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CORAX Fachmagazin für Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen Ausgabe 11/2004
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13. Jahrgang • 2004 • Nr. 11

CORAX

Magazin für Kinder- und Jugendarbeit

• Grundversorgung kulturelle Bildung im kommunalen Rahmen • Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Organisationen • „Angesteckt …?!“: Präsentation der Ergebnisse in der Bundesinitiative „wir … hier und11/2004 jetzt“ •• 1 www.rabenstueck.de • corax

aufgefallen

Das deutsch-deutsche Missverständnis Die Beschäftigung mit uns selbst verstellt den Blick auf die Veränderungen in der Welt.

D

er 9. November war ein wunderbarer Tag. Er war großartig, umwerfend, er hat das Leben auf den Kopf gestellt. Aber nicht für die Westdeutschen. Für Wessis war der 9. November toll. Er war aufregend, sensationell, einzigartig. In der Nacht auf der Bornholmer Bücke waren die Leute gerührt. Viele haben geweint. Die Tränen und die Rührung der Westdeutschen hatten jedoch nicht annähernd dieselbe Bedeutung wie die der Leute, die da aus dem Osten über die Brücke gelaufen kamen. Deren Leben, und nur ihres wurde an diesem Tag auf den Kopf gestellt. Ob sie wollten oder nicht. In dieser Nacht haben wir darüber nicht nachgedacht. Das war gut. Und schön. Aber auch später haben wir uns diesen Unterschied viel zu wenig und viel zu selten klar gemacht. Am nächsten Tag sagte Willy Brandt: Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört. Doch schon da stimmte das alles nicht mehr. Das wissen wir selbstverständlich erst heute. Aber an diesem Tag begann das Missverständnis in den deutsch-deutschen Debatten. Man redet miteinander als habe man Ähnliches erlebt. Aber das stimmt nicht. Jeder aus dem Westen hat am Tag des Mauerfalls etwas fundamental anderes erlebt als jeder aus dem Osten. Ich rede hier über den Westen. Für alle Wessis war der Fall der Mauer, praktisch gesehen, lediglich eine Art Gebietserweiterung. Wir bekamen etwas dazu. Ohne Krieg, ohne Revolution. Wir mussten uns nicht einmal von unseren Sofas erheben. Für uns ging alles weiter wie bis dahin, nur konnten wir weiter gehen. Egal wohin ein Hamburger, Stuttgarter oder West-Berliner seither seinen Fuß gesetzt hat, überall galten die Regeln, die er kannte: die freiheitlich demokratische Grundordnung, das Mietrecht, das Strafgesetzbuch und das Gesetz zur Straßenreinigung. Die Wessis wussten, dass man Versicherungsmaklern nicht trauen darf und dass es ratsam ist, vor einem Waschmaschinenkauf die Tests von Stiftung Warentest zu lesen. Sie wussten, dass die Worte in der Werbung nicht das Gleiche wie im wirklichen Leben bedeuten und sie beherrschten die Technik, durch einen Supermarkt zu gehen und nicht mehr als das Gewollte zu kaufen. Jeder, der clever, mutig, offen, neugierig und ehrgeizig war, konnte von der Wende profitieren. Deutschland war größer geworden, überall wurden qualifizierte Leute gesucht. In den neuen Verwaltungen, in der Treuhand, in den Betrieben, in den Zeitungen, bei den Rundfunksendern. Sie machten etwas Neues und durchaus auch Karriere. Wo gab es im Westen der 80er-Jahre so interessante Arbeitsplätze wie die in der Gauck-Behörde? Wo konnte man

einen Betrieb mit aufbauen oder ein Ministerium oder eine Partei? Wer diese Unruhe nicht wollte, der rührte sich einfach nicht. Glaubt einer, man könnte unter solchen Umständen einen deutsch-deutschen Dialog führen? Deutsch-deutsche Dialoge sind verlogen. Nicht, weil es uninteressant wäre, sich kennen zu lernen. Selbstverständlich sollten sich Ost- und Westdeutsche ihre Lebensläufe erzählen, Freunde werden oder sich lieben. Sie können voneinander lernen. Aber jeder Ossi muss wissen: Wessis konnten im deutschdeutschen Dialog lernen, sie mussten nicht. Wessis konnten sich rauspicken, was ihnen nützlich erschien: unterhaltende Abenteuergeschichten, politische Einsichten, interessante Selbsterkenntnis. Bis hierhin ist das alles nur eine Beziehungsgeschichte. Sie wäre nicht der Rede wert, wären wir nicht alle Bürger eines Landes, das vor riesigen Problemen steht und dessen Standort in der Welt sich grundlegend geändert hat. So betrachtet, hat sich auch die Welt der Westdeutschen seit der Wende gedreht. Gemessen an der Gegenwart kommt einem die Bundesrepublik der Vorwendezeit wie eine Art LegoLand vor – klein, überschaubar, konsequenzlos. Wir hatten nichts zu sagen in der Welt, aber auch keine Verantwortung. Heute sind wir mit Fragen konfrontiert, die uns vor 1990 niemand gestellt hat. Wir schicken Soldaten in die halbe Welt und reden mit, wenn es um internationale Sicherheitsfragen geht – um die am weitesten reichende Veränderung zu nennen. Deutschland hat Gewicht in Europa. Die deutsche Wirtschaft muss sich dem globalisierten Wettbewerb stellen. Die Reform unserer Sozialsysteme ist überfällig. Das Leben ist härter geworden; aber auch ernsthafter. Debatten haben ihre theoretisierende Unverbindlichkeit verloren. Die Haltung zur rechtstaatlichen Demokratie ist klarer geworden. Viele, vor allem in der deutschen Linken, die in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren dem Staat kritisch gegenüber standen, sind sich in den Debatten des Jahres 1990 des Werts dieses Rechtstaats erst bewusst geworden. Wir reden über Föderalismus heute anders als vor 15 Jahren. Die Stellung des Bundes ist gestärkt. Wir sagen Deutschland und nicht mehr Bundesrepublik – und das ist mehr als ein Wortspiel. Europa ist größer geworden und die Türkei steht vor ihrer Tür. Doch während andere Länder zumindest den Versuch machen, voranzukommen und um sich schauen, blicken wir Deutsche nach innen: je nach mentalem Standort von Ost nach West oder von West nach Ost. Wir behandeln unsere Probleme als wären sie eine deutsch-deutsche Misere. Wir sind nicht mehr das reiche Land, das wir glaubten zu sein. Und

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was tun wir? Ossis und Wessis? Wir geben uns wechselseitig dafür die Schuld. Die Wessis empören sich über die Ossis, die nur fordern und nichts tun und denen stets geholfen werden soll. Die Ossis fühlen sich benachteiligt und ausgegrenzt. Werden Bundeswehrstandorte geschlossen, wird gefragt: Ist der Osten stärker betroffen? Wird der Arbeitsmarkt reformiert heißt es: Das kann man dem Osten nicht zumuten, der Osten braucht Ausgleichsmaßnahmen. Wird über die notwendige Neuordnung der Krankenkassen geredet, heißt es: Wären die Ossis nicht dazugekommen, wir hätten die Probleme nicht. Darin steckt eine Atem beraubende Selbstbezogenheit und Engstirnigkeit. Wer immer die Probleme der deutschen Wirtschaft und der Sozialsysteme betrachtet und einen Blick über die Grenzen wirft, wird darauf kommen, dass sie mit denen Frankreichs, Spaniens, Großbritanniens verwandt sind. Es sind die Probleme alternder Gesellschaften. Es sind die Folgen der Globalisierung. Wir aber leisten uns den Luxus, sie uns gegenseitig in die Schuhe zu schieben. Wir garantieren uns damit selbst deren Unlösbarkeit. Selbstverständlich ist es irgendwie ungerecht, dass Ostdeutsche nicht den Lebens- und Sozialstandard des Westens der 80er-Jahre erreichen können – ebenso ungerecht wie die Tatsache, dass der Westen keine 40 Jahre DDR erleben musste. Aber dafür wird es nie einen Ausgleich geben. Es gibt nur eine sinnvolle Konsequenz: gemeinsam nach vorne schauen. Nach 15 Jahren ergebnisloser, ermüdender deutsch-deutscher Debatten sollten wir aufhören aufzurechnen, uns irgendetwas zu neiden oder vorzuwerfen, dessen Ursprung in der Vergangenheit liegt und woran wir nichts mehr ändern können. Der Osten wird in Zukunft nicht mehr bekommen und der Westen wird weniger behalten. Da gibt es nichts zu debattieren. Wir sollten nach Finnland und nach Polen schauen und uns fragen, was wir da lernen können oder wo wir uns anstrengen müssen. Dann werden wir vielleicht irgendwann einmal ganz von selbst ein Volk. Aufgefallen: Brigitte Fehrle im Feuilleton der Berliner Zeitung. – 60(2004)263 vom 9. November 2004, S. 25

www .berliner-zeitung.de www.berliner-zeitung.de

seitenweise Jugendmedienschutztage der SLM Seite 22

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thema Grundversorgung kulturelle Bildung Vortrag im Rahmen der Veranstaltung „Kulturelle Bildung in der Kultur-Entwicklungsplanung“ ab Seite 4

drehscheibe_jugend Bund und Länder müssen mehr in die Kitas investieren Bertelsmann Stiftung fordert bessere Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen Seite 25

drehscheibe_jugend

Beziehungen zur Öffentlichkeit Öffentlichkeitsarbeit sozialer Organisation ist weit mehr als nur die Werbung für bestimmte Angebote oder Veranstaltungen ab Seite 11

Kinder brauchen von klein auf die gleichen Lebenschancen OECD legt Länderbericht zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung vor: Standpunkt des BMFSFJ, Kurzfassung, Standpunkt der GEW ab Seite 26

forum

drehscheibe_jugend

forum

Kinder und Jugendliche in der Schuldenfalle Finanzexperten wollen helfen Seite 17

drehscheibe_jugend Lebensmotto: Was wir wollen, bekommen wir auch hin Staatsministerin für Soziales, Helma Orosz, bei der Präsentation der Ergebnisse in der BI „wir … hier und jetzt“ Seite 18

Maus ELISA an der Uni Uni Bremen: Forschungslabor für Kinder und Studierende eröffnet Seite 21

marktplatz Verlagsangebote. Aktuelle Bildungsangebote. Literaturtipps für die Fortbildung. Ausblicke. Impressum. ab Seite 33 … und viele weitere Infos!

drehscheibe_jugend

drehscheibe_jugend Angesteckt …?! Vielfältige und anregende Ideen der „wir … hier und jetzt“-Projekte Seite 21

drehscheibe_jugend „Wenn Odin in die Seiten haut …“

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Verantwortung für das eigene Werden übernehmen Andreas Pautzke, Geschäftsführer der Stiftung Demokratische Jugend Seite 20

Aus dem Nest gekrächzt …

L

iebe Leserin, lieber Leser, Freddie Mercurys „Under Pressure“ entströmt meinem Radio und wenig später Oliver Pochers frech-rotziges „Lasst euch nicht verarschen …“. Was dies alles mit unserer aktuellen Ausgabe zu tun hat, werden Sie sich fragen. Diese Frage beantwortet eingangs Prof. Dr. Max Fuchs, indem er ausführt, dass „die weltweit grassierende Ökonomisierung aller Lebensbereiche, die sich u. a. darin ausdrückt, dass die Welthandelsorganisation (WTO) mit ihrem Handelsabkommen im Bereich der Dienstleistungen (GATS) nunmehr auch Kultur, Bildung und Soziales in diese Prozesse der Deregulierung und Liberalisierung einbeziehen möchte. Gelänge dies in den genannten Feldern, dann hätte dies zur Folge, dass möglicherweise öffentliche Ausgaben für Kultur, Bildung oder Soziales überhaupt nicht mehr erlaubt wären, da sie als marktverfälschende »Subventionen« im Kontext des Internationalen Handelsrechts interpretiert werden könnten. Und diese sind verboten oder müssten zumindest allen Interessenten gewährt werden“. Er stellt dem in seinen Ausführungen ein Konzept von einer Grundversorgung an kultureller Bildung entgegen. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Ausgabe widmet sich der Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Organisation und stellt sich der Frage, wie diese sich gegen eine Fülle von Werbebotschaften und Events in der Informations- und Mediengesellschaft durchsetzen können. Denn sie sind in dieser Frage „under pressure“. Wiederum interessante Anregungen, herzlichst

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thema [email protected]

Im Rahmen des BundesjugendKuratoriums wurde die Idee eines „lokalen Bildungsnetzwerkes“ entwickelt, bei dem es darum gehen soll, alle diejenigen Institutionen auf lokaler Ebene im Stadtteil zusammenzuführen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Insbesondere geht es darum, mit einer Art „Rundem Tisch“ Einrichtungen der Jugendhilfe, die Schule und Kultureinrichtungen miteinander zu vernetzen.

Grundversorgung kulturelle Bildung: Zur Rolle der Kommune Vortrag im Rahmen der Veranstaltung „Kulturelle Bildung in der KulturEntwicklungsplanung“. Allgemeine Vorbemerkungen Krise der öffentlichen Finanzen und 1. Rahmenbedingungen kultureller Bildungsarbeit Gerade im Kulturbereich haben wir uns in den letzten Jahren daran gewöhnt, relativ schnell und leicht von einer „Krise“ zu sprechen. Wir hatten natürlich angesichts geringerer Zuwachsraten im Kulturetat auch allen Grund dazu. In jüngster Zeit lernen wir allerdings eine neue Bedeutungsdimension von „Krise“ kennen. Denn inzwischen geht es schon längst nicht mehr bundesweit bloß um eine Reduzierung von Zuwachsraten im Kulturbereich: Die Kulturetats sind vielmehr eingefroren oder müssen sogar - z. T. erhebliche - Kürzungen hinnehmen. Der erste Hintergrund meiner Überlegungen, die ich im Folgenden vortragen möchte, betrifft daher diese

einige Gegenstrategien, die man im Kulturbereich im Moment unternimmt, um zumindest einen nicht zu kleinen Rest von Kultureinrichtungen und Kulturförderung noch zu retten. Der zweite Hintergrund meiner Überlegungen ist es etwas abstrakter und klingt zunächst einmal nicht nach Kulturpolitik. Ich meine damit die weltweit grassierende Ökonomisierung aller Lebensbereiche, die sich u. a. darin ausdrückt, dass die Welthandelsorganisation (WTO) mit ihrem Handelsabkommen im Bereich der Dienstleistungen (GATS) nunmehr auch Kultur, Bildung und Soziales in diese Prozesse der Deregulierung und Liberalisierung einbeziehen möchte. Gelänge dies in den genannten Feldern, dann hätte dies zur Folge, dass möglicherweise öffentliche Ausgaben für Kultur, Bildung oder Soziales über-

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haupt nicht mehr erlaubt wären, da sie als Markt-verfälschende „Subventionen“ im Kontext des Internationalen Handelsrechts interpretiert werden könnten. Und diese sind verboten oder müssten zumindest allen Interessenten gewährt werden. Daher hat sich auch die EnqueteKommission im Deutschen Bundestag „Kultur in Deutschland“ u. a. zur Aufgabe gesetzt, Möglichkeiten einer zukünftigen Kulturfinanzierung zu erkunden. Zwei Begriffe sind in dieser Diskussion zur Rettung der bisherigen deutschen Kulturfinanzierung von großer Bedeutung: Der erste Begriff ist „Daseinsvorsorge“, der zweite Begriff ist der auch in der Überschrift verwendete Begriff der „Grundversorgung“. Der Begriff der Daseinsvorsorge ist auf kommunaler Ebene sehr verbreitet, denn er erfasst alle diejenigen Dienstleistungen und Versorgungsleistungen, die die Kommune für ihre Bürgerinnen und Bürger mittelbar oder unmittelbar bereitstellt. Das betrifft etwa die Versorgung mit Wasser, die Entsorgung von Müll, aber auch die Versorgung mit Straßen,

thema Elektrizität und einer Infrastruktur, die für die menschliche Existenz notwendig ist. In den letzten Jahren haben sich zwar die Kommunen aus vielen traditionellen Bereichen einer solchen Daseinsvorsorge zurückgezogen und die entsprechenden Dienstleistungen privatisiert, doch ist es der Bürger in der Kommune in Deutschland immer noch gewöhnt, eine Fülle von Gütern und Dienstleistungen außerhalb eines Marktgeschehens durch seine Kommune bereitgestellt zu finden. Auch auf der Ebene der Europäischen Union hat man erkannt, dass der Markt für viele Felder der Güterund Dienstleistungsversorgung durchaus ein wichtiges Instrument ist, dass es allerdings Bereiche geben muss, für die die Wettbewerbsregeln des Marktgeschehens nicht gelten können, weil mit diesen eine gerechte Versorgung nicht hergestellt werden kann. Das Problem besteht allerdings darin, genauer zu bestimmen, um welche Güter und Dienstleistungen es sich handelt. Traditionell gehören auch kulturelle Einrichtungen und Angebote auf kommunaler Ebene zu diesem Feld. Die europäische Union hat daher im Bereich ihrer Mitgliedsorganisationen einen so genannten „Grünbuch-Prozess“ durchgeführt, ein Konsultationsverfahren, das sich sowohl an die einzelnen Staaten, aber auch an Verbände und andere Akteure richtet, mit dem Ziel, exakter zu bestimmen, welche Güter und Dienstleistungen von den Regularien des Binnenmarktes ausgenommen werden dürfen. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben sich mit einer Stellungnahme an diesem Prozess beteiligt (und beobachten mit einer eigens dafür eingerichteten Außenstelle in Brüssel sehr genau, was sich die Kommission alles an Regulierungen einfallen lässt). Obwohl dieser ganze Diskussionsprozess in der ökonomischen Sprache der Marktregulierung und des Internationalen Handelsrechts geführt wird, ist er also von höchster kulturpolitischer Bedeutung. Allerdings muss man feststellen, dass alleine die Notwendigkeit, Kultur nun nunmehr in der Sprache der Ökonomie zu verhandeln, eine gravierende Niederlage der Kulturpolitik markiert: Wir können heute unser Anliegen mit einer gewissen Aus-

sicht auf Erfolg nur noch dann politisch kommunizieren, wenn wir uns auf außer-kulturelle Fachsprachen einlassen. Darin kommt zum Ausdruck, dass eine erfolgreiche Kulturpolitik inzwischen wirkungsvoll nur noch in anderen Politikfeldern wie etwa der Rechtspolitik (Urheberrecht), der Sozialpolitik oder der Wirtschaftspolitik betrieben werden kann. Dies bedeutet dann aber auch, dass die Sprache der Künste und der Kultur dort wenig Relevanz hat. Der Kulturpolitiker muss heute daher Übersetzungsleistungen erbringen, damit er sein künstlerisches und kulturelles Anliegen politisch zum Erfolg bringen kann, was viele Menschen bedauern, die – zu Recht – den gerade in Deutschland gepflegten Kunst-Diskurs in der zu diesem gehörigen Sprache der Philosophie und der Künste selbst führen möchte und auch meist hierin ausgebildet sind. Neben dem Begriff der Daseinsvorsorge spielt der Begriff der Grundversorgung eine gewisse Rolle. Auch dieser Begriff wurde quasi als Rettungsanker in die politische Diskussion eingeführt, um deutlich zumachen, dass es bei kulturellen Angeboten und Einrichtungen nicht um Luxus, sondern um ganz elementare Dinge des Überlebens geht. Dieser Begriff der Grundversorgung ist dabei durchaus umstritten, da er zu falschen Assoziationen führen kann. Mit „Grundversorgung“ kann man etwa meinen, dass

man mit bestimmten Dingen bestenfalls auf dem Niveau des Existenzminimums versorgt wird. Grundversorgung suggeriert außerdem den Eindruck, dass diejenigen, die versorgt werden, lediglich eine passive Rolle haben und dass es zudem eine Instanz gibt, die die Güter und Dienstleistungen zuteilt. All dies sind Assoziationen, die gerade für den Umgang mit Kunst und Kultur in die falsche Richtung gehen. In einer pragmatischen Sicht muss man allerdings zur Kenntnis nehmen, dass der Begriff nicht nur eingeführt ist, sondern dass er auch ein kulturpolitisch wünschenswertes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung einer öffentlichen Finanzierung von Kulturangeboten auf einem nicht zu niedrigen Niveau, anstrebt. Es lohnt sich also, sich mit diesem Begriff selbst dann ein wenig näher zu befassen, wenn man Vorbehalte ihm gegenüber hat. Beide Begriffe, der Begriff der Daseinsvorsorge und der Begriff der Grundversorgung, haben einen durchaus respektablen philosophischen Hintergrund: Sie gehen nämlich davon aus, dass Kunst und Kultur zum Wesen des Menschen gehören, dass menschliches Dasein ohne Kunst und Kultur schlechterdings nicht vorstellbar ist. Sie gehen außerdem im politischen Gebrauch davon aus, dass der Markt nicht das geeignete Instrument ist, um den Menschen mit dieser Überlebensnot-

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wendigen Kunst und Kultur auszustatten. Man kann sich hierbei auf den Begründer der Theorie der Marktwirtschaft, auf den schottischen Moralphilosophen Adam Smith berufen, der in seinem Grundlagenwerk zur Theorie der Marktwirtschaft (Der Reichtum der Nationen) einen großen Abschnitt über so genannte „öffentliche Güter“ geschrieben hat, über solche Güter also, die selbst dieser engagierter Markttheoretiker aus dem Marktgeschehen herausnehmen möchte, weil er eingesehen hat, dass der Markt für diese Güter nicht das geeignete Organisationsmodell ist. Bildung zählt Adam Smith ausdrücklich zu diesen öffentlichen Gütern dazu. An diese ökonomische Theorie lässt sich nunmehr anknüpfen, wenn es darum geht, Argumente für eine öffentliche Verantwortung für Kunst und Kultur zusammenzustellen. Neben diesem ökonomischen Hintergrund muss man heute die Diskussion um kulturelle Bildung in die Debatten über eine Reform unseres Bildungswesens einbetten, die insbesondere durch das schlechte Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler bei der internationalen Vergleichsuntersuchung Pisa begonnen haben. In der Kinder- und Jugendkulturarbeit haben wir uns gewünscht, dass nach Pisa eine gesellschaftliche Debatte darüber beginnt, was Kinder und Jugendliche an umfassenden Bil-

dungsangeboten benötigen, um die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen. Wir haben uns vorgestellt, dass Konzepte wie „Lebenskompetenz“ oder „Lebenskunst“, also Konzepte, mit denen wir ein weites Verständnis von Bildung auf den Begriff bringen wollten, nunmehr auch Eingang in die schulpolitischen Debatten finden werden. Neben den Diskussionen darüber, wie eine Schule der Zukunft aussehen könnte, gab es in der Jugendhilfe und in der jugendpolitischen Diskussion daher auch eine Diskussion darüber, was denn der „Bildungsauftrag der Jugendhilfe“ sein könnte, so wie er in § 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) formuliert wird. Auch in der Kulturpolitik entdeckte man den Bildungsauftrag von Kultureinrichtungen gerade zu neu, nachdem man feststellen musste, dass er auch hier in den späten achtziger und neunziger Jahren in den Hintergrund getreten ist. Ich will hier nur kurz anmerken, dass sich bislang unsere Hoffnungen und Vorstellungen im Hinblick auf einen weiten Bildungsbegriff nicht realisiert haben. Trotzdem lassen wir uns nicht von einer eher technokratischen Schuldiskussion entmutigen und entwickeln eigene Konzepte, wie eine Schule der Zukunft in Zusammenarbeit mit Kultureinrichtungen und Einrichtungen der Jugendhilfe ein besseres Angebot für Kinder und Jugend-

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liche machen kann, als es bisher geschehen ist. Eines dieser Konzepte, das wir Rahmen des Bundes-Jugendkuratoriums, dem obersten jugendpolitischen Beratungsorgan der Bundesregierung, entwickelt haben, ist das Konzept eines „lokalen Bildungsnetzwerkes“. Gerade im Hinblick auf eine Kulturentwicklungsplanung scheint mir diese Idee eines lokalen Bildungsnetzwerkes sehr relevant zu sein, so dass ich später noch darauf zurückkomme. 2. W as ist kulturelle Bildung? Was Da ich davon ausgehe, dass alle, die hier versammelt sind, hauptberuflich oder ehrenamtlich mit kultureller Bildung zu tun haben, will ich diesen Abschnitt kurz fassen. Die heutige kulturelle Bildung hat sich aus der so genannten „musischen Bildung“ entwickelt, also aus einer Tradition, die sich im Kontext der Jugendbewegung am Ende des 19. Jahrhunderts als Teil einer großen gesellschaftlichen Reformbewegung entwickelt hat und bei der es darum gegangen ist, dass Kinder und Jugendliche mit Musik, Spiel und Tanz in eine engere Verbindung gebracht werden. Diese Bewegung war Teil einer umfassenden gesellschaftlichen Reformbewegung, die als Reaktion auf die negativen Folgen der sich durchsetzenden Industrialisierung entstanden ist. Daher gab es in dieser Bewegung eine starke Betonung des Gefühls und der Gemeinschaft und eine große Abwehr gegenüber der Rationalität und der Gesellschaft. Dies hat die Praktiker und Theoretiker dieser Bewegung in der Weimarer Zeit dann allerdings anfällig gemacht für nationalistische und nationalsozialistische Ideologien. Dies hat man in Westdeutschland im Zuge der gesellschaftspolitischen Reformbewegung am Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts deutlich erkannt und daraus die Konsequenz gezogen, sich weitgehend von dem Begriff der musischen Bildung zu verabschieden. Man hat stattdessen den Begriff der „kulturellen Bildung“ eingeführt. Insbesondere ist dies in wichtigen jugendpolitischen FörderInstrumenten so geschehen, so etwa im Kinder- und Jugendplan des Bundes. Allerdings gibt es den Begriff der musischen Bildung bis heute – etwa

im Namen meiner eigenen Einrichtung – so wie es eine Vielzahl anderer Begriffe gibt, die sich auf dasselbe Arbeitsfeld beziehen: Sozio-Kultur, Kinder- und Jugendkulturarbeit, ästhetische Bildung etc. Trotz der Verschiedenheit dieser Begriffe gibt es allerdings eine große Einigkeit darüber, dass es darum geht, dass sich Kinder und Jugendliche mit den unterschiedlichsten Künsten aktiv befassen, wobei sich das Feld der kulturellen Bildung ständig ausweitet: Über den Umgang mit traditionellen Künsten hinaus gehören Spielpädagogik und Museums-Pädagogik, gehört die kulturelle Medienbildung, gehören Kinder- und Jugendmuseen und neuerdings auch die Zirkuspädagogik dazu. Eine solche kulturelle Bildung findet natürlich innerhalb der Schule statt, nämlich in den traditionellen künstlerischen Fächern Musik und Kunsterziehung sowie – in einigen Bundesländern – in dem Fach Darstellendes Spiel. Aufgrund der Halbtags-Schule hat sich in Deutschland außerdem eine gut ausgebaute Infrastruktur im Bereich der außerschulischen Bildung entwickelt: Musik- und JugendkunstSchulen, Medien- und Tanzwerkstätten, kulturpädagogische Abteilungen in traditionellen Kultureinrichtungen. Kulturelle Bildungsarbeit findet zudem in Volkshochschulen, in Soziokulturellen Zentren, in Jugendeinrichtungen und Jugendorganisationen oder in Kirchen statt. Außerdem gibt es zahlreiche kommerzielle Angebote. 3. W ozu braucht man kulturelle Wozu Bildung? Ohne Künste ist menschliches Leben ein unvollständiges Leben. Auf anthropologischer Ebene kann man zeigen, dass Künste ebenso zur Definition dessen gehören, was Menschsein ausmacht, wie etwa Technik und Wirtschaft, Sprache und Religion, Wirtschaft und Wissenschaft. Eben deshalb nennt der Philosoph Ernst Cassirer all diese menschlichen Formen der Welterklärung, der Weltdeutung und der Welterschließung „symbolisch kulturelle Formen“: sie machen das aus, was den Menschen vom Tier unterscheidet. Diese Grundüberzeugung findet sich folgerichtig in den wichtigsten völkerrecht-

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lichen Dokumenten: etwa in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte oder – gerade für Kinder und Jugendliche wichtig – in der Kinderrechts-Konvention. Dort heißt es lapidar: Kinder haben ein Recht auf Kunst und Spiel. Wenn es aber so ist, dass zum Menschsein notwendig ein Umgang mit den Künsten gehört, dann ergibt sich daraus sofort ein wichtiges politisches Ziel: Dann darf nämlich kein Mensch von einem solchen Umgang mit den Künsten ausgeschlossen werden. Als das wichtigste kulturpolitische Ziel lässt sich daher auf der Ebene der oben genannten völkerrechtlichen Konventionen und Vereinbarungen das Ziel der „kulturellen Teilhabe“ identifizieren. Wenn wir uns nunmehr überlegen, was notwendig ist, damit alle Kinder und Jugendlichen dieses Ziel der kulturellen Teilhabe auch realisieren können, wenn wir uns also um die ökonomischen, räumlichen oder bildungsmäßigen Voraussetzungen kümmern, die erfüllt sein müssen, damit kulturelle Teilhabe auch stattfindet, so werden wir relativ schnell sehr wichtige Kriterien auch für eine Kulturentwicklungsplanung auf kommunaler Ebene angeben können. Als zweite Quelle für die Relevanz kultureller Bildung will ich mich – und dies ist im Kontext einer kommunalen Kulturentwicklungsplanung sinnvoll – auf programmatische Äußerungen des Deutschen Städtetages beziehen. Am 15. Mai 2003 hat der Deutsche Städtetag das Papier „Leitbild für die Stadt der Zukunft“ verab-

schiedet. Am 22. Mai 2003 hat der Kulturausschuss des Deutschen Städtetages das Positionspapier „Kulturpolitik in der Stadt der Zukunft“ und am 20. Mai 2003 die Orientierungshilfe „Jugendkunst-Schulen und kulturpädagogische Einrichtungen“ verabschiedet. In all diesen genannten programmatischen Papieren knüpft der Deutsche Städtetag an entsprechende Traditionen und Positionspapiere früherer Jahre an. Es geht dabei um solche Ziele wie kulturelle Vielfalt und Integration, es geht um die Stärkung der lokalen Demokratie und um Partizipation der Bürgerinnen und Bürger, es geht um Bürgernähe, um lokale Identität und es geht – gerade im Hinblick auf den Stadtteil – um Kooperation und Vernetzung. Insbesondere geht es auch kulturelle Bildung, die in der Orientierungshilfe für Jugendkunstschulen sogar an erster Stelle als „Basis für die Zukunft der Städte“ genannt wird: „Kulturelle Bildung“, so heißt es dort, „ist unverzichtbarer Teil einer umfassenden Persönlichkeitsbildung. Sie zielt auf künstlerische und kulturelle Kompetenz möglichst aller und befähigt den Einzelnen, Kunst und Kultur von Grund auf kennen zu lernen, zu verstehen und zu gestalten und am kulturellen Leben teil zu haben. Mit der Förderung von Kreativität gewährleistet kulturelle Bildung den Erwerb von kultureller Kompetenz als Ressource für gesellschaftliche Innovation.“ Dieser Definition kann ich mich vollständig anschließenden. Sie

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ist kompatibel mit einer Definition, die wir in den letzten Jahren in der außerschulischen Kulturarbeit entwickelt haben. Diese Definition lautet: Kulturelle Bildung ist Allgemeinbildung, die mit den spezifischen Methoden und Arbeitsformen der Kulturpädagogik entwickelt wird. Diese spezifischen Methoden und Arbeitsformen beziehen sich auf das, was ich oben bereits angeführt habe: auf die traditionellen Künste, aber auch auf einen kreativen Umgang mit den neuen und alten Medien, auf neue Arbeitsfelder und Orte wie Kinder- und Jugendmuseen bzw. die Zirkuspädagogik. Eine so verstandene kulturelle

Bildungsarbeit ist eine klassische Querschnitts- und Vernetzungsaufgabe. Eine solche Bildungsarbeit findet statt im Zuständigkeitsbereich der Kulturpolitik, sie findet allerdings auch – vermutlich sogar in einem größeren Umfang – im Kontext der Jugendhilfe statt, da § 11 des Kinderund Jugendhilfegesetzes (KJHG) sie explizit als Teil der (zu fördernden) Jugendarbeit aufzählt. Sie findet statt in der Schule, sie wird angeboten von den Kirchen und natürlich gibt es inzwischen auch sehr viele private Anbieter (z. B. private Musik- oder Tanzschulen, privatwirtschaftlich arbeitende Institutionen der Medienerziehung etc.)

Allgemeine Prinzipien der Grundversorgung Als oberstes kulturpolitisches Ziel habe ich im ersten Teil „kulturelle Teilhabe“ identifiziert. Bei der Formulierung allgemeiner Prinzipien einer kulturellen Grundversorgung muss es daher darum gehen, Bedingungen dafür zu benennen, dass eine solche

Auf der Homepage der Bundesvereinigung kulturelle Jugendbildung (www.bkj.de) und der Akademie Remscheid (www.akade mieremscheid.de) finden sich viele Informationen zur kulturellen Bildung, ihren theoretischen Grundlagen und notwendigen praktischen Realisierungsbedingungen.

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kulturelle Teilhabe auch von allen Menschen realisiert werden kann. Das bedeutet insbesondere, dass man aufmerksam beachten muss, wo es organisatorische, geografische, bildungsmäßige oder finanzielle Barrieren gibt, die zu einem Ausschluss von einer solchen Teilhabe führen könnten. Wir haben uns im Rahmen des Deutschen Kulturrates in einer Arbeitsgruppe unter anderem auch damit befasst, welche allgemeinen Kriterien man angeben kann, die für eine Bestimmung einer kulturellen Grundversorgung wichtig sind. Wir haben das hierbei entstandene Papier zwar noch nicht verabschiedet. Allerdings kann ich aus dem Diskussionsprozess und aus eigenen Arbeitspapieren zehn Prinzipien benennen, die aus meiner Sicht wichtig und nützlich sind. 1. „Grundversorgung“ im kulturellen Bereich sollte den Akzent auf eine aktive Teilhabe der Nutzer/innen legen und gegen die Vorstellung von passivem Konsum von Kultur angehen. 2. Grundversorgung im Kulturellen bedeutet gerade nicht, dass es ein standardisiertes Angebot für alle geben könnte, sondern sie muss vielmehr die Pluralität kultureller Präferenzen berücksichtigen. Das bedeutet u. a. , dass kulturelle Grundversorgung die Vielfalt der Kulturen respektieren und erhalten helfen muss. Ich habe oben den so genannten Grünbuch-Prozess der Europäischen Union im Hinblick auf so genannte „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ erwähnt. Ich erinnere daran, dass solche „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ solche Dienstleistungen sind, bei denen zukünftig eine öffentliche Bereitstellung und Förderung möglich sein darf. Allerdings gibt die Europäische Union einige Kriterien an, die erfüllt sein müssen, wenn solche Dienstleistungen sich nicht den harten Bedingungen des Binnenmarktrechtes zu unterwerfen brauchen. Diese Kriterien (Ziffern 3 bis 7) sind durchaus interessant für eine Kultur-Entwicklungsplanung: 3. Dienstleistungen von allgemeinem Interesse müssen das Prinzip der Flächendeckung erfüllen. 4. Das Angebot muss das Prinzip der

thema Vielfalt berücksichtigen. 5. Erschwinglichkeit für alle Bürgerinnen und Bürger muss gegeben sein. 6. Es darf keine hohen Zugangsschwellen zu diesen Angeboten geben. 7. Kontinuität und Verlässlichkeit müssen garantiert werden. 8. Grundversorgung im Kulturellen darf nicht bloß in quantitativer Hinsicht keine minimale Versorgung darstellen, sie darf auch nicht in qualitativer Hinsicht eine Versorgung auf niedrigstem Niveau bedeuten. 9. Eine lebendige Kultur, die von den Menschen gelebt und gestaltet wird, muss die lokalen und regionalen Besonderheiten berücksichtigen. 10. Die Menschen möchten heute weitgehend selbst darüber entscheiden, unter welchen Bedingungen sie leben. Dies betrifft auch Art und Umfang kultureller Angebote. Das Ziel „kulturelle Teilhabe“ hat also zur Folge, dass bei der Erstellung des Kulturprogramms, also bereits bei der Entscheidung über Art und Umfang, auch eine sehr deutliche kulturpolitische Teilhabe realisiert wird.

Kulturelle Bildung in verschiedenen Politikfeldern und Einrichtungen Oben wurde bereits ausgeführt, dass kulturelle Bildung eine typische Querschnittsaufgabe unterschiedlicher Politikfelder ist. Wir haben in Deutschland eine starke Ausdifferenzierung an Zuständigkeiten, was sich u. a. an den verschiedenen Institutionen zeigt, die mit dem Kind und Jugendlichen im Laufe seines Aufwachsens zu tun haben. a. Elementarerziehung Gerade kleine Kinder eignen sich spielerisch die Welt an, entdecken sich selbst in gegenständlichen, sozialen und kulturellen Kontexten und entwickeln dabei vielfältige Kompetenzen. Dazu gehört das Spiel mit Bewegungen und Klängen, Farben und Formen. Diese ästhetische Elementar-Erfahrung einer spielerischen Schulung der Sinne und des ästhetischen Vermögens lässt bereits in jungen Jahren die Erfahrung zu, dass die entwickelten Künste und Kunstsparten auf diesen elementaren sinnlichen Erfahrungen aufbauen: Ein künstlerisches Werk bzw. ein Prozess ist ein ästhe-

tisch gestalteter Ordnungszusammenhang, ein Kosmos, so dass man die eingangs beschriebene kulturelle Grunderfahrung mit dem Machen und Gemachtsein gerade an der Modellsituation einer ästhetischkünstlerischen Praxis erleben kann. Jedes Kind braucht in seiner Entwicklung solche Erfahrungen, die sowohl im Elternhaus, aber auch in professionell gestalteten pädagogischen Kontexten (Krabbelstuben, Kindergärten, KiTas) ermöglicht werden müssen. Ein Grundproblem heute ist allerdings, dass in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern kulturelle Bildung zu kurz kommt. b. Allgemeinbildende Schule Die allgemeinbildende Schule erreicht aufgrund der gesetzlichen Schulpflicht alle Kinder und Jugendlichen bis 16 Jahre in Deutschland. Ein Umgang mit künstlerischen Ausdrucksformen findet statt im Musikunterricht, in der Kunsterziehung, im Fach Darstellendes Spiel (in einigen Bundesländern) und dem Deutschunterricht (Literatur, Theater). Zusätzlich gibt es einen vielfältigen Einsatz des Films sowohl als Kunstform als auch als Mittel der Dokumentation und Information (Medienerziehung). Es gibt heute weitergehende Forderungen an Einbeziehung von Baukultur, einem systematischen Film-Curriculum und einer erweiterten Bildsprachenkompetenz. Neben dem Lehrplan gibt es weite-

re Möglichkeiten eines Umgangs mit den Künsten in der Schule: Arbeitsgemeinschaften zu spezifischen Themen sowie Kooperationen mit außerschulischen Trägern, die insbesondere im Zuge der Umsetzung der Ganztagsschule eine wichtige Rolle spielen müssen. c. Außerschulische Angebote In Deutschland hat sich eine vergleichsweise gut entwickelte Infrastruktur an Jugend(kultur)einrichtungen in der Breite aller möglichen Kunstpraxen entwickelt. Der Grundgedanke der kulturpädagogischen Arbeit ist – im Gegensatz zur Schule mit ihrem stets präsenten Zwang zur Leistungsbeurteilung – die Freiwilligkeit der Teilnahme. d. Kultureinrichtungen Es gibt bislang keine Bindung der Kulturförderung an die Verpflichtung zu Jugendarbeit in Kultureinrichtungen. Im europäischen Raum, z. B. in den Niederlanden und in Schweden, hat man die Kulturförderung an die Wahrnehmung dieser Aufgabe gebunden.

Organisationsmodelle a. Sozialraumorientierung Die Studie von Martha Muchow über den „Lebensraum des Großstadtkindes“ in Hamburg in den 20er und 30er Jahren hat gezeigt, welch große Bedeutung der unmittelbare Lebensraum, der Stadtteil also, im Leben von Kindern und Jugendlichen hat.

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thema Dies gilt insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, die nicht aus der gut gestellten Mittelschicht kommen und für die die dort vorhandene Mobilität („Verinselung“) nicht relevant ist. Sowohl in der heutigen Stadt-Theorie als auch in der kommunalen Sozialpolitik spielt daher der Sozialraumbezug eine große Rolle. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, gerade bei einer kommunalen Kulturentwicklungsplanung, sich sehr genau anzuschauen, nicht nur welche Angebote es generell in der Stadt gibt, sondern auch sehr präzise herauszufinden, in welchen Stadtteilen sich welche Angebote befinden. Man wird heute in jeder Großstadt und vermutlich auch in Dresden relativ schnell und leicht herausfinden können, dass sich die so genannten Hochkultureinrichtungen in bestimmten Stadtteilen konzentrieren, wohingegen es andere Stadtteile gibt, in denen Bibliotheken und Spielotheken dominieren. Die kulturelle Infrastruktur der Stadt ist eben nicht gleichmäßig auf alle Stadtteile verteilt, sondern sie dokumentiert ein Stück weit das, was die Stadtforschung „Segregation“ nennt. Nimmt man das allgemeine kulturpolitische Ziel der kulturellen Teilhabe ernst, dann wird man in einer solchen Verteilungsstruktur von Kultureinrichtungen ein wichtiges Problem im Hinblick auf Zugangschancen erblicken. Vor diesem Hintergrund ist ein Ansatz interessant, der in der Stadt-Forschung entwickelt wurde und der sich mit den „Standortwerten einer Wohnung“ befasst. (Grafik) b. Lokales Bildungsnetzwerk Die Schule ist eine wichtige, allerdings nicht die einzige Bildungsinstitution in der Stadt. Die Forschung kennt an Sozialisationsfeldern neben der Schule die Familie, die außerschulische Jugendarbeit, die Medien und die peer group. Geht man von einem weiten Bildungsbegriff aus, der neben der kognitiven Entwicklung auch das Emotionale, das Kreative, das Moralische und das Soziale berücksichtigt, dann muss man gleichzeitig über ein breites System von un-

terschiedlichen Bildungsorten verfügen, das dieses weite Konzept von Bildung auch vermitteln kann. Im Rahmen des Bundesjugend-Kuratoriums haben wir daher die Idee eines „lokalen Bildungsnetzwerkes“ entwickelt, bei dem es darum gehen soll, alle diejenigen Institutionen auf lokaler Ebene im Stadtteil zusammenzuführen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Insbesondere geht es darum, mit einer Art „Rundem Tisch“ Einrichtungen der Jugendhilfe, die Schule und Kultureinrichtungen miteinander zu vernetzen. c. Das „Gesamtkonzept Kinder- und Jugendkulturarbeit der Landeshauptstadt München“ Ein besonders gutes KooperationsModell für die Kinder- und Jugendkulturarbeit ist in den letzten Jahrzehnten in München entwickelt worden. Das Sozialreferat, das Stadtjugendamt, das Jugendkulturwerk, das Kul-

Standortwerte einer Wohnung

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turreferat, das Schul- und Kultusreferat haben sich zusammengetan und ein „Gesamtkonzept Kinder- und Jugendkulturarbeit“ entwickelt. Es liegt ein theoretisch gesättigtes Handlungs- und Strukturkonzept vor, das auf der Ebene des Stadtrates parlamentarisch beraten und verabschiedet worden ist und das auf der Verwaltungsebene mit einer kleinen Arbeitsstelle, die die Vernetzung sowohl im Hinblick auf die Verwaltung als auch im Hinblick auf die Praxis betreut, ausgestattet ist.

Schlussbemerkung Eine Grundidee meiner Überlegungen besteht darin, die oft erwähnten Synergieeffekte durch eine offensive Vernetzungsstrategie zu mobilisieren. Dies ist nun überhaupt nicht neu, scheitert allerdings in der Praxis u. a. immer daran, dass Ressortegoismus nur schwer zu überwinden ist. Eine objektive Hürde bei einer sol-

chen Zusammenarbeit unterschiedlicher Ressorts besteht allerdings auch darin, dass etwa die Schul-, die Kultur- und die Jugendpolitik völlig unterschiedliche Handlungslogiken haben, dass Menschen mit sehr unterschiedlichen Professionalitäten in diesen Feldern arbeiten und die Rechtsgrundlagen für die Finanzierung ebenfalls höchst unterschiedlich sind. Wer eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Ressorts initiieren will, muss daher die verschiedenen Professionalitäten und Mentalitäten berücksichtigen und sorgsam moderieren.

Literaturhinweise Informationen zu GATS und zum erwähnten Grünbuchprozess findet man auf der Homepage des Deutschen Kulturrates (www.kulturrat.de). Zu den anthropologischen Grundlagen und zur Bildungstheorie siehe meine Bücher „Mensch und Kultur“ (1998) sowie „Kunst, Bildung und Gesellschaft“(2000); siehe auch die „Einführung in die Kulturpädagogik“ von Wolfgang Zacharias (2002). Speziell mit der Anthropologie des Stadtmenschen befasst sich ein Kapitel meines Buches „Persönlichkeit und Subjektivität (2001).

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thema

Auf der Homepage der Bundesvereinigung kulturelle Jugendbildung (www.bkj.de) und der Akademie Remscheid (www.akademieremscheid.de) finden sich viele Informationen zur kulturellen Bildung, ihren theoretischen Grundlagen und notwendigen praktischen Realisierungsbedingungen. Insbesondere finden sich zu allen hier angesprochenen Themen Texte und Aufsätze als Downloads.

Der Autor: Max Fuchs, Prof. Dr., Erziehungs- und Kulturwissenschaftler, Direktor der Akademie Remscheid, Vorsitzender der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung, des Deutschen Kulturrates und des Instituts für Bildung und Kultur, lehrt Kulturarbeit an der Universität Duisburg-Essen.

Beziehungen zur Öffentlichkeit Öffentlichkeitsarbeit sozialer Organisationen ist weit mehr, als nur die Werbung für bestimmte Angebote oder Veranstaltungen.

K

lappern gehört zum Handwerk“, sagt ein altes Sprichwort und meint nichts anderes, als dass der Handwerker auch werben muss, will er sein Produkt auch verkauft wissen. Was für den Handwerker und die meisten Bereiche des wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens eine Selbstverständlichkeit darstellt, wird in vielen Bereichen der sozialen Arbeit nicht als so selbstverständlich genommen. Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Organisationen und Arbeits-

feldern stellt auch heute noch ein Stiefkind dar. Dabei geht es bei der Öffentlichkeitsarbeit sozialer Organisationen um weit mehr, als nur die Werbung für bestimmte Angebote oder Veranstaltungen. Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Organisationen hat eine gesellschaftspolitische Tragweite, die in dieser Dimension oft leider nicht erkannt wird. In den meisten Jugendeinrichtungen wird die Öffentlichkeitsarbeit eher sporadisch und nicht als fester Aufgabenbestandteil eines Mitarbeiters

erledigt. Da dieses Bild als symptomatisch für die offene Kinder- und Jugendarbeit eingeschätzt werden darf, soll dieser Beitrag einige Anregungen für eine gute Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Organisationen geben. Beispielhaft orientiere ich mich dabei an offenen Kinder- und Jugendeinrichtungen. Die Aussagen sind jedoch übertragbar auf andere Bereiche der Jugend-, Sozial- und Kulturarbeit.

Situation der offenen Kinder- und Jugendarbeit Die offene Kinder- und Jugendarbeit ist ein Arbeitsfeld der Jugendhilfe, das aus meiner Erfahrung und aus meinem aktuellen Erleben vor allem von folgenden Aspekten im Kontext der öffentlichen Wahrnehmung

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forum geprägt ist: • Die offene Kinder- und Jugendarbeit hat durch ihre in der Regel vorhandene Stadtteilorientierung eine ausgeprägte öffentliche Wahrnehmung, da sich derartige Einrichtungen oft im Zentrum eines Gemeinwesens befinden. • Die offene Kinder- und Jugendarbeit unterliegt wie kein anderes Arbeitsfeld der Jugendhilfe einem enormen Rechtfertigungsdruck. • Der offenen Kinder- und Jugendarbeit bleiben zunehmend die „Kunden“ aus, die Adressaten sind immer schwerer für die klassischen Angebote der Freizeitgestaltung erreichbar. • Die offene Kinder- und Jugendarbeit ist als angeblich „freiwilliger“ Leistungsbereich (Grundlage KJHG) immer häufiger von Mittelkürzungen betroffen. • In der offenen Kinder- und Jugendarbeit zeichnen sich offenbar Entwicklungen ab, die einen Fachkräftemangel in diesem Arbeitsfeld sozialer Arbeit vermuten lassen. Im Kontext der Öffentlichkeitsarbeit sind zumindest die ersten vier Punkte meiner Auflistung jene Elemente, die erstens die Verantwortlichen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit dazu anregen, sich überhaupt Gedanken über Öffentlichkeitsarbeit in ihrem Bereich zu machen. Und zweitens sind sie auch jene Themen, die in der öffentlichen Wahrnehmung die vordringlichsten Inhalte der Öffentlichkeitsarbeit darstellen.

Bestandsaufnahme der Öffentlichkeitsarbeit in der offenen Kinder- und Jugendarbeit In diesem Bereich möchte ich versuchen, eine Bestandsaufnahme von der Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu machen, um dann später auf geeignete Formen der Öffentlichkeitsarbeit einzugehen.

Ziele der Öffentlichkeitsarbeit Die Öffentlichkeitsarbeit in der offenen Kinder- und Jugendarbeit wird in der Regel reduziert auf die Veröffentlichung von Veranstaltungsterminen. Öffentlichkeitsarbeit sollte allerdings wesentlich umfassender sein, gerade die im Folgenden noch näher definierte gesellschaftspoliti-

sche und die fachpolitische Öffentlichkeitsarbeit wird im Prinzip völlig ausgeblendet. Dies spiegelt sich jedoch nicht nur in der praktischen Arbeit der Einrichtungen wieder, sondern hat seinen Ursprung bereits wesentlich „früher“. So findet der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit nur selten Eingang in die pädagogischen Konzeptionen von Jugendhilfeeinrichtungen, so dass bereits hier die Vernachlässigung dieses wichtigen Elementes der Aufklärung und Information beginnt. Mit der auf Events orientierten Öffentlichkeitsarbeit reduzieren solche Einrichtungen von vornherein die Zielgruppen ihrer Öffentlichkeitsarbeit und verschließen sich somit gleichermaßen den Zugang zu bestimmten gesellschaftlichen oder fachpolitischen Gruppierungen.

Zielgruppen der Öffentlichkeitsarbeit Ausgehend von der oben beschriebenen Art der Öffentlichkeitsarbeit in offenen Kinder- und Jugendeinrichtungen ist festzustellen, dass die Zielgruppe für die Öffentlichkeitsarbeit mit der pädagogischen Adressatengruppe identisch ist. Die Veröffentlichung von Angeboten und Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche in unterschiedlichen Formen wird auch nur diese Adressatengruppe erreichen. Es ist sogar davon auszugehen, dass bei einem stadtteilorientierten Freizeitangebot nochmals eine Reduzierung der Erreichbarkeit mittels Öffentlichkeitsarbeit stattfindet, da sich junge Menschen aus anderen Stadtteilen in der Regel von Angeboten außerhalb ihres „Kiezes“ nicht angesprochen fühlen. Als weitere Zielgruppen können noch Multiplikatoren genannt werden, die aus unterschiedlichem Interesse heraus die Öffentlichkeitsarbeit eines Jugendhauses wahrnehmen. Eltern informieren sich über die Angebote und Öffnungszeiten der Einrichtungen, die von ihren Kindern besucht werden. Dies hat im wesentlichen zwei Funktionen: Erstens informieren sie sich so über die Inhalte der Angebote im Sinne einer Prüfung bezogen auf die Eignung der Angebote für Tochter oder Sohn. Zweitens hat das Wissen über Angebote und Öffnungszeiten des Jugendhauses auch eine

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Kontrollfunktion für Eltern. Als weitere Multiplikatoren seien Lehrer genannt, die aus der Öffentlichkeitsarbeit des Jugendhauses Informationen darüber beziehen, wo sich ihre Schüler aufhalten und ob es Angebote gibt, die für eine Integration in bzw. für eine Kooperation mit Lehrplaninhalten in Frage kommen. Festzustellen ist allerdings, dass der Mehrheit der Öffentlichkeitsarbeiter diese Multiplikatorenfunktion nicht bewusst ist. Denn Inhalte und Gestaltung richten sich in der Regel an das Auge der pädagogischen Zielgruppe.

Mittel und Methoden Die Einrichtungen der offenen Arbeit greifen in der Regel leider nur zu einem beschränkten Repertoire an Mitteln für die Öffentlichkeitsarbeit. Ein „durchschnittliches“ Kinder- und Jugendhaus verwendet lediglich folgende Elemente der Öffentlichkeitsarbeit: • Plakate • Handzettel • Programm- bzw. Terminveröffentlichungen in der örtlichen Presse. Dies scheint den vorstehend genannten Zielgruppen und deren Interessen an der Öffentlichkeitsarbeit eines Jugendhauses auch zu genügen. Die Verwendung dieser Elemente der Öffentlichkeitsarbeit entspricht auch der o. g. Reduzierung der Öffentlichkeitsarbeit auf wenige Fokusgruppen. Mit Ausnahme der Presseveröffentlichungen erreichen die verwendeten Formen lediglich die unmittelbare, also pädagogische Zielgruppe der Jugendeinrichtung. Beschränken sich die Presseveröffentlichungen allerdings auf Termine und Events, dann sind auch diese Veröffentlichungen nur bedingt geeignet, andere Zielgruppen der Öffentlichkeitsarbeit zu erreichen. Dies stützt sich darauf, dass diese Zielgruppen andere Formen und Inhalte erwarten, auf die später näher eingegangen werden soll.

Wirksamkeit der Öffentlichkeitsarbeit Woran misst man die Wirksamkeit der Öffentlichkeitsarbeit eines offenen Kinder- und Jugendhauses? Orientiert sich die Öffentlichkeitsarbeit lediglich an den pädagogischen Zielgruppen und findet die Öffentlich-

forum keitsarbeit im o. g. Umfang statt, so kann die Wirksamkeit gemessen an dieser Zielgruppe sehr intensiv sein. Die Einrichtung wird die Wirksamkeit ihrer Öffentlichkeitsarbeit vor allem daran messen, wie viele bzw. welche Menschen die Angebote wahrnehmen. Diese Wirksamkeit ergibt sich aus der an der Situation (aktuelle Angebote) orientierten Öffentlichkeitsarbeit und ist nicht als nachhaltig bzw. langfristig einzuschätzen.

Probleme in der Öffentlichkeitsarbeit Die Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Organisationen hat mit verschiedenen Problemen zu kämpfen. Dazu gehört zunächst der ihr durch die handelnden Träger und Fachkräfte zugewiesene geringe Stellenwert in der Praxis. Die oben bereits erwähnte oft vernachlässigte konzeptionelle Berücksichtigung der Öffentlichkeitsarbeit spiegelt sich auch in der praktischen Arbeit wider, in der die Öffentlichkeitsarbeit ebenfalls nur eine geringfügige Bedeutung erfährt. So werden in der Regel die erforderlichen Ressourcen weder fachlich und personell noch finanziell bereits in der Planung von Angeboten berücksichtigt. Die oben bereits genannte Reduzierung der Öffentlichkeitsarbeit auf die Eventwerbung blendet andere wichtige Ziele und Zielgruppen der Öffentlichkeitsarbeit sozialer Organisationen völlig aus. Die oft unterschätzte bzw. vernachlässigte Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit seitens sozialer Organisationen spiegelt sich denn auch in den Förderprogrammen der öffentlichen Hand wider, in denen Kosten für Öffentlichkeitsarbeit oft nicht zu den förderfähigen Ausgaben gehören. In der Praxis werden auch so wichtige Teilbereiche der Öffentlichkeitsarbeit wie Dokumentation, Analyse und Statistik vernachlässigt, was dazu führt, dass sich die Mitarbeiter der offenen Kinder- und Jugendeinrichtungen in der Öffentlichkeit oft auf allgemeine Beschreibungen ihrer Arbeitsfelder beschränken müssen. Der fach- und gesellschaftspolitische Auftrag sozialer Öffentlichkeitsarbeit kann so nicht oder nicht ausreichend bzw. nicht mit dem erforderlichen fachlichen Hintergrund wahrgenommen werden.

Handlungshinweise zur Öffentlichkeitsarbeit in der offenen Kinder- und Jugendarbeit am Beispiel eines Kinder- und Jugendhauses Im nachfolgenden möchte ich nunmehr auf Hintergründe, Grundlagen, Methoden und Mittel der Öffentlichkeitsarbeit in offenen Kinder- und Jugendhäusern exemplarisch eingehen. Zunächst folgen Definitionen zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Hinweise auf Rechtsgrundlagen. Anschließend stelle ich Zielbestimmungen und Zielgruppen vor und gehe dann über zu praktischen Formen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den genannten Einrichtungen.

Begriffsbestimmungen Zunächst möchte ich anhand eines nicht ganz ernst gemeinten Zitates von Alwin Münchmeyer grundsätzliche Begriffsdefinitionen vornehmen: „Wenn ein junger Mann ein Mädchen kennen lernt und ihr sagt, was für ein großartiger Kerl er ist, so ist das Reklame. Wenn er ihr sagt, wie reizend sie aussieht, dann ist das Werbung. Aber wenn das Mädchen sich für ihn entscheidet, weil es von anderen gehört hat, was für ein feiner Kerl er ist, dann ist es Public Relations.“ Public Relations (PR) hat sich als ein Oberbegriff für umfassende Öffentlichkeitsarbeit mittlerweile etabliert und beschreibt die Gesamtheit aller Maßnahmen zur Presse- und Öffent-

lichkeitsarbeit, zur Werbung sowie zur Image-, Kunden- und internen Unternehmenspflege. PR heißt so viel wie „Beziehungen zur Öffentlichkeit unterhalten“. Dabei sind die Beziehungen tatsächlich von Gegenseitigkeit geprägt; also durch Austausch von Erwartungen, Wünschen und Meinungen bzw. durch Kommunikation gekennzeichnet. Je mehr Informationen über ein Produkt, eine Dienstleistung oder Organisation bekannt sind, desto besser kann sich die Öffentlichkeit ein Bild davon machen. Dieses Bild (Image) ist wichtig für die Orientierung der Menschen und in diesem Sinne nicht nur von der inhaltlichen, sondern durchaus auch von der grafischen Dimension her bedeutsam. Diese Bilder steuern die Wahrnehmung und können einen entsprechenden positiven oder negativen Eindruck von einer Organisation, einem Produkt oder einer Dienstleistung vermitteln. PR wird in der Praxis sozialer Organisationen oft sehr einseitig betrieben. Mit den Worten von Münchmeyer geht PR in diesem Bereich nicht über die Reklame hinaus. Die nahezu ausschließliche Veröffentlichung von Terminen und Angeboten ist von ganzheitlichen PR-Konzepten weit entfernt. Sie ist nicht kommunikativ und oft nur auszugsweise informativ. Die Erstellung eines Konzeptes zur C. Öffentlichkeitsarbeit erfordert

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forum zunächst einen Blick in den inhaltlichen Bereich der Organisation. Ausgehend von Satzung (wenn vorhanden), Zweckbestimmung und inhaltlicher Konzeption sollte ein Leitbild definiert und niedergeschrieben werden. Dieses Leitbild dient als Selbstverpflichtung nach innen und außen und sollte einer regelmäßigen Überprüfung durch die Gremien der Organisation unterzogen werden. Das Image einer Organisation ist neben ihrem Erscheinungsbild auch sehr eng verbunden mit dem Namen, den sie trägt. Auch dieser Name sollte überprüft werden, ob er einprägsam ist, ob er mit den Zielen und dem Gegenstand der Organisation in Einklang steht und ob er auch benutzt wird. Ernsthafte Zweifel an der Gebrauchfähigkeit eines Namens sind spätestens dann angebracht, wenn ihn selbst die Organisationsmitglieder nicht benutzen. Auch verwendete Abkürzungen müssen eine eindeutige Identifikation mit Organisation und dem eigentlichen (ausführlichen) Namen ermöglichen. Wortspielereien, die lediglich optisch durch bestimmte Schreibweisen wirken, sind eher fehl am Platz, da sie akustisch nicht wahrnehmbar sind. Über ein Logo kann eine Visualisierung des Organisationsnamens oder -gegenstandes erreicht werden. So lange Logos durch ihre grafische Gestaltung tatsächlich einen Rückschluss auf die Organisation zulassen, ist deren Verwendung auch ratsam. Gibt es jedoch zwischen der Organisation, ihrem Handeln, ihrem Namen und ihrem Logo keinen eindeutigen Zusammenhang, sollte man lieber auf das Logo verzichten. Die Einprägsamkeit eines Logos vergrößert sich, wenn sowohl Buchstaben (zum Beispiel der Organisationsname) wie auch grafische Elemente verwendet werden. Bei der Verwendung von Farben sollte man Sorgfalt walten lassen, da zur eindeutigen Identifizierung des Logos die gewünschte Farbe dann auch in allen Veröffentlichungen angewendet werden sollte. Beispiel: Neben dem Deutschen Roten Kreuz gibt es auch die Organisation Grünes Kreuz. Die Logos beider Organisationen unterscheiden sich lediglich durch die Farbe der von beiden verwendeten Kreuze. Dies kann zu Irritationen führen.

Grafische Layouts und Logos müssen bei allen Veröffentlichungen der Organisation verwendet werden, dies entspricht dem Corporate Design (s. u.).

Ziele und Zielgruppen Ausgehend von dem oben dargestellten Gesamtkomplex der PR lassen sich für offene Kinder- und Jugendhäuser deutlich mehr Ziele und Zielgruppen ableiten, als das bei der Bestandsaufnahme (s. o.) möglich erschien. Die Ziele der PR eines offenen Kinder- und Jugendhauses stellen sich aus meiner Sicht folgendermaßen dar: • Vor- und Darstellung der Einrichtung, ihres Trägers und der handelnden Personen; • Information über die konzeptionellen Hintergründe der Einrichtung mit dem Ziel der Aufklärung und Information potenzieller Nutzergruppen und des jeweiligen Gemeinwesens; • Berichterstattung über aktuelle Projekte und Prozesse in der Einrichtung mit dem Ziel Aufklärung und Information der Adressaten, des Gemeinwesens sowie gesellschaftlicher und fachpolitischer Gruppierungen; • Kundenpflege und Neugewinnung von Kunden; • Interne Pflege etwa von ehrenamtlichen Mitarbeitern, Vereinsmitgliedern und Förderern; • Entwicklung und Pflege von unterschiedlichen Kommunikationsstrukturen zur Vernetzung mit anderen gesellschaftlichen, kulturellen und jugendhilflichen Projekten; diese Vernetzung trägt dabei sowohl fachlichen wie auch fachpolitischen Charakter. Um die jeweiligen Ziele und Zielgruppen zu erreichen, muss der Öffentlichkeitsarbeiter unterschiedliche Formen, Mittel, Methoden und Wege zur Anwendung bringen (s. u.). Als oft vernachlässigtes Ziel der Öffentlichkeitsarbeit sozialer Organisationen sei hier das Ziel der gesellschaftlichen und fachpolitischen Aufklärung über die Arbeitsinhalte und -ergebnisse sozialer Arbeit explizit herausgestellt. Niemand kann über die sozialpolitische Situation, über das Ausmaß sozialer Notstände oder entsprechender Entwicklungen authentischer berichten, als die Mitarbeiter

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sozialer Organisationen selbst. Diese Berichtsnotwendigkeit ergibt sich aus dem sozialpolitischen und gesetzlichen Auftrag der Sozialarbeit (in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern). Förderprogramme und Maßnahmen der öffentlichen Hand können nur dann zielgerichtet in sozialen Notoder Konfliktsituationen wirken, wenn ihnen fundierte Erkenntnisse über die genannten Situationen zu Grunde liegen.

Corporate Identity und Corporate Design … Begriffe aus der Sozialarbeit? Mit Sicherheit stammen beide Begriffe nicht ursächlich aus der Sozialarbeit. Aber die Sozialarbeit tut gut daran, sie für sich zu verinnerlichen. Die Mittelknappheit in den öffentlichen Haushalten gerade in Bezug auf die offene Kinder- und Jugendarbeit erfordert auch im Sinne einer Bestandserhaltung eine qualifizierte PR. Die aus der Wirtschaft stammenden Begriffe beschreiben einerseits, dass sich eine Organisation eine eigenständige und unverwechselbare Identität erarbeiten muss. Von Corporate Identity (CI) kann dann die Rede sein, wenn die Organisation als solche und all ihre Mitglieder und Mitarbeiter diese Identität gleichermaßen nach innen wie außen vertreten. Dies sorgt für einen guten inhaltlich-konzeptionellen Wiedererkennungswert, der bei dem Empfänger von Botschaften der Organisation zu sofortigen Verknüpfungen mit anderen Projekten oder Prozessen der selben Organisation führt. Dem Betrachter oder Zuhörer wird ein größerer Rechercheaufwand zu den Hintergründen der Organisation auf Grund deren Bekanntheitsgrad erspart. Entwickelt die Organisation dann noch ein einheitliches und unverwechselbares optisches Auftreten, dann ist auch ein Corporate Design (CD) geschafft. CD ist die Verwendung von bestimmten Logos, Layouts, Formen und Farben in allen Veröffentlichungen der Organisation. Dies reicht vom einfachen Kopfbogen, über Plakate und Handzettel bis hin zur Imagebroschüre. Alle Veröffentlichungen tragen das selbe Layout mit einem hohen Wiedererkennungswert. Der Entwicklung von CI muss eine

forum gründliche Organisationsanalyse vorausgehen, verbunden mit der Entwicklung eines Leitbildes und eines Organisationsphilosophie. Dabei werden die Organisationskultur (Corporate Culture - CCu) mit Blick auf die Geschichte, Entwicklung, Tradition und das Wertesystem der Organisation ebenso betrachtet, wie das (zu entwickelnde) CD und die Organisationskommunikation (Corporate Communication CCo). Letzterer Bereich wird hinsichtlich der internen und externen Kommunikationsstruktur der Organisation untersucht und entsprechende Maßnahmen wie PR und CD entwickelt. Praktisch bedeutet das für ein offenes Kinder- und Jugendhaus (siehe Grafik).

Mittel und Methoden Für die Öffentlichkeitsarbeit in einem offenen Kinder- und Jugendhaus steht eine Vielzahl von Mitteln und Methoden zur Verfügung, wenn man Öffentlichkeitsarbeit nicht auf die unmittelbare Zielgruppe beschränken will. Es sollte ein Grundsatz der Öffentlichkeitsarbeit sein, die zur An-

wendung gebrachten Mittel und Methoden den jeweiligen Zielen und Zielgruppen der Öffentlichkeitsarbeit anzupassen. So dürfte ein Plakat nur bedingt geeignet sein, um fachpolitische Gremien zu erreichen, diese spricht man mit personalisierten Anschreiben, mit Praxisberichten, Beiträgen in Fachzeitschriften oder Beteiligungen an Fachtagungen deutlich erfolgreicher an. Demgegenüber sind komplexe Schriftwerke nicht geeignet, die Kinder und Jugendlichen als Zielgruppe des offenen Kinder- und Jugendhauses anzusprechen. Hier sind kurze und prägnante Mitteilungen in einem für das kindliche bzw. jugendliche Auge geeignetem grafischen Rahmen wesentlich angebrachter. Gerade Kinder und Jugendlichen sprechen sehr gut auf grafische Symbolik an, sie nehmen sich nicht die Zeit, längere Texte zu lesen. Will man ihnen dennoch komplexe Zusammenhänge vermitteln, so ist ein Plakat oder Handzettel mit der eben beschriebenen Gestaltung als Lockvogel für eine umfangreichere Veröffentlichung eine geschickte Variante, sie zu der Veröffentlichung hinzuführen. Neben

grafischer und farblicher Gestaltung ist unbedingt auch das Format von Handzetteln für Kinder und Jugendliche zu beachten. Besonders gut kommen Flyer an, die das so genannte Hosentaschenformat aufzuweisen haben. Ohne sie falten zu müssen, verschwinden diese in der Tasche und werden eben nicht gleich weggelegt, weil sie vom Maß her schon unangenehm sind. Wenn der Flyer denn noch einen Mehrwertcharakter bietet, zum Beispiel aktuelle Informationen für den ganzen Monat enthält (unwirksam, wenn sich das Angebot Monat für Monat gleicht), dann hat der Flyer die Chance auf ein längeres Leben. Das wiederum vergrößert die Chancen, auch auf Themen zu verweisen, die sich sonst schwer an Kinder und Jugendliche vermitteln lassen (Probleme im Jugendhaus, Umfragen etc.). Der Anteil solcher Informationen sollte möglichst 20 Prozent der Gesamtfläche nicht überschreiten, weil sonst das Gegenteil erreicht werden kann, nämlich dass der Flyer nicht über einen längeren Zeitraum zum Begleiter der Kinder und Jugendlichen wird und somit wichtige Informationen bzw. die Auseinandersetzung mit kritischen Themen nicht vermittelt werden können. Weitere Handwerkszeuge des Öffentlichkeitsarbeiters sind Pressemitteilungen, die stets in wenigen Zeilen prägnante und gehaltvolle Informationen vermitteln sollen. Dabei ist zu beachten, dass die Empfänger der Pressemitteilung keine Fachleute sind (bezogen auf die Sozialarbeit) und somit eine verständliche Wortwahl, möglichst frei von zu viel Fachvokabular zum Einsatz kommen muss. Der Titel der Pressemitteilung kann den alleinigen Ausschlag darüber geben, ob sich den folgenden Text überhaupt jemand durchliest! Deshalb muss hier eine gründliche Auswahl getroffen werden, die dennoch einen Zusammenhang zum nachfolgenden Text ergibt. Ausgehend von Lesegewohnheiten sollte man die wichtigsten Informationen im ersten Drittel des Textes unterbringen. Fehlerfreie Rechtschreibung und Grammatik verstehen sich von selbst. Bei der Ausarbeitung einer Pressemitteilung sollte man zunächst die sechs „W’s“ im Kopf haben:

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forum • Was? • Wer? • Warum? • Wo? • Wann? • Wie? Neben den inhaltlichen Angaben sind die Hinweise auf Kontaktmöglichkeiten (Ansprechpartner zum Thema, Telefonnummer, Telefaxnummer, eMail-Adresse und Postanschrift) unerlässliche Angaben in einer Pressemitteilung. Man muss in jedem Fall davon ausgehen, dass die Redaktion Nachfragen zur Pressemitteilung haben könnte, so dass diese Kontaktangaben nicht fehlen dürfen. Berichtet man in einer Pressemitteilung über eine bereits stattgefundene Aktion, so sollte man in der Anlage auch Fotomaterial bereithalten. Die Erklärung, dass Text und Fotos frei von Rechten Dritter und sie zur Veröffentlichung frei gegeben sind, erhöht die Chance, Eingang in die Veröffentlichung zu finden. Man sollte allerdings beim Verfassen der Pressemitteilung auch die Art des Mediums beachten, ein Radiosender kann mit einem Foto schlicht nichts anfangen. Ein Fernsehsender braucht ggf. ein Mehr an Informationen und die Kurzmitteilung einer Tageszeitung umfasst nicht mehr als 20 bis 25 Zeilen mit je ca. 30 Anschlägen. Die Chancen auf Veröffentlichung erhöhen sich übrigens auch, wenn die Beiträge per eMail über das Internet verschickt werden, da sich die Redaktion so das Abtippen von Texten ersparen kann, der Text liegt in der eMail bereits in digitaler Form vor. Die Veröffentlichung kostenpflichtiger Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften sollte einen angemessenen Hintergrund haben. Für das Erreichen der Zielgruppen eines Jugendhauses scheint die kommerzielle Anzeige eher

ungeeignet. Ausnahme: So genannte Stopper im Veranstaltungskalender von Stadtmagazinen. „Stopper“ sind sehr wirkungsvoll und in der Regel vergleichsweise kostengünstig. Ein angemessener Hintergrund für eine Anzeige in der Zeitung kann ein Jubiläum oder eine Großveranstaltung des Jugendhauses sein. Dies lohnt allerdings nur, wenn man sich zusätzlich zum Stammpublikum weitere Besucher zu diesem Anlass erschließen will. Die Pressekonferenz gilt als „höchstes journalistisches Mittel“ und sollte für deren Anwendung auch einen ganz besonderen Anlass zur Verfügung haben. Die Teilnahme an einer Pressekonferenz erfordert auch bei den Medien entsprechende Ressourcen, die man etwa für die Verkündigung eines Monatsprogramms sicherlich nicht aufzuwenden bereit ist. Die Neueröffnung eines Jugendzentrums oder die Vorstellung bedeutender Projektergebnisse kann die Durchführung einer Pressekonferenz schon eher rechtfertigen. Imagebroschüren oder Praxisberichte des Kinder- und Jugendhauses sind für die fachpolitische und gemeinwesenorientierte Öffentlichkeitsarbeit ein geeignetes Mittel, das sich auch bei der Erschließung von Geldquellen und Unterstützern des Projektes gut einsetzen lässt. Die gewünschte Wirkung erzielen diese jedoch nur, wenn sie Professionalität nach außen zu tragen vermögen. Dies bezieht sich auf die Inhalte ebenso wie auf die grafische und technische Ausführung der Broschüren. An dieser Stelle kommen die o. g. Grundsätze des CI und CD besonders zum Tragen, aber auch bei allen anderen Veröffentlichungen sollten sie Berücksichtigung finden. Websites stellen eine sinnvolle Ergänzung der Öffentlichkeitsarbeit dar; ihre ausschließliche Verwendung im Bereich der PR dürfte tödlich sein. Websites erreichen Kinder und Jugendliche sicherlich gut, sofern diese einen Zugang zum Internet haben. Ausschließliche Internet-PR grenzt

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Adressaten aus, die keinen Zugang zum Internet haben oder über die erforderlichen Nutzungskompetenzen nicht verfügen. Ferner werden sich gerade die Medien nicht die Mühe machen, sich Informationen aus Websites herauszuziehen. Dies setzt eine entsprechende Anregung voraus und die finden Journalisten am liebsten auf ihrem Schreibtisch – als eMail oder Schreiben. Im gesellschafts- und fachpolitischen Sinne der Öffentlichkeitsarbeit stellen Websites ebenfalls nicht das geeignete Medium dar.

Erforderliche Ressourcen Öffentlichkeitsarbeit erfordert Ressourcen, will sie dauerhaft und adressatenorientiert die Botschaften der sozialen Organisation nach innen und außen tragen. Wie oben bereits ausgeführt, wird die Notwendigkeit der Öffentlichkeitsarbeit in vielen sozialen Organisationen nur unzureichend erkannt. Demnach mangelt es auch an den erforderlichen Ressourcen. Bereits die Erstellung einer PR-Konzeption erfordert Ressourcen, die intern als Personal oder bei externer Beauftragung in Form von Geld bereitgestellt werden müssen. Je nach Größe der Organisation muss es ein ausreichendes Zeit-/Personalbudget für die Erledigung der Öffentlichkeitsarbeit geben. In kleineren Organisationen könnte einem Mitarbeiter ein befristetes Zeitbudget übertragen werden (z. B. vier Stunden je Woche), in dem er die Öffentlichkeitsarbeit erledigt. Zusätzlich ist Geld für sächliche Ausgaben wie Druck- und Kopierkosten, Fotoarbeiten, Fernsprech- und Onlinegebühren sowie für die erforderliche Technik (PC nebst Zubehör, Fotoapparat, Kopierer etc.) bereitzustellen. Carsten Schöne, www.casch.de C.

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Kinder und Jugendliche in der Schuldenfalle Finanzexperten wollen schon in der Schule helfen.

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ie Überschuldung von Kindern und Jugendlichen steigt seit Jahren dramatisch an. Erst vor wenigen Tagen war die immer öfter zuschnappende Schuldenfalle Thema eines RoundTable-Gesprächs der Unionsfraktion. „Soweit Minderjährige sich überschulden, liegt dies überwiegend an den Eltern“, stellte dabei die zuständige Berichterstatterin der Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ingrid Fischbach, fest. Denn Eltern würden für ihre Kinder schließlich die Verträge abschließen und sie häufig aus Bequemlichkeitsgründen nicht ausreichend in finanziellen Dingen kontrollieren und disziplinieren. „Bei Jugendlichen, die selbst Verträge abschließen können, ist häufig festzustellen, dass sie nicht gelernt haben zu haushalten und keine ausreichende Medienkompetenz besitzen“, sagte Fischbach. Auch der Bundesverband Finanz-Planer e. V. (BFP) betrachtet mit Sorge, dass immer mehr Kinder und Jugendliche in eine Schuldenfalle geraten. Er plädiert

deshalb für eine finanzielle Bildung bereits in der Schule – vor allem für Schulabgänger. Der BFP hat dazu ein Programm gestartet, mit dem Schüler im Unterricht Grundwissen zu Wirtschaft und Finanzen erlangen können. Dies sei eine sinnvolle Ergänzung zur bereits stattfindenden Aufklärungsarbeit in der Erwachsenenbildung in Zusammenarbeit mit vielen Volkshochschulen, erklärt BFP-Mitglied Bruno Steiner. Typische Inhalte für die schulische Weiterbildung sind laut Steiner „der Umgang mit dem Girokonto“, „Einnahmen- Ausgabenkontrolle“, „wie spart man richtig“, und vor allem Antworten auf die vielen Fragen der Teilnehmer/innen. Der Finanzexperte verweist auf die hohe fachliche Qualifikation des Verbandes, der mit seinen unabhängigen und kompetenten Mitgliedern Praxiswissen hautnah vermitteln könne. „Die EU-Richtlinie, die von 2005 an gültig sein soll und einen nachprüfbaren Wissens-Standard der Berater verspricht, um im Bereich Finanzdienstleistungen tätig sein zu dürfen,

wird deshalb von uns ausdrücklich unterstützt“, zitiert Steiner den Vorstand des BFP unter Federführung von Prof. H. Bockholt. Nach den Plänen des Verbandes soll die Stärkung der finanziellen Schulbildung noch in diesem Jahr starten. Interessenten aus pädagogischen Bereichen könnten sich für weitere Informationen direkt an den Verband wenden.

Über den Bundesverband Finanz-Planer e. V. Der Bundesverband Finanz-Planer e. V. (BFP) ist ein Forum für unabhängige Finanz-Experten, die die Grundsätze einer ordnungsgemäßen und fachlich nicht zu beanstandenden Finanzplanung beherrschen und sicherstellen. Mit seiner Philosophie der Qualität statt Quantität ist der BFP bereits seit 20 Jahren aktiv. Seine Mitglieder sind als Dozenten in der Ausund Weiterbildung bei der IHK, als gerichtlich zugelassene Gutachter und als Beraterinnen und Berater im Alltag tätig. Kontakt: Bundesverband FinanzPlaner e. V., Immelmannstraße 2, 55124 Mainz, Fon: 0 61 31/24 07 03 40, Fax: 0 61 31/24 07 03 60, eMail: [email protected], www.bundesverbandfinanz-planer.de/ (profact) C.

Masterstudiengang „Human Communication “ Zwischenmenschliche Kommunikationskompetenzen erweisen sich zunehmend als unverzichtbare Zusatzqualifikationen in allen Bereichen des beruflichen Lebens. Immer häufiger werden hochqualifizierte Mitarbeiter/innen in Führungspositionen mit der Tatsache konfrontiert, dass ihre primären Fachkompetenzen für das Unternehmen unzureichend sind. Im Vordergrund stehen heutzutage außerdem spezifische

Kommunikationskompetenzen, die Störungen vermeiden und erfolgreiches Handeln fördern. Der Masterstudiengang „Human Communication“ ist eine Antwort auf diese Herausforderung. Das viersemestrige Programm ist ein berufsbegleitender Weiterbildungsstudiengang zum Thema „Menschliche Kommunikation“ aus psychologischer Perspektive. Im Zentrum des Curriculums stehen psychologische Grundlagen, Mittel und Strategien

der Kommunikation sowie Kommunikationsstrukturen und -prozesse. Weitere Schwerpunkte bilden mediengestützte, Organisations- und Personalkommunikation. Infoveranstaltung am 13. Januar 2005, 18.30 Uhr, Dresden International University, Jürgen Czytrich, Chemnitzer Str. 46 b, 01187 Dresden, Fon: 03 51/46 33 56 72, Fax: 0351/46 33 39 56, www.dresdeninternational-university.de

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drehscheibe_jugend

Lebensmotto: Was wir wollen, bekommen wir auch hin. Grußworte der Staatsministerin für Soziales, Helma Orosz, bei der Veranstaltung „angesteckt …“ zur Präsentation der sächsischen Projekte in der Bundesinitiative „wir … hier und jetzt“.

I

ch bin dankbar, diese Veranstaltung mit Ihnen gemeinsam zu erleben und ich sag Ihnen auch warum. Wir müssen uns schon seit Monaten mit einer Vielzahl von negativen Informationen und schlechten Prognosen auseinander setzen. Wir hören von Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Radikalisierung, Überalterung, Abwanderung, Und das alles vor allem hier im Osten. Da könnte einem verständlicher Weise manchmal vor der Zukunft bang werden. Wenn ich mich aber heute und hier umschaue, dann ist wenig von Resignation und Mutlosigkeit zu spüren. Wohl aber viel von Phantasie, Zukunft, Farbigkeit und Dynamik und deshalb freue ich mich, heute hier sein zu können.

„Wir … hier und jetzt“ lautet der Titel der gemeinsamen Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Stiftung Demokratische Jugend und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Diese Initiative wurde vor etwa einem Jahr gestartet und soll der oft konstatierten Perspektivlosigkeit junger ostdeutscher Menschen Aufmerksamkeit schenken und Hilfe entgegensetzen, ohne ihnen einfach etwas vorzusetzen. Sie sollten selbst aktiv werden, aktiv für die Gestaltung ihrer Zukunft. „Aktivität in Heimat schafft Perspektiven in Heimat“ – ich denke, unter diesem Slogan lässt sich zusammenfassen, was hier angestrebt wurde.

Seit einigen Tagen zieht die Initiative „wir … hier und jetzt“ nun Kreise und stellt die Projekte und Ergebnisse in den neuen Bundesländern vor. Dresden ist die letzte Station dieser Vorstellungsrunde und ich denke, wir können wirklich gespannt auf das sein, was wir heute noch erleben und erfahren können. Aber bevor ich zu den Projekten komme, möchte ich doch noch einmal kurz auf den Hintergrund eingehen. In der Zeitung „politik orange“, die diese Initiative begleitet, habe ich folgende Zahl gefunden: Würden alle die Menschen, die zwischen 1989 und 2003 die neuen Bundesländer verlassen haben, in einem Zug sitzen, bräuchte man einen ICE mit über 43 000 Waggons. Nimmt man die 70 000 dazu, die in diesem Jahr den Freistaat verlassen haben, müssten wir noch 900 Waggons anhängen. Und das, obwohl die Abwanderung aus Sachsen auf dem niedrigsten Stand seit 1996 ist. „Sachsen schrumpft“ und wir müssen hinzufügen: Sachsen wird immer älter. Und das liegt nicht nur daran, dass weniger Kinder geboren werden, sondern dass es vor allem die jungen Menschen sind, die weggehen. Die weggehen, weil ihnen hier die Perspektive fehlt, weil sie hier keinen Arbeitsplan finden. So heißt es. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, hier müssen wir noch genauer hinschauen. Eine Studie der Hochschule Magdeburg-Stendal stellt ganz klar heraus, dass dieses Weggehen nicht nur etwas mit dem Arbeitsplatz zu tun hat, denn viele von de-

Helma Orosz, Staatsministerin für Soziales, im Gespräch mit Andreas Mikus, Teamchef im Netzwerk für Kinder- und Jugendarbeit Bischofswerda. Bildmitte, hinten, Andreas Pautzke, Geschäftsführer der Stiftung Demokratische Jugend.

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drehscheibe_jugend Beate Thiele vom Verein Zukunft Jugend 21. Jahrhundert e. V. Großenhain berichtete in der Ergebnispräsentation der Perspektive-Projekte von den „Chancen und Grenzen bei der Bildung von regionalen Verantwortungsgemeinschaften“. nen, die gehen, haben Arbeit. Weggehen hat auch etwas mit dem Jungsein zu tun, auch etwas damit, dass man Neues sucht, Perspektiven, auch das Andere. Damit, dass man sich erproben will. Davon kann man keinen jungen Menschen abhalten. Weggehen hat damit auch etwas mit den so genannten „weichen Standortfaktoren zu tun“. Mit Heimatverbundenheit, Familie, mit Freunden, mit dem Eingebunden sein in Netzwerke. Diese Faktoren gilt es auch zu stärken, was aber angesichts des schlechten Images, welches man den ostdeutschen Ländern immer wieder zuschreibt, gar nicht so einfach ist. Der Freistaat Sachsen engagiert sich mit allen Kräften dafür, die Wirtschaft im Land zu stärken und damit auch Perspektiven zu schaffen. Ein schlechtes Image aber lässt sich mit einer Plakatkampagne kaum aufpolieren und Heimatverbundenheit kann nicht verordnet werden. Hier muss beim Einzelnen angesetzt werden und genau das hat die Bundesinitiative getan.

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Jugendliche, ihr habt euch in den letzten Monaten in verschiedensten Projekten engagiert. Sie gehören in unterschiedliche Förderbereiche wie Zeitensprünge, Perspektiven, Berufsfrühorientierung und in den Bereich, dessen Name mich am meisten beeindruckt hat: „Was wir wollen, bekommen wir auch hin.“ Wenn das für junge Menschen in Sachsen ein Lebensmotto sein kann, bin ich optimistisch. Als Landtagsabgeordnete bin ich Patin eines der Projekte aus dem Bereich Zeitensprünge. Bei diesen

„Sprüngen“ in die Geschichte der eigenen Heimat lässt sich das „Heute“ ganz anders ansehen und das Liebens- und Erzählenswerte des eigenen Zuhauses erfahren. Liebe Schülerinnen und Schüler aus Bad Muskau, ich habe über euer Projekt einiges gelesen und bin sehr gespannt darauf, was uns bei eurer Präsentation erwartet. Ich kann jetzt leider nicht auf alle Projekte eingehen, es sind immerhin über 50 Stück. Wir werden unterschiedlichste Ansätze und ganz neue Wege in der Jugendarbeit kennen lernen. Allein viele Titel machen neugierig: Vom Frauenschraubkurs über Creativmanufaktur und Jugendparlament ist alles vorhanden. Sogar eine Spinne gibt es. Eine Menge Projekte gibt es auch im Bereich der Berufsfrühorientierung. Das, denke ich, ist ein ganz wichtiger Bereich der Jugendarbeit und hier schließt sich der Kreis zu dem, was ich eingangs zur Bevölkerungsentwicklung gesagt habe. In Sachsen gibt es immer weniger Menschen. Die einen, die Älteren,

Katrin Thiele, BAG Arbeit, Landesvereinigung Sachsen als Regionaler Partner der Bundesinitiative „wir … hier und jetzt“, lässt Thomas Helbig, ostdeutscher Meister im Bike Trial, mit seinem selbst gebauten Rad über sich springen.

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drehscheibe_jugend werden immer älter, aber die anderen, die jüngeren, werden immer weniger. Das ist eine schwierige Situation. Das ist aber auch eine Hoffnung. Denn in nicht allzu langer Zeit werden wir hier Fachkräfte brauchen, die mit der richtigen Qualifikation am richtigen Ort sind müssen: Nämlich hier in Sachsen. Hier spielt Berufsorientierung eine

entscheidende Rolle. Wenn wir heute schon wissen, an welchen Stellen die Älteren morgen ausscheiden, dann können wir hier Perspektiven aufzeigen. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, da sind wir wieder bei den Perspektiven angelangt. Ich kann sagen, dass mich heute am allermeisten ihre und eure Haltung beeindruckt, ich habe es vorhin schon

einmal gesagt: „Was wir wollen, bekommen wir auch hin.“ Ich wünsche uns allen eine spannende und gute Zeit hier, bedanke mich besonders bei euch, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Jugendliche fürs Mut machen und Mut haben und freue mich jetzt auf das, was es zu sehen gibt. Vielen Dank. C.

Verantwortung für das eigene Werden übernehmen Grußworte von Andreas Pautzke, Geschäftsführer der Stiftung Demokratische Jugend.

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as hier heute vorgestellt wird, ist in vielen Stunden gemeinsamer Arbeit entstanden, hat Kraft und Nerven gekostet - aber auch wertvolle Erfahrungen gebracht. Ein bisschen Spaß war sicher auch dabei, vor allem aber der Stolz auf das, was dabei entstanden ist: die Erfahrung der eigenen Wirksamkeit.

Zu Beginn des Jahres 2003 beteiligten sich die Stiftung Demokratische Jugend und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung mit einem gemeinsamen Konzept an einer Ausschreibung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - damals lautete der Titel noch Jugend bleibt. Zu diesem Zeitpunkt konnten wir uns noch nicht wirklich vorstellen,

dass wir nach knapp einem Jahr Laufzeit eine solche Vielfalt an erfolgreichen Projekten würden vorweisen können. Allein in Sachsen wurden 56 Projekte gefördert, die heute die Gelegenheit haben, ihre Ergebnisse und Dokumentationen zu zeigen und miteinander und mit Ihnen als Gästen ins Gespräch zu kommen. Mit der Bundesinitiative „wir … hier und jetzt“ wollten wir – die Stiftungen als Träger zusammen mit dem fördernden Ministerium – junge Menschen in den neuen Bundesländern ermutigen, ihren Blickwinkel zu wechseln - weg von der vermeintlichen Perspektivlosigkeit und hin zur einer aktiven und selbst bestimmten Gestaltung ihrer Zukunft. Unser Anliegen war es, dass junge Menschen selbst und bewusst Verantwortung für das eigene Werden übernehmen. Gesucht wurden deshalb innovati-

Aus ihren Recherchen und den Gesprächen mit Zeitzeugen trugen die „Zeitenspringer“ vom Freizeitzentrum „Regenbogen“ Bischofswerda schließlich Material für ein ganzes Buch zusammen, das von der Zeit der Germanen und Slawen bis hin zum Abtransport der SS20-Raketen erzählt, die dort stationiert waren. Fotos: Detlev-T. Reichel

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drehscheibe_jugend ve Projekte, in denen junge Menschen vor Ort Aktivitäten entwickeln sollten, die geeignet waren, das eigene Umfeld zu erobern und die darüber hinaus Perspektiven zum Bleiben in der Heimat aufzeigen. Unter der Vielzahl der innerhalb kürzester Zeit eingegangenen Bewerbungen konnten wir mit Hilfe von Fachjurys insgesamt 417 Projekte in den neuen Bundesländern und Berlin auswählen. Über 12000 Jugendliche haben so seit Anfang des Jahres ihre Projektideen umsetzen können. In den letzten Tagen haben bereits Präsentationsveranstaltungen in allen anderen beteilgten Bundesländern stattgefunden, in Magdeburg, Schwerin, Berlin, Potsdam und in Erfurt. Die Veranstaltungen hatten alle ihren ei-

genen Charakter und haben dadurch zusätzlich das Facettenreichtum der Aktivitäten deutlich werden lassen. Ich bin überzeugt, dass wir auch heute hier in Dresden zusammen mit Ihnen anregende Gespräche über die Ergebnisse der Projekte führen werden und in den Fachforen Perspektiven entwickeln und Kontakte knüpfen, die Jugendarbeit eine Zukunft gibt. Die thematische Vielfalt der Projekte, die sich heute vorstellen, reicht von der Berufsfrühorientierung über die ehrenamtliche Tätigkeit von Jugendlichen und der Erforschung regionaler Geschichte bis hin zur Schaffung von Netzwerken im Bereich der Jugendarbeit. In den folgenden Stunden können Sie sich an den Projektständen und bei

den Fachveranstaltungen selbst von den guten Ergebnissen überzeugen. Ich wünsche uns allen heute ein gutes Gelingen und hoffe, dass diese Veranstaltung Anregungen gibt, Ideen aufzugreifen und selbst in diesem Bereich aktiv zu werden. Mein besonderer Dank gilt allen, die die heutige Präsentation gestalten – den vielen Jugendlichen aus den Projekten, der BAG Arbeit, Landesvereinigung Sachsen, der Sächsischen Jugendstiftung, der AGJF Sachsen, dem Netzwerk für Kinder- und Jugendarbeit Bischofswerda und natürlich einer Person, ohne deren unermüdliches Engagement die Bundesinitiative in Sachsen nicht so erfolgreich hätte umgesetzt werden können: Katrin C. Thiele.

Angesteckt …?! Vielfältige und anregende Ideen der „wir … hier und jetzt“-Projekte in Sachsen.

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s ist kaum zu glauben: Was sich am Nachmittag des 13. Novembers im Dresdner Rathaus abspielt, will so gar nicht zu der Nachricht passen, dass 70 000 vorwiegend junge Menschen 2004 den Freistaat Sachsen verlassen haben werden. Dieses quirlige Treiben, der jugendliche Eifer und, ja, die Begeisterung beeindrucken die Besucher dieser Messe, auf der sich 48 von 56 sächsischen Projekten der Bundesinitiative „wir … hier und jetzt“ präsentieren. Ein Marktplatz der Möglichkeiten im Sinne des Wortes, denn die Jugendlichen zeigen hier, was möglich ist, wenn man sie lässt.

Vertrauen haben, Vertrauen zeigen Symbolischen Charakter für diesen Nachmittag hat die spektakuläre Sportshow-Einlage von Thomas Helbig, ostdeutscher Meister im Bike Trial. Ohne mit den Füßen den Boden zu berühren, springt er mit seinem selbst gebauten Rad auf gestapelte Paletten und Stahlfässer, überwindet

also Hindernisse, Herausforderungen („trials“). Die Regionale Partnerin der Bundesinitiative in Sachsen, Katrin Thiele, legt sich rücklings auf den Boden und lässt Thomas sehenden Auges mit seinem Rad über sich springen. Vertrauen entwickeln in das eigene Können und Vertrauen investieren in das Können junger Menschen - darum geht es hier.

Zeitenspringer aus Zöblitz, wo früher einmal kleine funktionierende Puppenherde gefertigt wurden. Original Koch- und Backausrüstungen samt Herden im Puppenhausformat haben die Zöblitzer Junghistoriker zusammengetragen, samt einer kleinen Studie über die Metallspielwarenindustrie in ihrer Heimatstadt. Die Truppe von Heidi Sauer aus dem Freizeitzentrum „Regenbogen“ Bischofswerda wiederum durchkämmte den „Taucherwald“ nach Lebensgeschichten aus den Jahrhunderten. Dabei fanden die Zeitenspringer

Vergangenheit … Eine CD-ROM, die jedem Geschichtslehrer als Anschauungsmaterial empfohlen sei, produzierten beispielsweise acht junge Historikerinnen der 3. Mittelschule in Görlitz. Weil „eine ständige Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ herrscht, erkundeten die Zeitenspringerinnen die jüdische Geschichte ihrer Heimatstadt. Ein kleines Kochbuch mit „Rezepten für die Puppenküche“ gibt es am Stand der

Das Schulgespenst der Mittelschule Niesky erzählt …

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drehscheibe_jugend nicht nur einen kleinen Spaten, mit dem sowjetische Soldaten Gräben ausheben mussten, sondern auch Schnapsflaschen und vieles mehr. Aus ihren Recherchen und den Gesprächen mit Zeitzeugen trugen sie schließlich Material für ein ganzes Buch zusammen, das von der Zeit der Germanen und Slawen bis hin zum Abtransport der SS20-Raketen erzählt, die dort stationiert waren.

Gegenwart … So bekommt der Begriff „Heimat“ ein konkretes Gesicht, mit dem junge Menschen etwas anfangen können. An allen Ständen der Messe spürt man: Es macht ihnen Spaß und sie sind stolz auf ihre Arbeit. „Die Erwachsenen sollten sich die Messepräsentationen der jungen Leute genau anschauen“, meint auch die sächsische Sozialministerin Helma Orosz in ihrer Begrüßungsansprache. Die Bundesinitiative „wir … hier und jetzt“ sei ein guter Ansatz, um bei jungen Menschen ein Gefühl der Verbundenheit mit ihrem Land zu entwickeln. Am meisten habe sie das Motto „Was wir wollen, bekommen wir auch hin“ beeindruckt, sagt die Ministerin. „Das spricht für sich und sollte auch von den Erwachsenen beherzigt werden.“

… Zukunft Viele Projekte wollen und werden nach dem Auslaufen der Förderung von „wir … hier und jetzt“ weiter arbeiten. Ob sie vom Freistaat Sachsen finanziell gefördert werden, wird sich zeigen. Die Staatsministerin jedenfalls zeigt auf ihrem Rundgang viel persönliches Interesse, nimmt sich Zeit, fragt nach und, vor allem, hört zu, was die Jugendlichen aus den Projekten ihr zu sagen haben. Sie hoffe, so Helma Orosz, dass die Initiative keine Eintagsfliege bleibt, dafür wolle sie sich einsetzen.

„... wenn im Dorf nichts los ist, gehen die Leute weg!“ Die Sächsische Staatsregierung müsse jetzt für die Weiterfinanzierung der Projekte sorgen, forderte Peter Hettlich, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen. Nach dem Ende des Modellprojekts „wir … hier und jetzt“ müssten die einzelnen Bundesländer ohnehin die Finanzierung übernehmen. Sachsen, so Hettlich, habe keinen Doppelhaushalt und könne somit in den aktuellen Haushaltsberatungen für nächstes Jahr tatsächlich ein Budget einrichten für derartige Programme. Das halte er für

dringend notwendig, „denn wenn im Dorf nichts los ist, gehen die Leute weg!“ Für ihn sei das kleine Dorf bei Oschatz, in dem er lebt, ein gutes Beispiel. Gleich nach der Wende wurde den jungen Leuten der Jugendraum weggenommen, um dort den Gemeinderat einzurichten. „Die Erwachsenen haben also wenig Rücksicht auf die jungen Leute genommen, und heute beschweren sie sich darüber, dass die Jugend wegzieht.“ Die Gegenbewegung, so der Parlamentarier, müsse von unten nach oben wachsen, nicht umgekehrt. „Wir müssen die Initiativen fördern, die aus eigener Kraft etwas tun. Deswegen finde ich es wichtig festzustellen, dass viele Initiativen von »wir ... hier und jetzt« unabhängig von der Förderung entstanden sind, aber dass die Förderung ihnen die Gelegenheit gegeben hat, ganz anders an die Sache ranzugehen, größer, mit stärkerer Breitenwirkung und mehr Langzeitwirkung.“ Auch die Unternehmen müssten viel mehr sehen und erkennen, welches großartige Potenzial in Jugendlichen steckt, die sich so engagieren wie in den „wir … hier und jetzt“-Projekte, meint am Ende ein Kollege am Stand vom Jugendbauhof Lausitz. Detlev-T. Reichel C.

„Wenn Odin in die Seiten haut …“ Über eine Veranstaltung in Zwickau.

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an kennt das: beim Surfen im Internet, sucht man eigentlich eine bestimmte Seite oder eine Musikrichtung, vielleicht um mal wieder seinen aktuellen Lieblings-Song herunterzuladen oder man sucht ein Foto oder einen Videoclip … und plötzlich öffnen sich Seiten, Banner oder Popup-Fenster, die man gar nicht wirklich aufrufen wollte. Nervt eigentlich nur. Und wenn es dann auch noch Seiten sind, die diverse Musikstile und und Fanzines präsentieren, die man nicht hören wollte, aufdringlich für Mythen und Traditi-

onen von „nationalen Bewegungen“ werben oder an ein „nationales Bewusstsein“ appelieren, ist man erst einmal sauer und will gleich diese Störenfriede1 wegklicken. Denn eigentlich wollte man doch … Und dann bleibt man doch noch einen Moment, und schaut hin. Jedoch nicht aus Neugierde allein. Wenn man in der Jugendarbeit tätig ist, sollten diese Botschaften und ihr tieferer Sinn richtig entschlüsselt werden können. Und politische Kompetenz zur Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen2 Inhalten will gelernt werden. Das gilt auch im Internet, weil

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es dort kein politisches Vakuum gibt. Und schon ist man mitten drin in der notwendigen Auseinandersetzung. Da helfen auf die Dauer keine Verbote, Filter3 und erst recht kein Wegschauen. Denn es gibt nun mal im Internet diverse coulorierte Seiten, die wenigsten sind eindeutig in Farbe und Stil. Es gibt da nicht nur Schwarze und Weiße, auch keine Roten und Braunen. Man muss schon genauer hinschauen.

Unter der Lupe: Braune und anders gefärbte Seiten im Netz Die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) veranstaltete auch 2004 wieder einen Jugendmedienschutztag. Nach

drehscheibe_jugend den Schwerpunkten der vergangenen Jahre „Jugendschutz im Kino und Fernsehen“ und „Gewalt im Radio“ steht in diesem Jahr das Internet im Mittelpunkt. Inhalte, Symbole, Musikstile und Verbreitungswege rechtsextremen Gedankengutes im Internet sind zentrales Thema der Veranstaltungen in diesem Jahr. In den ersten Novemberwochen fanden in Görlitz, Bautzen, Dresden, Hoyerswerda, Leipzig, Chemnitz, Plauen und Zwickau die genannten Veranstaltungen statt. Organisiert werden die Veranstaltungen von den Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanälen der SLM (SAEK), in Kooperation mit Partnern vor Ort. Ins Jugendcafé „City Point“ in Zwickau hatten für den 16. November die SLM, der SAEK Zwickau und der Leiter des Jugendcafés Herr Küttner eingeladen. Moderatoren des Abends waren Cosima StrackeNawka, Referentin der SLM, sowie SAEK-Studioleiter Marsel Krause. Gekommen waren diverse interessierte Leute, darunter etliche darunter Lehrer, Streetworker, Sozialarbeiter, Pfarrer und Jugendliche.

Odin gegen Jesus? Wenn Odin, der oberste Gott der Nordgermanen, auf seiner Klampfe spielt, dann bleibt kein Ohr ungerührt. Manchmal ist es ein wenig laut für meine Begriffe (Industrial Metal ist nicht Jedermanns Sache …), manchmal schlägt er sanfte Töne an. Aber selbst die leisen Töne können sich aufs Gemüt legen. Es macht zudem aggressiv, wenn in der Lyrik auf mancher Internet-Seite der „Gott im grünen Gewand“, (Odin, welcher Kriege bringt und Ehre …) dem Gott, der Frieden bringt, (offenbar sind der Christen-Gott und sein Sohn Jesus gemeint …), feindlich gegenüber gestellt wird. Nordische, keltische und andere Mythologie, stark an NationalSozialistischer Ideologie orientiert, mit nationalistischer Manier mehr oder weniger offen entwickelte Ideologie – so zeigen sich oftmals derartige Seiten. Rechtsextremistische Ideologie fußt auf Verherrlichung der Zeit des „Dritten Reiches“ und Geschichtsrevisionismus. Eiko Kühnert, Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention der Stadt

Leipzig und André Sobotta, Landesfilmdienst Sachsen, stellten anhand von Beispielen aus der Musikszene von Rechtsextremisten und Rechtsradikalen verwendete Symbole, deren Verbreitung über das Internet, diverse Musikstile und -gruppen sowie ihren Zusammenhang mit Jugendszenen vor. Exemplarisch zeigten die Referenten Seiten offen nationalistisch gesinnter Gesellungen und Kameradschaften, wiesen auf sehr unterschiedliche Verwendung4 der Symbole und auf die notwendige differenzierte Einschätzung und Wertung des Gebrauchs der Symbole durch diverse Musikgruppen, welche sich bei jungen Leuten oft großer Beliebtheit erfreuen. Da wurde einem schon ein bisschen mulmig in der Bauchgegend und emotional muss ich Manches erst noch verarbeiten. Verwirrend ist es und man tut gut daran, sich weiter und gründlicher damit zu beschäftigen. Aber es ist wichtig, sich eine eigene Meinung zu bilden, wenn man Kindern und Jugendlichen, aber nicht nur denen in der Diskussion mithalten will, auch wenn man oft versucht ist, solchen Gesprächen aus dem Wege zu gehen. Es ging den beiden Referenten um das Erkennen und die Entschlüsselung der dahinter liegenden Symbolik und der damit verbundenen Ideologien. Auch ging es um das bessere Verstehen der Zeichen und Symbole, dem Ge-und Missbrauch von Symbolen bei der bildhaften Umsetzung verschiedener Jugendszenen affiner Musikstile sowie auch um das Bildhafte der Musik und deren Einbettung in verschiedene Internetangebote. Manches sah und hörte ich zum ersten Mal und das ging offensichtlich auch anderen so. Die streitbar kommentierten und erläuterten Auszüge aus Dokumentarfilmen ließen inhaltliche Bezüge deutlicher werden. Die Referenten entwickelten abschließend Gedanken zu Gegenstrategien, wie z. B. Strafen und Verbote, Information und Aufklärung der Öffentlichkeit, Zusammenarbeit mit Internet-Providern, Aufklärung im Internet oder Filterprogramme. Die beiden Kulturwissenschaftler sind Experten für Musikrichtungen

und -stile, kennen sich mit rechtsextremistischen Inhalten, Symbolen, Mythen sowie bei den diversen Jugendkulturszenen aus. In der Veranstaltung wurden sie zu Vorträgen in Schulen und Jugendeinrichtungen eingeladen. Zum Schluß gab es noch einen Buchtipp zur Thematik5 .

„Und so sieht’s aus in Sachsen …“ In seinem Statement und in der daran anschließenden Diskussion fand Bernd Merbitz, Direktor der Polizeidirektion Grimma und ehemaliger Leiter der SOKO Rex des Staatschutzes im Landeskriminalamt, deutliche Worte für die Gefahren für die Demokratie in Sachsen, welche vom Rechtsextremismus in der heutigen Zeit ausgehen. Der Rechtsextremismus, so Bernd Merbitz, wird oft der Jugend zugeordnet. Das sei aber falsch. Man müsse die Frage stellen, wer Schuld daran hat, woran es liegt, dass eine Partei wie die NPD über eine längeren Zeitraum solche Bedeutung erlangen könne, dass sie jetzt im Sächsischen Landtag mit zwölf Abgeordneten vertreten sei. Wenn es 190 909 Wähler gäbe, welche die NPD zur Landtagswahl 2004 gewählt hätten, könne man nicht einfach nur von „Protestwählern“ sprechen. Die NPD habe 900 Mitglieder und das über lange Jahre relativ stabil. Und noch einmal 900 Mitglieder von Kameradschaften stünden gewissermaßen dieser Partei zur Seite. 7.000 Besucher auf dem Pressefest der „Deutschen Stimme“ sprächen eine beredte Sprache. Der Anfang einer solchen Entwicklung sei seiner Ansicht nach bereits in der Zeit der Wende zur deutschen Einheit, in den Ereignissen von Rostock, Hoyerswerda und anderen Städten6 zu suchen. Bei der Schuldfrage sehe er ein komplexes Versagen der Gesellschaft. Er appellierte an die Anwesenden: „Wir alle müssen uns fragen, was wir dagegen tun.“ Was bieten wir an Vorbildern an, welche Werte haben wir in der Gesellschaft? In Sachsen gibt es eine ausgeprägte politisch motivierte Kriminalität von rechts. Auch, wenn mitunter von leicht rückgängigen Zahlen7 die Rede ist. Das seien stets nur die der Polizei angezeigten Straftaten. Aus sei-

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drehscheibe_jugend ner präventiven Arbeit als Polizist würde er sehr gut kennen, wie brutal und offen gewaltbereit bestimmte Gruppen vorgingen. Für die Zwickauer Region gab Herr Merbitz im direkten Vergleich der Anzahl rechtsextremer Straftaten zu anderen sächsischen Landstrichen eine vorläufige Entwarnung: „Hier geht es noch“, so seine Einschätzung. Er wies jedoch zugleich darauf hin, dass nach seiner Übersicht die Zahlen nicht wirklich gesunken sind. Außerdem sei die Aufklärungsquote zurückgegangen. Jüngste Entwicklungen wie der Bomben-Anschlag gegen das Büro des Netzwerkes für Demokratische Kultur in Wurzen und der Vorfall im Muldentalkreis, wo ein Mädchen von zwei anderen Schülerinnen verprügelt und gedemütigt und anschließend mit SS-Runen im Gesicht beschmiert wurde, lassen jedoch eine besorgniserregende Entwicklung der Gewalt erkennen. Dabei käme es mitunter in der Tendenz zum gegenseitigen „Hochschaukeln“ von extremistischer Gewalt, von gewaltbereiter Antifa und gewaltbereiten Gruppen von rechts. Bernd Merbitz analysierte sehr engagiert die Lage in Sachsen nach den Landtagswahlen 2004 und berichtete über die präventive Arbeit der Polizei. In der anschließenden Diskussion, den Fragen aus dem Publikum, kam die Besorgnis zum Ausdruck, dass von Seiten der Politik nicht ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, für eine nachhaltige Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Auch wurde von Projekten und Vorhaben an Schulen und in Jugendeinrichtungen berichtet, wie z. B. über ein AussteigerProjekt, wo es nur noch bis Ende 2004 Geld für die Weiterführung der Arbeit gibt. Andere bekundeten ihre Bereitschaft, an ihrer Schule solche Vorträge, wie die eben gehörten an die Schule zu holen, von Vorhaben, Aufklärung unter Schüler/inne/n leisten zu wollen, ohne jedoch über Mittel für die Durchführung von Veranstaltungen zu verfügen. Der Referent riet allen, sich mit anderen demokratisch Gesinnten zu verbünden und berichtete über seine Erfahrungen mit Unternehmern, welche bereit waren, die Durchführung solcher Aufklärungsvorhaben oder den Druck von Broschüren, Flyern oder

Einladungen etc. finanziell zu unterstützen. Strategien gegen den Rechtsextremismus sind aus seiner Sicht vor allem: Die Eltern gewinnen, mit den Jugendlichen reden. Aber auch Repression sei notwendig, so würden rechte Jugendclubs geschlossen, Konzerte rechtsextremistischen Inhalts verboten und für deren Auflösung gesorgt. Politisch motivierte Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund würden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgt. Die Atmosphäre des Abends war insgesamt sehr konstruktiv und die Diskussionen anregend. Daran konnte auch der Herr aus den hinteren Reihen des Publikums nichts ändern, der seinem Ärger über die Veranstaltung sehr emotional und stereotyp Luft machte. In den Pausen und nachdem die meisten bereits gegangen waren, gab es angeregte Gespräche mit den Referenten und es wurden Kontakte geknüpft. Im kommenden Jahr soll es für den „Jugendmedienschutztag der SLM 2005“ um das Thema Spiele gehen, hörte ich. Dr. Joachim Lass

Anmerkungen 1

Eine Bilanz für 2003: „Die FSM erhielt im letzten Jahr 1162 Beschwerden von Internet-Nutzern. Diese Beschwerden betrafen zu 20 % pornografische Inhalte, zu 15 % kinderpornografische Inhalte, zu 15 % unerwünschte Werbemails mit überwiegend jugendgefährdenden Inhalten, zu 10 % jugendgefährdende Inhalte, zu 10 % zivilrechtliche Streitigkeiten, zu 8 % rechtsradikale Inhalte und zu 7 % Dialer. Auf sonstige Inhalte, zu denen unter anderem Gewaltdarstellungen, Verstöße gegen journalistische Grundsätze, Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht und Urheberrechtsverletzungen zählen, entfielen 15 % aller Beschwerden.“ / In: Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia Dienstleistungsanbieter e. V. : Jahresbericht 2003, S, 12 2 Siehe dazu auch: Schröder, B.: Neonazis und Computernetze: Wie Rechtsradikale neue Kommunikationsformen nutzen / Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbeck bei Hamburg, 1995, S. 16 ff.

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Natürlich kann man ggf. auch mit Filtern, Verboten und Beschwerden gegen rassistische, rechtsextremistische u. a. jugendgefährdende SeitenInhalte im Internet vorgehen. Die Initiative von Dienstleistern agiert sogar international. Und wer sich beschweren möchte, kann sich kostenlos an die FSM wenden: FSM Geschäftsstelle, Kopernikusstraße 35, 10243 Berlin, Fon: 0 30/29 35 06 88, Fax: 0 30/29 04 69 96, eMail:[email protected], Internet: www.fsm.de 4 Kühnert und Sobotta unterscheiden unkritische Verwendung zur Provokation des Establishments, Verwendung für kritische Aneignung und Auseinandersetzung sowie die Verwendung zum Zweck der Unterstellung einer Ideologie … 5 Siehe dazu: Reaktionäre Rebellen: Rechtsextreme Musik in Deutschland / Hrsg. v.: Archiv der Jugendkulturen, Berlin, 2001; Rock von Rechts II. Milieus: Hintergründe und Materialien / Hrsg. v.: Dieter Baacke; Klaus Farin; Jürgen Lauffer, Berlin, 2000; Büsser, Martin: Vom Protestsong zum Rechtsrock: Der politische Bedeutungswandel in der Popkultur / in: nmz 3/2003; RechtsRock: Bestandsaufnahme und Gegenstrategien / Hrsg. v.: Christian Dornbusch; Jan Raabe, Münster 2002. 6 Zur Erinnerung: in Rostock wurde ein Asylbewerberheim in Brand gesteckt und die Anwohner duldeten es nicht nur, sondern es wurde applaudiert; in Hoyerswerda und Magdeburg oder Lübeck gab es massive Anschläge auf Asylberwerber, ausländische Bürger und Touristen, wo sich bei polizeilichen Ermittlungen zeigte, dass ein rechtsextremistischer Hintergrund zumindest nicht ausgeschlossen werden kann. 7 In der BRD waren es 20 477 Straftaten mit Politisch Motivierter Kriminalität (2002 waren es 21 690), davon 2003 10 792 (2002: 10 902) rechtsextremistische Straftaten aus dem Phänomenbereich rechts, in Sachsen waren es 89 Straftaten 2002 und 69 im Jahr 2003 Vgl.: Verfassungsschutzbericht 2003, S. 29 ff. / so wiedergeben nach: http://www.verfassungsschutz.de/de/publikationen/ verfassungsschutzbericht/ vsbericht_2003/vsbericht_2003.pdf, Heruntergeladen am 20.11.2004, C. 21:23 Uhr.

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Bund und Länder müssen mehr in Kitas investieren Bertelsmann Stiftung fordert bessere Ausund Weiterbildung von Erzieherinnen.

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ie Bertelsmann Stiftung fordert Bund und Länder auf, mehr in Kindertageseinrichtungen zu investieren. Anlass ist die aktuelle OECD-Studie, die der Frühförderung in Deutschland ein schlechtes Zeugnis ausstellt. „Die Politik muss die Kitas in die Lage versetzen, unabhängig von der finanziellen Lage der Kommunen qualitativ gute Arbeit zu leisten“, sagt der Präsidiumsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Professor Heribert Meffert. Weiterhin sollten Land und Träger in eine bessere Ausbildung, Fortbildung und Beratung der Erzieherinnen investieren, so Meffert. Auch quantitativ müssten die Betreuungs-Angebote ausgebaut werden, fordert Meffert. Dies gelte vor allem für Angebote, die sich an Kinder unter drei Jahren richteten. Weiterhin sollte in Deutschland der Anspruch auf einen Kitaplatz für jedes Kind gesichert sein, unabhängig vom Einkommen der Eltern. „Wir dürfen uns nicht damit zufrieden geben, dass hierzulande knapp 40 Prozent von Kindern aus benachteiligten Familien erst im letzten Jahr vor Schulbeginn

eine Kita besuchen“, so Meffert. Weiterhin müssten die Rahmenbedingungen für gute pädagogische Arbeit in Kitas verbessert werden. Dies werde zum Beispiel bei der Beobachtung kindlicher Entwicklung deutlich: Die Bundesländer fordern im Rahmen ihrer Bildungspläne, dass Kitas die Entwicklung von Kindern beobachten, dokumentieren und auf dieser Basis ihre Bildungsangebote gestalten. „Eine wichtige Maßnahme“, kommentiert Heribert Meffert, „mit der Umsetzung dieser Forderung in die Praxis werden die meisten Kitas allerdings allein gelassen, sollen aber gleichzeitig sinkende Personalressourcen verkraften.“ Kindergärten und Kindertagesstätten kommt eine zentrale Rolle bei der frühkindlichen Bildung zu - dieser Ansicht sind auch weite Teile der bundesdeutschen Bevölkerung. Eine repräsentative Umfrage der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass 87 Prozent der Befragten gute Bildungs- und Betreuungsangebote in Kindergärten als eine Form öffentlicher Unterstützung von großer bis extrem großer Bedeutung (die drei höchsten Werte

auf einer Zehner-Skala) betrachten. 63 Prozent nennen sie „extrem wichtig“. Die Bertelsmann Stiftung engagiert sich seit 2003 mit dem Projekt „Kinder früher fördern“ für den Ausbau und die Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung in Deutschland. Besondere Schwerpunkte sind die individuelle Förderung auf Basis von Beobachtung und Dokumentation, die Stärkung von Eltern, die Weiterentwicklung der Qualität von Angeboten sowie die verstärkte Vernetzung lokaler Aktivitäten für Kinder in den ersten acht Lebensjahren. Kontakt: Anette Stein, Fon: 0 52 41/8 18 12 74. Weitere Informationen finden Sie unter www.kinder-frueher-foerdern. de Julia Schormann

www.kinder-frueher-foerdern.de

[email protected]

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Kinder brauchen von klein auf die gleichen Lebenschancen OECD legt Länderbericht zu frühkindlichen Betreuungsangeboten für die Null- bis Sechsjährigen in Deutschland vor.

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rstmals liegt mit dem OECD-Länderbericht „Starting Strong“ für Deutschland eine internationale Beurteilung des Angebots an frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung vor. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Renate Schmidt hat die Teilnahme Deutschlands an der OECD-Untersuchung initiiert, weil sie sich weitere Impulse für den Ausbau und die Qualität der Kinderbetreuung und frühen Förderung für Bund und Länder erwartet. Die OECD veröffentlichte am 30. November 2004 den Länderbericht für Deutschland unter dem Titel „Die Politik der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung (FBBE) in der Bundesrepublik Deutschland“ und spricht Empfehlungen aus. Im Länderbericht stellt die OECD Stärken des Betreuungssystems fest, die ihrer Meinung nach eine solide Basis für die Zukunft darstellen: Das Konzept von Betreuung, Bildung und Erziehung aus einer Hand, das in idealer Weise den Kontakt zu den Eltern und der Gesellschaft garantiert und die hervorragende Versorgung mit Plätzen in den neuen Bundesländern. Außerdem begrüßt die OECD den in Deutschland herrschenden breiten Konsens über die Reformbedürftigkeit des Kinderbetreuungssystems. Die OECD begrüßt zudem die von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnahmen, insbesondere zum quantitativen Ausbau der Angebote für Kinder unter drei Jahren. Allerdings weist die OECD auch deutlich auf die Mängel des deutschen Systems hin. Sie legt eine höhere Versorgungsquote für die Kleinsten in den alten Bundes-

ländern nahe, höhere Ausbildungsstandards für die Erzieherinnen in den Bundesländern, eine Ausweitung von Forschung und Datensammlung. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Renate Schmidt, erklärte: „Die OECD zeigt uns präzise, wo unsere Stärken und Schwächen liegen. In vielen Punkten teile ich die Einschätzung der OECD. Wir sind weit vorne, was unser Verständnis von Förderung für die Kleinsten angeht, denn Kindheit darf nicht verschult werden. Hier sind wir ein gutes Beispiel in Europa. Die Kleinsten sind die Größten in ihrer Neugier und Wissbegierde. Sie brauchen dringend die besten Angebote von Anfang an, ergänzend zur Familie.“ Die OECD formuliert auch deutlichen Reformbedarf, strukturell wie inhaltlich. Den Bund sieht die OECD in mehreren Bereichen in einer entscheidenden Rolle. So müsse z. B. das Verhältnis zwischen Vielfalt und nationalen Standards bei der frühkindlichen Betreuung in Deutschland zugunsten einer Stärkung der Rolle des Bundes überdacht werden. Insgesamt gebe Deutschland zu wenig Geld für den Bereich der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung aus. Bundesministerin Renate Schmidt betonte: „Alle Kinder müssen in Deutschland die gleichen Chancen von Geburt an haben, egal, aus welchem Elternhaus sie kommen und in welchem Bundesland sie wohnen. Wenn wir vergleichbare Lebensbedingungen überall in unserem Land haben wollen, müssen wir einheitliche Standards in der Fürsorge für Kinder und Jugendliche setzen und bewahren. Dies sieht auch die OECD so. Der

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Ausbau der Kinderbetreuung ist an erster Stelle ein Beitrag zur Chancengleichheit, denn nirgendwo sonst hängen die Lebenschancen und die Bildung von Kindern so stark von der Herkunft ab wie bei uns.“ Die Bundesministerin sieht keine Notwendigkeit, die föderalen Strukturen der Fürsorge im Kinder- und Jugendhilferecht grundsätzlich zu ändern. „Für Kinderbetreuung sind Länder und Gemeinden zuständig. Der Bund hat mit der Offensive zum Ausbau der Kinderbetreuung aber den Beweis erbracht, dass man auch jenseits formaler Zuständigkeit Mittel und Wege finden kann, die Länder und Kommunen zu unterstützen. Sie werden vom Bund um 1,5 Mrd. Euro jährlich für diese Aufgabe entlastet.“ Die Vorschläge der OECD sollten in den Ländern und Kommunen sorgfältig geprüft werden, auch wenn sich manches nicht von heute auf morgen umsetzen lasse, so die Bundesministerin. „Der Bund ist bereit, weiterhin Verantwortung zu übernehmen. Mit der »Nationalen Qualitätsinitiative im System der Tageseinrichtungen für Kinder«, mit Projekten zur sprachlichen Bildung, zur Dokumentation von Bildungsprozessen bei Kindern und über Projekte, die mit den »Early Excellence Centres« vergleichbar sind, geben wir wichtige Impulse, wie wir Kinder optimal fördern können. Hier ist in der Tat Dinglichkeit geboten, denn einen zeitlichen Verzug können und wollen wir uns nicht länger leisten’’. Die Untersuchungen der OECD erstrecken sich auf Kinder von der Geburt bis zum Grundschulalter sowie während der Übergangszeit bis zur Einschulung. Grundlage bildete der vom Deutschen Jugendinstitut im Auftrag des Bundesministeriums erstellte Hintergrundbericht zum gesamten deutschen Kinderbetreuungssystem. Im Juni 2004 bereiste eine OECD-Expertengruppe die fünf Bundesländer Baden-Württemberg,

drehscheibe_jugend Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen und führte Hintergrundgespräche auf allen Entscheidungsebenen, besuchte Tageseinrichtungen für Kinder und

bezog Personen der Tagespflege in die Untersuchung mit ein. An „Starting Strong“ nehmen bislang 20 Staaten teil. Die OECD erstellt für jedes Land einen Länderbericht; außerdem legt

sie einen international vergleichenden Bericht vor. Dieser wird im nächsten C. Jahr erwartet.

Politik der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung Ein Länderbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) - Kurzfassung. Der Kontext der Untersuchung Die Thematische Untersuchung der OECD zur Politik der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung wurde im März 1998 durch den OECD-Bildungsausschuss ins Leben gerufen. Den Anstoß zu dem Projekt gab die Ministerkonferenz zu dem Thema Lebenslanges Lernen als Realität für alle im Jahr 1996. In ihrem Kommuniqué stellten die Bildungsminister das Bestreben in den Vordergrund, den Zugang zu und die Qualität von frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung zu verbessern, mit dem Ziel, die Möglichkeiten zur Weiterbildung, den familiären und sozialen Zusammenhalt sowie die Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen zu verbessern (OECD, 1998). Deutschland war das neunzehnte Land, das von der OECD untersucht wurde. Vor dem Besuch gab das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einen Hintergrundbericht über die Politik der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung in Auftrag. Der Bericht liefert eine umfassende Darstellung des Betreuungsangebots in ganz Deutschland und eine ausführliche Analyse der gegenwärtigen Politik und Einrichtungen. In der Zeit vom 6. bis 16. Juni 2004 besuchte eine aus einem Sekretariatsmitglied der

OECD und drei Experten mit verschiedenen Forschungs- und Politikhintergründen bestehende Untersuchergruppe Deutschland. Der Berichterstatter der Gruppe war Professor Peter Moss vom London Institute of Education.

Der OECD-Länderbericht Im Anschluss an den Länderbesuch erstellte die OECD den Länderbericht, der die nationalen Hintergrunddaten mit den Beobachtungen der Untersuchergruppe verbindet. Der OECDLänderbericht für Deutschland beschreibt zuerst die kontextuellen Aspekte, die die FBBE-Politik in Deutschland bestimmen, und im Anschluss daran die aktuelle Politik und das derzeitige Betreuungsangebot. Die für die Untersuchung ausgewählten kontextuellen Aspekte haben wesentlichen Einfluss auf die Beschaffenheit und die Leistungsfähigkeit der deutschen Betreuungseinrichtungen. Zu diesen kontextuellen Aspekten zählen: Demographie, Arbeitsmarkt und Beschäftigungslage, Immigration, jüngere Geschichte (insbesondere die Wiedervereinigung), Föderalismus und Subsidiarität, das System der Träger sowie das Konzept der Sozialpädagogik. Das Kapitel über gegenwärtige Politik und Angebot beschreibt die Hauptmerkmale des Systems: Mutterschutzfrist und Elternzeit, die Angebotsstruktur in Ost und West, den

Angebotsumfang, die Anbieter der Leistungen, die Finanzierung der Leistungen, die Beschäftigten, Regulierung, berufliche Bildung und Aufrechterhaltung der Qualität, die Möglichkeiten, die Kindern mit zusätzlichen Lernbedürfnissen geboten werden, sowie die Position der Eltern in den Einrichtungen.

Fragestellungen Die OECD-Untersuchergruppe identifiziert dann eine Reihe von Fragestellungen zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung, die Gegenstand der Diskussion in Deutschland sind: etwa, wie das derzeitige System hinsichtlich des Versorgungsumfangs und der Qualität auszubauen wäre; die Spannungen zwischen nationalen Standards und lokaler Zuständigkeit; die Beziehung zwischen frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung, der Schule und der Betreuung von Schulkindern; Fragen im Zusammenhang mit den Beschäftigten, dabei insbesondere die Notwendigkeit höherer Ausbildungsstandards und verbesserter Arbeitsbedingungen für die Erzieherinnen; Finanzierungsfragen, Schwachstellen bei der Forschung und Datensammlung; die Stellung von Kindern mit besonderen Lernbedürfnissen.

... und Schlussfolgerungen Die Untersuchergruppe kam zu den folgenden Ergebnissen: Der Bereich der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung in Deutschland weist viele Stärken und Ressourcen auf: Zum einen besitzt Deutschland auf diesem Gebiet eine lange Tradition mit gehaltvollen

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Konzepten, einschließlich des sozialpädagogischen Ansatzes mit seinem Verständnis von Bildung, Betreuung und Erziehung als untrennbar miteinander verbundenen Merkmalen frühkindlicher Förderung. Der englischsprachige Raum kann von diesem ganzheitlichen Ansatz und der dazugehörigen Praxis viel lernen. Ferner ist das deutsche System vor allem in den neuen Bundesländern gut ausgebaut, deren Versorgungslage zu den besten unter den OECD-Ländern zählt. Ein progressiver Ausbau der Betreuungseinrichtungen findet auch in den alten Bundesländern statt, mit einer Tendenz zu Ganztagsangeboten, dem Ausbau der Kindertagesstätten, die vielfache Angebote für Eltern und gemischtaltrige Kindergruppen haben. Auch sind die Kindertageseinrichtungen landesweit gut ausgestattet (Gebäude, Materialien, Außenflächen …). Das deutsche System ist nicht auf Gewinn ausgerichtet und verfolgt das Ziel, alle Kinder in gleicher Weise zu fördern - ungeachtet des Familieneinkommens oder der Herkunft. Die Regelungen zur dezentralen Verantwortung und der lokalen Bereitstellung von Leistungen und Angeboten eröffnet – wenn auch nicht ohne gewisse Gefahren – außerdem Möglichkeiten der Innovation und der Reaktion auf die Bedürfnisse und Bedingungen vor Ort. Es herrscht große Offenheit für Veränderungen einschließlich eines quantitativen und qualitativen Ausbaus der FBBE-Leistungen und einer Versorgung, die das Wohl der Kinder ebenso im Zentrum sieht wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diese Be-

reitschaft ist auch auf Seiten der Länder vorhanden, wie z. B. der gemeinsame Rahmenplan für die Bildungsund Erziehungspläne der Länder zeigt.

Neue Perspektiven einer Elternzeit Somit ist ein solides Fundament für den weiteren Ausbau gegeben, doch bedarf es einer nationalen Planung, um ein System zu entwickeln, das die Bedürfnisse aller Kinder anspricht, wie auch die sich ändernden Bedürfnisse der Eltern und der deutschen Gesellschaft von heute. So ist die Elternzeit zwar großzügig angelegt, sie beruht jedoch in der Praxis in den alten Bundesländern seit Jahrzehnten auf der Grundvoraussetzung des Maternalismus, d. h. der allgemeinen Überzeugung, dass die Betreuung kleiner Kinder in der Familie, und in erster Linie durch die Mutter, geleistet werden sollte. Infolgedessen unterblieb der Aufbau eines ausreichenden Versorgungsangebots für Kinder unter drei Jahren, was – wie in vielen anderen Ländern auch – dazu führte, dass der berufliche Werdegang von Frauen mit Kindern unterbrochen wurde und sich ein grauer Markt für die Kinderbeaufsichtigung herausbildete. Es müssen neue Lösungen gefunden werden, die gleichzeitig die Interessen kleiner Kinder und die Chancengleichheit für Frauen wahren und die sich ändernden Bedürfnisse der deutschen Gesellschaft berücksichtigen.

Demokratische Spannungen Für die OECD-Untersuchergruppe ist die Rolle des Bundes in dieser und anderen Fragen von entscheidender

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Bedeutung. In allen demokratischen Ländern besteht ein unvermeidliches Spannungsverhältnis zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung, Einheitlichkeit und lokaler Vorrangstellung. In föderalen Staaten kommt diese Spannung besonders zum Tragen, doch sie ist in allen demokratischen Gesellschaften Gegenstand ständiger Diskussionen und Verhandlungen. Für Quantität und Qualität frühkindlicher Angebote sind in Deutschland die Länder und Kommunen zuständig. Gleichwohl wird schwerlich ein Schlusspunkt erreicht, an dem alle Parteien vollends zufrieden gestellt sind. Allerdings ist der Bund letztendlich zuständig für die öffentliche Fürsorge, die auch den Schutz der Rechte von Frauen, kleinen Kindern und Minderheiten umfasst – die Hauptinteressengruppen, wenn es um den Ausbau frühkindlicher Betreuungseinrichtungen geht. Der Ausbau der Kinderbetreuung liegt in quantitativer und qualitativer Hinsicht im nationalen Interesse.

Führungsrolle des Bundes Das OECD-Team misst der Dezentralisierung große Bedeutung bei nicht nur als Ausdruck unterschiedlicher Perspektiven und Interessen, sondern auch als Mittel der Anregung zu Innovation und Veränderung. Gleichzeitig ist die Untersuchergruppe der Ansicht, dass es notwendig wäre, das derzeitige Verhältnis zwischen Vielfalt und nationalen Standards bei der frühkindlichen Betreuung in Deutschland zu überdenken. Insbesondere soll der Bund ermutigt werden, die Wahrnehmung seiner Verantwortung für FBBE-Leistungen im Rahmen des Grundgesetzes beizubehalten, und zwar durch: • Die Fortführung von Qualitätsund anderen Initiativen, welche die Aufmerksamkeit der verschiedenen Interessengruppen auf wichtige aktuelle Fragen lenken. • Eine Gesetzgebung, die allgemeine Rechtsansprüche und Voraussetzungen definiert. Diesbezüglich wäre den Eltern sehr geholfen, wenn der Bund in Abstimmung mit den Ländern eine langfristige Strategie erarbeiten würde, um den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem Alter von drei Jahren stufenweise auf einen all-

drehscheibe_jugend gemeinen Anspruch ab dem Alter von 12 Monaten auszuweiten. Diese Situation ist in den neuen Bundesländern de facto bereits gegeben, wo derzeit fast allen Kindern in diesem Alter, für die die Eltern eine Betreuung benötigen, ein Platz angeboten werden kann. • (Indirekte) Finanzierungsinitiativen, um das Ereichen wichtiger nationaler Ziele zu gewährleisten. Eines dieser Ziele wäre die Identifizierung oder das Heranziehen neuer Finanzierungsmittel für frühkindliche Betreuungsleistungen (die Gesamt ausgaben sind gering, verglichen mit dem vom European Commission Childcare Network empfohlenen Mindestanteil von 1 % des BIP). Ein weiteres Ziel des Bundes wäre es, für alle Familien landesweit einen angemessenen und in etwa gleichen Zugang zu Einrichtungen herzustellen, was eine verbesserte finanzielle Ausstattung und die Standardisierung der Finanzierungspraktiken quer über die Länder hinweg voraussetzen würde. •Weitere von der OECD-Untersuchergruppe identifizierte Bereiche für Initiativen auf Bundesebene: die Einrichtung einer Datensammlung auf Länder- und Bundesebene in Zusammenarbeit mit den Ländern. Es fragt sich, wie eine kohärente Politik ohne umfassende Daten über Kinder und bestehende Geldströme überhaupt möglich sein soll. Eine besondere Verantwortung des Bundes in diesem Zusammenhang besteht darin, den Ausbau der FBBE-Einrichtungen mit besonderem Augenmerk auf Fragen der Rechte von Kindern zu überwachen, z. B. das Erreichen einer Teilhabe und definierter Resultate für besondere Bedürfnisse und Kinder mit sozial schwachem Hintergrund sicherzustellen, und, falls notwendig, die Finanzierung ausgleichender Maßnahmen zugunsten dieser Kinder durch die zuständigen Verantwortungsträger. • Im Sinne einer auf Beweisen fußenden Grundsatzpolitik wäre es nach Ansicht des OECD-Teams außerdem hilfreich, eine umfassende Forschungsinfrastruktur auf dem Gebiet der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung aufzubauen - ein Bereich, in dem Deutschland aus mehreren Gründen Schwächen aufweist.

Die Ausbildung der Beschäf- den Universitäten eine akademische und wissenschaftliche Substanz für tigten Ein weiterer Aspekt, der über die ausschließliche Zuständigkeit der Jugend- und Sozialministerien hinausgeht, ist die Ausbildung. Als im Jahr 2002 die Ständige Konferenz der Kultusminister einen neuen Rahmenplan für die Ausbildung von Erzieherinnen vorlegte, waren darin keine wesentlichen Änderungen zu verzeichnen. Dabei herrscht allgemein Einigkeit darüber, dass die derzeitige Ausbildung unzureichend ist. Auf Länderebene wurde als wesentlicher Grund dafür, dass eine Anhebung des Ausbildungsniveaus nicht vorgesehen ist, die Kostenfrage genannt, doch mit Blick auf die Personalbeschaffung und die Frage nach der Qualität ist die gegenwärtige Situation langfristig nicht aufrechtzuerhalten. Tendenzen in anderen OECD-Ländern und die Forschungsliteratur zu dieser Thematik bestätigen immer wieder den engen Zusammenhang zwischen dem Niveau der Ausbildung und der Qualität des Lernens und des interaktiven Umfelds, die kleinen Kindern geboten werden. Die Anhebung der Ausbildung auf Hochschulebene würde nach Einschätzung des OECD-Teams eine gleichberechtigte Beziehung zwischen FBBE-Einrichtungen und Schulen befördern, den Beschäftigten weiterführende Qualifikationen ermöglichen und dazu beitragen, dass sich an

frühkindliche Forschung herausbildet. Als erster und wichtiger Schritt ist mindestens ein umfassendes Angebot der Weiterbildung nötig.

Zuständigkeiten der Länder In Deutschland tragen die Bundesländer die Hauptverantwortung für die Kinder-und Jugendhilfe und somit für die Bereitstellung, die Organisation, den Betrieb und die Kontrolle frühkindlicher Betreuungseinrichtungen. Auf operativer Ebene identifizierte die OECD-Untersuchergruppe verschiedene Wege, um den Zugang zu Einrichtungen und deren Qualität zu verbessern: • Eine entscheidende Ausweitung vor allem in den alten Bundesländern - der Angebote für Kinder unter drei Jahren und für Schulkinder zwischen sechs und zehn Jahren. Die derzeitige Versorgungsrate von 2,7 % für kleinere Kinder im Westen ist weit entfernt von dem Niveau von 37 % in den neuen Ländern oder der EU-Empfehlung von Barcelona, die eine Versorgung zu 33 % bis zum Jahr 2010 vorsieht. Ebenso stehen in den alten Ländern Hortplätze für nur 6,4 % der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren zur Verfügung, doch das Angebot nimmt allmählich zu, mit einer Tendenz zur Einrichtung neuer Plätze innerhalb der Schulen. In den neuen Bundesländern finden 67,6 % der

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drehscheibe_jugend Kinder einen Platz in einem Hort in ihrer Nähe, ein Versorgungsniveau, das von fast keinem anderen OECDLand erreicht wird. • Ein aktiverer Ansatz für kleine Kinder mit Risikohintergrund und/oder besonderen Bedürfnissen. Zwar ist viel guter Wille zu erkennen, und gerade in den neuen Bundesländern wurden eindeutige Verbesserungen erreicht, doch es liegen allgemein keine ausreichenden Daten über die Teilhabe dieser Kinder und ihre Fortschritte vor. Nach der PISA-Analyse (2002) zeigt das deutsche Bildungssystem zu wenig Wirkung bei der Behebung von Ungleichgewichten, die durch einen ungünstigen familiären und sozialen Hintergrund bedingt sind. Das Gegensteuern in solchen Fällen muss bereits auf der Ebene der Dienste für Familien und Kinder einsetzen. Es gibt bereits einige hervorragende Initiativen auf diesem Gebiet, so das MoKiProjekt in Monheim, doch laut deutschem Hintergrundbericht besuchen nur 64 % der Kinder aus den sozial schwächsten Familien (500-900 € pro Monat) überhaupt einen Kindergarten. Insgesamt besuchen in Deutschland 8 % der 5-6-Jährigen

keinen Kindergarten (trotz des hierauf bestehenden Rechtsanspruches), aber es gibt zu wenige Informationen darüber, welche Kinder und Familien zu dieser Gruppe gehören. • Unterstützung der praktischen Arbeit durch berufsbegleitende Weiterbildung, Fachberater und -beraterinnen und weitere erprobte Qualitätsmaßnahmen. Verfahren zur Unterstützung der Entwicklung und Verbesserung der Qualität wurden dem OECD-Team von vielen Interessengruppen genannt: Schulung am Arbeitsplatz; mehr Konsultationszentren; ein dichteres Netz an Fachberatern und -beraterinnen, die eine überschaubare Zahl an Einrichtungen betreuen; eine stärkere Gewichtung der Beobachtung der Kinder; verbesserte Ausbildung und Arbeitsbedingungen für die Pädagogen. Eine Entwicklung dieser Maßnahmen für eine systematische Prüfung und Reflexion ist zu begrüßen.

Mechanismen für eine Partnerschaft Aufgrund der dezentralisierten und quasi-autonomen Entwicklung unterschiedlicher frühkindlicher Betreu-

ungssysteme in Deutschland während der letzten Jahrzehnte ist es notwendig, die Verständigung zwischen der Bundes - und der Länderebene zu verbessern. Die Untersuchergruppe kam zu dem Schluss, dass es wichtig ist, Kooperationsmechanismen zu erforschen, um ein Maß an nationaler Kohärenz in die Betreuungseinrichtungen einzuführen, dass frühkindliche Einrichtungen, Horte und die Grundschulen miteinander verknüpft werden können, ohne dabei ihre eigene Identität und charakteristischen Ansätze aufzugeben. Eine Möglichkeit hierzu bestünde darin, dass die Ständigen Konferenzen der Bildungs- und Jugendminister eine gemeinsame Untergruppe mit Vertretung der Bundesregierung bildeten. Eine solche Untergruppe könnte ein Schnittpunkt zwischen der Bildung und der Kinderund Jugendhilfe sowie zwischen Bund und Ländern sein. Sie hätte den Auftrag, langfristige Strategien für Kinder von der Geburt bis zum Alter von zehn Jahren zu entwickeln und deren Umsetzung zu überwachen, und ferner Geschlechter-, Familien-, Sozial-, Arbeits- sowie Bildungspolitik wirkC. sam zu verbinden.

GEW: „Den Schatz der frühen Kindheit heben!“ Kindertagesstätten-PISA der OECD: Bildungsgewerkschaft legt Drei-PunkteProgramm vor.

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in „Drei-Punkte-Programm“ für den Kita-Bereich hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) als Reaktion auf denEnde November von Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) veröffentlichten OECD-Bericht „Starting strong“ vorge-schlagen. Kernpunkte sind die künftige Ausbildung der Erzieherinnen an Hochschulen, die Erhöhung

der Ausgaben im Kita-Bereich von 0,4 auf ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Kitas. „Wir müssen den Schatz der frühen Kindheit heben! Nur gut qualifizierte Erzieherinnen können den Bildungsund Erziehungsauftrag der Kitas verwirklichen. Dafür brauchen sie verlässliche Rahmenbedingungen“, sagte GEW-Vorsitzende Eva-Maria Stange.

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Sie wies ausdrücklich darauf hin, dass die Beteiligung an der Studie ein richtiger Schritt der Bundesregierung gewesen sei. Mit dem Programm der GEW könne der Ausbau qualitativ guter Kitas mit Gruppen, in denen zwei Erzieherinnen mit 15 Kindern arbeiten, schnell voran gebracht werden. Mit Blick auf vorab veröffentlichte Ergebnisse des Armutsberichtes sagte Stange: „Die Elternbeiträge für Kitas müssen schrittweise abgeschafft werden. Gebührenfreiheit ist gerade für sozial schwächere Familien ein wichtiger Anreiz, ihre Kinder anzumelden. Kitas können helfen, soziale Benachteiligungen von Kindern auszugleichen

drehscheibe_jugend und den Teufelskreislauf Armut aufzubrechen. Die GEW-Vorsitzende schlug vor, die Vermögensteuer wieder einzuführen, die Erbschaftsteuer zu reformieren und Eigenheimzulage sowie Ehegat-

tensplitting abzuschaffen. Mit diesem Geld könnten Familien gezielt gefördert werden. „Jeder Euro, der in den Kita-Bereich investiert wird, wirft kurzfristig vier Euro Rendite ab“, unterstrich Stange.

„CDU/CSU und Kommunen sollten endlich ihre Rolle als »Zukunftsblockierer« aufgeben und den Weg für diese wichtigen Reformen frei maC. chen.“

Maus ELISA an der Uni … Uni Bremen: Forschungslabor für Kinder und Studierende eröffnet.

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m 2. November 2004 ist in der Universität Bremen das Forschungslabor ELISA-Lab eingeweiht worden - im Beisein von Christoph Biemann, Autor, Regisseur und Darsteller der „Sendung mit der Maus“. Im ELISA-Lab – die Abkürzung steht für „Entdeckendes Lernen im naturwissenschaftlichen Sachunterricht“ - lernen Studierende und Grundschulkinder gemeinsam. Die Kinder können sich auf Forschungsreisen zu Themen wie „Welt des Wassers“ oder „Planetenglibber“ begeben. Die Studierenden machen praktische Lehrerfahrungen für ihren späteren Beruf als Lehrer oder Lehrerin. Das Labor ist auf Initiative von Professorin Brunhilde Marquardt-Mau entstanden, Hochschullehrerin im Studiengang Primarstufe im Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Bremen.

Mit Christoph Biemann, Autor, Regisseur und Darsteller der erfolgreichen „Sendung mit der Maus“, konnte ein Gast zur Einweihung gewonnen werden, der wie kein anderer für einen entdeckenden und in hohem Maße die Interessen von Kindern ansprechenden Zugang zu scientific literacy steht. Mit dem Begriff der scientific literacy verbindet sich die Idee, naturwissenschaftlichen Kompetenzen den Rang einer Kulturtechnik zu verleihen. Diese Art „Kulturtechnik“ gilt als eine Schlüsselkompetenz für eine verständige und verantwortungsvolle Teilhabe am Leben unserer Gesellschaft und muss bereits früh durch entdeckende und forschende Zugänge initiiert werden. Der Wunsch, die Welt zu entdecken ist bei den meisten Kindern im Vorund Grundschulalter noch stark ausgeprägt. Insbesondere das Entdecken und Erkunden von naturwissenschaftlichen Phänomenen und das eigene Experimentieren üben eine große Faszination auf die Kinder aus. Dies sind wichtige Voraussetzungen, an denen ein problemorientierter und auf entdeckendes und handlungsintensives Lernen ausgerichteter Sachunterricht in der Grundschule anknüpfen kann. Ausgehend von den vorhandenen Vorstellungen der Kinder zu Phänomenen aus der belebten und unbelebten Natur müssen Lernsituationen gestaltet werden, die das eigene Entdecken und Experimentieren sowie eigenständige Denkprozesse der Kinder ermöglichen. So gelingt es, die Vorstellungen der Kinder den wissenschaftlichen Vorstellungen an-

zunähern. Es geht also nicht um die bloße Vermittlung von naturwissenschaftlichen Fakten, sondern um den Aufbau von Interesse, um ein Verständnis erster elementarer naturwissenschaftlicher Methoden und Konzepte sowie des Wesens der Naturwissenschaften und der kulturellen und gesellschaftlichen Bedeutung der Naturwissenschaften. Dies ist neben dem zu erwerbenden Wissen und dem Experimentieren grundlegend für einen Sachunterricht, der den Kindern den Start zu einer individuellen und gesellschaftlichen Teilhabe in einer wissenschaftlich geprägten Welt ermöglichen soll.

Bausteine für eine veränderte Lehrer/innenbildung Dies sind anspruchsvolle Aufgaben, auf die zukünftige Sachunterrichtslehrkräfte in adäquater Form in der Lehrerausbildung vorbereitet werden müssen. Viele Studierende bringen jedoch ein Bündel aus negativen Erfahrungen mit dem als trocken und alltagsfern erlebten, naturwissenschaftlichen Unterricht der eigenen Schulzeit mit. Themen aus den Bereichen Chemie, Physik und Technik werden in der Ausbildung und – wie zu befürchten ist – auch später im Sachunterricht vermieden, wenn es nicht gelingt, den Studierenden einen neuen Weg zu den Naturwissenschaften zu eröffnen und ihr Selbstvertrauen zu stärken, auch naturwissenschaftliche Themen unterrichten zu können. ELISA-Lab weist hier neue Wege. Als wichtige Bausteine auf diesem Weg der Lehrerbildung haben sich biografische Zugänge, das Experimentieren der Studierenden im ELISA-Lab, die Reflexion der eigenen Lernwege, die Entwicklung von Lern-

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drehscheibe_jugend und Experimentierkisten sowie die Arbeit mit den Kindern im ELISA-Lab erwiesen. Wesentlich ist auch ein Verständnis für eine geänderte Rolle als Lehrerin oder Lehrer, Kinder nicht zu belehren, sondern sie in ihren entdeckenden und forschenden Lernpro-

zessen zu begleiten und selbst neugierig zu sein. Die Rückmeldungen auf die ersten „Probe-Forschungsreisen“ sind sehr positiv – von den Grundschulkindern und den Studierenden. Weitere Informationen: Universität Bremen, Fachbereich Erziehungs-

und Bildungswissenschaften, Studiengang Primarstufe, Prof. Dr. Brunhilde Marquardt-Mau, Fo: 04 21/ 2 18 21 09, eMail: bmm@uni-bre C. men.de

t Der kleine Möwenpick iv im • Exklus • CORAX

Praktische Lebenshilfe aus dem Nooorden (to be continued …)!

Brücken bauen - Über die Annäherung von Schule und Jugendarbeit – Oder: Angeblich werden Ehepartner, die lange Jahre bereits verheiratet sind, einander immer ähnlicher …

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ehr geehrte Leserinnen und Leser, hoch verehrtes Publikum, seien Sie auch heute wiederum – nachdem uns ja letzten Monat etwas dazwischenkam – aufs Herzlichste eingeladen zu diesem kleinen Ausflug in die Welt des ganz normalen Wahnsinns. Geht es Ihnen, liebes Publikum, auch manchmal so, dass Sie, wenn Sie Ihre Gedanken schweifen lassen, ein wenig den Blick zurück wagen in aus heutiger Sicht ruhigere Zeiten, dass Sie sich dann manchmal in der guten alten Schulzeit wieder finden, dort in der mittleren Bankreihe, die Ellbogen auf der zerkratzten und mit geflügelten Herzen und Bandnamen verzierten Tischplatte aus Pressspan des VEB Möbelbau Saale-Orla? Finden Sie sich dann auch wieder inmitten eines langweiligen Kurzvortrages eines Mitschülers, ein Vortrag, dessen einziger Kommentar seitens der pädagogischen Fachkraft dann nur noch in einem vernichtenden „Thema verfehlt!“ bestand? Schwelgen Sie auch in den Erinnerungen an die alljährlich wiederkehrenden und bereits Monate vorher heiß diskutierten Klassenfahrten, die – darauf konnte man sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verlassen – jedes Mal in schlecht gefederten Doppelstockbetten verliefen mit Nächten, an deren Ende morgens leicht gewellter Bierschinken im

funktional möblierten Speiseraum wartete? Und erscheinen vor Ihrem geistigen Auge dann auch diese kleinen, einzigartigen schriftstellerischen Erstlingswerke, die mit den zukunftsweisenden Worten: „Dann kreuze bitte an: ja, nein oder vielleicht, Dein XY…“ endeten? Genug der Nostalgie! Vertrauen Sie mir: Some things will never change! Lauschen Sie nur einmal aufmerksam den lebhaften Schilderungen Ihrer Kinder und Sie werden erfahren, dass es auch heute noch als schick gilt, wenn man ein wenig nach dem Klingelzeichen den Unterrichtsraum betritt. Sie werden staunen, dass auch heute noch in der Schule Themen verfehlt werden, Vorträge langweilig sind, Lehrer den gleichen Stoff auch im nächsten Jahr wieder anhand der gleichen Beispiele vermitteln und die Schüler durch die gleichen Folien jagen. Und Sie werden erfahren, dass auch heute noch Beziehungen durch einen Multiple Choice Test am Ende eines von Bank zu Bank geschobenen Briefchens angebahnt werden, sowie Unterkünfte immer noch so schlecht sind, als hätten die Erbauer geahnt, dass Schüler auf Klassenfahrt nachts nicht schlafen und die Freizeit zwischen den offiziellen Mahlzeiten fernab des Elternhauses sowieso für einen Besuch bei McDonald’s nutzen. Die letztjährige Fachtagung

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Jugendinformation stand unter dem Motto: „Jugendinformation und Schule“ und die Möglichkeiten etwaiger Kooperation wurden eher lamentiert und limitiert, denn konstruktiv eruiert. Wenn es überhaupt einen Konsens gab, dann den, dass die Kluft zwischen Schule und Jugendarbeit aufgrund der strukturellen Unterschiede, der Unterschiede in der finanziellen Ausstattung u.ä. kaum überbrückbar scheinen. Von daher kann man wohl die diesjährige Fachtagung ruhigen Gewissens als glatten Erfolg oder zumindest als Silberstreif am Horizont werten: Schule und Jugendarbeit bzw. Schule und Jugendinformation haben mehr Gemeinsamkeiten, als gemeinhin angenommen. Auch in der Jugendinformation gilt es als schick, zu spät zu kommen, Vortragende verfehlen ihre Themen, andere glauben, die Gefahr des verfehlten Themas minimieren zu können, in dem sie einfach den gleichen Vortrag wie immer halten, wiederum andere schwänzen bestimmte Fächer einfach. Und auch in der Jugendinformation werden langweilige Unterrichtsstunden nach wie vor durch das Schreiben beziehungsstiftender Briefe überbrückt, sind die Betten doppelstöckig und das Essen miserabel. Die Sterne stehen also günstig: Jugendinformation und Schule haben mehr gemeinsam, als ihnen lieb ist. Es gibt Anknüpfungspunkte und gemeinsam verarbeitbare oder verdrängbare Erfahrungen. Packen wir’s an! – Bleibt nur zu hoffen, dass wir das schaffen, bevor es auch in der Jugendarbeit wieder Zeugnisse gibt. – Denn die würden nach der Tagung für unsere Bewerbung im Schuldienst nicht förderlich sein.

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RabenStücke — Die Angebote Sylvia Kaiser: Vom Pionierhaus zum offenen Kinder- und Jugendhaus Jugendhaus. - ISBN 3-9806663-0-1. - 140 Seiten. € 10.17 Die Autorin setzt sich mit dem schiwerigen Wandel der Pionierhäuser zu offenen Kinder- und Jugendhäusern auseinander. Neben einem Abriss zum Wirken dieser außerschulischen Einrichtungen in der DDR beschreibt sie anschaulich den Prozess der Umstrukturierung nach 1989, der seine Wirkungen auf das pädagogische Selbstverständnis der beteiligten Mitarbeiter/innen und das veränderte Freizeitverhalten der Kinder und Jugendlichen hatte. Schneider, Antje; Töpfer, Liv: Jugendkultur TTechno: allein?. - ISBN 3-9806663-2-8. - 241 Seiten. echno: Jeder tanzt für sich allein? € 12.73 Anliegen der Autorinnen ist, in Abgrenzung zu den gesellschaftlichen Diffamierungen die Technokultur als Jugendkultur zu begreifen, dieses Phänomen in seinen Charakteristiken ausführlich zu beschreiben und auf dieser Grundlage die allgemein gängigen Verurteilungen von Techno als einer „unkommunikativen Unkultur“, die zur Vereinsamung der Jugendlichen führe, zu widerlegen. Techno als zentrale Jugendkultur der 90er Jahre zu akzeptieren, welche genauso wie andere Jugendkulturen vor beziehungsweise neben ihr eine Ausdrucksmöglichkeit für die an ihr partizipierenden Jugendlichen darstellt, halten sie insbesondere im erziehungswissenschaftlichen/sozialpädagogischen Bereich für unvermeidbar. Staubach, Annett: Fundraising in der sozialen Arbeit: Grundlagen für Einsteiger Einsteiger. - ISBN 3-9806663-6-0. - ca. 110 Seiten. - € 10.17 Soziale Organisationen müssen um die Fortführung ihrer Arbeit bangen, da die Leistungserstellung aufgrund der Ressourcenverknappung nicht wie bisher gewährleistet werden kann. In Zeiten nachlassender Unterstützungen durch den Staat sind soziale Einrichtungen in vielfältiger Weise mit finanziellen Engpässen konfrontiert. Dies erfordert von sozialen Organisationen, ihren Finanzierungsrahmen künftig weitestgehend selbständig zu gestalten und neue, vom Staat unabhängige, Finanztöpfe zu erschließen und auszuschöpfen. Die Autorin beschreibt anschaulich den dafür notwendigen Prozess in sozialen Organisationen. ege wagen: Erlebnispädagogische Angebote als soziale Dienstleistung eines Mikus, Andreas: E:PRO – Neue W Wege Jugendarbeit. - ISBN 3-9806663-8-7. - 116 Seiten. - € 10.17 Netzwerkes für Kinder- und Jugendarbeit Legitimationsprobleme, Finanzmittelknappheit und Handlungsdruck stellen die Träger vor schwerwiegende Probleme. Soziale Arbeit als soziale Dienstleistungen zu betrachten, erfordert ein neues Verständnis, wie auch veränderte Umsetzungsmechanismen. Unter Bezug auf die Gesichtspunkte Effektivität, Effizienz und unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen Neuer Steuerungsmodelle beschreibt der Autor einen gangbaren Weg für die pädagogische Praxis. Angebote der Erlebnispädagogik werden heute immer stärker nachgefragt. Das Konzept des E:PRO vereint die Dienstleistungsperspektive mit Angebotsformen erlebnispädagogischer Arbeit. Weigel-Stollenwerk, Nicole: Jugendverbände als Imageträger: Sponsoring in der Jugendverbandsarbeit – eine Studie. - ISBN 3-935607-01-6. - 152 Seiten. - € 10.17 Studie In den 90er Jahren wurde für soziale Organisationen Sponsoring zu einem Modebegriff. Die Erfahrungen von Jugendverbänden mit Unternehmen als Partner reichen von guten bis schlechten Erfahrungen, von dem Gefühl das eigene Angebot attraktiver gestalten zu können bis hin zu dem Gefühl ausgenutzt zu werden. Über diese Erfahrungen berichten die Ergebnisse der in diesem Buch veröffentlichten Studie „Jugendverbände als Imageträger“. Außerdem werden Beispiele von Kontakten zu Unternehmen, Sponsoring- und Spendenbriefe, nichtkommerzielle Beratungsorganisationen für soziale Organisationen und eine Literaturübersicht über das Thema Fundraising in sozialen Organisationen angeführt. Teil zwei der Studie beinhaltet die Aspekte von verbandlicher Jugendarbeit und kommerziellen Freizeitangeboten. Diese werden anhand von Interviewergebnissen und Fachliteratur beschrieben und gegenübergestellt. Die aus den Ergebnissen der Untersuchung hervorgegangenen fünf Thesen beschreiben abschließend die Bedeutung von Kontakten zwischen Jugendverbänden und Unternehmen für die aktuelle und zukünftige Jugendverbandsarbeit. Christian Hinrichs: Onlineberatung: Einführung zu einem neu erschlossenen Feld der Sozialen Arbeit. –ISBN 3-93560714-8. – 90 S. – € 8.90 Die vorliegende Publikation gibt eine grundlegende, an der Praxis orientierte, Einführung in das Thema der Onlineberatung. Da die Online-Kommunikation ein wesentlicher Grundpfeiler der Onlineberatung ist, sind einführend die Besonderheiten und Möglichkeiten der textbasierten computervermittelten Kommunikation aufgezeigt. Im weiteren Verlauf ist eine kurze Einführung zum Begriff der Beratung aufgeführt. Nachfolgend werden die verschiedenen Arten und Formen der Onlineberatung sowie die Nutzer/innengruppen dargestellt. In einem weiteren Abschnitt ist ein Praxisbeispiel in Form des Erfahrungsberichts, der psychologischen Onlineberatung der Katholischen Telefonseelsorge aufgeführt.

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RabenStücke — Die Angebote Heidenreich, Susanne; Trautmann, Ralf: Vernetzte Medien: Analyse und Deskription des pädagogischen und öffentlichen Diskurses im KKontext ontext neuer Anforderungen an den Nutzer Nutzer. – Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2001. – ISBN 3-9806663-9-5. – 165 S.; zahlr. Abb. – € 10.17

Landesjugendring Berlin e.V. Bohl, Peter K.; Rooß, Burkhard (Hrsg.): Gratwanderung Jugendarbeit. Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2001. – ISBN 3935607-13-X. – 194 S.; zahlr. Abb. – € 10.00 Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e.V. (Hrsg.): Ein/e kompetente/r Jugendarbeiter/in braucht … KKompetenzprofil: ompetenzprofil: Jugendarbeit Jugendarbeit. – Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2002. – ISBN 3-935607-10-5. – 196 S.; zahlr. Abb. – € 9.90 Die Aufsätze im Buch wollen die Debatte über Kompetenzprofile von Jugendarbeiter/inne/n aufnehmen. 15 Autor/inn/en aus unterschiedlichen Fachbereichen setzen sich mit der Frage auseinander: Über welche Kompetenzen sollte ein/e Jugendarbeiter/in heute verfügen? Das Buch wagt damit den Blick in ein Orakel, welches den Spagat zwischen Fachlichkeit und Alltagshandeln, zwischen pädagogischem Anspruch und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wiedergibt. Es lässt sich auf den Alltag von Jugendlichen ein und hinterfragt ihn gleichzeitig kritisch-wissenschaftlich. Das Buch gibt keine fertigen Antworten, sondern es zeigt das Spannungsfeld auf. Darin handlungsfähig zu bleiben heißt auch Widersprüche zu akzeptieren …

Mobile Jugendarbeit Leipzig e.V. (Hrsg.): In der Rolle der „omnipotenten Alleskönner“? Reflexionen zu Geschichte und Gegenwart Mobiler Jugendarbeit in Leipzig Leipzig. – ISBN 3-935607-17-2. – € 10.90 Mit diesem Buch wird der Versuch gewagt, eben jenen Sozialarbeiter/inne/n eine Orientierung zu geben und sie zu ermutigen, ihre Grenzen gegenüber den Auftraggebern, der Öffentlichkeit und sich selbst zu definieren und zu erkämpfen. Es gibt natürlich eine ganze Reihe wissenschaftlicher und auch praxisorientierter Veröffentlichungen. Deshalb findet man in diesem Buch wenige theoretische Ausführungen und statt dessen die Beschreibung der Entwicklung eines Projektes, mit einem hohen Alltagsbezug, mit seinen Problemen und den dazugehörigen Lösungsversuchen. Es gibt viele Beispiele dafür, dass Mobile Jugendarbeit funktioniert und erfolgreich ist. Dazu zählt auch ein Projekt, das nun seit über zehn Jahren im „Dschungel“ der Jugendhilfe agiert und dabei so manche Erfolgsgeschichte zu erzählen hat: die Mobile Jugendarbeit Leipzig e.V.

onzepte, neue Cornelia Wustmann (Hrsgn.): Jugendberufshilfe in einem neuen Jahrhundert: Neue KKonzepte, Wege oder das alte Dilemma? Dilemma?. – ISBN 3-935607-16-4. – € 9.90 In der Fachdiskussion gestalten sich die Debatten zur Jugendberufshilfe polarisiert: Auf der einen Seite hoffnungsvoll in der Annahme, dass Änderungen in den Konzepten, Lernarrangements und Rahmenbedingungen die Möglichkeit des Übergangs der Absolvent/inn/en in den Arbeitsmarkt erhöhen. Der andere Dialog ist eher durch kritische Abgrenzung gekennzeichnet, deren Kernkritik sich vor allem auf die Individualisierung von Arbeitslosigkeit bezieht und Jugendberufshilfe damit mehr oder minder zum „Handlanger“ der Politik erklärt, die dazu beiträgt, Arbeitslosigkeit außerhalb dieser Subjektorientierung nicht als politisches und ökonomisches Problem anzusehen. Aus diesem Grunde widmen sich Autor/inn/en aus dem sächsischen Raum verschiedenen Facetten der Jugendberufshilfe. Es geht darum, Forschungsergebnisse zur Entwicklung der Maßnahmen zu präsentieren. Dabei sollen diese zur Diskussion anregen und zum Weiterdenken animieren.

Reihe „Professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit“ mit neuem Band und CD Preis, Wolfgang: Grundlagen der integrativen Fallbearbeitung. – Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2001. – ISBN 3-93560702-4. – 135 S.; zahlr. Abb. – € 6.20 Brandheiß: Die Begleit-CD für Lehre und Studium mit 100 Folien (PowerPointPräsentation und PDF-Format), die die Inhalte des Buches didaktisch aufbereiten. – ISBN 3-935607-11-3 (Mini-CD 80

mm) und ISBN 3-935607-12-1 (CD-R). – € 2.90 >>> Buch und CD zusammen: nur € 8.90 Preis, Wolfgang; Thiele, Gisela: Sozialräumlicher Kontext Sozialer Arbeit. – Chemnitz: RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe, 2002. – ISBN 3-93560709-1. – 235 S.; zahlr. Abb. – € 7.20 Mit der Betrachtung des Raums als Kategorie Sozialer Arbeit erfolgt eine Hinwendung zur Raumbezogenheit sozialer

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Probleme. Den sozialräumlichen Bedingungen kommt ein zentraler Stellenwert bei der Produktion und Verfestigung gesellschaftlicher Ausgrenzungsprozesse sozial benachteiligter Menschen zu. Mit der vorliegenden Publikation soll Studierenden und Praktiker/inne/n eine Arbeitshilfe zur Verfügung gestellt werden, die eine Berücksichtigung sozialräumlicher Aspekte Sozialer Arbeit in der Integrativen Fallbearbeitung ermöglicht.

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Fortbildung für Sachsen Monatlich in dieser Rubrik: zukünftige Angebote von landesweiten und überregionalen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe zur Qualifzierung der Arbeit.

Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e.V., Team Fortbildung, Uhlestraße 34, 09 120 Chemnitz, Fon: 03 71/5 33 64 18 o. 19, Fax: 03 71/51 25 80, eMail: [email protected]

Nur wer sich ändert, bleibt sich treu Change Management „Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen“ chin. Sprichwort Die Einrichtungen der sächsischen Jugendarbeit sind erheblichem Wandel unterworfen. Weniger Mitarbeiter/innen, neue Finanzierungsformen oder sich verändernde Klientel erfordern die Neugestaltung von Abläufen, Aufgaben und Konzeptionen. Und plötzlich kommt vieles in Bewegung. Spezialisiertere Konzeptionen, veränderte Arbeitsaufgaben, neue räumliche Aufteilungen und verschobene Arbeitszeiten werden beraten. Dieser Umgestaltungsprozess bewegt sich in dem Spannungsfeld zwischen gut vorbereitetem Veränderungsmanagement und chaotischem Umbruch. Einrichtungen müssen sich verändern, wenn sie überleben wollen. Diese Veränderungsprozesse werden von den Betroffenen dennoch sehr unterschiedlich erlebt: angstvoll, schmerzlich, abwartend oder freudig, optimis-

tisch und aktivierend. Dieses Seminar bietet die Gelegenheit sich mit der individuellen und institutionellen Bewältigung von Veränderungsprozessen zu beschäftigen. Diese Fortbildung will vermitteln, wie Veränderungsprozesse als permanente Herausforderung und Chance gestaltet werden können. Wir beschäftigen uns mit folgenden Themenbereichen: • inhaltliche und methodische Bausteine des Veränderungsprozesses • Veränderungsprozesse aus Leitungs- und Mitarbeiter/innenperspektive • Widerstände gegen Veränderung erkennen und nutzen • Einflussfaktoren von Veränderung auf Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung • Fallbeispiele der Teilnehmer/innen Methoden: Inputs, Übungen, Klein-

gruppenarbeit, Fallbesprechung Zielgruppe: Mitarbeiter/innen, die sich auf Veränderungsprozesse vorbereiten und /oder sich darin befinden, Projekt- und Einrichtungsleiter Referent: Oliver Freesemann, Leiter der Kinder- und Jugendzentrums der Heimstiftung, Karlsruhe Termin: 7. bis 9. März 2005 Ort: Freizeit- und Bildungszentrum „Grillensee“ Naunhof Kosten osten: inkl. Übernachtung und Verpflegung Mitglieder 100,00 €, Nichtmitglieder 120,00 € Ansprechpartner: Peter Wild, Fon: 03 71/ 5 33 64 11, eMail: [email protected]

… und du bist nicht dabei … Mobbing von und mit Kindern und Jugendlichen oder „mobben und gemobbt werden“ Katja sitzt weinend bei der Jugendarbeiterin und erzählt ihr davon, wie sie von den anderen Kindern verspottet und gehänselt wird, wie niemand mit ihr spielt und wie alle anderen Kinder sie herabwürdigend anschauen. Bald wird sie nicht mehr hingehen. Mobbing leitet sich ab von „to mob“, was soviel bedeutet, wie (jemanden) bedrängen, anpöbeln, attackieren, angreifen, über jemanden herfallen. Ein Mob ist eine spontane, zu Schandtaten bereite Zusammenrottung. Im angelsächsischen Raum wird „Bullying“ (engl.: „bully“, brutaler Kerl, Tyrann) in der Bedeutung von Mobbing benutzt.

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marktplatz schauen oder wir können intervenieren. Wir betrachten in diesem Seminar Mobbing aus der Perspektive der Opfer und Täter und unter systemischen Blickwinkel. Denn immer sind auch scheinbar Nichtbeteiligte beteiligt, indem sie wegschauen, um die eigene Position besorgt sind. Und auch um Möglichkeiten der Intervention geht es in diesem Seminar. Insbesondere wird die Auseinandersetzung mit den Täter und denn Opferprofilen im Vordergrund stehen. Beispiele aus der Praxis sollen nachvollziehbar angeschaut und bearbeitet werden. Wir arbeiten dabei mit System- und Gestalttheoretischen Hintergründen. Zielgruppe: Sozialpädagog/inn/en,

Mobbing und Ausgrenzung gibt es nicht nur bei Erwachsenen (Mobbing bei Kindern in der Schule war seit Ende der 60er Jahre bekannt. Erst 20 Jahre später entdeckte Heinz Leymann, dass es dieses Problem auch bei Erwachsenen gibt). Die ersten Erfahrungen machen wir tatsächlich bereits im Kindesalter. Und hier schon erleben wir, welchen Einfluss es auf unser Selbstwertgefühl hat, auf welcher Seite wir stehen. Sind wir auf der Seite der Ausgegrenzten, dann fühlen wir uns klein und schwach. Auf der anderen Seite können wir uns mächtig, stark und groß erleben. Im Jugendhaus können wir, vielleicht geprägt durch eigene Erfahrungen, über solche Situationen hinweg○















































































Pädagog/inn/en und Erzieher/innen aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, der Schulsozialarbeit und der ambulanten und stationären Jugendhilfe Referent/in: Prof. Dr. phil. habil. Regina Krczizek, Diplom-Psychologin, FH Jena; Ingo Gelfert, Diplom-Sozialpädagoge (FH), Gestalttherapeut, Chemnitz Ort: „Grillensee“ Freizeit- und Bildungszentrum Naunhof Termin: 16. bis 18. März 2005 Kosten: inkl. Übernachtung und Verpflegung Mitglieder 100,00 €, Nichtmitglieder 120,00 € Ansprechpartner: Ingo Gelfert, Fon: 03 71/ 5 33 64 29, eMail: C. [email protected]









































Die Auswahl der Teilnehmergruppe erfolgt im November 2004. Später eingehende Anmeldungen werden berücksichtigt, wenn noch Plätze zur Verfügung stehen.

Akademie Remscheid, Küppelstein 34, 42857 Remscheid, Fon: 0 21 91/79 40 Telefax: 0 21 91/79 42 05 eMail: info@akademierem scheid.de

Heureka-Werkstatt Spielend Forschen und Erfinden mit Kindern Werkstattkurs Termin: 17. bis 21. Januar 2005 In der Bildungsdiskussion wird nach neuen Wegen verlangt, Naturzusammenhänge für Kinder mit spiel- und werkpädagogischen Methoden verstehbar zu machen: Erleben, Staunen, Ausprobieren, Entdecken, Experimentieren, Verstehen, Suchen, Begreifen, Forschen, Werken und Bauen. Durch schöpferisches Werken und Bauen werden schwierige Dinge einfach und erklären sich selbst. Aus einfachstem Alltagsmaterial können spannende Objekte und Experimente entstehen. Handwerkliches Geschick, technisches Verständnis und gestalterische Kreativität werden gefördert. Die Teilnehmer/innen lernen, Forschungs- und

Erlebnisräume zu für Kinder zu gestalten. Der Kurs wendet sich an pädagogische Fachkräfte in der Jugend- und Schulkulturarbeit, in Kindertagesstätten und Horten, in Jugendkunstschulen und Spielmobilen. Der Kurs ist eine Kooperationsveranstaltung der Akademie Remscheid mit der BAG Spielmobile e.V. und dem Sächsischen Bildungswerk. Dieser Kurs wird im Rahmen des Projekts „Ganzheitliche Frühförderung kultureller Intelligenz“ als ein Baustein anerkannt. Leitung: Roland Oesker, Gerhard Knecht, Gastreferenten Kosten: 130,00 € Kursgebühr + 145,00 € Unterk./ Verpfl. Anmeldung: KursNr. FS 145 angeben.

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Kultur macht Schule Kulturelle Bildung in der Ganztagsschule – WerkstattTagung Termin: 21. bis 22. Februar 2005 Diese Tagung ist eine Gemeinschaftsveranstaltung des Projekts „Kultur macht Schule“ der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung e.V. und der Akademie Remscheid. Anders lernen – aber wie? Die Bildungslandschaft in Deutschland verändert sich. Viele Schulen in Deutschland haben den Schulschluss auf den Nachmittag verlegt, sie sind jetzt Ganztagsschule oder eine Schule mit offenem Ganztagsangebot. Da es aber nicht nur darum geht, Schülerinnen und Schüler länger zu betreuen, sondern ihnen ein neues, lebendiges, kreatives Bildungsangebot zu machen, brauchen Schulen qualifizierte und kompe-

marktplatz tente Partner für die Umsetzung und Ausgestaltung des Ganztagsunterrichts. Solche Partner sind die Träger und Einrichtungen der kulturellen Kinder- und Ju-gendbildung mit ihrer Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Schulen, mit interessanten Inhalten und neuen Methoden. Aber was bedeuten diese Inhalte und Methoden für das Lernen in der Schule? Wird sich Lernen verändern? Und wenn ja, wie? Vor dem Hintergrund dieser Frage wird die Tagung verschiedene Ansätze und Methoden von Lernformen kultureller Bildungsarbeit aufzeigen und herausarbeiten, inwiefern sie relevant sind für das Lernen ganz allgemein. Angesprochen sind Fachkräfte, die innerhalb und außerhalb der Schule tätig sind. Die Veranstaltung wird gefördert durch die Stiftung Deutsche Jugendmarke e.V. und die Aktion Mensch e. V. Leitung: Prof. Dr. Max Fuchs, Vera Timmerberg Kosten: 85,00 € Tagungsgebühr + 50,00 € Unterk./Verpfl. Anmeldung: Kurs-Nr. K 129 angeben. Zusage erfolgt, solange Plätze frei sind.

Der Kompetenznachweis Kultur Um ihr Leben eigenständig und verantwortungsvoll zu meistern, brauchen Jugendliche neben einer soliden Schul- und Berufsausbildung vor allem Gewissheit über die eigenen Stärken, Mut, die Dinge kritisch zu betrachten, Vertrauen in die eigene Kraft und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Für solche Schlüsselkompetenzen, die Jugendliche durch ihre aktive Teilnahme an Kursen, Werkstätten und Projekten in der kulturellen Bildung erwerben können, gab es bisher keinen sichtbaren Nachweis. Der neu entwickelte „Kompetenznachweis Kultur“ ist ein Bildungspass, in dem solche persönlichen Kompetenzen bestätigt werden. Er enthält eine differenzierte Beschreibung der künstlerischen Aktivitäten und der individuellen Stärken von Jugendlichen. Zum Nachweis von Schlüsselkompetenzen wurde von der Bundes-

vereinigung Kulturelle Jugendbildung e. V. (BKJ) ein entsprechendes Verfahren entwickelt. Pädagogische Fachkräfte in der kulturellen Bildung können dieses Verfahren erlernen. Die Fortbildung besteht aus zwei zweitägigen Kursabschnitten, die in den Umgang mit dem Kompetenznachweis Kultur einführen. Dazwischen liegt eine Praxisphase, in der die Anwendung praktisch erprobt wird. Teilnahmevoraussetzung ist die Tätigkeit in einem Praxisfeld der kulturellen Jugendbildung. Die Absolventen erhalten die Berechtigung zur Vergabe des Kompetenznachweises Kultur. Sie werden in ein Register aufgenommen, das bei der BKJ geführt wird. Speziell für die Teilnehmer/innen der Fortbildungs- und Qualifizierungskurse der Akademie Remscheid bietet die BKJ im Jahr 2005 zwei Fortbildungen an: Kurs A: 1. Kursabschnitt: 4. bis 5. März 2005, 2. Kursabschnitt: 10. bis 11. Juni 2005 Kurs B: 1. Kursabschnitt: 1. bis 2. Juli 2005, 2. Kursabschnitt: 2. bis 3. Dezember 2005 Leitung: Brigitte Schorn, BKJ e.V. Kosten: 110,00 € Kursgebühr + 85,00 € Unterk./Verpfl. pro Kurs A bzw. B, jeweils für beide Kursabschnitte zusammen

Public Relations für Tanz und Theater Werkstattkurs Termin: 31. Januar bis 4. Februar 2005 Dieser Kurs vermittelt das professionelle PR-Instrumentarium an die Leiterinnen und Leiter von Tanz- und Theatergruppen, an freie Choreografen/innen und Leiter/innen von tanzpädagogischen Institutionen. Sie sollen Sicherheit im Umgang mit den Medien gewinnen, ihre Kommunikation gezielt planen und ein schlüssiges PR-Konzept entwickeln lernen. Inhalte und Methoden: • Werbung – Marketing – Public Relations. Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Grundlagen und Methoden. • Profilierung und Positionierung von Tanz und Theater. Analyse und Veränderung von Images. • Zur Praxis der Pressearbeit. Beispiele und praktische Übungen: Zeitung,

Zeitschrift, Radio, Fernsehen, Internet. • Werbe-Materialien und -Strategien. Kritische Sichtung von Beispielen. • Kooperationen und Partnerschaften. Leitung: Dr. Eva-Maria Oehrens, Dr. Ronit Land K osten: 135,00 € Kursgebühr + 145,00 € Unterk./Verpfl. Anmeldung: Kurs-Nr. Ö 60 angeben. Zusage erfolgt, solange Plätze frei sind.

Remscheider Gespräche: Welche Medien braucht die Jugend? Werkstatt-Tagung Termin: 16. März 2005 Kinder und Jugendliche wachsen in einer Medienwelt auf, die sich insbesondere in den 1990er Jahren einschneidend verändert hat. Kommerzielle und öffentlich-rechtliche Radio- und Fernsehsender, Zeitungen, Zeitschriften und Traditionsmärkte für Bücher, Filme und Musik segmentieren in ihrem mörderischen Wettbewerb die Nutzergruppen und sich selbst. Online-Kommunikation und Handy-Nutzung verstärken bei vielen jungen Menschen das Gefühl, allgegenwärtig, allseits kommunikationsfähig und allzeit bereit sein zu müssen. „Medienkompetenz“, verstanden als Fähigkeit, Medienangebote kritisch auszuwählen und selbstbestimmt zu nutzen, ist damit einerseits zum Schlagwort verkommen, andererseits umschreibt der Begriff eine Art moderner Überlebenstechnik – diesseits und jenseits der schönen neuen Medienwelten. Die aktuelle Forschung weist nach, dass der Gebrauch und die Zuweisung von Funktions- und Bedeutungs-Merkmalen durch Medien inzwischen bereits im frühen Kindesalter gelernt wird. Erkenntnisse, Perspektiven und Konsequenzen dieser Entwicklung werden im Rahmen der Tagung aufgezeigt und diskutiert. Leitung: Hildegard Bockhorst (BKJ e.V.), Prof. Dr. Max Fuchs (Akademie Remscheid e.V.), Horst Schäfer (Kinder- und Jugendfilmzentrum in Deutschland), Gerda Sieben (Institut C. für Bildung und Kultur e.V.)

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Literatur zur Fortbildung Wir stellen Titel vor, die für die Bildungsangebote als weiterführende Literatur zu empfehlen sind. Sie sind aber auch für die tägliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nutzbar.1 Nur wer sich ändert, bleibt sich treu Andrea M. Bokler: Beratung in Veränderungsprozessen / Deutscher Universitätsverlag, 2004 Change Management: So schaffen Sie die Wende / Spiegel Buchverlag / HOCA, 2004 Roderich Heinze: Keine Angst vor Veränderungen! Change-Prozesse erfolgreich bewältigen / Carl-Auer-Systeme Verlag, 2004 Claudia Kostka, Annette Mönch: Change Management - 7 Methoden für die Gestaltung von Veränderungsprozessen / Hanser Fachbuchverlag, 2002 … und du bist nicht dabei … Francoise D. Alsaker: Quälgeister und ihre Opfer - Mobbing unter Kindern und wie man damit umgeht / HuberVerlag, Bern, 2003 Karl E. Dambach: Mobbing in der Schulklasse / Reinhardt-Verlag, München, 2002 Horst Kaspar: Prügel, Mobbing, Pöbeleien - Kinder gegen Gewalt in der Schule stärken / Cornelsen Verlag Scriptor, 2003 Kristin Holighaus: Zoff in der Schule Tipps gegen Mobbing und Gewalt / Beltz-Verlag, 2004 Keine Angst vor Mobbing - Hinschauen und Handeln / Biblioviel-Verlag, 2004 Hans-Jürgen Kratz: Mobbing - Erkennen, Ansprechen, Vorbeugen / Ueberreuter Wirtschaftsverlag, 2003 Arndt Hermans, Elmar Krings: Praktische Mobbing-Prävention / Books on Demand GmbH, 2004 Heureka-Werkstatt Heinz Knieriemen, Martin Krampfer: Kinderwerkstatt Naturfarben und Lehm Spielen, werken und bauen mit natürlichen Materialien / AT-Verlag, 2002 Die bunte Werkstatt 1999/2000, Hrsg. v.: Labbe GmbH, Belin, 2000

Thomas Bucher, Marlen Dürrschnabel: Kinder basteln mit Naturmaterialien Bunte Ideen für jede Jahreszeit / Urania-Verlag, Stuttgart, 2004 Zeitschrift gruppe & spiel 4/03 / Schlicht und einfach – alltägliche Materalien / Kallmeyer-Verlag, 2004 Johann Eibl: Experimente zum Forschen, Tüfteln, Ausprobieren / ArenaVerlag, 2001 Hans J. Press: Spiel, das Wissen schafft Mit über 400 Anregungen zum Experimentieren und Beobachten der Natur / Ravensburger Buchverlag, 2004 Kultur macht Schule Wolfgang Zacharias: Kulturpädagogik – Kulturelle Jugendbildung / VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2001 Martin Doerry, Joachim Mohr: Die Bildungsoffensive - Was sich an Schulen und Universitäten ändern muss / DVA-Verlag, 2003 Kultur macht Schule - Schule und Jugendkulturarbeit in Kooperation / Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung e.V. (BKJ), Remscheid, 1997 Der Kompetenznachweis Kultur Der Kompetenznachweis Kultur. Ein Nachweis von Schlüsselkompetenzen durch kulturelle Bildung, die Autoren: Prof. Dr. John Erpenbeck, Prof. Dr. Max Fuchs, Thomas Geier, MinDirig Hans Konrad Koch, Dr. Werner Lindner, Dominique S. Rychen, Brigitte Schorn, Vera Timmerberg, Sebastian Vogel, die Dokumentation kann gegen eine Schutzgebühr von 5 € per Fax bestellt werden bei der BKJ-Geschäftsstelle 02191/794 389 oder per E-Mail: [email protected] Public Relations für Tanz und Theater Claudia Cornelsen: Das 1 x 1 der PR: Öffentlichkeitsarbeit leicht gemacht / Rudolf Haufe Verlag, Freiburg i. Breisgau, 1997 Michael Kunczik: Public Relations

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Konzepte und Theorien / UTB-Verlag, 2002 Vera Schlemm: Database Marketing im Kulturbetrieb Wege zu einer individualisierten Besucherbindung im Theater / Transcript-Verlag, 2003 Ursula Degen: Erfolg durch PR: Professionelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit selbstgemacht / Orell Füssli Verlag, Zürich, 1994 Remscheider Gespräch: Norbert Kutschera: Fernsehen im Kontext jugendlicher Lebenswelten. Eine Studie zur Medienrezeption Jugendlicher auf der Grundlage des Ansatzes kontextueller Mediatisation / Kopäd-Verlag, 2001 Daniel Süss: Mediensozialisation von Heranwachsenden - Dimensionen Konstanten – Wandel / VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2004 Qualitative Kinder- und Jugendmedienforschung - Theorie und Methoden: ein Arbeitsbuch / Hrsg. v.: Ingrid Paus-Haase, Bernd Schorb, Kopäd-Verlag, 2000 ____ 1 Dies ist ein Service der AGJF Sachsen e. V. Ein Teil der angegebenen Literatur kann über unsere Bibliothek ausgeliehen werden, die anderen Titel, wie auch die Zeitschriftenartikel halten wir für lesenswert und geben gern Auskunft darüber. Neugierig geworden? Elektronische Briefe, Anrufe, Faxe oder Post werden bei uns gern gesehen und so schnell wie möglich beantwortet. Anschrift: Uhlestr. 34, 09120 Chemnitz, Fon: 03 71/5 33 64 12, Fax: 03 71/5 33 64 26, eMail: [email protected], Web: www.agjf-sachsen.de; Ansprechpartner sind Susanne Bujak und Dr. Joachim Lass, auch für weitergehende Literaturtipps oder Literaturrecherchen. Bei uns preiswerter als C. anderswo!

impressum & co. Impressum „CORAX“ • Magazin für Kinder- und Jugendarbeit

In eigener Sache Wir laden alle an der weiteren Ausgestaltung dieser Zeitschrift interessierten Menschen herzlich zum Mittun ein. Deshalb hier zur Information ein paar wichtige Termine für alle, die selbst kommen wollen oder etwas im CORAX veröffentlichen möchten. Öffentliche Redaktionssitzungen in der Marienstraße in Dresden (Büro des JugendInformationsService). 3/2005 – 07.01.2005 4/2005 – 04.02.2005 5/2005 – 04.03.2005 – jeweils 10.00 Uhr –

erscheint im RabenStück Verlag für Kinder- und Jugendhilfe; Zweckbetrieb der AGJF Sachsen e.V. • eMail: verlag@raben stueck.de • Internet: www.rabenstueck.de Anschrift der Redaktion: Uhlestraße 34, 09 120 Chemnitz, Fon: 03 71/5 33 64 13, Fax: 03 71/5 33 64 26, eMail: [email protected], Internet: www.rabenstueck.de/corax_start.htm Gefördert aus Mittelndes Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, ausgereicht durch das Sächsische Landesjugendamt. Redakteur: Dr. Uwe Großer (v.i.S.d.P.) [wenn mobil, dann Fon: 01 77/5 18 10 58; eMail: [email protected]] Redaktion: AGJF: Dr. Joachim Lass (03 71/5 33 64 12; eMail: [email protected]); Jugendpresse: Carsten Schöne [03 51/4 84 87 15; eMail: [email protected]] Josh Richter [Fon: 01 77/2 88 88 44, eMail: josh @josh-richter.de]; KOJA: Maria Friedrich [03 51/4 90 69 99; eMail: [email protected]]; LJBW: Nadine Gärtner [03 51/4 01 59 00; eMail: [email protected]]. Regelmäßige Kolumnistin: Nadine Bähring [03 85/7 60 76 13; eMail: [email protected]]. CORAX erscheint jährlich mit 12 Ausgaben(mit einer Doppelnummer). CORAX ist über die Redaktion zu beziehen. Einzelpreis: 1.25 €. Für Mitglieder der AGJF Sachsen ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Die Beiträge stellen keine vereinsoffiziellen Mitteilungen dar; namentlich gezeichnete Beiträge müssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos haftet die Redaktion nicht. Rücksendung nur, wenn Porto beiliegt.

„Redaktionsschluss“ für die Ausgaben ist am: 12/2004 – 06.12.2004 1/2005 – 10.01.2005 2/2005 – 07.02.2005 Die Themenschwerpunkte der nächsten Hefte finden Sie unter www.raben stueck.de/corax.htm. Änderungen durch aktuelle Erfordernisse vorbehalten!



































































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fen kann. Ich bestätige dies mit meiner zweiten Unterschrift.



Hiermit bestelle/n ich/wir CORAX ab der nächsterreichbaren Ausgabe für mindestens ein Jahr. Nach Erhalt der ersten Zeitschrift bekomme/n ich/wir eine Rechnung für die im Kalenderjahr noch zu erhaltenden Ausgaben. Sollte/n ich/wir nicht bis drei Monate vor Ablauf des Jahresabos kündigen, verlängert sich das Abo um ein weiteres Jahr.  Student/inn/en-Abo sowie Abo für die Mitglieder/ Einrichtungen der LAG Jugendarbeit für € 12.00  Abo für € 15.00 ist bekannt, dass ich diese Vereinbarung  Förder-Abo für € 20.00 Mir innerhalb einer Woche schriftlich widerru-



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Titelfoto: Detlev-T. Reichel Belichtung: LDC GmbH Berlin Druck: accent druck- & werbewerkstatt Chemnitz Redaktionsschluss für diese Ausgabe war der 1. Dezember 2004.

Marktplatz-Jugendarbeit.de Was tun, wenn man für eine Freizeit z.B. einen Bus oder anderes Gerät braucht, es aber nicht hat? Man kann entweder zum Autoverleiher oder Sportladen gehen und für teures Geld mieten. Oder man kennt Kollegen, die das Gesuchte haben und gegen weniger Geld oder im Tauschhandel verleihen. Die letztere Lösung ist sicher für alle Beteiligten in der Jugendhilfe die günstigere. Die AGJF weiß jedoch aus ihrer Arbeit, dass es für viele Jugendarbeiter nicht einfach ist, neben dem alltäglichen Stress die „richtigen“ Kollegen mit den richtigen Materialien zum richtigen Zeitpunkt zu finden. Dafür gibt es jetzt einen Online-Marktplatz, der Suchende und Anbieter zusammenbringt. Auf dem MARKTPLATZ-JUGENDARBEIT.DE kann in vier Rubriken (Geräte & Materialien, Workshops & Projekte, Referenten & Experten und Bühnen- & Showprogramme) nach Ressourcen gesucht bzw. Ressourcen angeboten werden. Suchende können ohne Anmeldung sofort mit verschiedenen Suchfunktionen die Angebote durchsuchen und mit den Anbietern Kontakt aufnehmen. Die Ergebnisse kann regional eingeschränkt werden auf eine selbst festzulegende Entfernung vom Standort des Suchenden. Natürlich kann eine Webdatenbank nicht alles. So kann MARKTPLATZ-JUGENDARBEIT.DE nichts über die Verfügbarkeit der gewünschten Ressourcen sagen. Das können nur Anbieter und Nachfrager miteinander aushandeln. Es kann auch nicht direkt gebucht werden, sondern es wird nur Kontakt mit dem Anbieter hergestellt. Der Marktplatz ist für alle Nutzer kostenlos. Was für die Nutzung von Geräten, Referenten oder anderes bezahlt werden muss, wird direkt zwischen Anbieter und Nachfrager ausgehandelt. In der Natur einer webbasierten Datenbank liegend, soll (und kann) die Verfügbarkeit nicht auf Sachsen oder die Nutzergruppe Jugendarbeit beschränkt werden. Dies ist im Interesse einer möglichst großen Auswahl auch nicht erwünscht. Ob der MARKTPLATZ-JUGENDARBEIT.DE auch für Sie nützlich sein kann, finden Sie am besten selbst heraus – www.Marktplatz-Jugendarbeit.de. Und wenn Sie ihn nicht unbedingt heute benötigen, dann freut sich vielleicht ein/e Kollegin/Kollege über den Tipp.

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