grundverständnis des SGB II Das SGB II ist m. E. nicht als Differenz zur Jugendhilfe zu verstehen, wenn man sich nicht das Grundverständnis der Agenda 2010 verdeutlicht. Und eine Klarstellung dieser Differenz braucht es, um den Bedingungen zukünftiger Verstetigungschancen der Jugendberufshilfe auf die Spur zu kommen. Beruhte das traditionelle Sozialstaatsverständnis noch auf der Übereinkunft, dass sozialstaatliche Umverteilung keine Fürsorgeleistung des „väterlichen Staates“ gegenüber seinen Untertanen ist, sondern der Sozialstaat im Bedarfsfall eine Bringschuld gegenüber seinen Bürgern zu erfüllen hat, so beruht der der Agenda 2010 zugrundeliegende „aktivierende Staat“ auf anderen Prämissen: die Rechte des Einzelnen seien überbetont, seine Pflichten vernachlässigt worden. Marktdruck und soziale Risiken sollen den einzelnen wieder unter Druck setzen. Wer im Falle der Arbeitslosigkeit „zumutbare Arbeit“ nicht annimmt, zeige wenig Gemeinsinn und müsse damit rechnen, dass sein Beitrag zum Gemeinwohl erzwungen werde. Aus der uns als Grundformel Sozialer Arbeit altbekannten „Hilfe zur Selbsthilfe“ wird mit diesem Selbstverständniswechsel des Staates „Hilfe im Wettbewerb“ um die schnellstmögliche Beendigung der Hilfebedürftigkeit durch entweder nicht und schon gar nicht in dem erforderlichen qualitativen Um-
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 5
thema zwang gesprochen, sondern von Fördern, von Hilfe in dem Sinne, dass verschiedene Arbeits- und Ausbildungsprogramme dem Wohlfahrtsempfänger helfen sollen, Zugang zu regulärer Arbeit zu finden. Dem Workfare-Ansatz liegt die Unterstellung zu Grunde, Sozialhilfeempfänger/innen könnten zwar arbeiten, täten dies aber nicht, da sie in einem Leben mit Unterstützung kognitiv und affektiv gefangen seien (s. g. Armutsfalle). Aus dieser Unterstellung werden üblicherweise zwei Strategien abgeleitet, die miteinander kombinierbar sind: Zum einen Sozialleistungen zu kürzen und zu streichen, um damit die Möglichkeit eines arbeitsfreien Einkommens zumindest zu reduzieren und den Zwang zur Erwerbsarbeit finanziell zu setzen, und zum anderen die schon beschriebene Workfare-Strategie mit seinem Fallmanagement, mit dem das Verhalten und das äußere Erscheinungsbild mit zunehmendem Druck konformisiert werden soll (erst sanfter Beratungs-
fang vorhandene Lohnarbeitsplätze. Zukünftig muss deshalb hauptsächlich um bislang als unzumutbar beurteilte Niedriglohnjobs konkurriert werden, will man seinen materielle Hilfeanspruch gegenüber dem Staat nicht gänzlich auf`s Spiel setzen. Staatspolitischer Hintergrund des aktivierenden Staates mit seiner Agenda 2010 und der daraus resultierenden neuen Hartz-Gesetze in Deutschland ist die Grundformel des Förderns und Forderns. Wir kennen aus der Sozialpädagogik durchaus das Fördern und Fordern in freiwillig und selbstbestimmt vereinbarten Aushandlungsprozessen, neu ist, dass dies generell nun staatliche Sozialpolitik definiert. Diese Grundformel geht auf die amerikanische Workfare-Strategie zurück und meint: Programme, bei denen von den Zielpersonen verlangt wird, als Gegenleistung für Sozialhilfe Arbeit zu verrichten. In der modernisierten Form, dem „New-Style-Workfare“ der 90ger Jahre in den USA, wird nicht einfach von ArbeitsReklame
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
6 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
zwang, dann Zwang zu den einseitigen Festlegungen im Eingliederungsvertrag, dann Geldentzug). Workfare meint auch eine Verschiebung staatlicher Leistungen weg von materiellen Hilfen und hin zu Dienstleistungen wie Beratung, Arbeitsvermittlung, Bewerbungstrainings, Praktika, aber auch Kinderbetreuung, Drogen- und Schuldnerberatung, der zukünftigen Arbeit von Fallmanagern in den Job-Centern der Arbeitsagenturen. Als Workfare a la Germany erhalten deshalb „aktivierende“ Leistungen Vorrang vor Transferleistungen, die in den Begründungen auch als „passivierende“ Leistungen bezeichnet und so nicht als Lösung existenzieller Notlagen, sondern als Teil des Problems dargestellt werden. Die Gewährung „existenzsichernder“ Leistungen wird bei erwerbsfähigen Personen an die „Gegenleistung“ eines nahezu uneingeschränkten Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gekoppelt (vgl. § 10 SGB II). Das neue System, das nicht einmal im Regelfall vor Armut schützt, schließt weitere Ansprüche an das unterste Netz der Sozialhilfe nach dem neuen SGB XII kategorisch aus. Insbesondere die weitreichenden Folgen der im Gesetz vorgesehenen Sanktionierungen sowie die Pauschalisierung mit unzulänglich bemessenen Pauschalsätzen sowie fehlenden Öffnungs- und Härteklauseln wird zu regelmäßiger Unterdeckung des notwendigen Lebensunterhaltes im Sinne der Menschenwürde führen.1 Die unüberbrückbare Schlucht zwischen dem SGB II und dem neuen Sozialhilferecht des SGB XII soll alle erwerbsfähigen Arbeitslosen (und die mit ihnen zusammenlebenden Angehörigen) der nun durch das SGB II erzwungenen neuen bedingten Bedarfsdeckung durch jedwede Lohnarbeit erzwingen: Wer flüchtet, flüchtet in die Unzuständigkeit des Sozialstaates, in eine privatisierte Armut, deren Bewältigung die Befürworter der Agenda 2010 nicht mehr interessiert, sondern den Überlebenskünsten der Betroffenen überlässt. Die neue Philosophie des „Förderns“ und „Forderns“ zielt im Kern nicht nur auf eine Veränderung des derzeitigen Sozialstaates ab, sondern konsequent im Sinne von Workfare auf die Wahrnehmung von Rechtsstaatlichkeit, der
forum an sich allen BürgerInnen funktionierende Abwehrrechte gegenüber dem Staat zusichert, sie also als Rechtssubjekte wahrnimmt und nicht zu staatlich zu steuernden Hilfsobjekten degradiert.2 Denn hinter den neuen Leitlinien verbirgt sich der Abbau von Leistungsrechten, insbesondere von kalkulierbaren, einklagbaren Geldleistungsansprüchen zur Existenzsicherung, von Abwehr- und Schutzrechten gegenüber staatlichen Eingriffen, indem es keine aufschiebende Wirkung mehr von eingelegten Widersprüchen gegen rechtlich fragwürdige Entscheidungen der Arbeitsagentur gibt. Statt sozialer Rechtsgarantien gibt es nur noch „Chancen“, „Leistungsmöglichkeiten“, über die ein Fallmanager im Job-Center der Agenturen für Arbeit entscheidet. Anstelle von Selbstbestimmung und Emanzipation treten autoritäre Fürsorgeangebote frei nach dem Motto des Films „Der Pate“: Ich mache ihnen ein Angebot, das sie nicht ablehnen können“.
Junge Arbeitssuchende im SGB II In besonderer, ja geradezu existenzieller Weise sind junge Arbeitsuchende, wenn sie erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, auf die nach dem SGB II geltenden Rechte und Pflichten verwiesen und angewiesen. Zu klären sind die gesetzlichen Rechte und Pflichten nach § 3 Abs.2 SGB II, die möglichen Leistungsangebote nach § 16 SGB II, die Frage des Nachrangs von Jugendhilfeleistungen nach § 10 Abs.2 SGB VIII sowie die gesetzliche Sanktionierung nach § 31 Abs.5 SGB II.
Die zentrale Norm: § 3 Abs.2 SGB II Junge Arbeitsuchende im Alter zwischen 15 und 25 Jahren unterliegen nach § 3 Abs.2 Satz 1 SGB II einem besonderen Vermittlungsdiktat. Sie sind nach dieser Vorschrift „unverzüglich nach Antragstellung auf Leistungen nach diesem Buch in eine Arbeit, eine Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln“. Diese Sonderbehandlung junger Menschen soll – so der Anspruch des Gesetzgebers - Jugendarbeitslosigkeit nach Erfüllung der Schulpflicht weitestgehend reduzieren. Die Vorschrift
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 7
thema zwingt das Fallmanagement, ohne vermeidbaren Zeitverzug irgend etwas in jedem Einzelfall anzubieten. Diese Vorschrift ist eine unbedingte Handlungs-, man könnte auch sagen Aufgabenverpflichtung für das Fallmanagement der Jobcenter, aber sicherlich kein Rechtsanspruch junger Menschen auf einen staatlich vermittelten Ausbildungsplatz und schon erst recht nicht ein Wunsch- und Wahlrecht auf eine bedarfsgerechte Hilfe im Sinne der Jugendsozialarbeit, also dem Vorrang sozialpädagogischer Hilfen zur Vermeidung dauerhafter Desintegrationen in den Einzelfällen, wo die üblichen Angebote des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes ungenügend, nicht ausreichend förderlich wären. Diesem prinzipiellen Satz 1 folgt in Satz 2 von § 3 Abs.2 SGB II eine Hinwirkungsverpflichtung für Hilfebedürftige ohne Berufsabschluss, also für diejenigen, die zugleich als Zielgruppe im Mittelpunkt der Angebote der Jugendberufshilfe stehen. Immer dann, wenn junge Hilfebedürftige ohne Berufsabschluss nicht in eine Ausbildung vermittelt werden können, sollen diese in eine die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessernde Arbeit oder Arbeitsgelegenheit vermittelt werden. Die hier im Gesetz festgelegte Hinwirkungspflicht macht keinen Sinn, wenn nicht damit eine Beratungsverpflichtung korrespondiert. Gegenstand solcher Beratungen sind Fragen der Eignung für einen Ausbildungsberuf, die Wahl eines passenden beruflichen Bildungs- und Ausbildungsplatzes, die erforderlichen beruflichen und sozialpädagogischen Unterstützungen. Alles klassisch Fragen sowohl der Berufsberatung als auch der Jugendberufshilfe. Zugleich ergeben sich daraus einerseits begrenzte Schutzaspekte für junge erwerbsfähige Arbeitsuchende und zum anderen ein inhaltlicher Beratungs- und Vermittlungsauftrag für das Fallmanagement. Dieser gesetzliche Auftrag aus § 3 Abs.2 Satz 2 SGB II beinhaltet: • Zum einen § 3 Abs.2 Satz 2 SGB II so zu verstehen, dass das Fallmanagement für junge Arbeitsuchende ohne Berufsabschluss vorrangig die Versorgung mit adäquaten Aus-
bildungsplätzen zu versuchen hat; und nur dann, wenn dies nachweislich nicht möglich ist, dürfen diese in solche Beschäftigungen vermittelt werden, die über einen ausreichenden Qualifizierungsanteil verfügen; • Zum anderen ist die Vermittlungsarbeit des Fallmanagements bei dieser besonderen Zielgruppe des SGB II mit einem für das SGB II untypischen inhaltlichen Beratungsauftrag bestimmt, nämlich die berufliche mit der beschäftigungsbezogenen Förderung zu verknüpfen. Und man kann realistischerweise hinzufügen, immer dann, wenn die eigene Beratungskompetenz nicht ausreicht, sind – oder vorsichtiger formuliert: sollten – diese durch Dritte z.B. Jugendamt, private Träger der Jugendberufshilfe zu erbringen. Man kann zusammenfassend sagen, dass das SGB II bei der besonderen Zielgruppe junger Hilfebedürftiger ohne Berufsabschluss die Kooperation aller Fachkräfte der Jugendberufshilfe in und außerhalb der Arbeitsagentur aufdrängt. Diese Kooperationsformen sind jedoch nicht vorgegeben im Sinne eines gesetzlichen Auftrags zum Zusammenwirken, sondern hier sind die Kommune, die Jugendhilfeträger in und mit der Arbeitsgemeinschaft der Arbeitsagentur zu Angeboten und deren Verbindlichmachung durch Verwaltungsbzw. Leistungsvereinbarungen aufgefordert. Technisch einfacher sind die Umsetzungschancen für die insgesamt 69 Kommunen, die von der kommunalen Option nach § 6a SGB II Gebrauch gemacht haben, also in eigener Hand die Aufgaben der Arbeitsagentur und der Kommune organisieren.
Der Nachrang von Jugendhilfeleistungen Bleibt die weitergehende Frage, ob für alle jungen Hilfebedürftigen nach dem SGB II unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorrang der Angebote der Jugendsozialarbeit der Jugendhilfe rechtlich gegeben ist. Die Verabschiedung des kommunalen Optionsgesetz im Juli 2004 hat klargestellt, dass das Jugendhilferecht nach dem neuen § 10 Abs.2 KJHG zwar grundsätzlich Vorrang vor dem SGB II und dem SGB XII hat, aber davon der § 13 KJHG ausgenommen ist. Das ist
8 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
gesetzessystematisch konsequent, weil es für alle erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach der Workfare-Logik keine Fluchtwege – weder in die Sozialhilfe noch in die Jugendhilfe/ Jugendsozialarbeit - geben soll. Wenn aber nur der § 13 KJHG nachrangig gegenüber dem SGB II und SGB XII gestellt ist, dann folgt daraus, dass Jugendberufshilfen als Teil von Erziehungshilfen nach § 27 Abs.3 KJHG – auch in Verbindung mit § 41 KJHG für junge Volljährige - von dem Nachrang des §10 Abs.2 KJHG nicht tangiert sind. Das bedeutet, dass immer dann, wenn nach § 27 KJHG das Wohl eines Jugendlichen familiär nicht gewährleistet ist bzw. die Verselbstständigung eines jungen Volljährigen im Vordergrund steht und dafür auch eine geeignete Jugendberufshilfe wegen des erhöhten Unterstützungsbedarfes evident ist, die aktiven Eingliederungsleistungen und die Mitwirkungspflichten dieser jungen Menschen gegenüber der vorrangigen Jugendhilfe zurückzutreten haben. Gleiches gilt für Jugendberufshilfen im Kontext von § 35a KJHG. In diesen letztgenannten Fällen müsste unabhängig von der Frage der im Einzelfall geeigneten Jugendhilfeleistung die materielle Grundsicherung des SGB II gewährt werden, soweit diese jungen Menschen erwerbsfähig und hilfebedürftig sind. Bei dieser Betrachtung lasse ich – weil noch zu unklar – die fatalen Folgen der Empfehlungen der Föderalismuskommission für die dann nur noch länderspezifische Jugendhilfe heraus.
Eingliederungsleistungen für junge Arbeitsuchende nach dem § 16 SGB II Unabhängig von der besonderen Zielgruppe junger Hilfebedürftiger ohne Berufsabschluss haben die Träger der Leistungen nach dem SGB II erwerbsfähige hilfebedürftige Personen umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit zu unterstützen. Sie erbringen unter Berücksichtigung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit alle im Einzelfall für die Eingliederung in Arbeit erforderlichen Leistungen. Die Agentur für Arbeit soll einen persönlichen Ansprechpartner für jede erwerbsfähige
thema hilfebedürftige Person und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen benennen. Diese Definition des Grundsatzes des Förderns nach § 14 SGB II verdeutlicht, dass unter Fördern nicht nur Beraten und Vermitteln, sondern intensive Betreuung zu verstehen ist, wobei die Zuordnung eines Ansprechpartners ein kompetentes Fallmanagement zwischen der erwerbsfähigen Person und dem Personal der Agentur bzw. Optionskommune sowie die Effizienz der Betreuung sicherstellen soll.3 Nach § 16 Abs. 1 SGB II kann die Agentur für Arbeit alle im SGB III enthaltenen wesentlichen Eingliederungsleistungen als Leistungen zur Eingliederung gewähren. Personen, die keinen Anspruch auf Leistungen nach SGB II haben, stehen die Eingliederungsleistungen nach SGB III weiterhin offen (BT-Dr. 15/1516, 54). Hier gilt es insbesondere die Chancen zu nutzen, die Berufsberatung mit den Angeboten der Jugendämter zu verknüpfen. Darüber hinaus kann die Agentur für Arbeit weitere Leistungen nach § 16 Abs. 2 SGB II erbringen oder erbringen lassen, die für die Eingliederung der erwerbsfähigen hilfebedürftigen Personen in das Arbeitsleben erforderlich sind (Generalklausel für ergänzende Eingliederungsleistungen), insbesondere Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder oder häusliche Pflege von Angehörigen, Schuldnerberatung, psychosoziale Betreuung, Suchtberatung, Übernahme von Mietschulden als Darlehen, Förderung von zusätzlichen Arbeitsgelegenheiten, Einstiegsgeld nach § 29 SGB II. Vor dem Hintergrund einer weitgehend nachrangigen Jugendsozialarbeit nach § 13 KJHG fragt sich, von welcher Rechtsqualität und welcher fachlichen Relevanz die in § 16 Abs.2 Nr.3 SGB II genannte „Psychosoziale Betreuung“ (junger Menschen) als Leistung zur Eingliederung ist. § 16 SGB II regelt die möglichen Leistungen zur Eingliederung. Diese umfassen im Kern den bisherigen Leistungskatalog des SGB III (§ 16 Abs.1 SGB II) und darüber hinaus im Prinzip alles, was im Einzelfall für die Zielerreichung (Minderung oder Wegfall
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 9
thema des Leistungsbezugs) für sinnvoll erachtet wird, denn Abs.2 eröffnet der Agentur für Arbeit die Möglichkeit zur Erbringung „weiterer Leistungen“, von denen acht Leistungen unter „insbesondere“ aufgezählt werden – darunter auch die psychosoziale Betreuung. Der Vorschrift fehlt als enumerative Ermessensnorm jede verbindliche Rechtsqualität, die als minimale Qualitätsanforderung für psychosoziale Betreuungsangebote vorauszusetzen ist: So fehlt es an einem individuellen Rechtsanspruch auf Beratung von sozial benachteiligten und individuell beeinträchtigten jungen Menschen, es fehlt an einer verbindlichen Leistungsbeschreibung, es fehlt an einer verbindlichen Finanzierungsgrundlage für die Leistungserbringer. „Fördern“ ist eben eine ins freie Ermessen der Fallmanager der Job-Center gestellte Dienstleistung (als wären sie die neuen „Hausmeister“ für alle Lebensfragen), ohne Lebenslagenbezüge und Indikationen, ohne Festlegungen von Bedarfs- und Förderkriterien, ohne Gewährleistungen von Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung. In diesem Zusammenhang kann die erforderliche Jugendberufshilfe nach den anerkannten Standards und mit den erforderlichen Planungssicherheiten nicht unmittelbar abgeleitet, sondern nur auf dem offenen Vereinbarungswege erbracht werden.
Sanktionierungen junger Arbeitsuchender nach dem SGB II Eine Sonderregelung für 15- bis 25jährige erwerbsfähige hilfebedürftige Personen enthält § 31 Abs. 5 SGB II. Sie erhalten bei Pflichtverletzungen unter den in § 31 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGB II genannten Voraussetzungen mit Ausnahme der Unterkunft und Heizung kein Arbeitslosengeld II; dabei sollen die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden. Die Arbeitsagentur soll in diesem Fall in angemessenen Umfang ergänzende Sachleistungen (z. B. Bekleidung aus Kleiderkammern) und geldwerte Leistungen (z. B. Lebensmittelgutscheine) erbringen. Die genannten Sanktionen treten für die Dauer von drei Mona-
ten ein – gerechnet vom auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes (Bestandskraft) folgenden Kalendermonats. Während der Absenkung oder des Wegfalls der Leistung besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII (§ 31 Abs. 5 Satz 2 SGB II). Über die Rechtsfolgen muss die hilfebedürftige Person vorher belehrt werden (§ 31 Abs. 5 Satz 3 SGB II). Mit dieser gesetzlich verordneten Sanktionierung nach dem SGB II werden junge Menschen ungeachtet des Gebotes der Menschenwürde und des sozialstaatlichen Bedarfsdeckungsgrundsatzes in besonders autoritärer und durchgreifender Weise ihrer materiellen Existenzgefährdung überlassen. Die Workfare-Hoffnung, man könne auf diese Weise zur Anpassung staatlich erzwungen erziehen, kennen diese jungen, regelmäßig problembeladenen Menschen vielfältig aus allen möglichen gesellschaftlichen Zusammenhängen, die sie haben lernen lassen, sich vor Bevormundungen zu schützen, auszuweichen, sich oftmals auf prekäre Weise durchzuschlagen. Der autoritäre Denk- und Handlungsansatz des Workfare wird deshalb gegenüber vielen dieser ohnehin benachteiligten Jugendlichen scheitern. Das kennt man schon aus der früheren gescheiterten Praxis einer vom Arbeitsamt angebotenen Arbeitsvermittlung für Jugendlichen. Und weil das so ist, stellt sich aus Sicht der Jugendhilfe, der Jugendsozialarbeit um so mehr die Frage, ob durch das Jugendamt als ergänzender oder unmittelbarer Teil der Arbeitsgemeinschaft, der Optionskommune fachlich Einfluss in der Weise genommen werden kann, dass mehr sozialpädagogische Arbeit als ausgrenzende Sanktionierung gegenüber jungen Menschen des SGB II praktisch werden kann.
Unter 25-Jährige in der Jugendberufshilfeberatung des Jobcenters § 13 Abs. 1 SGB VIII setzt voraus, dass die jungen Menschen wegen ihrer sozialen Benachteiligung oder ihrer individuellen Beeinträchtigungen in erhöhtem Masse auf Unterstützung angewiesen sind. Insofern findet in § 13 Abs. 1 SGB VIII ein Vergleich zu
10 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
der Situation durchschnittlich entwickelter junger Menschen statt. Bezogen auf die Merkmale „Ausgleich“ und „Überwindung“ sind nur solche sozialpädagogischen Hilfen eine „erhöhte Unterstützung“ im Sinne des § 13 Abs. 1 SGB VIII, die dem besonderen Bedarf junger Menschen insoweit gerecht werden, als sie „mehr als durchschnittlicher Förderungs- und Vermittlungsbemühungen in Ausbildung, Beruf und sozialer Integration bedürfen“4 . Dies ist eine Begründung für den eigenständigen Auftrag des öffentlichen Jugendhilfeträgers gegenüber dem Fallmanagement, nämlich diejenigen jungen Menschen zu unterstützen, denen entweder wegen fehlender oder nicht passender Eingliederungsangebote des Fallmanagements oder wegen nicht ausreichender Mitwirkung Sanktionen (Entzug des Arbeitslosengeldes II) und weitere erhebliche Existenzgefährdungen und soziale Desintegrationen drohen. Im wohlverstandenen Sinne ist das Jugendamt die sozialpädagogische Fachbehörde auch für die Jugendberufshilfen, die im Einzelfall erforderlich sind: Sie bleibt insbesondere für junge Menschen zuständig, die nach dem SGB II keine adäquaten Angebote erhalten, schlimmstenfalls sanktioniert und von materiellen Grundsicherungsleistungen abgeschnitten sind. Neu ist lediglich, dass junge Menschen, die einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt haben, vorrangig die Angebote der Jobcenter wahrzunehmen haben. Es geht deshalb nicht um eine neue Zielgruppendebatte der Jugendberufshilfe, sondern zum einen um möglichst passgenaue Angebote und Sicherstellung der Vermittlung von solchen Angeboten, wo zwischen den beiden beteiligten Institutionen die jeweils eine Seite auf die Kooperation der anderen Seite in der Arbeitsgemeinschaft angewiesen ist; zum anderen geht es darum, die aus der jeweiligen besonders schwierigen Lebenslage eines jungen Menschen im Workfare-Kontext resultierenden Konflikte und Reibungsverluste durch multiprofessionelles und kooperatives Handeln zu minimieren.. Daraus folgt ferner für das Jugendamt, in der Arbeitsgemeinschaft der Arbeitsagentur bzw. als Teil der
thema Optionskommune eine eigene Zuständigkeit für junge Menschen in Lebenslagen der Armut zu begründen und zur Vermeidung der individuellen Verschärfung dieser Lebenslagen einen sozialpädagogischen Puffer zu praktizieren. In Zeiten vom SGB II wird die Jugendhilfe um so dringlicher zum letzten Auffangnetz für das Recht auf Erziehung und Förderung der Persönlichkeit und hat mit ihren breiteren und weniger stigmatisierenden Hilfeangeboten armutspolitische Vorteile: Das fängt mit der materiellen Absicherung im betreuten Jugendwohnen an5 , geht weiter mit den sozialpädagogisch orientierten Jugendberufs- und Integrationshilfen des § 13 Abs.1 KJHG, mit der Palette der Erziehungs- und Verselbstständigungshilfen, soweit sie geeignet und notwendig sind. In einzelnen Berliner Bezirken werden in der vorbeschriebenen Weise Kooperationsanstrengungen durch die Jugendämter unternommen. Ziel der Bemühungen der Jugendämter ist es, ein eigenes Jobcenter für die Beratung und Betreuung der unter 25Jährigen mit der Arbeitsagentur zu begründen. Dabei haben die Jugendämter zwei Zielgruppen im Auge: Zum einen diejenigen, die als junge arbeitsfähige SozialhilfeempfängerInnen materielle Hilfen erhalten und zum anderen diejenigen, die als arbeitsfähige SozialhilfeempfängerInnen nachrangig der Jugendberufshilfen und der Jugendberatung bedürfen. In der Umsetzung eines eigenen U25Jobcenters unter Beteiligung des Jugendamtes soll das vom Jugendamt eingesetzte Personal in der eigenen Dienst- und Fachaufsicht verbleiben. Fiskalisch versprechen sich die beteiligten Jugendämter eine Refinanzierung von Stellenanteilen für die Beratung junger Menschen in der Arbeitsgemeinschaft. Wert wird darauf gelegt, die Berücksichtigung von Sondergruppen innerhalb der Arbeitsgemeinschaft (wie z. B. U-25, aber auch Reha) lokal auszugestalten und institutionelle Doppelstrukturen zu vermeiden. Mit einem eigenen U 25Jobcenter soll insbesondere erreicht werden, dass die oben genannten Zielgruppen überhaupt zu einem Jobcenter gehen. Bei einer großen Anlaufstelle sei davon auszu-
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 11
thema gehen – so die Jugendämter -, dass diese dort nicht ankommen würden. Angestrebt wird eine inhaltliche Abstimmung zwischen dem Jugendamt und der Arbeitsagentur unter Einbeziehung des neuen Fachkonzeptes Berufsvorbereitung (seit Hartz II Teil des Berufsbildungsgesetzes), bei dem die Verbesserung der beruflichen Handlungsfähigkeit von noch nicht ausbildungsfähigen, benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen mittels binnendifferenzierten und betriebsnahen Qualifizierungsangeboten im Mittelpunkt steht, sowie den Aktivierungshilfen der Benachteiligtenförderung nach den §§ 240, 242 SGB III, welches mit einem niedrigschwelligen Angebot im Vorfeld von Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung nur schwer erreichbare junge Menschen für eine berufliche Qualifizierung motivieren will. Daraus könnte in Verbindung mit § 13 Abs.1 KJHG ein Modell eines multiprofessionellen Teams, zu dem neben den Stellen des Jugendamtes für Jugendberatung und Jugendberufshilfe auch die Berufsberatung gehört, in einem eigens dafür eingerichteten U-25Jobcenter geschaffen werden. Entscheidend wird dafür sein, ob die Vertreter des SGB II das Jugendamt konzeptionell so weitgehend einbinden wollen. Die Vorgaben, die der 8-Punkte-Plan der Bundesagentur für Arbeit zur Integration junger Menschen (vgl. Anlage) macht, eröffnet den Vertretern der Arbeitsagenturen Kooperationsmöglichkeiten mit den Trägern der Jugendberufshilfe (Stichworte: Vorfahrt für Ausbildung, Einbeziehung von Angeboten der Berufsvorbereitung und außerbetrieblichen
Ausbildung, Primat der beruflichen Qualifizierung).
Probleme der Umsetzung Welche Probleme stellen sich nach dem von mir vorgestellten Gesamtzusammenhang des SGB II und der Jugendberufshilfe ? Folgende Punkte möchte ich hervorheben und zur Diskussion stellen: • Wesentlich für die Zukunft der Jugendberufshilfe unter Hartz IV wird sein, ob sich die Jugendämter als öffentliche Träger auf Augenhöhe selbstbewusst mit dem entwickelten Wissen zur Jugendberufshilfe in die aktuell laufende Konstituierung der Arbeitsgemeinschaften der Arbeitsagenturen einbringen. • Das setzt voraus, dass es dort, wo es in einem Jugendamt kein mit der freien Trägerlandschaft abgestimmtes Leitkonzept der Jugendberufshilfe gibt, zu einer konzeptionellen Positionierung in den Angeboten gegenüber der Arbeitsagentur kommen müsste. • Sinnvoll erscheint mir, ein unter Einbeziehung des Jugendamtes eingerichtetes eigenständiges Jobcenter für die Unter-25-Jährigen anzustreben, um eine möglichst hohe Bedarfsgerechtigkeit in den zielgruppenbezogenen Kompetenzen und Angeboten zu erreichen und desintegrierende Sanktionsfolgen zu minimieren. • Davon unberührt ist die Zukunft der freien Trägerstrukturen mit beruflichen Bildungs- und Beschäftigungsangeboten. Hier hat sich und hier wird sich viel verändern: Abbau von Maßnahmedenken und mehr passgenaue Einzelfallförderung, mehr
12 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
Jugendsozialarbeit zur ersten Schwelle in Kooperation mit Schule, mehr Wettbewerb mit gewerblichen Anbietern insbesondere durch die fortschreitende Ökonomisierung der Finanzierungen und die geforderte größere Betriebsnähe der Angebote, Ausbau eines neuen 2. Arbeitsmarktes unter Workfare-Kautelen, aber auch neue Handlungsperspektiven gerade im lokalen Bereich der Arbeitsagenturen bzw. Optionskommunen. Und alles Neue steht unter einem doppelten restriktiven Vorbehalt: Den fiskalischen Einschränkungen der Angebote der Jugendsozialarbeit in den Kommunen und den Veränderungen des KJHG durch die zu erwartenden Ergebnisse der Föderalismuskommission und deren Umsetzung in den Ländern. Anmerkungen 1 Vgl. U. Berlit, Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, in: info also 5/03 2 H. Spindler, in: Rundbrief der BAGSHI 03/2003 3 BT-Dr. 15/1516, 54 4 Münder u.a., a.a.O., § 13 Rz. 11. 5 Einschränkend muss hierzu angemerkt werden, dass Hilfe zum Lebensunterhalt vom Jugendamt nur für stationäre und teilstationäre Betreuungsformen übernommen werden, bei ambulanten Hilfen finanziert das Sozialamt den Lebensunterhalt. Prof. Dr. Peter Schruth, Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Sozial- und Gesundheitswissenschaften; Beitrag zur Jahrestagung der BAG JAW „Jugendsozialarbeit im Spannungsfeld aktueller ArbeitsC. marktpolitik“
thema
Wege in Arbeit und Beruf schnitten sind, die sie motivieren, auch weitere Lernanstrengungen zu unternehmen. Und sie müssen erkennen, dass sie an der Umsetzung der vereinbarten Ziele mitarbeiten müssen.
Acht-Punkte-Plan der Bundesagentur für Arbeit zur Integration von jungen Menschen (Kurzfassung). Vorbemerkungen Für die Gruppe der Jugendlichen (erwerbsfähigen Hilfebedürftigen unter 25 Jahren (U25)) sieht der Gesetzgeber in § 3 Abs. 2 SGB II eine besondere Betreuung vor. Diese Betreuung ist auf sofortige Vermittlung in Arbeit, Ausbildung oder in eine Arbeitsgelegenheit ausgerichtet. Dem Prinzip des „Förderns und Forderns“ (Sanktionen gemäß § 31 SGB II) wird somit Rechnung getragen. Für einen wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der unterschiedlichen Produkte ist eine flexible und differenzierte Kundensteuerung notwendig. Die Integrationsstrategie des Fallmanagers sollte vor dem Hintergrund der individuellen Biographie des Hilfebedürftigen die persönliche Integrationsfähigkeit und Integrationsbereitschaft des Einzelnen angemessen berücksichtigen (eingehende Standortbestimmung – Profiling). Es sollten nur mögliche, gegebenenfalls auch erst mittel- oder langfristig realisierbare, Bildungs- und Qualifizierungsansätze im Hinblick auf eine nachhaltige soziale und arbeitsmarktliche Integration verfolgt werden. Der nachfolgende Acht-Punkte-Katalog soll helfen, den gemeinsamen Handlungsrahmen für die Agenturen und Sozialhilfeträger bei der Integration von jungen Erwachsenen unter 25 Jahren festzulegen.
2. Ausbildung: Ein Berufsabschluss schützt (oft) vor Arbeitslosigkeit
Einen wichtigen Erfolgsfaktor stellt das Abstecken von realistischen Zielen dar, in denen schrittweise das Anforderungspotential gesteigert wird, ohne die Jugendlichen zu überfordern. Sie benötigen Angebote, die auf ihre spezifische Situation zuge○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
– Motto:„Vorfahrt für Ausbildung!“ Für grundsätzlich bildungsfähige und bildungswillige Jugendliche ohne Berufsabschluss soll die Möglich○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
1. Fallmanagement: Intensive Betreuung und Vermittlung – Motto:„Wir packen an!“ Durch einen geringen Betreuungsschlüssel für junge Erwachsene unter 25 Jahren (1:75) wird es möglich, eine Unterstützung bei der Bewältigung jugendspezifischer Probleme und einer zügigen Arbeits- oder Ausbildungsmarktintegration zu bieten.
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 13
thema keit geschaffen werden, einen Berufsabschluss zu erwerben. Jugendliche, die durch Schulmüdigkeit oder ungünstige familiäre und soziale Rahmenbedingungen nicht über optimale Schulabschlüsse verfügen, werden durch spezielle und flankierende Maßnahmen unterstützt.
chen aus vielfältigen Gründen oftmals nicht möglich. Berufswahlunsicherheiten, mangelnder Bildungsstand, fehlende Arbeits- und Sozialtugenden erschweren den erfolgreichen Einstieg in die Arbeitswelt. Berufsvorbereitende Maßnahmen sind hier ein wichtiges Qualifizierungsinstrument, um Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Zugang zum Ausbildungsund Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Eine Verbesserung der beruflichen Handlungsfähigkeit sowie eine Erhöhung der Eingliederungschancen kann insbesondere durch kooperative und betriebsnahe Qualifizierungsangebote erzielt werden. Wenn nötig, kann sich eine außer-
3. Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen und EQJ (Einstiegsqualifizierung Jugendlicher) Sie sollen den Boden für erfolgreiche Berufsausbildung oder Arbeitstätigkeit bereiten – Motto:„Berufliche Bildung braucht eine Basis “ Eine sofortige Arbeits- oder Ausbildungsaufnahme ist bei Jugendli○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
betriebliche Ausbildung anschließen, sofern es sich um benachteiligte Jugendliche handelt. Einstiegsqualifizierung Jugendlicher (EQJ) wird als neue Qualifizierung von Betrieben angeboten. Die EQJ ist auf die Vermittlung und Vertiefung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit ausgerichtet und dient als Brücke in die Berufsausbildung. EQJ kommt für Ausbildungssuchende bis 25 Jahren in Frage, die sich um eine Ausbildungsvermittlung bemüht haben, aber aufgrund individueller eingeschränkter Vermittlungsperspektiven keinen Ausbildungsplatz finden oder noch nicht in vollem Maße über die erforderliche Ausbildungsbefähigung verfügen.
4. Qualifizierungsmaßnahmen: Vielfältige Ansätze für ein zukunftsfähiges Lernen – Motto „Qualifizierung schafft Zukunft “ Mit Hilfe der beruflichen Qualifizierung soll den jungen Erwachsenen der Erst- oder Widereinstieg in das Arbeitsleben ermöglicht werden. Junge Erwachsene mit Berufsabschluss sollen so notwendiges Vertiefungswissen erhalten, Jugendliche in Teilmodulen zu unterschwelligen oder vollständigen beruflichen Qualifizierungen geführt werden oder Jugendliche in grundständigen Qualifizierungsprojekten mit Anforderungen der Arbeitswelt vertraut gemacht werden. Vom individuellen Kenntnisstand und Leistungsvermögen des Einzelnen ausgehend, sollen möglichst passgenaue, arbeitsmarktbezogene (Teil-) Qualifizierungsschritte bis hin zur anerkannten beruflichen Vollausbildung geplant werden.
5. Aufnahme einer Arbeitstätigkeit Zur Führung eines selbstbestimmten Lebens unerlässlich – Motto:„Arbeit macht selbstbewusst!“ Erwerbsfähige junge Erwachsene, die gegenwärtig nicht bildungsfähig oder -willig sind, müssen die Chance zur eigenständigen Sicherung ihres Lebensunterhaltes durch Arbeitsaufnahme und damit auch zur sozialen Integration erhalten. Die Rahmenbedingungen für gering qualifizierte Arbeitsplätze entsprechen oft nicht
14 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
thema den Vorstellungen der Jugendlichen, sind aber im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zumutbar. Neben Motivations- und Überzeugungsarbeit ist es hier auch erforderlich, die zumutbare Leistung zur Führung eines von öffentlichen Unterstützungssystemen unabhängigen Lebens einzufordern.
6. Arbeitsgelegenheiten
Hürden überwinden. Insbesondere sollten dabei der Spracherwerb (auch muttersprachlich) und der Erwerb interkultureller Kompetenz, speziell im Zusammenhang mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes, besondere C. Berücksichtigung finden.
Bündelung der existierenden Vielfalt an Betreuungs- und Integrationsleistungen der beteiligten Institutionen liegt die Chance zur verbesserten Eingliederung von jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Diese Jugendlichen müssen häufiger höhere soziale und arbeitsmarktliche ○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
Arbeitsmarktanforderungen heranbringen und trainieren – Motto: „Arbeitsgelegenheiten bringen voran“ In der öffentlichen Beschäftigung sind in der Vergangenheit vielfältige, auf die örtlichen Besonderheiten und auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnittene Strukturen und Dienstleistungen entstanden. Dabei geht es um die Prüfung der Bereitschaft des Hilfebedürftigen zur Mitwirkung an den vereinbarten Schritten zur (Wieder-) Eingliederung in Arbeit (Prinzip des Forderns) und auch um die Förderung der Erwerbsintegration durch ergänzende Bestandteile, die Lernprozesse sichern und Qualifizierungsmodule enthalten (Prinzip des Förderns). Die Formen und Angebote der Arbeitsgelegenheiten müssen jedoch der Bedarfs- und Entwicklungslage der jugendlichen Teilnehmer angepasst sein.
7. Ehrenamtliche Tätigkeiten Bringen Verpflichtungen und lassen die Persönlichkeit reifen – Motto: „Ehrenamt öffnet Horizonte“ Das Ehrenamt bietet Chancen für jeden Einzelnen, sich einzubringen und mitzugestalten. Neben der Hilfe für andere bedeutet es auch eine persönliche Weiterentwicklung, schafft persönliche Netzwerke, die später weiterhelfen können. Junge Menschen können darüber hinaus Hilfen und Orientierung für die Ausgestaltung ihres weiteren privaten und beruflichen Lebens finden. Ehrenamtliche Tätigkeiten sollten aber nicht mit erzieherischen und verhaltensändernden Anforderungen überfrachtet werden.
8. Modellprojekte Innovative Ideen, insbesondere für erwerbsfähige Hilfebedürftige mit Migrationshintergrund – Motto: „Kreativität überwindet Grenzen“ In der Zusammenführung und
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 15
forum
Studie: Schule – und dann? Beruf zu unterstützen. Die Rubrik „Auf einen Blick“ präsentiert erste Ergebnisse. Dr. Tilly Lex vom Forschungsschwerpunkt „Übergänge in Arbeit“ erläutert im Interview die Hintergründe der Studie. Sie hat die Daten der ersten Erhebungswelle ausgewertet, bei der rund 4.000 Hauptschüler/innen an 128 Schulen in Deutschland befragt wurden. Die Antworten geben unter anderem Aufschluss darüber, wie die Schule mitwirken kann, um den Jugendlichen doch noch eine Perspektive zu geben. Die Folge-Erhebungen werden dann zeigen, welche Maßnahmen tatsächlich gegriffen haben. Wie diese Maßnahmen im einzelnen aussehen können, zeigt Peter Herrmann im Blick von außen. Er ist Projektleiter und Koordinator eines Schulversuchs, der die enge Verzahnung der Lernorte Schule und Betrieb zum Ziel hat. Als Lehrer setzt er sich an einer Hamburger Hauptschule dafür ein, dass die Schüler/innen möglichst frühzeitig und umfassend durch Praktika erste berufliche Erfahrung gewinnen. Denn er ist überzeugt, dass Schule heute mehr leisten muss, als nur den Lehrstoff zu vermitteln. Kontakt über Dr. Tilly Lex, eMail: [email protected] Susanne John
Themenschwerpunkt des Deutschen Jugendinstituts im Netz.
H
amburg, Juni 2004: Das ZDF stellt 20 Mädchen und Jungen vor, die kurz vor ihrem Hauptschulabschluss stehen. Sie alle hoffen darauf, bis zum Herbst einen Ausbildungsplatz zu finden. Sie alle sind hochmotiviert, haben Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit in ihrem eigenen kleinen Unternehmen, dem Sound-Café, unter Beweis gestellt, gemeinsam mit ihrer Lehrerin Bewerbungen formuliert und Vorstellungsgespräche geübt. Hamburg, Oktober 2004: Nur eine hat es geschafft und eine Lehrstelle in einem Frisörsalon bekommen. Während eines Praktikums war es ihr gelungen, die Chefin von ihrer Eignung zu überzeugen. Die anderen 19 sind leer ausgegangen.
Meist hapert es an zu schlechten Noten. Außerdem machen Realschüler/innen den Jugendlichen mit Hauptschulabschluss zunehmend Konkurrenz auf dem enger gewordenen Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Tausende von Arbeitsplätzen, die vor Jahren noch Hauptschulabgänger/innen offen standen, beispielsweise in der Bauwirtschaft, aber auch im Einzelhandel, sind durch Rationalisierungsmaßnahmen und fortschreitende Technisierung verloren gegangen. In anderen Bereichen sind handwerkliche Tätigkeiten durch einfachste Handlanger-Dienste und Niedriglohnjobs verdrängt worden. Eine Längsschnittstudie des DJI untersucht derzeit, was getan werden kann und muss, um gerade diese jungen Menschen auf ihrem Weg von der Schule in die Ausbildung oder den
Erste Ergebnisse der Studie, das Interview mit Dr. Tilly Lex sowie den Beitrag von Peter Lehmann „Gute Praktika sind das A und O für die Vorbereitung auf den Beruf“ finden Sie unter www.dji.de/schuleunddann ○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
16 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
forum
Mehr Informationen für Berufswahlentscheidungen Bundesagentur für Arbeit signalisiert Übernahmebereitschaft bezüglich des BLKKonzepts zur Diagnose berufsbezogener Arbeitsmarktentwicklungen.
G
enaue und zeitnahe Informationen über Qualifikationen und Berufe, die mittelfristig am Arbeitsmarkt besonders nachgefragt werden, sind bisher in Deutschland nicht verfügbar. Junge Menschen haben deshalb vor ihrer Ausbildungswahlentscheidung nur wenig Orientierung über mögliche Arbeitsmarktchancen und -risiken. Aber auch der Bildungspolitik und den Bildungsanbietern fehlen entsprechende Kenntnisse: Bildungsangebote könnten z. B. sehr viel passgenauer ausgerichtet werden, wenn es gelänge, entsprechende Informationen vorzuhalten. Deshalb hat sich die Bund-LänderKommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK), die bereits seit vielen Jahren die Entwick-
lung des Bildungswesens und des Arbeitsmarktes mit ihren Langfristprojektionen untersucht, neuerdings auch mit der Problematik der sehr zeit- und berufsnahen Entwicklungen beschäftigt. Mit ihrem Vorhaben zur „Ermittlung mittelfristiger Arbeitsmarktentwicklungen“ (dem so genannten Arbeitsmarktradar) hat sie nachgewiesen, dass es Steuerungsmechanismen gibt, mit denen Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt frühzeitig festgestellt werden können: Eine Machbarkeitsstudie hat gezeigt, dass ein solches Vorhaben umsetzbar ist und bei seiner Realisierung ein bedeutsames Beratungsinstrument für die Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik sowie für die individuellen Bildungs- und Beschäftigungsentscheidungen wäre.
Die planerischen und konzeptionellen Arbeiten, welche die BLK leisten konnte, sind damit abgeschlossen. Mit der zwischenzeitlich signalisierten Bereitschaft der Bundesagentur für Arbeit, die Vorarbeiten und den Leitgedanken der BLK zum Arbeitsmarktradar in ihre laufenden Arbeiten einzubeziehen, kann nunmehr die Umsetzung des Anliegens angegangen werden. Bund und Länder haben deshalb in der heutigen BLK-Sitzung das Signal der Bundesagentur für Arbeit begrüßt, jungen Menschen durch Übernahme des in der BLK entwickelten Arbeitsmarktradars eine breitere Informationsbasis für ihre Berufswahlentscheidungen zu geben. Damit kann ihnen zwar nicht das mit einer Berufswahlentscheidung immer verbundene Risiko abgenommen werden, aber sie können ihre Weichen für die Zukunft auf einer verlässlicheren Grundlage stellen, als dies heute der Fall ist. Burghard Kraft C.
„Doppelt gemoppelt“: Zahl der Zweitausbildungen nimmt zu Sozial Benachteiligte absolvieren deutlich seltener eine Höherqualifizierung.
V
iele Jugendliche und junge Erwachsenen absolvieren mehr als eine Ausbildung. Zweitausbildungen sind zu einem großen Teil berufsnahe Höherqualifizierungen, so dass man eher von zielgerichteten „Ausbildungskarrie-
ren“ als von regellosen „Ausbildungscollagen“ sprechen kann, lautet das Ergebnis einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Ein hoch differenziertes Bildungssystem, das verschiedene Ausbildungswege begüns-
tigt, erleichtere es durchaus, die individuellen Wünsche zu realisieren. Vorhandene Unterschiede in der Bildungsgeschichte, die häufig von der sozialen Herkunft geprägt sind, gleichen die Mehrfachausbildungen aber alles in allem nicht aus – im Gegenteil: Sie verstärken diese Ungleichheiten sogar. Je höher die eigene Schulbildung und das Bildungsniveau der Eltern, desto eher wird nach einer
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 17
forum ersten Ausbildung später noch eine Höherqualifizierung angestrebt. Vorhandene Ungleichheiten werden also nicht beseitigt, sondern sogar noch verstärkt. Zudem gibt es hier auch erhebliche geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen sind an Höherqualifizierungen nach einer Erstausbildung weit unterdurchschnittlich beteiligt. Männliche Bankkaufleute zum Beispiel absolvieren verglichen mit ihren Kolleginnen nicht nur doppelt so häufig weitere Ausbildungen, sie wählen auch andere Zweitausbildungen – unter anderem entscheiden sie sich häufiger für ein Studium. Mehrfachausbildungen sind kein Randphänomen: So hatten 30 % der 1964 Geborenen im Alter von 34 Jahren mehr als eine Ausbildung absolviert. Der Trend zur Zweitausbildung ist ungebrochen – bei den 1971 Geborenen ist die Bildungsbeteiligung noch höher. Die häufigsten Kombinationen sind eine betriebliche Lehre mit anschließender Fortbildung oder einem anschließenden Studium. Nicht selten
Der IAB-Kurzbericht „Bildungspolitik: Hält »doppelt gemoppelt« wirklich besser?“ von Marita Jacob kann unter der Internetadresse http://doku.iab.de/kurzber/ 2004/kb1604.pdf abgerufen werden. werden aber auch zwei betriebliche Ausbildungen absolviert. Etwa zwei Drittel aller Zweitausbildungen werden fachnah zur Erstausbildung unternommen, so dass dadurch die Erstausbildung ergänzt und erweitert wird. Nur selten dienen Zweitausbildungen dagegen zur Realisierung eines zuvor nicht erfüllten Berufswunsches. Mehrheitlich werden Zweitausbildungen rasch nach der Erstausbildung begonnen, insbesondere in den ersten beiden Jahren danach. Aber auch im dritten Lebensjahrzehnt absolvieren noch viele eine zweite Ausbildung. Gegenwärtig sind jedoch weder die Organisation der Ausbildung noch die sozialpolitischen Regelungen auf äl-
tere Auszubildende und Studierende mit heterogenen Werdegängen zugeschnitten. Noch fehlt es an entsprechenden Regelungen, Anreizen und Unterstützungsangeboten, damit die gegebenen Möglichkeiten in der Praxis auch chancengleich genutzt werden können. Der IAB-Kurzbericht „Bildungspolitik: Hält »doppelt gemoppelt« wirklich besser?“ von Marita Jacob kann unter der Internetadresse http://doku. iab.de/kurzber/2004/kb1604.pdf abgerufen werden. Wolfgang Braun C.
Berufliche Bildungsperspektiven BLK: Aktuelle Handlungsfelder zur Optimierung des Systems der Berufsbildung.
D
ie Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) hat sich in ihrer Sitzung Mitte November auch mit Zukunftsperspektiven des dualen Systems in Deutschland beschäftigt. In ihrem Bericht über „Aktuelle Handlungsfelder zur Optimierung des Systems der Berufsbildung“ fordern sie dazu auf, allen Absolvent/inn/en allgemein bildender Schulen zeitökonomisch zielführende berufliche Bildungsperspektiven zu eröffnen. Veranlassung für den Bericht ist die Initiative der Bundesregierung zur Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), die ihrerseits auf den quantitativen Rückgang des dualen Systems
reagiert. Kernforderung des Berichts ist die Verbesserung der innersystemischen Durchlässigkeit zwischen klassischer dualer Ausbildung und vollzeitschulischen Ausbildungsangeboten. Die Weiterentwicklung des BBiG müsse daher insbesondere die Bildung eines austarierten Netzwerks von Ausbildung in berufsbildenden Vollzeitschulen und im dualen System vorsehen. Die Umsetzung entsprechender Maßnahmen soll jedoch keinen Systemwechsel und damit eine Ablösung des dualen Systems als Kern der beruflichen Bildung auslösen, sondern subsidiär erfolgen und damit für eine Rückführung entsprechender Maßnahmen bei Wiedererstarkung des dualen Systems offen
18 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
sein. Gefordert wird ins-besondere: • Berufsbildungsgänge in schulischer Trägerschaft sind als gleichwertige Organisationsform der Berufsbildung anzuerkennen. • Duale und vollzeitschulische Ausbildungsgänge müssen miteinander verknüpft werden. • Die Durchlässigkeit innerhalb der Teilsysteme beruflicher Bildung ist zu stärken. • Absolvent/inn/en ausbildungs- und berufsvorbereitender Maßnahmen müssen Anschlüsse in berufsqualifizierenden Bildungsgängen finden. • Absolvent/inn/en berufsqualifizierender beruflicher Vollzeitschulen müssen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. • Der Ausbau beruflicher Vollzeitschulen ist subsidiär zu betreiben. Der Bericht ist im Internet unter www.blk-bonn.de abrufbar. Burghard Kraft C.
drehscheibe_jugend
KJHG als Garant für eine Vielfalt an Angeboten Positionspapier zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII).
D
er Vorstand des Landesverbandes Soziokultur Sachsen hat am 28. Oktober 2004 ein Positionspapier zum Erhalt des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) als modernes Bundesgesetz verabschiedet. Darin wird begründet, warum der Verband der im Zuge der Entflechtungsdebatte zwischen Bund und Ländern aufgeworfenen Forderung skeptisch gegenüber steht, die Bundeskompetenz in diesem Bereich vollständig oder in Teilen auf die Länder zu übertragen. Dabei geht es nicht nur um den Erhalt bundeseinheitlicher Standards, sondern etwa auch um die Rolle der Kinder- und Jugendhilfe als Querschnittsaufgabe, die es nicht erlaubt, einzelne Bereich (z. B. den Bildungsauftrag) herauszulösen. Fragen oder Rückmeldungen: Landesverband Soziokultur Sachsen e. V., Stauffenbergallee 5 b, 01099 Dresden, Fon: 03 51/8 02 17 64, Fax: 03 51/8 04 59 53, eMail: knoblich@sozio kultur-sachsen.de, Web: www.sozio kultur-sachsen.de.
lang die Schaffung eines völlig neuen Gesetzes als Rechtsgrundlage für die Tätigkeit der örtlichen Jugendhilfe im Zusammenwirken mit den Trägern der freien Jugendhilfe. Ziel war die Ablösung des eingriffs- und ordnungsrechtlichen Instrumentariums des geltenden Gesetzes durch ein modernes, präventiv orientiertes Leistungsgesetz. Drei wichtige Schwerpunkte des KJHG sind: • die Stärkung des Funktionsschutzes freier Träger durch frühzeitige Beteiligung an der Jugendhilfeplanung • die Zusammenfassung aller Erziehungshilfen auf der Ebene des örtlichen Jugendamtes • die Verstärkung der allgemeinen Angebote der Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit. Im Jugendwohlfahrtsgesetz wurde die Jugendarbeit noch als Jugendpflege bezeichnet und nur in Ansätzen geregelt. Im KJHG wird der Bedeutung
der Jugendarbeit durch Schaffung neuer Vorschriften Rechnung getragen. Gleichzeitig sind die Übergänge zwischen den Angeboten der Jugendfürsorge und der Jugendarbeit fließend geworden, die strikte Unterscheidung beider Bereiche in der Jugendhilfe gilt als überholt. Es besteht heute – fast 13 Jahre nach dem Inkrafttreten – ein breiter fachlicher Konsens, dass dieses Gesetz sich in der Praxis bewährt hat. Ein bisher anzunehmender politischer Konsens gerät mit einer Forderung der Ministerpräsidenten aus neun Bundesländern ins Wanken. Innerhalb der Föderalismusdebatte zur Entflechtung von Bundes- und Länderkompetenzen forderten diese ein erhöhtes Zugriffsrecht der Länder auf Regelungsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe. Es wurde sogar die Überlegung laut, dass eine komplette Übertragung der Bundeskompetenz auf die Länder den regionalen Zielsetzungen besser entsprechen würde. Der Landesverband Soziokultur Sachsen e. V. lehnt eine Abtretung der Zuständigkeit des Bundes beim
Kinder- und Jugendhilfegesetz als modernes Bundesgesetz erhalten! Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Dieser Satz steht als Leitnorm dem Achten Buch des Sozialgesetzbuches – dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) – voran. Dieses Gesetz ist als Bundesgesetz am 3. Oktober 1990 in den neuen Bundesländern und am 1. Januar 1991 auch in den alten Bundesländern in Kraft getreten. Mit der Ablösung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt (JWG) brachte das KJHG einen grundlegenden Wandel. Es ge-
[email protected]
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 19
fdrehscheibe_jugend
KJHG an die Länder ab und begründet dies mit folgenden Positionen:
Landes- und regionalspezifische Ausgestaltung Das Bundesgesetz KJHG lässt nicht nur Handlungsräume für eine regionale Ausgestaltung zu, sondern fordert auf, diese landes- und regionalspezifisch zu nutzen. Der Freistaat Sachsen hat dies in einigen Bereichen, z. B. mit seinem Landesjugendhilfegesetz, seiner Landesjugendhilfeplanung und seinen Orientierungshilfen bzw. der Festlegung von Qualitätsstandards umgesetzt und auf Besonderheiten im Bundesland reagiert. Die Strukturvorgabe zur Umsetzung des Gesetzes über Bund, Land und bis zu den Kommunen mit den örtlichen Jugendämtern und Jugendhilfeausschüssen schafft nicht nur Sicherheit für den einzelnen Bürger, sondern wird ebenfalls für die regionalen Belange ausgestaltet. Ein Vergleich der einzelnen Jugendhilfeplanungen in
den Kommunen bestätigt dies. Das KJHG ist ein wesentlicher Garant für eine Vielfalt an Angeboten nichtformaler und informeller Bildung. Gerade in der Kinder- und Jugendarbeit mit ihren vielfältigen Angeboten der außerschulischen Bildung ließ das Bundesgesetz als Rahmengesetz nach der politischen Wende eine landesspezifische Ausformung zu. Soziokulturelle Einrichtungen mit ihren spezifischen Angeboten für junge Menschen in Sachsen agieren seitdem verortet in dieser Gesetzgebung und prägen eine kulturelle, soziale, ökologische und politische Bildungsarbeit aus, die in ihrer Fülle, Akzeptanz und Qualität Vorbildcharakter für andere Bundesländer erreicht. Unsere Erfahrungen zeigen deutlich auf, dass sich eine Änderung der Zuständigkeit aus fachlicher Sicht nicht begründen lässt.
Länderübergreifende Grundlagen für verlässliche Standards Das KJHG hat aufgrund des Verfassungsauftrags, gleichwertige Lebensverhältnisse durch den Bund zu garantieren (GG, Artikel 72 Abs. 2), eine besondere Bedeutung. Gerade in ökonomisch schwierigen Zeiten schafft das Rahmengesetz des Bundes eine
Weiter Informationen unter www.soziokultur-sachsen.de
20 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
länderübergreifende Grundlage und sorgt für verlässliche Standards. Als Fachverband reklamieren wir diese Qualitätsindikatoren als unerlässlich und unaufkündbar. Nimmt man die Erkenntnis ernst, dass individuelle Bildungswege in einem starken Zusammenhang mit der sozialen Herkunft stehen und die individuell entwickelte Leistungskraft das bestimmende Element für die eigenen Lebensverhältnisse ist, erhält das KJHG in seiner Verantwortung für die heranwachsende Generation – für das zukünftige Gefüge unsere Gesellschaft – einen besonderen Stellenwert. Unsere Erfahrungen in der Auseinandersetzung nach dem „PisaSchock“ für die fachliche Weiterentwicklung einer verbesserten Kooperation zwischen Schule, Jugendhilfe und Kultureinrichtungen bestätigen den schwierigen Umgang mit ungesicherten, unterschiedlichen und undurchsichtigen Rahmenvorgaben durch die Vielzahl der Länderprämissen. Die langanhaltende Krise innerhalb der Kultusministerkonferenz – die Suche nach einheitlichen Bildungsstandards ist hierfür nur ein Beispiel – erscheint uns als zwangsläufig und den aktuellen Erfordernissen nicht entsprechend. Die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe tragen maßgeblich zur Sicherung der Gleichwertigkeit der Entwicklungschancen in Deutschland bei. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz als Starthilfe für gleiche Lebensverhältnisse ist unserer Ansicht nach untrennbar mit dem Grundgesetz verwoben.
Kinder- und Jugendhilfe als Querschnittsaufgabe Das Kinder- und Jugendhilfegesetz ist aufgrund seiner Komplexität als Verschiebungsmasse innerhalb der Föderalismusdebatte nicht geeignet. Einzelne Bereiche, wie z. B. der Bildungsauftrag der Jugendhilfe, können nicht herausgelöst von anderen Teilbereichen betrachtet werden. Dies würde ein ressortübergreifendes Denken und Handeln vermehrt erschweren und den Auftrag, Kinder- und Jugendhilfe als Querschnittsaufgabe in unserer Gesellschaft zu etablieren, erschweren. Das Bundesverfassungsgericht hat
drehscheibe_jugend wohl überlegt den Zusammenhang von Prävention und Intervention als entscheidend für die Struktur der bundesgesetzlich geregelten Kinderund Jugendhilfe herausgestellt (BverfGE 97, 332 ff.). Das KJHG ermöglichte seit seiner Einführung 1990 durch den umfassenden Rahmen eine breite Beteiligung unterschiedlicher Gesellschaftsbereiche. Die Erweiterung des Gesetzes auf die reale Lebenswelt der einzelnen jungen Menschen ermöglichte komplexe Hilfestellungen für den Menschen in Not (intervenierende Leistungen) genauso wie zur Vermeidung (Präventivangebote) von Auffälligkeiten. Dadurch konnte sich erst eine Pluralität von vernetzten freien Trägern entwickeln und eine erhöhte Übernahme von Verantwortung für die Kinder- und Jugendhilfe als Querschnittsaufgabe erfolgen. Darüber hinaus erscheint uns der Hinweis angebracht, dass das KJHG mit vielfältigen anderen Reglungsfeldern auf Bundesebene verknüpft
ist. Beispielhaft möchten wir hierfür die Arbeits- und Wirtschaftspolitik, das Jugendstrafrecht, das Sozialrecht und die Familienpolitik benennen. Das KJHG als strukturgebender Rahmen für eine in weiten Teilen gute Kinder- und Jugendhilfe hält dem europäischen Vergleich stand. Vor dem Hintergrund der Europäischen Union und ihrer Zielsetzungen innerhalb der Jugendpolitik erscheint uns
die Überlegung in Deutschland zur Dezentralisierung des Aufgabenfeldes als rückwärtsgewandt. Gerade die internationale Kinder- und Jugendarbeit im Freistaat Sachsen mit der exponierten Lage im Dreiländerdreieck könnte bei der Ausgestaltung durch den Rückzug des Bundes HandlungsC. räume verlieren.
Seismographen der Gesellschaft Deutsches Kinderhilfswerk stellt „Kinderreport Deutschland 2004“ vor – Präsident Thomas Krüger: Steigende Kinderarmut fordert zum Handeln heraus.
D
as Deutsche Kinderhilfswerk (www.dkhw.de) stellte am 8. November 2004 den „Kinderreport Deutschland 2004“ vor. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen Bundestages Wolfgang Thierse und dem Armutsforscher Prof. Dr. Thomas Olk aus Halle/Saale legt das Deutsche Kinderhilfswerk dabei aktuelle Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland vor. Die Armut von Kindern nimmt in Deutschland weiter zu. Armut bedeutet, in einem Haushalt mit weniger als 50 % des durchschnittlichen Haushaltseinkommens zu leben. So ist etwa das Risiko von Kindern unter 18
Jahren mit 12 % in den alten Bundesländern fast doppelt so hoch wie für Erwachsene (7 %). Auch sind Kinder überproportional von Sozialhilfebedürftigkeit betroffen (vgl. Statistisches Bundesamt 2004). Waren am Jahresende 2002 insgesamt 3,3 % der Bevölkerung Sozialhilfeempfänger, so lag diese Quote bei den unter 18-Jährigen mit 6,7 % mehr als doppelt so hoch, wobei dieser Wert in der Gruppe der unter 3-Jährigen mit 10,4 %
am höchsten ausfiel. Der Anteil der sozialhilfebeziehenden Kinder hat sich seit Anfang der 90er Jahre im Vergleich zu den Empfängern insgesamt überdurchschnittlich erhöht: Stieg der Anteil der Sozialhilfeempfänger insgesamt von 1991 bis 2002 um 0,8 Prozentpunkte auf 3,3 %, so war bei den Minderjährigen im selben Zeitraum sogar ein Zuwachs von 1,9 Prozentpunkten auf 6,7 % zu verzeichnen: • Zum Jahresende 2002 waren knapp über 1 Mio. Kinder unter 18 Jah-
Weitere Informationen auf den Seiten des Deutschen Kinderhilfswerks unter www.dkhw.de
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 21
drehscheibe_jugend ren von Sozialhilfe betroffen; das sind 37 % aller Empfänger. • Mehr als die Hälfte dieser Kinder (55 %) bzw. 558.000 Kinder lebte in Haushalten von allein erziehenden Frauen; • 29 % (bzw. 292.000 Kinder) in einem „klassischen“ Haushaltstyp mit beiden Eltern. Das Sozialhilferisiko konzentriert sich insbesondere auf jüngere Kinder und Kinder von allein Erziehenden: Kinder unter sieben Jahren sind fast doppelt so häufig von Sozialhilfe betroffen wie die 15- bis 18-Jährigen. „Diese erschreckenden Zahlen fordern alle politisch Verantwortlichen, sei es auf Bundes-, Länder- oder Gemeindeebene zum Handeln heraus. Unsere Gesellschaft hat gegenüber unseren Kindern einen Zustand erreicht, den man als extrem kinderunfreundlich bezeichnen muss. Kinder sind Seismographen unserer Gesellschaft. Deshalb rufe ich alle politisch Verantwortlichen auf, ergreifen Sie erste Schritte zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland“, so der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes Thomas Krüger. Das Bundesjugendministerium wies die Zahlen des Deutschen Kinderhilfswerk als fernab jeglicher Realität zurück und verwies auf einen PolitikMix gegen Kinderarmut. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt, erklärte anlässlich der Veröffentlichung des Kinderreports Deutschland 2004: „Die vom Deutschen Kinderhilfswerk im Kinderreport Deutschland 2004 veröffentliche Zahl, wonach durch die Reformen am Arbeitsmarkt (Hartz IV) 2,5 Millionen Kinder in Armut geraten, liegt fernab jeglicher Realität. Derzeit leben ca. 1,1 Millionen Kinder in der Sozialhilfe. Nach Schätzungen meines Ministeriums wird sich diese Zahl durch die Hartz IV-Reform um schätzungsweise 250.000 Kinder erhöhen, die dann Arbeitslosengeld II beziehen. Es ist unbestritten, dass Kinderarmut eines der drängendsten und gravierendsten Probleme unserer Zeit ist. Deshalb nimmt sich die Bundesregierung durch einen PolitikMix aus verbesserter Kinderbetreuung, Arbeitsvermittlung und direkten Familienleistungen des Themas aktiv an:
Mit dem Kinderzuschlag, der ab 1.1.2005 in Kraft tritt, wurde erstmals ein Instrument zur Bekämpfung von Kinderarmut geschaffen. Den Kinderzuschlag erhalten Eltern, die zwar für ihren eigenen, nicht aber für den Lebensunterhalt ihrer Kinder aufkommen können. Er beträgt bis zu 140 Euro pro Kind und Monat. Mit diesem Instrument werden alleine 150.000 Kinder aus dem ALG II-Bezug geholt. Außerdem soll der Kinderzuschlag nach Prüfung weiterentwickelt werden. Gleichzeitig bedeutet das neue Arbeitslosengeld II für viele Kinder und Familien weitere deutliche Verbesserungen: • Die Kommunen erhalten aus den Einsparungen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe 1,5 Milliarden Euro, die sie für den Ausbau der Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen einsetzen sollen. Dies erleichtert Eltern die Aufnahme von Erwerbstätigkeit. • Nach Hartz IV dürfen Erziehende von der Arbeitsvermittlung künftig nicht mehr wegen unbetreuter Kinder als unvermittelbar abgewiesen werden.’’ Nach Angaben des Armutsforschers Prof. Dr. Thomas Olk zeigen neuere Studien zu den Lebenslagen armer Kinder, dass die Entfaltungs- und Entwicklungsbedingungen von Kindern durch Armut in einer sensiblen Lebensphase in mehrfacher Hinsicht beeinträchtigt werden. Gefährdungen und Beeinträchtigungen ergeben sich insbesondere dann, wenn zur Einkommensarmut weitere Belastungen (wie negativ erlebtes Wohnumfeld, Betroffenheit von Krankheit, Langzeitarbeitslosigkeit, Überschuldung, soziale Isolation etc.) hinzukommen. Eine solche kumulative Belastungssituation bedeutet für Kinder, • dass sie bereits vor der Geburt durch das Risikoverhalten insbesondere der Mütter (z. B. durch Alkohol- und Zigarettenkonsum) organischen Schädigungen bzw. dem Risiko der Frühgeburt und der stark verzögerten Entwicklung ausgesetzt werden; • dass ihre Eltern das Gefühl entwickeln, die Situation nicht mehr beeinflussen zu können und daher entweder gewaltförmige oder vernachlässigende Umgangsweisen entwickeln;
22 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
• dass die Erlebnis- und Erfahrungsräume der Kinder durch schlechte Wohnbedingungen, soziale Isolation, fehlende Zugänge zu Angeboten von Vereinen und Infrastruktureinrichtungen geprägt und damit ihre Aktivitäten auf das engere Wohnumfeld bzw. die Straße eingeschränkt werden; • dass in Armut lebende Kinder über weniger soziale Kontakte verfügen, über ein geringeres Wohlbefinden berichten, weniger Selbstvertrauen entwickeln und stärker von psychosozialen Belastungs- und Erschöpfungssyndromen wie Schlafstörungen, Nervosität, Konzentrationsprobleme, Magenschmerzen sowie Gefühlen der Hilflosigkeit betroffen sind. Das bestehende Angebot an Hilfen und Einrichtungen für Kinder bzw. für Familien erweist sich als völlig unzureichend im Hinblick auf den sich hier abzeichnenden Bedarf. Gerade Kinder bzw. Familien mit mehrfachen Belastungen und Benachteiligungen benötigen ein wohnortnahes und niederschwelliges Angebot an passförmigen Unterstützungs- und Hilfeangeboten. Das bestehende System der Dienste für Kinder weist große Lücken auf, einzelne Angebote sind nicht aufeinander abgestimmt und das Versorgungsniveau – etwa mit Beratungseinrichtungen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Ganztagsschulen, Horten, erreichbaren Freizeiteinrichtungen und außerschulischen Bildungseinrichtungen – ist völlig unzureichend. Erforderlich ist eine grundsätzliche Veränderung der Prioritäten in der Ausgestaltung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen hin zum frühkindlichen Erziehungs- und Betreuungsbereich. Ein konsequenter Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder sowohl im Krippen- als auch im Kindergartenalter, eine Ausweitung von qualitativ hochwertigen Ganztagsschulangeboten bzw. Hortangeboten, eine engere Verzahnung von Schule und Jugendhilfe und die Entwicklung von dezentralen Angeboten der gesundheitlichen Beratung und sozialen Unterstützung von Kindern und Müttern in Armutssituationen würden sowohl zu einer besseren Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Beruf für Mütter beitragen als auch die Lebens- und Entwicklungs-
drehscheibe_jugend bedingungen insbesondere armer bzw. benachteiligter Kinder verbessern. Der „Kinderreport Deutschland 2004“ versammelt 20 namhafte Autoren und Experten, die neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zur Lage der Kinder in Deutschland auf 350 Seiten präsentieren. Von der Schule über die Kindergesundheit bis hin zu den Kinderrechten, von den Problemen der Kinder mit der Schule und den Medien über Aspekte des Kinderund Jugendschutzes gibt diese einmalige Aufsatzsammlung einen aktuellen Überblick. Ferner werden aktuelle Ergebnisse der Schülerstudie 2004 zur Partizipation von Viertklässlern vorgestellt, die das Deutsche Kinderhilfswerk gemeinsam mit Super RTL durchgeführt hat. Darüber hinaus gewähren sechs Kinderporträts einen teilweise erschreckenden Einblick in
[email protected]
die Lebenswelten unserer Jüngsten. Das Deutsche Kinderhilfswerk, Interessenvertreter für ein kinderfreundliches Deutschland, wurde 1972 in München gegründet. Als Initiator und Förderer setzt sich der gemeinnützige Verein für die Umset-
zung der Rechte der Kinder in Deutschland ein. Deutsches Kinderhilfswerk e. V. (Hrsg.): Kinderreport Deutschland. – KoPäd Verlag: München, 2004. – 352 Seiten. – 11,80 €. – ISBN 3-9380 C. 2824-6
Kita für Mama und Papa … Familienbildung in Kooperation mit Kindertageseinrichtungen.
Z
ur Familienbildung im Sinne Bildung für Familien gibt es in Sachsen ein Modellprojekt („Familienbildung in Kooperation mit Kindertageseinrichtungen“), das der Lehrstuhl für Erwachsenenpädagogik der Universität Leipzig über drei Jahre hinweg wissenschaftlich begleitet hat. Beim Wort Familienbildung denkt man zuerst an Bildung i. S. einer Familiengründung; doch der Begriff meint anderes: Bildung von Familien i. S. Bildung für Eltern. Das ist ein Bereich, den es öffentlich nicht gibt? Die Aus-Bildung von familiären und erzieherischen Kompetenzen bleibt den Müttern und Vätern überlassen. Und während es früher Unterstützung durch Großeltern oder Nachbarn gab, lösen sich derartige Bindungen im Zuge beruflicher Mobilität zunehmend auf. Doch wie kann Familienbildung funktionieren? Und wo können sich Familien bilden? Und was
haben sie davon? Antworten gibt das Modellprojekt „Familienbildung in Kooperation mit Kindertageseinrichtungen“. Die Frage nach Familienbildung kennt eine geradezu klassische Antwort: Familien sind in ihrer erzieherischen Instanz zu stützen und zu stärken. Es ist eine ausgreifende Antwort, die das Fußballspiel am Nachmittag und die Fahrt ins Wochenende ebenso einbezieht wie eine Diskussion zu „Kindern Grenzen setzen“ oder das Laternchenfest im Kindergarten. Wo fängt man an? Wo hört man auf? „Ich glaube“, überlegt Marlen Braun – die junge Erziehungswissenschaftlerin von der Universität Leipzig hat das Projekt über seine Laufzeit hinweg evaluiert – „diese Frage haben wir auch mit diesem Projekt nicht beantwortet.“ Dafür hat das dreijährige Modellvorhaben „Familienbildung in Kooperation mit Kindertageseinrichtungen“ eine Fülle von Gedanken
und Anregungen, von Erkenntnissen und Empfehlungen hervorgebracht. Und tatsächlich ist es gelungen, das angestrebte Ziel – neue Zugänge in die Familienbildung zu öffnen – zu erreichen. Mag es auch lapidar klingen, was sich das Landesjugendamt Sachsen und das Felsenweg-Institut der KarlKübel-Stiftung für Kind und Familie beim Start im September 2001 auf die Fahnen geschrieben hatten. In der Arbeit in den Kindertagesstätten – mit Eltern und Erzieherinnen – hat sich gezeigt, welche Hemmnisse und welche Chancen im Aufeinanderzugehen beider Seiten liegen. Im Kern dreht es sich um eine wechselseitige Akzeptanz: Eltern als „Experten fürs Kind“ und Erzieher/innen als „Experten fürs Fachwissen“. Das Kind lebt in zwei Systemen – in der Familie und im Kindergarten; wenn beide partnerschaftlich zum Wohle des Kindes interagieren, dann begünstigt das dessen Entwicklung. Was einfach und überzeugend ist, stößt im Alltag auf Grenzen: Da informieren Aushänge, die niemand mehr liest; da fehlen Räume für
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 23
drehscheibe_jugend
ein ruhiges Gespräch; da sind Stunden für Erzieherinnen gekürzt … Doch weil es auch einfach und überzeugend scheint, derartige Grenzen zu überschreiten, hat das Projekt zur Familienbildung an den vier Modellstandorten – Leipzig, Markkleeberg, Chemnitz, Hoyerswerda – Türen geöffnet. Nach einigen ersten skeptischen Ablehnungen aus dem Kreis der Erzieherinnen, die sich „davon“ nicht viel versprachen oder sich schlichtweg überlastet sahen, wandelte sich das Bild allmählich.
Kompetenzzuwachs Es waren Koordinatoren, denen es gelang, die Zurückhaltung in Interesse zu verwandeln. Letztlich erwiesen sich gerade Angebote wie Feierlichkeiten als „niedrigschwellig“ genug, um Erzieherinnen nicht mit noch mehr Arbeit zu belasten und Eltern über eigene Aktivitäten einzubeziehen. „Die Eltern lernen übers Mitmachen; und das Verhältnis zwischen Erzieherinnen und Eltern wird gelöster“, skizziert Marlen Braun von der Universität Leipzig die Effekte. Nach solchen gemeinsamen Festen, sportlichen oder kreativen Aktivitäten ist der Weg für unmittelbare familienbildnerische Angebote geebnet. „Das hat gut funktioniert.“ Im Ergebnis nutzten Eltern sowohl klassische Bildungsangebote wie Vorträge und Diskussionen als auch informelle Lernsituationen wie Bastelnachmittage oder Grillabende – und wenn im Kindergarten eine Woche spiel-
zeugfreie Zeit auf dem Plan stand, nahmen auch die Elternhäuser eine solche Anregung auf. Letztlich läuft Familienbildung in Kindertagesstätten, die sich „als offenes Haus“ zeigen. Dann auch kehrt sich die anfängliche Skepsis – „nun sollen wir auch noch die Eltern in Familienfragen bilden“ – in Erstaunen und Erleichterung um: Wenn Elterngruppen zum Malern anrücken oder „nur noch“ Ort und Zeit fürs nächste Drachenfest abstimmen oder Vorschläge für den nächsten Elternabend machen. So hebt sich mit Abschluss des Projekts ein Fazit heraus, auf das alle Partner gehofft haben. „Familienbildung erbringt einen Zuwachs an Kompetenz. Das konnten wir in der Evaluation nachweisen“, so Marlen Braun. Dass es keine Kausalketten zwischen Bildungsangebot und Kompetenzzuwachs gibt, wer wollte das bestreiten. Aber 90 Prozent der 155 befragten Eltern haben die Angebote der Kindertagesstätten als „persönlich bereichernd“ erlebt. Nun hofft die Leipziger Erziehungswissenschaftlerin, dass Eltern die drei Jahre im Modellprojekt „Familienbildung“ gesteckt haben, ihre Ideen und ihre Stimmung mit in die Grundschulen nehmen. „Die Vision ist: Dass Familienbildung, die in Kitas aufgeht, enorme Auswirkungen auf alle Bildungseinrichtungen hat.“ Zumindest findet die Vision auch künftig ihren Platz an den vier Modellstandorten – das Projekt wird nicht nach Ende der finanziellen För-
24 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
[email protected]
[email protected]
derung durch das Sächsische Staatsministerium für Soziales abgewickelt, sondern fortgeführt. Marlen Braun unterstreicht das Engagement: „Aus eigener Kraft ist das durch die Kitas kaum zu leisten. Sie brauchen die professionelle Unterstützung der Träger.“ Nur unter der Voraussetzung, dass Koordinatoren den Erzieherinnen und Leiterinnen zur Seite stehen – sei es mit Organisation, Austausch oder auch Qualifizierung – dann bildet Familienbildung nicht nur die Familien, sondern ist auch ein Band zwischen Eltern und Kindern und Erzieherinnen. Abschließender Kommentar der wissenschaftlichen Mitarbeiterin im Leipziger Universitätsinstitut für Erwachsenen-, Sozial- und Wirtschaftspädagogik: „Die wesentliche Aussage bei den Eltern ist, dass sie sagen, sie haben ein ganz anderes Selbstwertgefühl. Und mit diesem Selbstwertgefühl verändert sich die Ausstrahlung des ganzen Menschen. Also nehmen sie Kontakt auf, sie sind plötzlich für andere da, wo sonst andere für sie da waren. Und plötzlich können sie mit ihrer Ausstrahlung für andere wieder hilfreich sein. Und das macht ganz viel aus. Also es verändert sich ja dann plötzlich das ganze familiäre System. Es wird offener, es wird ganz anders miteinander gesprochen. Und: Wenn es der Mutter gut geht, geht es auch den Kindern gut.“ Daniela Weber C.
drehscheibe_jugend
Opstapje – Schritt für Schritt Präventives Förderprogramm für sozial benachteiligte Kinder und ihre Familien: Modellphase erfolgreich abgeschlossen.
R
und 200 Vertreter/innen von Kommunen und Trägern der sozialen Wohlfahrtspflege sowie Familienforscher/innen aus der ganzen Bundesrepublik hatten Mitte September auf der Tagung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) „Früh übt sich …“ in München Gelegenheit, ein innovatives, präventives Förderprogramm für zweijährige Kinder und deren Eltern aus sozial benachteiligten Familien kennen zu lernen. Das in den Niederlanden entwickelte und dort flächendeckend eingesetzte Konzept „Opstapje - Schritt für Schritt“ geht mit präventiven Hausbesuchen völlig neue Wege. Den Ersteinsatz in Bremen (DRK) und Nürnberg (AWO) hat das DJI wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Auftraggeber waren das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Auf der bundesweiten Tagung, die in der Zentrale der LBS Bayerische Landesbausparkasse stattfand, berichten die Münchner Forscherinnen über die Projektergebnisse. Die konzeptionelle Weiterentwicklung und Adaption des Programms für den breiten Einsatz in Deutschland wurde durch die finanzielle Unterstützung der LBS ermöglicht, die dafür anlässlich ihres 75-jährigen Jubiläums 100.000 Euro zur Verfügung stellte. Das neue Förderprogramm heißt im holländischen Original „Opstapje“ und richtet sich an sozial benachteiligte deutsche Familien und Migrantenfamilien. Es dauert zwei Jahre. Laienhelferinnen werden systematisch geschult, um Eltern und Kinder in deren heimischer Umgebung mit Möglichkeiten spielerischen Lernens vertraut zu machen. „Mit dieser »Gehstruktur« werden Familien erreicht, die andere
Angebote der Familienbildung und Erziehungshilfe nicht in Anspruch nehmen, weil sie Angst vor staatlicher Kontrolle haben und befürchten, in der Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgabe als inkompetent eingestuft zu werden“, erläuterte Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts, beim Pressegespräch im Haus der LBS. Er betont, dass „Opstapje“ mit seinem präventiven Hausbesuchskonzept völlig neue Wege geht, da es erstmals einen kontinuierlichen Zugang zu bildungsbenachteiligten Familien eröffnet, die über längere Zeit mit einem bedarfsgerechten Bildungsangebot begleitet werden können. „So stärkt das Programm die Kompetenzen und Ressourcen der Eltern und unterstützt ihre Kinder dabei, Entwicklungsrisiken, die durch den sozioökonomischen Kontext bedingt sind, ein Stück weit auszugleichen“, resümierte Rauschenbach. Mit Hilfe der LBS habe dieser viel versprechende Ansatz nun weiterentwickelt werden
können. Das Engagement der LBS ist Teil ihrer Jubiläumsinitiative „Ein Zuhause für Generationen“, die sich außerdem der Gewaltprävention in Grundschulen und Kindergärten widmet. „Wir haben diese Initiative ins Leben gerufen, um uns bei den Menschen in Bayern, von denen viele unsere Kunden sind, für ein Dreivierteljahrhundert erfolgreiches Bestehen zu bedanken“, sagte Dr. Franz Wirnhier, Sprecher der LBS-Geschäftsleitung. „Als Bausparkasse der Sparkassen sehen wir uns in der Verantwortung, einen Beitrag zum Funktionieren der Gesellschaft zu leisten, und zwar unmittelbar vor Ort, nahe bei den Bürgern.“ LBS-Chef Wirnhier hofft, dass „die Kommunen durch unseren Einsatz für »Opstapje« ein Angebot erhalten, das ihnen weiterhilft.“ Es sei zu wünschen, dass sie trotz ihrer angespannten Kassenlage Mittel und Wege fänden, „Opstapje - Schritt für Schritt“ zu verwirklichen. „Denn wer die Bildungschancen von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen verbessert, bietet ihnen eine Perspektive für ihre Zukunft und verringert soziale Konfliktpotenziale“, so Wirnhier. Marieluise Beck , Parlamentarische Staatsekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
Sister [email protected]
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 25
drehscheibe_jugend und Jugend betonte, dass „Programme wie das von uns geförderte Modellprojekt »Opstapje« zeigen, wie man heute mit innovativen Methoden Eltern bei der Förderung ihrer Kinder unterstützen kann, und damit bessere Voraussetzungen für ein erfolgreiches Durchlaufen des Bildungssystems schafft.“ Denn es sei ein zentrales Anliegen der Bundesregierung, Familien zu stärken, damit sie ihren Bildungsauftrag erfüllen können. Auch Johanna Huber vom Bayer-
ischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen stellte die Bedeutung des Modellprojekts als zukunftsorientiertes Familienangebot heraus: „Die Erkenntnisse aus dem Modellprojekt »Opstapje - Schritt für Schritt« sind so überzeugend, dass wir die weiteren Schritte für die Implementierung diese Projektes in die Praxis politisch und fachlich nachhaltig unterstützen werden.“ Dr. Barbara Keddi C.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.dji.de/opstapje
Fachtagung: „Rechtsextremismus im ländlichen Raum“ Eine Veranstaltung der Evangelischen Akademie Meißen, in Kooperation mit der Sächsischen Landjugend e. V. und dem Pro Jugend e. V.
I
n der Evangelischen Akademie Meißen fand vom 15. bis 16. November 2004 eine Tagung zum Rechtsextremismus im ländlichen Raum statt. Es waren zahlreiche Multiplikator/inn/en der Kinderund Jugendarbeit, Vertreter/innen von Ministerien Sachsens sowie Expert/inn/en aus Wissenschaft und Praxis gekommen. In seiner Begrüßung und Tagungseinführung betonte Christian Kurzke von der Evangelischen Akademie Meißen, dass nicht erst seit dem Einzug der NPD in den Sächsischen Landtag dieses Thema auf die Tagesordnung gerückt wurde. Die Fachtagung wurde von den Organisatoren zudem bereits lange vor diesen Ereignissen geplant und vorbereitet. Jedoch gibt es seit der Landtagswahl 2004 durch den offensichtlich hohen Organisationsgrad der NPD-Fraktion1 ohne Zweifel veränderte Bedingungen, mit denen es Jugendarbeit auf dem Lande zu tun hat. Bei der NPD handle es
sich nicht mehr um eine Randgruppe, sondern um eine Partei mit Fraktionsstärke. Es gilt zu erfassen, warum sich die NPD als politische Partei wie auch ein gut organisiertes Netz rechtsextremistischer Strukturen unter starker ideologischer Identifikation mit dem Nationalsozialismus in Sachsen langfristig so entwickeln konnten. Bei allen aktuellen Problemen der Jugendarbeit in Sachsen zeige sich, dass die Politik in Sachsen auch in der Frage der Finanzierung der Jugendarbeit im ländlichen Raum gefordert sei. Darüber hinaus warf Christian Kurzke schließlich die Frage auf, wie Jugendarbeit auf diese verschiedenen Entwicklungen reagieren müsse und welche Anforderungen damit verbunden sind. Danach wurden drei Input-Referate gehalten, zu denen jeweils Fragen gestellt werden konnten und sich eine erste Diskussion entfachte. Welche Perspektiven gibt es für die Jugend im
26 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
ländlichen Raum? Als erster sprach Andreas Spieker vom Sächsischen Ministerium für Umweltschutz und Landwirtschaft (SMUL). Er ging auf veränderte Bedingungen im ländlichen Raum ein und skizzierte die Probleme2, mit denen die sächsische Bevölkerung in den vergangenen Jahren zu tun hatte. Der Redner betonte, dass es bei der ländlichen Entwicklung stets um die Menschen im Dorf geht, insbesondere um die Entwicklung der Jugend und der jungen Familien. Politik sei stets bemüht, die Besonderheiten des ländlichen Raumes zu nutzen, so die besondere Einbeziehung der Menschen in das Gemeinwesen ihrer Gemeinde, die höheren Mobilitätsanforderungen an die Jugendlichen in der Gegenwart und eine besonders enge Bindung an ländliche Traditionen und Lebensweise, einer gewissermaßen „relativen Bodenständigkeit“. Im Zusammenhang mit dem neuen Koalitionsvertrag der im Entstehen begriffenen sächsischen Regierung entwickelte Andreas Spieker Grundzüge der weiteren Politik zur Förderung des ländlichen Raumes, wie sie Eingang in ein Programm des SMUL ab 2007 finden werden, welches zur Zeit konzipiert wird. Es geht um eine stärkere Orientierung auf die aktive Mitwirkung der Jugend an der Ent-
drehscheibe_jugend Vorstellung der Arbeitsgruppen während der Fachtagung. In der Bildmitte unser Interviewpartner Friedemann Affolderbach. Fotos: J. Lass wicklung des ländlichen Raumes. Gerade weil junge Menschen den Halt in ihrem Lebensumfeld suchen, komme es noch stärker darauf an, die jungen Familien auf dem Lande zu fördern. Es geht um Arbeit und Wohnung, aber auch um die Entwicklung von Werten, die von den jungen Leuten erwartet und verkörpert werden müssten. In diesem Sinne sei der ländliche Raum auch Gegenstand der Jugendarbeit. Die Tätigkeit von Jugendverbänden und anderen Vereinen sei von eigenständiger und unverzichtbarer Bedeutung. Gerade durch ihr Wirken in der Gemeinde und der Region müsse es gelingen, die notwendige Vorprägung einer Solidargemeinschaft zu erreichen. Jugendliche müssten wieder stärker beachtet und in ihren Meinungen, Wünschen, Sehnsüchten und Interessen ernst genommen werden. Darin läge auch ein wichtiges Moment für die Gefährdung der Jugend durch Extremisten von links und rechts. Auf dem Lande gäbe es, so betonte Spieker weiter, seit 1990 einen grundlegenden Wandel, welcher sich weiter fortsetzen werde. Die Umstrukturierung der Landwirtschaft in Sachsen, so z. B. das Ausscheiden von etwa 100.000 Arbeitnehmern, überwiegend im Alter von bis zu dreißig Jahren aus der landwirtschaftlichen Produktion seit 1990 hätten zu veränderten Bedingungen geführt, mit denen man rechnen müsse. So ginge es auch um solche Fragen, wer Treffpunkte für die Jugendlichen sponsert, dass Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche geschaffen oder erhalten werden müssten, sich nach der Schule sinnvoll zu betätigen u. a. m. Das für die Zeit nach 2007 zu entwickelnde Dorfentwicklungsprogramm enthalte auch das Ziel, ein stärkeres ländliches Regionalmanagement zu etablieren, wodurch regionale Wirtschaftskreisläufe reproduziert werden könnten und die dörfliche Entwicklung nach Beendigung der Strukturförderungsphase gestärkt werden könne. Durch
die Politik werde in Sachsen auch in Zukunft für den ländlichen Raum darum gehen, Jugendfreizeiten zu fördern, wenn auch unter anderen Bedingungen. Es gehe vorrangig um die Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem Land sowie um die Nutzung der Besonderheiten des ländlichen Raumes. Dies müsse auch in der Freizeit beachtet werden. So gäbe es kein Monopol des Jugendklubs mehr, man müsse stärker auch neue Formen entwickeln, um neue Chancen und Möglichkeiten für das Dorf und somit auch für die Jugendarbeit zu nutzen. Es werde weiter Geld dafür geben, welches jedoch sinnvoll eingesetzt werden müsse. Es müsse, so beantwortete Andreas Spieker eine Anfrage, darum gehen,
das Übel bei der Wurzel zu packen, wenn er auch nicht bereit wäre, historisch bis zu den Neandertalern zurück zu gehen. Es gehe darum, den Jugendlichen Perspektiven zu bieten, sie müssen sich wieder mehr wahrgenommen fühlen, um auch mehr Zufriedenheit mit ihrer Situation zu ermöglichen. Wer nicht in das Gemeinwesen eingebunden und sehr unzufrieden ist, neigt zum Extremismus nach links oder rechts. Demokratie müsse stets auch erlernt werden, was vor allem in Vereinen geschehe.
Ist der ländliche Raum ein Nährboden für den Rechtsextremismus? Uwe Hirschfeld, Professor an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit Dresden, erörterte das
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 27
drehscheibe_jugend mokratischen Umgang miteinander. Dies sei ein unverzichtbarer Bestandteil der Kultur auf dem Lande. Was geschehe mit Jugendlichen, die nicht in Vereinen oder Verbänden mitarbeiten wollten. Den Veränderungen in der Jugendkultur sowie den Veränderungen auf dem Dorf insgesamt müsse verstärkte Beachtung geschenkt werden. Demokratie lernen sei in keinem Fall ein Selbstlauf. Demokratie müsse man immer lernen, was auch Zeit erfordere. Dazu gehöre auch, sich politisch auseinander zu setzen.
Demokratische Kultur dem Rechtsextremismus entgegensetzen Thema „Ländlicher Raum - Nährboden für den Rechtsextremismus?“ Er erläuterte zwei Richtungen im gegenwärtigen Rechtsextremismus und kennzeichnete dabei insbesondere Differenzierungen in den Strömungen desselben. Im Unterschied zum Extremismus linker Couleur verbinde der Rechtsextremismus die Auffassung von der naturgegebenen Ungleichheit der Menschen mit der Bereitschaft, Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Ziele anzuwenden. Die Gefahr, die vom Rechtsextremismus ausgehe, sei nicht in dem Ergebnis der Landtagswahlen 2004 zu suchen, sondern in der Normalität seiner Erscheinung, in dem als normal hingenommen werden durch Teile der Öffentlichkeit. Zu den Gründen und Bedingungen für die Entwicklung des Rechtsextremismus zählte der Referent die strukturschwachen Räume besonders im Osten der Bundesrepublik. Nach dem Beginn des Vereinigungsprozesses seit 1990 sei der Lebensstandard in kurzer Zeit gestiegen, hätten sich Lebensverhältnisse für die Menschen in den neuen Bundesländern grundlegend verändert, was nicht nur die Arbeitslosigkeit umfasse. Und die Unterschiede für Menschen in den strukturschwachen Gebieten seien um so gravierender spürbar, als strukturstarke Regionen in den alten Bundesländern über Jahre gewachsen und weiter erstarkt seien. In den ostdeutschen Bundesländern ist dieser Prozess deutlich schneller vor sich gegangen. Die Politik hätte dazu ein
Weiteres beigetragen. In diese Zusammenhänge eingebettet sehen sich sächsische Jugendliche im ländlichen Raum in einer veränderten Lage. Insbesondere in Gegenden mit Grenznähe, wo Strukturschwäche und besonders die Angst vor Arbeitsplatzverlust vorherrschen, zeigen Rechtsextreme Gesinnungsformen und ideologische Milieus eine verstärkte Aktivität. Wo die reale Gemeinschaft versage, sich als unwirksam erweise, könne die Wiedereinsetzung von ideologischen Milieus zu imaginären Gemeinschaften führen, wie sie rechtsextreme Cliquen oder Kameradschaften darstellen. Die Angst vor dem Verlust sozialer Werte und des sozialen Status sei eine größere Gefahr als die wirklichen Probleme. Rechtsextremismus könne aus vermuteter Überfremdung durch Ausländer sein Kapital auch in Gegenden schlagen, wo es kaum zu wirklichen Problemen mit Asylbewerbern und ausländischen Bürgern komme. Uwe Hirschfeld zeigte auf, dass es darum ginge, den Rechten keinen Raum zu überlassen. Dort, wo es den Rechtsextremen doch gelungen sei, müsse man das skandalisieren und öffentlich machen. Die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus sei eine gemeinsame Verantwortung von Kommunen, Polizei und allen demokratischen Kräften. Die Alternative zur rechtsextremen kameradschaftlichen Gesellung auch im ländlichen Raum sei die demokratische Entwicklung. Das Problem liege eigentlich in dem unentwickelten de-
28 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
Für eine Demokratische Kultur als Handlungsoption gegen Rechtsextremismus sprach sich Friedemann Affolderbach vom Kulturbüro Sachsen aus, welcher Mitarbeiter des Mobilen Beratungsteams für die Region Leipzig ist. Die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus sei überwiegend gekennzeichnet durch die Abwesenheit von Politik. Es sei auffallend, dass die Sozialarbeit bei auftretenden Problemen mit Jugendgruppen in die Pflicht genommen würde und der Rechtsextremismus als Jugendproblem angesehen werde. Im Gegenteil jedoch sind es vor allem in wachsendem Maße ältere Bürger, also Erwachsene, welche Positionen des Rechtsextremismus für normal und durchaus berechtigt ansehen würden. Rechte Parteien hätten in der Wählerschaft und als Sympathisanten nicht nur Zulauf durch Jugendliche erhalten. Vielmehr zeigen sich rechtsextremistische Positionen im Mainstream der Gesellschaft als hoffähig. Gerade durch die Ansicht, die rechte Gefahr sei vor allem ein Jugendproblem, bestünde die Gefahr, dass Jugendliche zunehmend eingeengt werden könnten, statt ihnen größeres Vertrauen entgegenzubringen und ihnen Verantwortung zu übertragen. Demokratische Kultur sei eine Handlungsoption der Gesellschaft. Das gegenseitige Akzeptieren und einander Zuhören können Raum schaffen für die Auseinandersetzung mit anderen, jedoch ebenso für die Integration und Beteiligung von Minderheiten und Andersdenkenden. Das erlange eine große Bedeutung für die
drehscheibe_jugend Auseinandersetzung mit den Diskursen, die für die Ideologie des Rechtsextremismus charakteristisch sei. Der Diskurs um die Abgrenzung eines Volkes von allen anderen, seine schließliche Überhebung über andere Völker sei eine der wesentlichen Inhalte des Rechtsextremismus, wie auch daran angrenzende Auffassungen von Blut und Boden, von der Bodenständigkeit des Volkes und der Theorie vom Volk ohne Raum. Es ginge stets darum, sich mit diesen ideologischen Grundlagen auseinander zu setzen, um politische Losungen und Parteiprogramme in ihrer theoretischen Begründung und Herkunft erkennen zu können. Aus der Erfahrung in der Arbeit im Mobilen Beratungsteam des Kulturbüros Sachsen konstatierte der Redner eine gewisse Scheu der Verwaltung und der Politik, sich mit den rechtsextremen Erscheinungen auseinander zu setzen. Oft würde der Jugendsozialarbeit die Aufgabe zugeschoben, Vorfälle in den Gemeinden und Städten „zu bearbeiten“. Es müsse jedoch vor allem die Politik in die Verantwortung genommen werden. Kommune und Polizei hätten in erster Linie die Aufgabe, rechtsextremen Erscheinungen und Vorfällen entgegenzutreten. Was die Möglichkeiten und Grenzen der Jugendarbeit in der Arbeit mit rechtsorientierten Jugendlichen betrifft, betonte Friedemann Affolderbach, dass mit dem weiteren Umfeld rechter Gruppierung durchaus gearbeitet werden kann. Es sei dabei jedoch vor allem wichtig, der Jugendarbeit nicht die alleinige Verantwortung zu überlassen. Im weiteren Verlauf der Tagung begann die Gruppenarbeit. Zeit und Gelegenheit für die Teilnehmer/innen, viele Fragen detaillierter anzusprechen, Antworten z. T. selbst zu erarbeiten, in Trainings Handlungsansätze zu erproben und so selbst zu den Ergebnissen der Tagung beizutragen. Die Gruppenarbeiten wurden am zweiten Tag fortgesetzt und zum Abschluss der Tagung dem Plenum kurz der Verlauf einer jeden Arbeitsgruppe geschildert. In der Arbeitsgruppe 1 wurden Ansätze und Konzepte der Arbeit mit rechtsorientierten Jugendlichen diskutiert, so der Ansatz der Akzeptierenden Jugendarbeit. Die Teilnehme-
r/innen dieser Gruppe diskutierten gemeinsam diesen Ansatz und erarbeiteten gemeinsam Umsetzungsmöglichkeiten für die Jugendarbeit, die es in der täglichen Arbeit dann noch zu verwirklichen gilt. Gegenstand der Arbeitsgruppe 2 waren Fragen nach Handlungsoptionen und Möglichkeiten der Krisenintervention. Schwerpunkt war hierbei die Betrachtung des persönlichen Umgangs im Umgang mit der Erfahrung von Rechtsextremismus und der Betroffenheit des Einzelnen in der Jugendarbeit. Es wurden Ansätze besprochen, Interventionskonzepte und Fragen der Organisation von Zivilcourage entwickelt, die dem Einzelnen helfen können, die persönliche Betroffenheit professionell zu erarbeiten. Die Arbeitsgruppe 3 sollte den Fokus auf die geschlechtsbewusste Arbeit setzen und dem Phänomen geschlechtsspezifischer Gewalt nachgehen. Hintergrund hierfür ist, dass Gewalt in unterschiedlichen Formen sowohl von Männern und Frauen ausgeübt wird und dementsprechend es auch einen entsprechenden Umgang hierfür anzuwenden gilt.
Junge Künstler im Dialog mit den Teilnehmer/inne/n Während der abendlichen Aufführung des Stückes „Voll der Blues“ durch die Jugendtheatergruppe der Spielbühne Großenhain, Soziokulturelles Zentrum Alberttreff, konnten die Tagungsteilnehmer/innen einmal mehr Bekanntschaft mit den Lebens-
welten von Jugendlichen machen. Die neun Jugendlichen, welche unter Leitung von Uwe Naumann spielten und sich anschließend der Diskussion stellten, haben mit großem Engagement und Enthusiasmus gespielt und so Probleme und Auffassungen von Jugendlichen künstlerisch verarbeitet. In der Geschichte von einem Jugendlichen, der neu ins Dorf kommt und sich so als Fremder unter Gleichaltrigen bewähren muss, wurde der Konsum von Drogen als Versuch, das eigene Leben und seine Grenzen auszuloten aufgezeigt. Die literarische künstlerische Umsetzung durch die Jugendgruppe ließ für die Teilnehmer/innen einmal eine ganz andere Sicht auf die Dinge zu und bereicherte die Tagung insgesamt. Am zweiten Tag standen zu Anfang Erfahrungsberichte im Vordergrund, bevor die Arbeitsgruppen fortgesetzt wurden. So berichtete Daniel Mathé von der Polizeikriminalinspektion Pirna über das Projekt „Partner der Straße“ und hob dabei vor allem die akute Notsituation in der Bekämpfung des Rechtsextremismus hervor. Es gäbe mitunter Probleme mit langwierigen Bearbeitungsprozessen und langen Verfahren vor Gericht, welche teilweise eine Unmöglichkeit der Verurteilung von Gewalttätern nach sich zieht. Auch sei zu wenig öffentliches Geld für die Jugendarbeit vorhanden, sodass die Rechten mit ihren Netzwerken mitunter im Vorteile wären, weil zur Arbeit bekanntlich auch eine bestimmte personelle und tech-
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 29
drehscheibe_jugend nische Ausstattung erforderlich seien. Nicht alles kann man mit persönlichem Engagement kompensieren. Wichtig sei in Zukunft vor allem die Zusammenarbeit von kommunalen Politiker/inne/n, Polizei, Justiz, und den Vetreter/inne/n der Jugendarbeit. Außerdem brauche man für die Umsetzung von Zielen auch Zeit, einen Demokratisierungsprozess zu unterstützen kann bei aller Dringlichkeit keine kurzfristige Tätigkeit darstellen. Mitunter müssen durchaus noch vorhandene Vorurteile über den Charakter von Projekten und Initiativen im Programm „Jugend für Demokratie“ überwunden werden³. Heiko Heese erläuterte Erfahrungen der Bürgerinitiative Gränitz, wo es voraussichtlich gelingen könnte, den Aufbau eines Zentrums für Rechtsextremisten zu verhindern, welches von dem Aktivisten der rechten Szene und ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden Günther Deckert aufgebaut werden soll. Dabei wurde auch deutlich, dass es Geldgeber im Ausland gibt und die Verflechtung der rechtsextremistischen Kräfte längst internationale
Züge trägt. Aus dem zusammenfassenden Schlusswort von Christian Kurzke sollen zwei weitere Impulse an dieser Stelle festgehalten werden: Wichtig wird in Zukunft vor allem sein, einen Aufarbeitungsprozess der jüngeren deutschen Geschichte zu ermöglichen, neben der Zeit des Nationalsozialismus gilt es auch die Zeit der zwei Staaten BRD und DDR immer wieder zu thematisieren. Und das Problem des Rechtsextremismus stellt nicht nur neue Anforderungen an die außerschulische Jugendbildung, vielmehr müssen auch Lehrerinnen und Lehrer aktiv an einem Entgegenwirken beteiligt sein. Dr. Joachim Lass
Anmerkungen 1
Vgl.: Kemper, Hubert: NPD rüstet den sächsischen Brückenkopf auf. – In: Freie Presse, 16./17.11.2004, S. 5; siehe dazu auch das Interview mit Friedemann Affolderbach in der vorliegenden Ausgabe. 2 Cornelia Behm drückte das vor einiger Zeit so aus: „Die größten Sorgen
machen die strukturschwachen ländlichen Regionen abseits der großen Ballungszentren. Weite Teile des Ostens, wie die berlinfernen Räume Brandenburgs, gehören dazu. In diesen Räumen kulminieren die Problemlagen: eine sehr geringe Bevölkerungsdichte, unzureichende wirtschaftliche Entwicklung, gravierende Probleme auf den Arbeitsmarkt, Defizite in der Versorgung mit Infrastruktureinrichtungen, Überalterung und Abwanderung der Jugend.“ Behm, Cornelia: Struktur- und Demokratieentwicklung im ländlichen Raum : Vortrag auf der Fachkonferenz der Mobilen Beratunsgteams: „Anforderung an die Demokratieentwicklung“ Berlin, 11. Dezember 2002. – Zitiert nach: http://www.corneliabehm.de/ost-de/struktur.html#top. – Kopiert am 19.11.2004, 01:50 Uhr 3 Dieselben werden gelegentlich sogar von örtlichen Politikern noch mit Vertretern von „schwarzen Blocks“ verwechselt werden, wie ich neulich C. hörte.
Hier ist ein breites bürgerliches Engagement gefragt … Interview mit Friedemann Affolderbach, Mobiles Beratungsteam für den Regierungsbezirk Leipzig des Kulturbüros Sachsen. CORAX: Findet der Rechtsextr eRechtsextremismus im ländlichen Raum einen besser en Nährboden? besseren Friedemann Affolderbach: Prinzipiell würde ich sagen, entfaltet rechtsextreme Ideologie im ländlichen Raum, als auch im städtischen Umfeld gleichermaßen ihre Wirkung. Der Unterschied liegt vielleicht darin, dass durch die Überschaubarkeit und die damit einhergehende soziale
Kontrolle in ländlichen Kommunen eine rechtsextreme Orientierung einfacher sichtbar wird. Dies heißt, gibt es im Dorf oder der Kleinstadt eine rechtsextrem orientierte Gruppierung, ist dies bekannt und es ist auch bekannt, welche Akteure in diesen Gruppen aktiv sind. Oftmals handelt es sich dabei um die Nachbarn, oder vielleicht auch die eigenen Kinder, die Berührung mit einer Kameradschaft haben oder sich in Gruppen bewegen, die
30 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
sich rechtsextrem orientieren. In der Stadt ist die soziale Kontrolle nicht in diesem Maße ausgeprägt. Im Unterschied zur Stadt besteht das Problem aber häufig darin, dass rechtsextreme Gruppen mit denen, die einen Jugendtreff besuchen identisch sind und so auf Grund mangelnder alternativer Treffmöglichkeiten, andere Jugendliche sich deren Dominanz und Macht beugen müssen. Was ist aus Ihr er Sicht zu tun und Ihrer was kann Jugendarbeit überhaupt leisten? Aus meiner Sicht sollte Jugendarbeit demokratische Lebensformen bestärken und Partizipation von Jugendlichen befördern. Im Bezug auf
drehscheibe_jugend Rechtsextremismus bedeutet dies auch die eigenen Grenzen zu kennen und zu erkennen. So halte ich zum Beispiel eine Arbeit mit rechtsextremen Kameradschaften und Vertretern von Parteien für eine Aufgabe der Politik, Polizei und Justiz. Jugendarbeit kann in solchen Zusammenhängen nur sehr spezialisiert und qualifiziert arbeiten, z. B. um ausstiegswillige Jugendliche zu begleiten. Wie gesagt, dies ist keine Tätigkeit für einen Streetworker oder eine Mitarbeiterin im Jugendclub, sondern eine sehr spezielle Tätigkeit. Von Franz Josef Krafeld wissen wir, dass eine Arbeit mit rechtsextrem orientierten Jugendlichen prinzipiell praktizierbar ist. Er hat die Konzeption der Akzeptierenden Jugendarbeit beschrieben und auch umrissen, welche Sensibilität und Qualifikation es für eine solche Arbeit braucht. Nur soviel: Sozialarbeiter/innen müssen im Kontext einer solchen Arbeit einen extrem hohen Grad an Reflexion ihrer pädagogischen Arbeit entwickeln und ein entsprechend ausgeprägtes politisches Bewusstsein mitbringen. Dies bedeutet, eine Jugendarbeit in diesem Feld ist eine explizit politische Jugendarbeit. Wo ich die größten Chancen für die Jugendarbeit sehe, aber da verbreite ich auch keine neuen Weisheiten, ist die Arbeit mit politisch nicht festgelegten Jugendlichen, die so denke ich, die Jugendlichen sind, mit denen die Sozialarbeiter/innen in den meisten Fällen arbeiten. Hier wünsche ich mir, dass diese Jugendlichen in demokratischen Lebensformen bestärkt werden und Möglichkeiten der Partizipation ent-
decken können. Auch hier gilt, dass diese Arbeit sich mit politischen Fragen auseinander setzen muss. In Ihr em Input-Refer at haben Sie Ihrem Input-Referat atischer Kultur als Demokratischer von Demokr Handlungsoption gespr ochen. Ist gesprochen. das ein alternativer Ansatz zur „Akzeptier enden Jugendarbeit“ oder zeptierenden zum Ansatz der „Subver siven VVerer„Subversiven unsicherung“? Ich sehe demokratische Kultur nicht als Konkurrenz zur Jugendarbeit sondern als eine notwendige Grundlage, damit Jugendarbeit sich entfalten kann. Dies heißt zum Beispiel, dass eine Kommune mit rechtsextremen Erscheinungsformen und den damit einhergehenden Problemen, die Lösung dieses Problems nicht der Jugendarbeit aufs Auge drücken darf und sich so selbst um eine Auseinandersetzung mit diesem Thema drückt. Wir haben es nicht mit einem Jugendproblem zu tun, sondern mit einem, welches die gesamte Gesellschaft betrifft. Dies bedeutet auch, dass in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus breites bürgerliches Engagement gefragt ist, statt wegzugucken und dass die Politik die ausdrückliche Pflicht hat, demokratische Jugendarbeit deutlichen, langfristigen Geldern zu fördern, als dies geschieht. Was verbindet Sie per sönlich mit persönlich der o.g. Thematik? Ich bin Diplomsozialpädagoge und habe bereits zehn Jahre ehrenamtliche Jugendarbeit in der offenen Jugendsozialarbeit geleistet. So habe ich
fünf Jahre lang die Soziale Jugendarbeit der evangelischen Jugend in Leipzig geleitet und koordiniert. Seit drei Jahren arbeite ich beim Kulturbüro Sachsen im Mobilen Beratungsteam Wurzen und berate Politik, kommunale Verwaltung, Jugendarbeit und Wirtschaft zu Fragen des Rechtsextremismus. Wir bieten auch Workshops und Vorträge zum Thema an. In meiner Jugendarbeit musste ich mich mit verschiedene Formen rechtsextremer Orientierungen auseinander setzen und Konzepte entwickeln, wie in der Jugendarbeit damit pädagogisch gearbeitet werden kann. Dazu habe ich verschiedene Texte verfasst und kürzlich mit meiner Kollegin eine Studie fertiggestellt1 , die der Frage nachgeht, wie die Wurzener Bürgerinnen und Bürger das Problem Rechtsextremismus betrachten und welche Ressourcen zu entdecken wären, um dieses Problem kollektiv zu bekämpfen. Danke für das Interview Interview.. Die Fragen stellte Dr. Joachim Lass. 1
Jugendarbeit und extremistische Orientierungen bei Jugendlichen in Leipzig. – In: Hirschfeld, Uwe; Kleinert, Ulfried: Zwischen Ausschluss und Hilfe. Soziale Arbeit und Rechtsextremismus. – Leipzig, 2000; Affolderbach, Friedemann/Tahir-Fischer, Andrea: Mein Sohn wurde von Rechten zusammengeschlagen: Wahrnehmungen und Deutungen zum Thema Rechtsextremismus. Das Beipiel WurC. zen. – Wurzen, 2004
Zwischen Eminem und Picasso Erste bundesweite Umfrage zum kulturellen Interesse bei Jugendlichen erstellt.
J
ugendliche interessieren sich verstärkt für Kunstausstellungen und Design. Andere klassische Kulturangebote locken sie dagegen weniger.
Zu diesem Ergebnis kommt das „Jugend-Kulturbarometer 2004“. Für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Zentrum für Kulturforschung jetzt erstmals in
einer bundesweiten Studie 2.625 Jugendliche zwischen 14 und 25 Jahren speziell zu ihren kulturellen Interessen befragt. 52 Prozent der Befragten gaben an, im vergangenen Jahr mehrfach in Ausstellungen gegangen zu sein. Dagegen waren nur 8 Prozent häufiger in klassischen Konzerten und 6 Prozent in der Oper. Von einem guten kulturellen Angebot
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 31
drehscheibe_jugend erwarten die Jugendlichen laut Studie vor allem, gut unterhalten zu werden oder etwas „live“ zu erleben. Dabei favorisieren sie Rockkonzerte oder „spartenübergreifende“ Events. Gleichzeitig weist die Umfrage – aus der jetzt erste Ergebnisse vorliegen – darauf hin, dass kulturelle Bildung nicht nur die Kreativität von Jugendlichen fördert, sondern auch ihr Interesse am Zeitgeschehen und der Politik. 60 Prozent der Jugendlichen, die sich besonders für Politik interessieren, nehmen auch klassische Kulturangebote wahr, bei den Zeitgeschichtsinteressierten seien es sogar 65 Prozent. Gleichzeitig seien kulturinteressierte Jugendliche bedeutend offener gegenüber fremden Kulturen als „Kulturmuffel“, so die Studie. Dabei zeigten Jugendliche mit geringerer Schulbildung erheblich weniger Interesse an kulturellen Aktivitäten, insbesondere an den klassischen Kulturangeboten. Während Schülerinnen und Schüler in Gymnasien zu 73 Prozent gerade auch durch die Schule zum Museums- oder Theaterbesuch angeregt wurden, sind es bei den Hauptschülern nur 40 Prozent. Insgesamt nahm jeder fünfte Jugendliche im vergangenen Jahr öfter als dreimal ein kulturelles Angebot wahr, 5 Prozent sogar öfter als zehnmal. 17 Prozent der Befragten gaben an, noch nie in einem Theater, Museum oder Konzert gewesen zu sein; 43 Prozent zumindest nicht im vergangenen Jahr. 54 Prozent bemängelten zu hohe Eintrittspreise, 37 Prozent vermissten ein jugendgerechtes Angebot. Resultate und mögliche bildungsund kulturpolitische Schlussfolgerungen des erstmals durchgeführten Jugend-KulturBarometer werden Anfang Februar in der Bundesakademie
Das kleine Raben-A(a)s(s) warnt schon mal vor: Nehmen Sie’ Sie’ss iv im • Exklus • nicht gar zu Ernst … (to be continued …)! CORAX ehr geehrte Damen und Herren, seien Sie wiederum auf das Allerherzlichste gegrüßt, und lassen Sie sich aus diesem kühlen Grunde einen Guten Tag wünschen tun. Haben Sie auch schon die Osterdekoration aus dem finsteren Verliese geholt? Dafür scheint es jetzt durchaus schon an der Zeit zu sein, denn wenn man sich die aktuellen Entwicklungen so vor seinem geistigen Auge vorbei fließen lässt, geht es ja auch schon im September mit der weihnachtlichen Vorbeglückung los … Dies scheint mir ein gutes Stichwort dafür zu sein, doch kurz darüber zu paraphrasieren, womit wir denn zukünftig noch so alles beglückt werden. Scheint zumindest erst einmal die Abschaffung des Nationalfeiertages (heißt dies jetzt noch so?) vom Tische zu sein, könnte man doch die Empfehlung aussprechen, sich dafür des „Tages der Arbeit“ als Feiertag zu entledigen. Eine Gesellschaft, der zunehmend selbige abhanden kömmet, braucht dies ja auch nicht noch entsprechend aufwändig zu begehen … Außerdem, und dies musste ja nun einmal unmissverständlich herausgearbeitet werden, sollten Sie alle sich einmal an die eigene Nase fassen und die Empfehlung von Arnold Vaatz „an jeden einzelnen Ostdeutschen“ beherzigen, wonach letztere tunlichst tun söllten, sich mit „seinem polnischen Kollegen vergleichen und glücklich sein und nicht immer nur in den Westen schauen“ (Der Tagesspiegel
S
für Kulturelle Bildung, Wolfenbüttel unter Beteiligung von Fachleuten diskutiert, die auch schon die Fragebogenerstellung unterstützt hatten. Das BMBF hat das „Jugendkulturbarometer 2004“ mit 120.000 Euro unterstützt, weitere 160.000 Euro ka-
32 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
vom 11.11.2004 [!]). Nur so könne der „kollektive Realitätsverlust“ überwunden werden, der der Politik die Hände bände … Warum nicht den Blick noch wesentlich weiter südlicher richten? Falls sich die Ihnen anvertrauten Heranwachsenden neben der möglicherweise berechtigten Sorge um einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zusätzlich auch noch über Akne aufregen, kann ihnen nach Erkenntnissen der Hautklinik Freiburg geholfen werden. Die äußerliche Anwendung von Kamille, Rosmarin, Thymian, Salbei und Malve sei sehr beruhigend für deren Haut. Und so einfach geht’s: Fertigen Sie einen Aufguss aus einem Esslöffel Kräutermischung und einem viertel Liter heißem Wasser zehn Minuten ziehen, tränken ein Baumwolltuch mit dem lauwarmen Gesöff (bloß nicht probieren!) und legen dies zehn Minuten auf die Hautareale der von Akne betroffenen Jungmenschen. Ach ja, sollten Sie nach der vorangegangenen Internetwarnung nun nicht mehr vor dem selben sitzen, Entwarnung, laut Ipos-Insight, New York, vermittelt das Internet Sicherheit und Komfort und dient gleichzeitig als ein wichtiges Instrument, um soziale Beziehungen zu pflegen. Alles halb so schlimm … In der Hoffnung, Ihnen wieder einmal Hilfe zur Selbsthilfe vermittelt zu haben: Da uns ja jetzt immer was da zwischen kommt, gibt es ein übernächstes Mal, oder so … Ihr Kleines Raben-A(a)s(s).
men von der Kunststiftung NRW, der Stiftung Niedersachsen sowie dem Sparkassen- und Giroverband Berlin. Weitere Informationen erhalten Sie über www.kulturforschung.de. Dr. Susanne Keuchel C.
marktplatz
RabenStücke — Die Angebote Sylvia Kaiser: Vom Pionierhaus zum offenen Kinder- und Jugendhaus Jugendhaus. - ISBN 3-9806663-0-1. - 140 Seiten. € 10.17 Die Autorin setzt sich mit dem schiwerigen Wandel der Pionierhäuser zu offenen Kinder- und Jugendhäusern auseinander. Neben einem Abriss zum Wirken dieser außerschulischen Einrichtungen in der DDR beschreibt sie anschaulich den Prozess der Umstrukturierung nach 1989, der seine Wirkungen auf das pädagogische Selbstverständnis der beteiligten Mitarbeiter/innen und das veränderte Freizeitverhalten der Kinder und Jugendlichen hatte. Schneider, Antje; Töpfer, Liv: Jugendkultur TTechno: allein?. - ISBN 3-9806663-2-8. - 241 Seiten. echno: Jeder tanzt für sich allein? € 12.73 Anliegen der Autorinnen ist, in Abgrenzung zu den gesellschaftlichen Diffamierungen die Technokultur als Jugendkultur zu begreifen, dieses Phänomen in seinen Charakteristiken ausführlich zu beschreiben und auf dieser Grundlage die allgemein gängigen Verurteilungen von Techno als einer „unkommunikativen Unkultur“, die zur Vereinsamung der Jugendlichen führe, zu widerlegen. Techno als zentrale Jugendkultur der 90er Jahre zu akzeptieren, welche genauso wie andere Jugendkulturen vor beziehungsweise neben ihr eine Ausdrucksmöglichkeit für die an ihr partizipierenden Jugendlichen darstellt, halten sie insbesondere im erziehungswissenschaftlichen/sozialpädagogischen Bereich für unvermeidbar. Staubach, Annett: Fundraising in der sozialen Arbeit: Grundlagen für Einsteiger Einsteiger. - ISBN 3-9806663-6-0. - ca. 110 Seiten. - € 10.17 Soziale Organisationen müssen um die Fortführung ihrer Arbeit bangen, da die Leistungserstellung aufgrund der Ressourcenverknappung nicht wie bisher gewährleistet werden kann. In Zeiten nachlassender Unterstützungen durch den Staat sind soziale Einrichtungen in vielfältiger Weise mit finanziellen Engpässen konfrontiert. Dies erfordert von sozialen Organisationen, ihren Finanzierungsrahmen künftig weitestgehend selbständig zu gestalten und neue, vom Staat unabhängige, Finanztöpfe zu erschließen und auszuschöpfen. Die Autorin beschreibt anschaulich den dafür notwendigen Prozess in sozialen Organisationen. ege wagen: Erlebnispädagogische Angebote als soziale Dienstleistung eines Mikus, Andreas: E:PRO – Neue W Wege Jugendarbeit. - ISBN 3-9806663-8-7. - 116 Seiten. - € 10.17 Netzwerkes für Kinder- und Jugendarbeit Legitimationsprobleme, Finanzmittelknappheit und Handlungsdruck stellen die Träger vor schwerwiegende Probleme. Soziale Arbeit als soziale Dienstleistungen zu betrachten, erfordert ein neues Verständnis, wie auch veränderte Umsetzungsmechanismen. Unter Bezug auf die Gesichtspunkte Effektivität, Effizienz und unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen Neuer Steuerungsmodelle beschreibt der Autor einen gangbaren Weg für die pädagogische Praxis. Angebote der Erlebnispädagogik werden heute immer stärker nachgefragt. Das Konzept des E:PRO vereint die Dienstleistungsperspektive mit Angebotsformen erlebnispädagogischer Arbeit. Weigel-Stollenwerk, Nicole: Jugendverbände als Imageträger: Sponsoring in der Jugendverbandsarbeit – eine Studie. - ISBN 3-935607-01-6. - 152 Seiten. - € 10.17 Studie In den 90er Jahren wurde für soziale Organisationen Sponsoring zu einem Modebegriff. Die Erfahrungen von Jugendverbänden mit Unternehmen als Partner reichen von guten bis schlechten Erfahrungen, von dem Gefühl das eigene Angebot attraktiver gestalten zu können bis hin zu dem Gefühl ausgenutzt zu werden. Über diese Erfahrungen berichten die Ergebnisse der in diesem Buch veröffentlichten Studie „Jugendverbände als Imageträger“. Außerdem werden Beispiele von Kontakten zu Unternehmen, Sponsoring- und Spendenbriefe, nichtkommerzielle Beratungsorganisationen für soziale Organisationen und eine Literaturübersicht über das Thema Fundraising in sozialen Organisationen angeführt. Teil zwei der Studie beinhaltet die Aspekte von verbandlicher Jugendarbeit und kommerziellen Freizeitangeboten. Diese werden anhand von Interviewergebnissen und Fachliteratur beschrieben und gegenübergestellt. Die aus den Ergebnissen der Untersuchung hervorgegangenen fünf Thesen beschreiben abschließend die Bedeutung von Kontakten zwischen Jugendverbänden und Unternehmen für die aktuelle und zukünftige Jugendverbandsarbeit. Christian Hinrichs: Onlineberatung: Einführung zu einem neu erschlossenen Feld der Sozialen Arbeit. –ISBN 3-93560714-8. – 90 S. – € 8.90 Die vorliegende Publikation gibt eine grundlegende, an der Praxis orientierte, Einführung in das Thema der Onlineberatung. Da die Online-Kommunikation ein wesentlicher Grundpfeiler der Onlineberatung ist, sind einführend die Besonderheiten und Möglichkeiten der textbasierten computervermittelten Kommunikation aufgezeigt. Im weiteren Verlauf ist eine kurze Einführung zum Begriff der Beratung aufgeführt. Nachfolgend werden die verschiedenen Arten und Formen der Onlineberatung sowie die Nutzer/innengruppen dargestellt. In einem weiteren Abschnitt ist ein Praxisbeispiel in Form des Erfahrungsberichts, der psychologischen Onlineberatung der Katholischen Telefonseelsorge aufgeführt.
Bestellungen über den Buchhandel, unter www.bod.de, bei www.libri.de oder RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe über www.rabenstueck.de/buecher.htm. Demnächst: neue Publikation zu „Internet in Kindertageseinrichtungen“!
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 33
marktplatz
RabenStücke — Die Angebote Heidenreich, Susanne; Trautmann, Ralf: Vernetzte Medien: Analyse und Deskription des pädagogischen und öffentlichen Diskurses im KKontext ontext neuer Anforderungen an den Nutzer Nutzer. – Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2001. – ISBN 3-9806663-9-5. – 165 S.; zahlr. Abb. – € 10.17
Landesjugendring Berlin e.V. Bohl, Peter K.; Rooß, Burkhard (Hrsg.): Gratwanderung Jugendarbeit. Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2001. – ISBN 3935607-13-X. – 194 S.; zahlr. Abb. – € 10.00 Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e.V. (Hrsg.): Ein/e kompetente/r Jugendarbeiter/in braucht … KKompetenzprofil: ompetenzprofil: Jugendarbeit Jugendarbeit. – Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2002. – ISBN 3-935607-10-5. – 196 S.; zahlr. Abb. – € 9.90 Die Aufsätze im Buch wollen die Debatte über Kompetenzprofile von Jugendarbeiter/inne/n aufnehmen. 15 Autor/inn/en aus unterschiedlichen Fachbereichen setzen sich mit der Frage auseinander: Über welche Kompetenzen sollte ein/e Jugendarbeiter/in heute verfügen? Das Buch wagt damit den Blick in ein Orakel, welches den Spagat zwischen Fachlichkeit und Alltagshandeln, zwischen pädagogischem Anspruch und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wiedergibt. Es lässt sich auf den Alltag von Jugendlichen ein und hinterfragt ihn gleichzeitig kritisch-wissenschaftlich. Das Buch gibt keine fertigen Antworten, sondern es zeigt das Spannungsfeld auf. Darin handlungsfähig zu bleiben heißt auch Widersprüche zu akzeptieren …
Mobile Jugendarbeit Leipzig e.V. (Hrsg.): In der Rolle der „omnipotenten Alleskönner“? Reflexionen zu Geschichte und Gegenwart Mobiler Jugendarbeit in Leipzig Leipzig. – ISBN 3-935607-17-2. – € 10.90 Mit diesem Buch wird der Versuch gewagt, eben jenen Sozialarbeiter/inne/n eine Orientierung zu geben und sie zu ermutigen, ihre Grenzen gegenüber den Auftraggebern, der Öffentlichkeit und sich selbst zu definieren und zu erkämpfen. Es gibt natürlich eine ganze Reihe wissenschaftlicher und auch praxisorientierter Veröffentlichungen. Deshalb findet man in diesem Buch wenige theoretische Ausführungen und statt dessen die Beschreibung der Entwicklung eines Projektes, mit einem hohen Alltagsbezug, mit seinen Problemen und den dazugehörigen Lösungsversuchen. Es gibt viele Beispiele dafür, dass Mobile Jugendarbeit funktioniert und erfolgreich ist. Dazu zählt auch ein Projekt, das nun seit über zehn Jahren im „Dschungel“ der Jugendhilfe agiert und dabei so manche Erfolgsgeschichte zu erzählen hat: die Mobile Jugendarbeit Leipzig e.V.
onzepte, neue Cornelia Wustmann (Hrsgn.): Jugendberufshilfe in einem neuen Jahrhundert: Neue KKonzepte, Wege oder das alte Dilemma? Dilemma?. – ISBN 3-935607-16-4. – € 9.90 In der Fachdiskussion gestalten sich die Debatten zur Jugendberufshilfe polarisiert: Auf der einen Seite hoffnungsvoll in der Annahme, dass Änderungen in den Konzepten, Lernarrangements und Rahmenbedingungen die Möglichkeit des Übergangs der Absolvent/inn/en in den Arbeitsmarkt erhöhen. Der andere Dialog ist eher durch kritische Abgrenzung gekennzeichnet, deren Kernkritik sich vor allem auf die Individualisierung von Arbeitslosigkeit bezieht und Jugendberufshilfe damit mehr oder minder zum „Handlanger“ der Politik erklärt, die dazu beiträgt, Arbeitslosigkeit außerhalb dieser Subjektorientierung nicht als politisches und ökonomisches Problem anzusehen. Aus diesem Grunde widmen sich Autor/inn/en aus dem sächsischen Raum verschiedenen Facetten der Jugendberufshilfe. Es geht darum, Forschungsergebnisse zur Entwicklung der Maßnahmen zu präsentieren. Dabei sollen diese zur Diskussion anregen und zum Weiterdenken animieren.
Reihe „Professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit“ mit neuem Band und CD Preis, Wolfgang: Grundlagen der integrativen Fallbearbeitung. – Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2001. – ISBN 3-93560702-4. – 135 S.; zahlr. Abb. – € 6.20 Brandheiß: Die Begleit-CD für Lehre und Studium mit 100 Folien (PowerPointPräsentation und PDF-Format), die die Inhalte des Buches didaktisch aufbereiten. – ISBN 3-935607-11-3 (Mini-CD 80
mm) und ISBN 3-935607-12-1 (CD-R). – € 2.90 >>> Buch und CD zusammen: nur € 8.90 Preis, Wolfgang; Thiele, Gisela: Sozialräumlicher Kontext Sozialer Arbeit. – Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2002. – ISBN 3-93560709-1. – 235 S.; zahlr. Abb. – € 7.20 Mit der Betrachtung des Raums als Kategorie Sozialer Arbeit erfolgt eine Hinwendung zur Raumbezogenheit sozialer
34 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
Probleme. Den sozialräumlichen Bedingungen kommt ein zentraler Stellenwert bei der Produktion und Verfestigung gesellschaftlicher Ausgrenzungsprozesse sozial benachteiligter Menschen zu. Mit der vorliegenden Publikation soll Studierenden und Praktiker/inne/n eine Arbeitshilfe zur Verfügung gestellt werden, die eine Berücksichtigung sozialräumlicher Aspekte Sozialer Arbeit in der Integrativen Fallbearbeitung ermöglicht.
marktplatz
Fortbildung für Sachsen Monatlich in dieser Rubrik: zukünftige Angebote von landesweiten und überregionalen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe zur Qualifzierung der Arbeit.
Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e.V., Team Fortbildung, Uhlestraße 34, 09 120 Chemnitz, Fon: 03 71/5 33 64 18 o. 19, Fax: 03 71/51 25 80, eMail: [email protected]
„Auf der Suche nach neuen Ansätzen …“ Neue Ansätze in der Präventionsarbeit mit rechten Jugendlichen Immer wieder gibt es Auseinandersetzungen mit rechtsorientierten Jugendlichen. Und das nicht nur in den Projekten der Jugendarbeit, der mobilen Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit sondern auch in den Justizvollzugsanstalten, den Polizeibehörden und in den Kinder- und Jugendheimen. Nicht immer sind die Mitarbeiter/innen in den Projekten in der Lage auf die Flut von politischen Argumenten einzugehen. Hinzu kommen Angst vor Übergriffen, eigene Unsicherheiten in der Argumentation und ein sehr unterschiedliches (sozial-) pädagogisches Verständnis. Nach wie vor fordert die Arbeit mit den Jugendlichen ein hohes Maß an Krafteinsatz, an politischer Standfestigkeit und an Frustrationstoleranz. Um so mehr benötigen die Mitarbeiter/innen neue
Ideen, erprobte Methoden, und professionellen Beistand. Dazu gehört auch immer wieder die Überprüfung und Stärkung der eigenen Kompetenzen und die damit verbundene Kenntniserweiterung. Wir wollen uns im Seminar mit neuen Methoden und Erklärungsansätzen zur Arbeit mit rechtsorientierten auseinandersetzen. Dabei legen wir das Gewicht auf zwei Schwerpunkte: 1.) Erfahren und Auseinandersetzung mit Prof. Osborgs konfrontativen Ansatz der subversiven Verunsicherungspädagogik 2.) Vergleich und Analyse auffälligen Verhaltens mit den Auffälligkeiten der Zielgruppe Prof. Dr. Osborg will in seinem neuen Konzept den konfrontativen Ansatz nutzen, um über subversive Verunsicherung auf politischer Ebene rechtorientierten Jugendliche die Stirn zu
bieten. Verunsichern und Konfrontieren sind keine Neuerfindungen in der Pädagogik. Sie waren schon immer Bestandteil pädagogischer Praxis, unabhängig davon, wieweit sie tatsächlich verbreitet waren oder sind. In der Theorie- und Methodendiskussion der Sozialpädagogik sind sie allerdings erst mit den Kontroversen um das Anti-Aggressions-Training (AAT) und das Coolness-Training (CT) wieder stärker ins Bewusstsein der Fachöffentlichkeit gelangt. Es gibt viele Erklärungsansätze für die Situation und das Verhalten gewaltbereiter und rechtsorientierter Jugendlicher. Ein Erklärungs- und Handlungsansatz könnte sich in den Psychotherapeutischen Erklärungen zu auffälligem Verhalten finden. Interessant scheint es allemal, dass einige Persönlichkeitsbilder rechtsorientierter Jugendlicher Übereinstimmungen mit den Beschreibungen des Borderline-Syndroms haben. Ziel des Seminars ist, aus den beiden Schwerpunkten wesentliche Erkenntnisse für die (sozial-) pädagogische und politische Arbeit mit rechten und rechtorientierten Jugendlichen zu erhalten. Methoden: Input, Kleingruppenarbeit, Methodentraining, Rollenspiel Zielgruppe: Mitarbeiter/innen aus den Projekten der Jugendarbeit, der Mobilen Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der JVA‘s, der Polizei und der Kinder- und Jugendheime Referenten: Prof. Dr. Eckart Osborg, HAW Hamburg; Ingo Gelfert, DiplomSozialpädagoge (FH), Gestalttherapeut, Ort: Universitas im Bauernhaus Goßberg e.V.
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 35
marktplatz Termin: 2. bis 3. Dezember 2004 Referentinnen: Dr. pead. Kristina Wopat, Bildungsreferentin und Projeketberaterin, Landesstelle für Frauenbildung und Projektberatung O r t : Evangelisches Freizeitheim Röhrsdorfer Park „Rehgarten“, Rehgartenweg 1, 09247 Röhrsdorf Kosten: Mitglieder: 60 €, Nichtmitglieder: 80 € Ansprechpartnerin: Andrea Scholz Fon: 03 71/5 33 64 18, eMail: [email protected]
Termin: 29. November bis 1. Dzember 2004 Kosten: Mitglieder 80,00 €, Nichtmitglieder 100,00 € Ansprechpartner: Ingo Gelfert, Fon: 03 71/5 33 64 29, eMail: [email protected]
„Wenn Blicke ausziehen könnten …“ Zur Dynamik der Beziehung zwischen Jugendlichen und der Sozialarbeiterin unter dem Aspekt des Geschlechtes
rauszufinden. Dies wird sehr erlebnisorientiert in Form von Planspielen, verhaltensnahen Feedbacks und der konstruktiven Reflexion der eigenen Führungspraxis geschehen. Die angesprochenen Führungskräfte können im Seminar die Chance nutzen, in der Distanz zu Familie und Beruf und im Austausch mit gleich gestellten Kolleg/innen die ganz besonderen Herausforderungen ihrer Tätigkeit zu reflektieren und eventuelle Veränderungsschritte in den Blick zu nehmen. Zielgruppe: Das Seminar richtet sich in erster Linie an die mittlere Leitungsebene in der Jugendhilfe. Die Teilnehmerzahl ist auf 10 Teilnehmer/innen begrenzt. Referent/inn/en: Dr. Johannes Schaller, Diplom-Psychologe, Organisationspsychologie - TU Chemnitz; Postgraduierte Weiterbildung in den Bereichen Lösungsorientierte Therapie und Verhaltenstherapie (Arbeitsgemeinschaft Verhaltensmodifikation), seit 1999 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Psychologie der Technischen Universität Chemnitz, Abteilung Wirtschafts-, Organisations- und Sozialpsychologie, seit 1997 freiberufliche Tätigkeit im Bereich Personalentwicklung und Organisationsberatung; Andrea Scholz, DiplomSozialpädagogin (FH), Supervisorin (DGSv), Chemnitz Ort: „Freizeit- und Bildungszentrum Grillensee“ Naunhof (bei Grimma) Termin: 13. bis 16. Dezember 2004 Kosten: Mitglieder 130,00 €, Nichtmitglieder 150,00 € Ansprechpartnerin: Andrea Scholz, Fon: 03 71/5 33 64 18, eMail: C. [email protected]
Führen mit Wirkung
Verhaltensnahes Feedback für Jugend- und Sozialarbeiterinnen wer- die Optimierung des eigenen den von Jugendlichen nicht nur in Führungsverhaltens
ihrer beruflichen Tätigkeit, sondern auch als Frau wahrgenommen. In dieser einfachen Wahrheit stecken vielfältige Ressourcen für die professionelle Arbeit - aber auch ein erhebliches Konfliktpotenzial. Für die tägliche Arbeit kann es sehr hilfreich sein, sich der eigenen geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen bewusst zu sein, ebenso wie der Dynamik zwischen Mädchen/Jungen und der Sozialarbeiterin und sie für die pädagogische Arbeit gezielt zu nutzen. Ziel des Seminars ist es, das eigene Handeln bezogen auf die Geschlechtsdynamik zu verstehen und die Handlungskompetenz jeder Teilnehmerin zu stärken. Dazu werden wir gelungene und belastende Erfahrungen analysieren, neue Handlungsmöglichkeiten im geschützten Raum der Lerngruppe ausprobieren und effektive Verhaltensweisen vertiefen. Methoden: Kurze theoretische Inputs und Diskussion, Rollenspiel, Skulpturen, Körperwahrnehmung, Kleingruppenarbeit, Fall-Arbeit Zielgruppe: Mitarbeiterinnen aus Einrichtungen der (offenen) Jugendarbeit ○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
„Wer aufhört, besser sein zu wollen, hat aufgehört gut zu sein“ Die Zeiten, in denen man an „den“ richtigen Führungsstil geglaubt hat, sind passé. Die Effektivität von Führungsverhalten hängt maßgeblich von der Situation ab. Erfolgreiche Führungskräfte passen deshalb ihr Führungsverhalten so an, dass es den Anforderungen einer bestimmten Situation, z. B. der Aufgabe, den Organisationsvorgaben und nicht zuletzt den Mitarbeiter/inne/n gerecht wird. Damit dies auf Dauer gelingen kann, benötigt jede Führungskraft möglichst viel Wissen und Erfahrung mit der Wirkung des eigenen Führungsverhaltens in den verschiedenen Situationen. Feedback ist dabei eine wesentliche Chance für Verhaltenssicherheit und Korrektur, wird aber im Alltag aus Angst vor möglichen Sanktionen selten direkt und offen gegeben. Ziel des Seminars ist es deshalb, das eigene Führungsverhalten auf den Prüfstand zu stellen und Ressourcen und Optimierungsmöglichkeiten he○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
BVkE/EREV -Kooperationsveranstaltung
Eine schöne Bescherung Entwicklungen, Befürchtungen, Positionierungen in der beruflichen Bildung der Ju-
36 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
gendhilfe Înhalt und Zielsetzung: Wir laden Sie ein, sich mit Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis über die aktuellen Entwicklungen und Konsequenzen für die Berufsbildung in der Erziehungshilfe zu informieren, sich auszutauschen und sich zu positionieren. Zielgruppe: Leitungskräfte aus Ein-
marktplatz
Mittwoch, 15. Dezember 2004 9.00 Uhr Referat Die neue Architektur der beruflichen Bildung – Rechtliche Konflikte, Probleme und Konsequenzen für Einrichtungen der Jugendberufshilfe. Dr. Henning Schier○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
meldungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Nach Eingang Ihrer Anmeldung erhalten Sie die Rechnung, die gleichzeitig die Teilnahmebestätigung ist. Nach verbindlicher Teilnahmebestätigung/Rechnung durch den BVkE können Rücktrittsmeldungen nur akzeptiert werden, wenn sie schriftlich eingereicht werden. Bei einer Absage nach dem 29. November 2004 müssen wir 50,– € für Verwaltungsaufwand und Stornokosten (Tagungshaus) einbehalten. Teilnehmende, die der Veranstaltung ohne Abmeldung fernbleiben, müssen wir die Teilnehmergebühr in voller Höhe in Rechnung stellen. Die Tagungsmappe mit Tagungsunterlagen erhalten Sie zu Beginn der Veranstaltung. Veranstalter: Bundesverband katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen e. V. (BVkE), Karlstraße 40, 79104 Freiburg, Fax: 07 61/ 20 06 34, Ansprechpartner: Peter Goike, Fon: 07 61/20 02 23, eMail: [email protected] Evangelischer Erziehungsverband e.V. (EREV), Flüggestraße 21, 30161 Hannover, Fax: 05 11/39 08 81 16, Ansprechpartnerin: Carola Schaper, Fon: 05 11/39 08 81 11, eMail: [email protected] Veranstaltungsort: Bonifatiushaus - Haus der Weiterbildung, Neuenberger Straße 3-5, 36041 Fulda, Fon: 06 61/8 39 80, Fax: 06 61/ 8 39 81 36 Die Tagung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen C. und Jugend gefördert.
holz, Institut für Jugend-, Arbeitsmarkt- und Bildungsfragen (INJAB), Hannover 10.00 Uhr Arbeitsgruppen AG 1 Jobcenter als Chance für die Jugendberufshilfe - Ausbildungsagentur der Landeshauptstadt Wiesbaden ein Modell? Michael Lechner, Ausbildungsagentur der Stadt Wiesbaden; Jürgen Hamdorf, Johannesstift Wiesbaden AG 2 Junge Menschen im Zentrum des Sozialrechtschaos. Dr. Henning Schierholz, Institut für Jugend-, Arbeitsmarkt- und Bildungsfragen (INJAB), Hannover AG 3 Bittere Pillen oder heilsame Arznei? – Chancen, Risiken und Nebenwirkungen bei „verordneten“ Kooperationen zwischen Trägern - Erfahrungsberichte und Austausch. Almuth Broer, Diakonieverbund Schweicheln, Hiddenhausen; Peter Raske, Johannesburg GmbH, Surwold AG 4 Schlussverkauf – Marktfähigkeit der Berufshilfen bei Caritas und Diakonie. Helmut Schwedhelm, Hephata, Schwalmstadt; Irmgard Ferreau Vorsitzende der Mitarbeitervertretung, Hephata, Schwalmstadt 11.30 Uhr Abschlussreferat Verantwortung für Jugendliche - ethische Reflexionen. Dr. Thomas Broch, Deutscher Caritasverband e.V, Freiburg; Ulf-Rüdiger Schwarz, Diakonische Heime in Käsdorf e.V., Gifhorn 12.30 Uhr Tagungsende und Mittagessen Kosten/Zahlungsregelung: Die Teilnehmergebühr einschließlich Verpflegung und Unterkunft (Einzelzimmer mit Dusche/WC) beträgt 120,– €. Bitte senden Sie Ihre Anmeldung an die Geschäftsstelle des BVkE. An-
richtungen der Jugend- und Berufshilfe, öffentlicher Jugend- und Sozialverwaltung und der Bundesagentur für Arbeit. Tagungsablauf: Dienstag, 14. Dezember 2004 14.00 Uhr Begrüßung und Einführung Wer ist die Klientel der beruflichen Bildung in der Erziehungshilfe? Erhard Rieß, Vorsitzender des BVkE, Landau 14.15 Uhr Referate Was leisten Jugendhilfeeinrichtungen mit beruflicher Bildung? Wichard Klein, Johannesburg GmbH, Surwold U25 Wie gelingt die Kooperation zwischen Jugendhilfe und der Agentur für Arbeit? N.N., (Modell)Agentur für Arbeit Verabschiedet sich die Hilfe zur Erziehung aus der beruflichen Bildung? Entwicklungen, Befürchtungen, Perspektiven. Markus Schnapka, ehemals LandesjugendamtRheinland, Köln Kommunalisierung als politische Strategie. Matthias Schulze-Böing, Landkreis Offenbach; Stephan Wachsmuth, Landkreis Hersfeld-Rothenburg 16.15 Uhr Kaffeepause 16.45 Uhr Fishbowl Vorgenannte Referenten und Leitungskräfte aus Erziehungshilfeeinrichtungen mit beruflicher Bildung (auch aus dem Plenum), Moderation: Helmut Schwedhelm, Hephata, Schwalmstadt-Treysa 18.00 Uhr Abendessen
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
Aktion Jugendschutz Sachsen e.V., Albert-Köhler-Straße 91, 09 122 Chemnitz, Fon: 03 71/21 16 39, Fax: 03 71/21 22 32, eMail: ajsSachsen@t-online. de
Sozialmarketing im Jugendschutz Trotz hoher Akzeptanz in der Bevölkerung bedarf die professionelle
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
Sichtweise des Kindes- und Jugendschutzes besonderer Vermittlungsformen seines Anliegens. Hinzu kommt die grundsätzliche Veränderung der Förderlandschaft in der Jugendhilfe. • Qualitätsmanagement als Sozialmarketing • Zuwendung, Fundraising, Sozialsponsoring T ermin/Ort: 2. Dezember 2004 in Chemnitz Ansprechpartner: Uwe Majeski, GeC. schäftsführer der AJS
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 37
marktplatz
Literatur zur 1 Fortbildung Wir stellen Titel vor, die für die Bildungsangebote als weiterführende Literatur zu empfehlen sind. Sie sind aber auch für die tägliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nutzbar. Auf der Suche nach neuen Ansätzen...“ Andrea Pingel; Peter Rieker: Pädagogik mit rechtsextrem orientierten Jugendlichen. Ansätze und Erfahrungen in der Jugendarbeit, Hrsg. v.: Deutsches Jugendinstitut e. V. DJI, Leipzig 2002 Die rechtsextreme Herausforderung Jugendarbeit und Öffentlichkeit zwischen Konjunkturen und Konzepten, Hrsg. v.: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), AJZ Druck und Verlag, Bielefeld, 2002 Carsten Wippermann, Astrid ZarcosLamolda, Franz Josef Krafeld: Auf der Suche nach Thrill und Geborgenheit Lebenswelten rechtsradikaler Jugendlicher und neue pädagogische Perspektiven, Leske + Budrich, Opladen, 2002 „Wenn Blicke ausziehen könnten...“ Ruth Enggruber: Gender Mainstreaming und Jugendsozialarbeit, Juventa Verlag GmbH, 2004 Gitta Mühlen Achs: Wer führt? - Körpersprache und die Ordnung der Geschlechter, Verlag-Frauenoffensive, 2003 Bärbel Bimschas, Achim Schröder: Beziehungen in der Jugendarbeit – Unter-suchung zum reflektierten Handeln in Profession und Ehrenamt, Leske + Budrich Verlag, Leverkusen, 2003 Führen mit Wirkung Kenneth Blanchard: Patricia Zigarmi, Drea Zigarmi: Führungsstile Wirkungsvolleres Management durch situationsbezogene Menschen-führung, ROWOHLT TB. Verlag, 2002 Regina Mahlmann: Führungsstile flexibel anwenden Mitarbeiterorientiert, situativ und authentisch führen, BELTZ Verlag, 2002 Hans Behrendt, Werner Reckert: Führen mit Persönlichkeit, EXPERT-Verlag, 2004
Christian Stöwe, Lara Keromosemito: Führen ohne Hierarchie - Wie Sie ohne Vorgesetztenfunktion Teams motivieren, kritische Gespräche führen, Konflikte lösen; GABLER-Verlag, 2004 Friedemann W. Nerdinger: Erfolgreich führen - Grundwissen, Strategien, Praxisbeispiele, BELTZ – Verlag, 2000 Dietmar Kern: Mitarbeiter richtig führen und motivieren - Der optimale Weg zum leistungsstarken Betriebsklima. Wie man die eigenen Führungsqualitäten entwickelt. Wie man richtig kritisiert und beurteilt. Wie man gezielt Leistungssteigerung bewirkt., Compact – Verlag, 2000 Sozialmarketing im Jugendschutz Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising - Handbuch für Grundlagen, Strategien und Instrumente. Wiesbaden 2001 Haibach, Marita: Handbuch Fundraising: Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. Frankfurt/Main und New York, Neuauflage 2002 Burens, Peter-Claus: Der Spendenknigge. Erfolgreiches Fundraising für Kultur, Sport, Wissenschaft, Umwelt, Soziales. München 1998 Scheibe-Jaeger, Angela: Modernes Sozialmarketing. Praxis-Handbuch für Non-Profit-Organisationen. Das Instrumentarium des Marketing-Mix. Überleben durch professionelles Handeln. Walhalla Fachverlag (Berlin) 2002 Fabisch, Nicole: Fundraising. Spenden, Sponsoring und mehr. C.H.Beck (München) 2002 Urselmann, Michael: Fundraising. Erfolgreiche Strategien führender Nonprofit-Organisationen. Paul Haupt Verlag (Bern) 2002 Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Instrumente. Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH (Wiesbaden) 2001
38 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de
Eine schöne Bescherung Arbeit in den Erziehungshilfen Standpunkte und Perspektiven aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Hrsg.: Evangelischer Erziehungsverband e. V., Schöneworth Verlag, Hannover, 2003 Klaus Hurrelmann: Warteschleifen Keine Berufsperspektiven und Zukunftsperspektiven für Jugendliche?, BELTZ-Verlag, 1999 Walter Brosi, Klaus Troltsch, Joachim G. Ulrich: Nachfrage Jugendlicher nach Ausbildungsplätzen - Analysen und Prognosen 2000-2015, Hrsg. v. Bundesinstut für Berufsbildung (BIBB), BERTELSMANN, BIELEFELD, 2001 Wenn die Schere auseinander geht Jungedberufshilfe, PISA und die Anforderungen der Dienstleistungs- und Wissengesellschaft, Hrsg. v. Thomas Schlag, HIBA-Verlag, 2004 Frank Braun, Tilly Lex, Hermann Rademacker: Jugend in Arbeit - Neue Wege des Übergangs Jugendlicher in die Arbeitswelt, VS VERLAG FÜR SOZIALWISSEN-SCHAFTEN, 2001 ________ 1 Dies ist ein Service der AGJF Sachsen e. V. Ein Teil der angegebenen Literatur kann über unsere Bibliothek ausgeliehen werden, die anderen Titel, wie auch die Zeitschriftenartikel halten wir für lesenswert und geben gern Auskunft darüber. Neugierig geworden? Elektronische Briefe, Anrufe, Faxe oder Post werden bei uns gern gesehen und so schnell wie möglich beantwortet. Anschrift: Uhlestr. 34, 09120 Chemnitz, Fon: 03 71/5 33 64 12, Fax: 03 71/5 33 64 26, eMail: [email protected], Web: www.agjfsachsen.de; Ansprechpartner sind Susanne Bujak und Dr. Joachim Lass, auch für weitergehende Literaturtipps oder Literaturrecherchen. Bei uns C. preiswerter als anderswo!
impressum & co. Impressum „CORAX“ • Magazin für Kinder- und Jugendarbeit
In eigener Sache Wir laden alle an der weiteren Ausgestaltung dieser Zeitschrift interessierten Menschen herzlich zum Mittun ein. Deshalb hier zur Information ein paar wichtige Termine für alle, die selbst kommen wollen oder etwas im CORAX veröffentlichen möchten. Öffentliche Redaktionssitzungen in der Marienstraße in Dresden (Büro des JugendInformationsService). 2/2005 – 03.12.2004 3/2005 – 07.01.2005 4/2005 – 04.02.2005 – jeweils 10.00 Uhr –
erscheint im RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe; Zweckbetrieb der AGJF Sachsen e.V. • eMail: verlag@raben stueck.de • Internet: www.rabenstueck.de Anschrift der Redaktion: Uhlestraße 34, 09 120 Chemnitz, Fon: 03 71/5 33 64 13, Fax: 03 71/5 33 64 26, eMail: [email protected], Internet: www.rabenstueck.de/corax_start.htm Gefördert aus Mittelndes Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, ausgereicht durch das Sächsische Landesjugendamt. Redakteur: Dr. Uwe Großer (v.i.S.d.P.) [wenn mobil, dann Fon: 01 77/5 18 10 58; eMail: [email protected]] Redaktion: AGJF: Dr. Joachim Lass (03 71/5 33 64 12; eMail: [email protected]); Jugendpresse: Carsten Schöne [03 51/4 84 87 15; eMail: [email protected]] Josh Richter [Fon: 01 77/2 88 88 44, eMail: [email protected]]; KOJA: Maria Friedrich [03 51/4 90 69 99; eMail: [email protected]]; LJBW: Nadine Gärtner [03 51/4 01 59 00; eMail: [email protected]]. Regelmäßige Kolumnistin: Nadine Bähring [03 85/7 60 76 13; eMail: [email protected]]. CORAX erscheint jährlich mit 12 Ausgaben(mit einer Doppelnummer). CORAX ist über die Redaktion zu beziehen. Einzelpreis: 1.25 €. Für Mitglieder der AGJF Sachsen ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Die Beiträge stellen keine vereinsoffiziellen Mitteilungen dar; namentlich gezeichnete Beiträge müssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos haftet die Redaktion nicht. Rücksendung nur, wenn Porto beiliegt.
„Redaktionsschluss“ für die Ausgaben ist am: 11/2004 – 25.11.2004 12/2004 – 06.12.2004 1/2005 – 10.01.2005 Die Themenschwerpunkte der nächsten Hefte finden Sie unter www.raben stueck.de/corax.htm. Änderungen durch aktuelle Erfordernisse vorbehalten!
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
○
09 120 Chemnitz
RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe Vertriebsorganisation „CORAX“ Magazin für Kinder- und Jugendarbeit Uhlestraße 34
€-Cent …
… macht 51
09 120 Chemnitz ○
○
○
○
○
www.rabenstueck.de • corax 10/2004 • 39
○
Datum, Unterschrift
○
Datum, Unterschrift
○
__________________ __________________
○
Hiermit bestelle/n ich/wir CORAX ab der nächsterreichbaren Ausgabe für mindestens ein Jahr. Nach Erhalt der ersten Zeitschrift bekomme/n ich/wir eine Rechnung für die im Kalenderjahr noch zu erhaltenden Ausgaben. Sollte/n ich/wir nicht bis drei Monate vor Ablauf des Jahresabos kündigen, verlängert sich das Abo um ein weiteres Jahr. Student/inn/en-Abo sowie Abo für die Mitglieder/ Einrichtungen der LAG Jugendarbeit für € 12.00 Abo für € 15.00 ist bekannt, dass ich diese Vereinbarung Förder-Abo für € 20.00 Mir innerhalb einer Woche schriftlich widerru-
○
CORAX-Bestellung
○
______________________________________________________________ Postleitzahl, Ort
○
______________________________________________________________ Straße, Nummer
○
Vorname, Name
○
Absender: _____________________________
○
Datum, Unterschrift
○
Datum, Unterschrift
○
__________________ __________________
○
Hiermit bestelle/n ich/wir CORAX ab der nächsterreichbaren Ausgabe für mindestens ein Jahr. Nach Erhalt der ersten Zeitschrift bekomme/n ich/wir eine Rechnung für die im Kalenderjahr noch zu erhaltenden Ausgaben. Sollte/n ich/wir nicht bis drei Monate vor Ablauf des Jahresabos kündigen, verlängert sich das Abo um ein weiteres Jahr. Student/inn/en-Abo sowie Abo für die Mitglieder/ Einrichtungen der LAG Jugendarbeit für € 12.00 Abo für € 15.00 ist bekannt, dass ich diese Vereinbarung Förder-Abo für € 20.00 Mir innerhalb einer Woche schriftlich widerru-
○
CORAX-Bestellung
○
______________________________________________________________ Postleitzahl, Ort
○
______________________________________________________________ Straße, Nummer
○
Vorname, Name
○
Absender: _____________________________
○
fen kann. Ich bestätige dies mit meiner zweiten Unterschrift.
… macht 51 €-Cent …
RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe Vertriebsorganisation „CORAX“ Magazin für Kinder- und Jugendarbeit Uhlestraße 34
Redaktionsschluss für diese Ausgabe war der 5. Juli 2004.
fen kann. Ich bestätige dies mit meiner zweiten Unterschrift.
Titelfoto: Belichtung: LDC GmbH Berlin Druck: accent druck- & werbewerkstatt Chemnitz
Marktplatz-Jugendarbeit.de Was tun, wenn man für eine Freizeit z.B. einen Bus oder anderes Gerät braucht, es aber nicht hat? Man kann entweder zum Autoverleiher oder Sportladen gehen und für teures Geld mieten. Oder man kennt Kollegen, die das Gesuchte haben und gegen weniger Geld oder im Tauschhandel verleihen. Die letztere Lösung ist sicher für alle Beteiligten in der Jugendhilfe die günstigere. Die AGJF weiß jedoch aus ihrer Arbeit, dass es für viele Jugendarbeiter nicht einfach ist, neben dem alltäglichen Stress die „richtigen“ Kollegen mit den richtigen Materialien zum richtigen Zeitpunkt zu finden. Dafür gibt es jetzt einen Online-Marktplatz, der Suchende und Anbieter zusammenbringt. Auf dem MARKTPLATZ-JUGENDARBEIT.DE kann in vier Rubriken (Geräte & Materialien, Workshops & Projekte, Referenten & Experten und Bühnen- & Showprogramme) nach Ressourcen gesucht bzw. Ressourcen angeboten werden. Suchende können ohne Anmeldung sofort mit verschiedenen Suchfunktionen die Angebote durchsuchen und mit den Anbietern Kontakt aufnehmen. Die Ergebnisse kann regional eingeschränkt werden auf eine selbst festzulegende Entfernung vom Standort des Suchenden. Natürlich kann eine Webdatenbank nicht alles. So kann MARKTPLATZ-JUGENDARBEIT.DE nichts über die Verfügbarkeit der gewünschten Ressourcen sagen. Das können nur Anbieter und Nachfrager miteinander aushandeln. Es kann auch nicht direkt gebucht werden, sondern es wird nur Kontakt mit dem Anbieter hergestellt. Der Marktplatz ist für alle Nutzer kostenlos. Was für die Nutzung von Geräten, Referenten oder anderes bezahlt werden muss, wird direkt zwischen Anbieter und Nachfrager ausgehandelt. In der Natur einer webbasierten Datenbank liegend, soll (und kann) die Verfügbarkeit nicht auf Sachsen oder die Nutzergruppe Jugendarbeit beschränkt werden. Dies ist im Interesse einer möglichst großen Auswahl auch nicht erwünscht. Ob der MARKTPLATZ-JUGENDARBEIT.DE auch für Sie nützlich sein kann, finden Sie am besten selbst heraus – www.Marktplatz-Jugendarbeit.de. Und wenn Sie ihn nicht unbedingt heute benötigen, dann freut sich vielleicht ein/e Kollegin/Kollege über den Tipp.
40 • corax 10/2004 • www.rabenstueck.de