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Loccumer Pelikan 3/07
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ISSN 1435-8387
Loccumer Pelikan
3/07
Religionspädagogisches Magazin für Schule und Gemeinde Kompetenzorientierung – Neuer Wein in alten Schläuchen? Zwischen Reglementierungs-Skepsis und Reform-Euphorie. Das neue Kerncurriculum Evangelische Religion für die Grundschule in Niedersachsen Halloween – pro und contra Glücksarchiv – Bilder gelingenden Lebens „Geh aus mein Herz …“ Paul Gerhardt für die Kleinsten bet & breakfast – Mehr als eine Schulandacht
Religionspädagogisches Institut Loccum der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers
inhalt Friedhelm Kraft
editorial
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grundsätzlich
inhalt
Hartmut Lenhard
Ingrid Wiedenroth-Gabler
Kompetenzorientierung – Neuer Wein in alten Schläuchen?
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Zwischen Reglementierungs-Skepsis und Reform-Euphorie. Das neue Kerncurriculum Evangelische Religion für die Grundschule in Niedersachsen
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kontrovers Annette Israel
Halloween und Sankt Martin
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Philipp Meyer
Hallo Luther statt Halloween
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praktisch Ute Beyer-Henneberger
Evelyn Schneider
Glücksarchiv – Bilder gelingenden Lebens. Eine Lernstraße zum Thema Glück
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„Geh aus mein Herz …“ Paul Gerhardt für die Kleinsten
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schule und gemeinde Barbara Conring
bet & breakfast – Mehr als eine Schulandacht
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Uta Nadira Giesel
Keine Angst, Mut machen! Ein Grundschul-Gottesdienst zum Reformationstag
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informativ Inge Osthues
Dietmar Peter
Das Hungertuch der Realschule Verden. Eine Projektidee RPI Online: Surf-Tipps
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Die aktuelle Ausstellung im RPI
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Impressum
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Ausstellung in der Lernwerkstatt
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Buch- und Materialbesprechungen
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Nachrichten aus Schule, Staat und Kirche
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Veranstaltungsprogramm
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Titelbild: Illustration ohne Titel, 3D-Computergrafik von Andrä Martyna
editorial
„Das Beste am Religionsunterricht lässt sich nicht mit Standards messen - aber es ist gut, wenn das, was sich messen lässt, auch tatsächlich gemessen wird.“ Mit diesem Satz bringt Friedrich Schweitzer eine Debatte auf den Punkt, die nicht nur die Gemüter universitärer Religionspädagoginnen und -pädagogen erhitzt: Was bedeutet die Rede von Kompetenzen, Kompetenzmodellen, Standards religiöser Bildung, Out-come-Orientierung – zusammengefasst im Leitbegriff religiöser Kompetenz – für das Selbstverständnis und die konkrete Praxis des Religionsunterrichts? Während die einen mit der Übernahme des Kompetenzvokabulars die Auslieferung religiöser Bildung an die Logik eines alle Bereiche des Lebens erfassenden Ökonomismus beschwören, sehen andere mit der Kompetenzorientierung und der Bestimmung von verlässlichen Lernergebnisse eine Chance, Möglichkeiten und Grenzen des Religionsunterrichts deutlicher herauszuarbeiten. Welche Bedeutung hat für Religionslehrkräfte die Rede von der Kompetenzorientierung? Ich habe im Anschluss an eine Tagung zum Kerncurriculum Religion Grundschullehrkräfte gebeten, in wenigen Stichworten zu formulieren, was Kompetenzorientierung für sie bedeutet. Ohne dass ich das Ergebnis hier vollständig dokumentieren könnte, ist die durchgängige Bereitschaft beeindruckend sich trotz eines vermehrten Arbeitsaufwandes auf die neue Herausforderung einzustellen. Äußerungen wie „noch mal neu über Unterricht nachdenken“, „langfristig denken, Themen in Zusammenhänge stellen“, „den Kindern mehr zutrauen“, „den täglichen Unterricht wieder neu denken“, „den Schüler mehr im Blick haben“, „genauer hinsehen, was Kinder vom Religionsunterricht mitnehmen“ spiegeln nicht nur die hohe Motivation der Lehrerinnen und Lehrer wider, sich für das Fach Religion im Interesse der Schülerinnen und Schüler zu engagieren. Die Rückmeldungen zeigen darüber hinaus, dass die Debatte um eine an Kompetenzen orientierte Unterrichtskultur eine Nachdenklichkeit bewirkt und zu einer Form der Rechenschaftsabgabe geführt hat, die die Ergebnisse schulischer Lernprozesse auch im
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Religionsunterricht stärker als zuvor in den Blick nimmt. In diesem Sinne halte ich das „Projekt (Bildungs-)Standards“ für die Selbstverständigung innerhalb der Religionsdidaktik für ein lohnendes und unverzichtbares Projekt, ohne damit die Grenzen der Standardisierbarkeit negieren zu wollen. So wie der Mensch nicht auf seine Kompetenzen reduziert werden kann, lebt auch Religionsunterricht von einem „Sinn-Überschuss“, der sich nicht in messbaren Kompetenz- und Leistungszuwächsen ausweisen lässt. Bildung ist – nicht nur im Religionsunterricht – ein kontingentes Geschehen, das sich Machbarkeitsphantasien widersetzt. Die Beiträge dieser Ausgabe nehmen auf ihre Weise den Faden der Kompetenzorientierung auf. Hartmut Lenhard beschreibt in Aufnahme kritischer Einwände die Chancen der Kompetenzorientierung. Die Metapher „neuer Wein in neue Schläuche“ steht für diese Neuorientierung. Ingrid Wiedenroth-Gabler analysiert das neue Kerncurriculum für die Grundschule Evangelische Religion. Kompetenzorientierung wird in den Zusammenhang einer Verständigung über „Vorstellungen von einem guten Religionsunterricht“ gestellt. Eine Bemerkung in eigener Sache: Einen herzlichen Dank an alle Leserinnen und Leser, die auf unsere Fragebogenaktion reagiert haben. Weit über 400 ausgefüllte Fragebögen haben uns erreicht, damit haben wir eine gute Grundlage für unsere Auswertung. Ich wünsche Ihnen nach der Sommerpause für die kommenden Monate viel Freude und Kraft. Ihr
Dr. Friedhelm Kraft Rektor
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Mom…???, 3D-Computergrafik von Andrä Martyna
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Hartmut Lenhard
Kompetenzorientierung – Neuer Wein in alten Schläuchen?1 Täusche ich mich, oder spricht aus der Themenformulierung eine gehörige Portion Skepsis? Man muss kein Weinkenner sein, um dem „neuen“ Wein mit einer gewissen Reserve entgegenzutreten. Da gärt und saust es noch in der trüben Brühe, und tückisch versteckt die Süffigkeit des Federweißen die alkoholischen Tatsachen, die dann – wenn über die Maßen genossen – unweigerlich einen schweren Kopf produzieren. Natürlich: der Kenner braucht nur einen winzigen Schluck, um die Qualität des künftigen Weins abzuwägen – aber Vorsicht ist allemal geboten, schon gar wenn der neue Wein in den alten Schläuchen präsentiert wird. Was also ist von der jüngsten religionspädagogischen Debatte zu halten, die mit einiger Vehemenz über die diversen universitären Lehrstühle hereingebrochen ist, aber auch den Praktiker vor Ort aufgeschreckt hat? Landauf landab predigen Bildungspolitiker und Pädagogen gebetsmühlenartig das Mantra von den Kompetenzen und Standards2 und trauen ihm offenbar zu, wie eine Zauberformel die Probleme des deutschen Schulsystems wenn nicht zu lösen, so doch in einen nomenklatorisch entrückten Zustand zu überführen, so dass sich die Fakten der Schulwirklichkeit nicht mehr so hart im Raume stoßen mögen. Hat also die Religionspädagogik nichts Besseres zu tun, als wieder einmal der mehr oder weniger fetten Sau hinterher zu jagen, die da durchs pädagogische Dorf getrieben wird? Oder geht es nun doch um etwas anderes als um Maschen und Moden, als um Wortgeklingel und Elfenbeinturmdidaktik? Könnte es sein, dass wir es hier mit einem neuen Paradigma zu tun haben, das die still vor sich hin dümpelnde und in der Routine des Alltagsgeschäfts hier und da erstarrende Praxis des Religionsunterrichts mit Recht aus ihrem Dornrö-
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schenschlaf aufscheucht? Und wie wäre es, wenn uns allen die unangenehme Frage gestellt würde, ob bei den 9, 10 oder gar 13 Jahren Religionsunterricht so etwas wie substanzielle religiöse Bildung herausgekommen ist. Nehmen wir also einen ersten Anlauf, um uns dem Problem der Kompetenzorientierung im Religionsunterricht zu nähern. „Neuer Wein in alten Schläuchen“ – ein Exempel Stellen wir uns einmal einen Schüler der Jahrgangsstufe 11 vor, der sich etwa im Fach Deutsch der Lektüre eines Romans oder einer Kurzgeschichte zu unterziehen hat. Nennen wir ihn biblisch bedeutungsschwer Jakob. Der Text bietet keine besonderen Schwierigkeiten, da stolpert Jakob über eine Passage, in der der Protagonist ausruft: „Das ist doch alter Wein in neuen Schläuchen!“ Jakob stutzt – wenn er sich denn den Text nicht einfach „reinzieht“, sondern ihn in seiner sprachlichen Gestaltung wahrnimmt und verstehend liest. Wein und Schläuche – wie passt das zusammen? Und was soll dieser Ausruf eigentlich bedeuten? Selbstreguliertes Lernen ist angesagt. Jakob greift auf die unerlässlichen Hilfsmittel eines Schülers zurück: In Wikipedia findet er eine erste Auskunft: „Schon in der Antike wurden Vorräte in flexiblen Behältern aus Leder oder Tierdärmen aufbewahrt, die als Schläuche bezeichnet wurden.“ „Als Weinschlauch werden elastische Gebinde bezeichnet, in denen Wein gehandelt und aus denen Wein abgezapft wird. In der Antike und im Mittelalter waren Weinschläuche neben Amphoren und Fässern ein gängiges Transportmittel.“
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Aber was bedeutet der Ausruf? Sollte dies vielleicht eine Redensart sein? Im Online-Lexikon für Redensarten (www.redensartenindex.de) findet Jakob die Erklärung: „… den gleichen Inhalt auf andere Weise präsentieren oder anders benennen; Täuschungsmanöver“. Und als Beispiele werden u. a. angegeben: „Mehr als nur alter Wein in neuen Schläuchen? Eine kritische Bilanz der rot-grünen Sozialpolitik“ – „Unter dem Strich bleibt über: Hier wird mit viel Show alter Wein in neuen Schläuchen präsentiert“. Doch halt. Im Experten-Forum „Wer-weiß-was.de“ stößt Jakob auf eine unerwartete Entdeckung: „Hi Alex / ‚Alter Wein in neuen Schläuchen’ / Zitat von Jesus z. B. Mk 2,22. / Gruß Metapher“ Er hätte es sich denken können: Wie so oft liegt auch dieser Redensart ein biblischer Verweis zu Grunde. Mk – das kann nur das Markus-Evangelium sein – Kapitel 2, Vers 22: „Niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst wird der Wein die Schläuche zerreißen, und der Wein geht zugrunde samt den Schläuchen. Sondern neuen Wein [füllt man] in neue Schläuche.“ Merkwürdig, hier ist von neuem Wein in alten Schläuchen die Rede, in der Redensart von altem Wein und neuen Schläuchen. Die Erklärung aus dem Online-Wörterbuch passt überhaupt nicht auf das Bibelwort. Reizvoll, ein solcher Widerspruch. Er fordert geradezu zum Nachdenken heraus. Unser Schüler braucht nicht lange, um das Bildwort zu entschlüsseln. Schließlich hat er gelernt, dass es bei biblischen Bildworten nicht darauf ankommt, Einzelheiten auszudeuten, sondern die Pointe zu entdecken. Warum wird beim Federweißen der Deckel nicht luftdicht aufgeschraubt, sondern nur aufgesetzt? Weil sich der junge Wein ausdehnt und den Deckel absprengen, vielleicht sogar die Flasche platzen lassen würde. Also eine auch heute nachvollziehbare Alltagserfahrung, die nicht anders auch in der Antike jedermann geläufig war. Ein alter Tierfellschlauch ist zu unelastisch für Most, der noch nicht ausgegoren ist. Nur ein neuer Schlauch passt zu neuem Wein. Neugierig schaut sich Jakob den Kontext des Verses an. Er weiß aus dem Religionsunterricht, dass die Evangelien erzählerische Kompositionen sind und dass man Einzelverse nicht isolieren darf, sondern aus dem Zusammenhang erklären muss. In Vers 21 liest er: „Niemand näht ein Stück ungewalktes Tuch auf ein altes Kleid; sonst reißt das Flickstück [einen Teil] von ihm ab; das neue von dem alten, und der Riss wird schlimmer.“ Walken – Wikipedia gibt wie immer Auskunft: „Bei der Tuchherstellung ist Walken ein Arbeitsvorgang, der mit Filz vorgenommen wird und den Zweck hat, durch Verfilzung der Fasern im Gewebe Tuch und tuchartige Stoffe zu erzeugen. Die ursprüngliche Methode, insbesondere Wolle zu walken, ist, den Filz in Tücher einzuschlagen und rollend zu kneten … Das Werkstück schrumpft dabei stark und es ergibt sich ein fester Stoff.“ Jakob braucht nicht viel Vorstellungskraft, um sich auszumalen, was passiert, wenn ein ungewalkter Flicken einen
Riss in einem Gewand überdecken soll. Beim letzten Waschen ist sein gerade erst gekauftes T-Shirt leider auf die Größe seines zehnjährigen Bruders eingelaufen. Und bei einem Gewand, das ohnehin schon etwas marode zu sein scheint, dürfte der absehbare Schrumpfprozess in der Katastrophe enden. Also auch hier eine Alltagserfahrung. Das eine muss zum andern passen – das ist die Pointe. Jakob ahnt, dass der Sinne der beiden Bildworte sich nicht in haushaltstechnischen Plausibilitäten erschöpft. Und richtig: Es geht in der Perikope um eine religiös relevante Frage: „Warum fasten die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, die Jesusjünger aber nicht?“ Da muss unser Schüler schon etwas tiefer einsteigen. Wer ist dieser Johannes? Wer sind seine Jünger, warum fasten sie? Inwiefern verbindet das Fasten die Johannesjünger mit den Pharisäern? Soviel immerhin ist unserem Schüler nach der Konsultation des einschlägigen Wikipedia-Artikels klar: Fasten ist ursprünglich ein religiöser Ritus zur Reinigung der Seele, Abwehr des Bösen, verbunden mit Trauer über das eigene Tun und Bereitschaft zur Umkehr. Und dann ergibt der Text einen Sinn: „Da sprach Jesus zu ihnen: Können etwa die Hochzeitsleute fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist?“ Es passt einfach nicht zu einer Hochzeit zu fasten. Da ist Freude und Schlemmen angesagt, nicht Askese und Trauer. Und deshalb verbietet sich während der Präsenz Jesu bei seinen Jüngern das Fasten. Die Zeit der anbrechenden Herrschaft Gottes ist Zeit der Freude, auch wenn die Schatten des Todes bedrohlich in die Gegenwart hineinragen. Die beiden Bildworte sind der schlagende Beleg: Das weiß doch jeder, wie es mit dem Flicken und den alten Schläuchen ist!3 Wir verlassen unseren Schüler und begeben uns auf die Metaebene. Eia wär’n wir da, wird manch einer von Ihnen seufzen. So einen Schüler möchte ich auch mal haben. In der Tat: eine Utopie, wie forschendes, selbstreguliertes Lernen aussehen könnte, so voller Neugier, Motivation und dem Willen, die Stolpersteine aus dem Weg zu räumen, das Problem zu knacken, das sich dem Lese- und Verstehensprozess unerwartet gestellt hat. Aber träumen wir nicht alle davon, dass unser Religionsunterricht Schüler nicht nur zu einer solchen Grundhaltung ermutigt, sondern ihnen auch das notwendige Wissen und die erforderlichen Fähigkeiten mit auf den Weg ihres Lernens und Lebens gibt? Im Falle unseres Schülers ist das eine ganze Menge: Da ist zunächst einmal die Tatsache, dass der Schüler überhaupt etwas wahrnimmt und nicht nichts. Es bedarf eines geschulten Augenmerks auf Divergenzen, Unstimmigkeiten, Unerwartetes und Unbekanntes, auf Anstößiges und Widerborstiges, um nicht über Frag-würdigkeiten jeder Art im Tiefflug hinwegzugleiten. Und es bedarf einer motivationalen Prioritätensetzung, zur Aufklärung solcher Phänomene Zeit zu investieren und sich in ein Problem zu verbeißen. Dann braucht unser Schüler Instrumente und Hilfsmittel, die er methodisch sachgemäß verwenden muss. Es genügt nicht, einfach wahllos vor sich hin zu googeln, aber es braucht auch nicht immer und unbedingt das Fachkom-
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Neuer Wein – Die Kompetenzorientierung Befassen wir uns nun etwas genauer mit dem „neuen Wein“, der da vor sich hin brodelt und gärt und bei dem man noch nicht recht weiß, was aus ihm werden soll. Kehren wir zunächst zurück zu unserem Beispiel: Zerlegt man das Vorgehen des Schülers in einzelne Operationen und versteht man diese als Indikatoren für dahinter liegendes Wissen, für Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen, dann gelangt man zu einer Definition dessen, was mit Kompetenzen gemeint ist: Kompetenzen sind Dispositionen, die dazu befähigen, unterschiedliche konkrete Anforderungssituationen in einem bestimmten Lern- oder Handlungsbereich erfolgreich zu bewältigen. Sie stellen die Verbindung zwischen Wissen und Können her und werden daher als erlernbare kogniti-
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ve Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie als damit verbundene motivationale, volitionale und soziale Bereitschaft und Fähigkeit aufgefasst.4 Dazu einige Anmerkungen: Erstens: Zunächst fällt auf, dass der Kompetenzbegriff vorrangig auf kognitive Leistungen bezogen ist. Gemeint ist ein systematisch aufgebautes Wissen, dessen Elemente miteinander vernetzt und in unterschiedlichen Kontexten verfügbar sind, das also auch die Prozeduren einschließt, wie mit Wissen umgegangen werden muss. Der Kompetenzbegriff fasst daher unterschiedliche kognitive Leistungen zusammen, ist also als integraler Begriff zu verstehen. Zweitens ist der Kompetenzbegriff auf konkrete Anforderungssituationen bezogen, die einer Bearbeitung oder Lösung bedürfen. Dahinter steht die Vorstellung, dass jeder
Flesh and Iron, 3D-Computergrafik von Andrä Martyna
von uns mit einer unüberschaubaren Menge von situativ zu bewältigenden Aufgaben, Problemen, Fragen und Herausforderungen zu tun hat, denen er nur gewachsen ist, wenn er über ein adäquates Wissen und Können verfügt. Kompetenzen sind also nicht einfach als ‚Problemlösefähigkeit’ zu beschreiben, sondern als flexibles Antworten auf vielfältige Anforderungen, die das Leben – das persönliche, das soziale, das berufliche, das gesellschaftlich-politische – stellt. Drittens gehören zu den kognitiven Kompetenzen auch bestimmte Einstellungen, die meine individuellen Interessenlagen, meinen Willen, aber auch meine Bereitschaft und Fähigkeit betreffen, mit anderen zusammen zu arbeiten oder auch Aufgaben allein anzugehen. Ohne diese grundlegenden Einstellungen, die stärker in emotionale Bereiche hineinreichen, hingen die kognitiven Fähigkeiten in der Luft, weil ihnen sowohl Antriebskraft als auch Richtung fehlten.
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pendium. Wichtiger ist, dass unser Schüler gezielt in validen Datenbanken sucht und die Fähigkeit besitzt, aus der Vielzahl der Informationen genau die herauszuklauben, die seine Fragen treffsicher beantworten. An dritter Stelle lässt sich beobachten, dass unser Schüler gekonnt den Sinn einer Redewendung deutet und damit zeigt, dass er ein elaboriertes Textverständnis erreicht hat, das sich nicht einfach mit dem Wortlaut zufrieden gibt. All dies könnte er in einem guten Deutschunterricht gelernt haben. Aber jetzt beginnt es für den Religionsunterricht interessant zu werden. Schon bei der einfachen Auflösung der biblischen Abkürzungen scheitert manch ein Oberstufenschüler, ganz zu schweigen davon, die richtige Stelle im Alten oder Neuen Testament nun auch in überschaubarer Zeit aufzuschlagen: Verfügung über biblisches Elementarwissen ist gefragt, das bei der Bearbeitung konkreter Aufgaben aktualisiert werden kann! Anspruchsvoller sind grundlegende Kenntnisse über die Komposition von Evangelien, die unser Schüler benötigt, um einen biblischen Text in seinem Kontext zu verstehen. Schließlich muss er wissen, worauf es bei der Interpretation von Bildworten und Gleichnissen ankommt, dieses Wissen auf ein ihm unbekanntes Bildwort anwenden und es in Zusammenhang bringen mit der Botschaft von der anbrechenden Herrschaft Gottes – eine durchaus oberstufengemäße Aufgabe des Religionsunterrichts.
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Viertens sind Kompetenzen überdauernde Dispositionen, die durch einen nachhaltig wirkenden Lernprozess aufgebaut werden. Gehirnphysiologisch gesprochen werden durch kumulatives und einübendes Lernen stabile neuronale Vernetzungen aufgebaut, so dass Wissen im Langzeitgedächtnis abgespeichert und flexibel verfügbar ist. Schließlich – und das ist für unseren Zusammenhang entscheidend – sind Kompetenzen domänenspezifisch, d.h. auf bestimmte Lern- und Handlungsbereiche bezogen. Wissenserwerb geschieht nämlich nicht einfach in austauschbaren unspezifischen Situationen, sondern ist gebunden an konkrete Kontexte und Inhalte. Es ist – um das nebenbei zu bemerken – eine groteske Fehleinschätzung, dass ein Schüler, der gelernt hat, in einem Sachtext über das Leben der Maulwürfe Schlüsselwörter anzustreichen, dies auch in einem Gryphius-Gedicht können sollte. Soviel zum Thema Klippert. Die Stärke des Kompetenzbegriffs liegt daher darin, dass er das fachspezifische Lernen betont und damit auch die Religionspädagogik herausfordert. Ich biete Ihnen einen Versuch an, den Kompetenzbegriff auf den Religionsunterricht zu übertragen: „Kompetenzen im Evangelischen Religionsunterricht beschreiben die fachspezifischen und fachübergreifenden Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Schülerinnen und Schülern helfen, sich in der modernen religiös pluralen Welt zu orientieren, eigene religiöse Überzeugungen zu gewinnen, darüber auskunfts- und dialogfähig zu sein sowie ethisch verantwortlich urteilen und handeln zu können.“5 Wie Sie unschwer bemerken können, wird der formale Kompetenzbegriff hier zugespitzt, und zwar in vier Hinsichten. Diese Fokussierung steht von vornherein unter der Prämisse, dass Kompetenzen im Prozess der religiösen Identitätsfindung zwar notwendige, aber keine hinreichenden Bedingungen darstellen, dass also dieser Prozess weitaus mehr umfasst als kognitive Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Kompetenzen tragen dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler: • sich in der pluralen Welt orientieren können. Dazu brauchen sie Orientierungswissen6, das nicht nur wie das Verfügungswissen in Wissenschaft und Technik beschreibt, wie Ursachen, Wirkungen und Mittel zusammenhängen. Orientierungswissen umfasst vielmehr Einsichten, die es ermöglichen, sich im Leben zurechtzufinden, aber auch solche, die dem Leben selbst Richtung und Sinn geben. • eigene religiöse Überzeugungen gewinnen. Wie sich tragende Lebensgewissheiten bilden, ist letztlich ein kontingentes Geschehen. Gleichwohl gehört es zu den Essentials religiöser Bildungsprozesse, solche Überzeugungen nicht in einen unüberbrückbaren Widerspruch zum Denken treten zu lassen, sondern sie vernünftiger Auseinandersetzung zugänglich zu machen. Und dazu bedarf es fundierten Wissens aus der Perspektive des christlichen Glaubens ebenso wie der Offenheit, sich argumentativ auf unterschiedliche religiöse Perspektiven einzulassen.
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auskunfts- und dialogfähig sind. Religiöse Überzeugungen sind auf sprachliche Artikulation und verständliche Kommunikation angewiesen, wenn sie nicht unverständliches Zungenreden bleiben wollen. Dem Trend zur religiösen Sprachlosigkeit und zum Analphabetismus, aber auch zur sprachlosen Konfrontation mit anderen Religionen kann nur Einhalt geboten werden, wenn Schülerinnen und Schüler lernen, ihren eigenen Glauben (oder auch Nichtglauben) überzeugend zu formulieren und zu begründen. ethisch verantwortlich urteilen und handeln können. Ohne eine Ausrichtung an fundamentalen Werten bleibt das Urteilen und Handeln dezisionistisch und manipulierbar. Deshalb erinnert der Religionsunterricht an die in der christlich-jüdischen Tradition einbeschlossenen Wertschätzungen des Menschen und seiner Welt, macht sie bewusst und stellt Beispiele gelebter christlicher Praxis vor.
Sie werden bemerkt haben, dass in diesen vier Aspekten Bildungsziele des Religionsunterrichts beschrieben werden, die den Kompetenzen übergeordnet sind und dem Religionsunterricht einen unvertretbaren Platz in der Schule zuweisen. Mit Recht hat Wolfgang Huber daher den Stellenwert religiöser Bildung treffend so zusammengefasst: „Es ist an der Zeit einzusehen, dass für die Schule Ethik so wichtig ist wie Englisch, die Pflege des kulturellen Gedächtnisses so wichtig wie Informatik, Religion so wichtig wie Mathematik.“7 Natürlich sind diese Ziele im einzelnen nicht unumstritten, und je nach Verortung eines Autors werden sie unterschiedlich ausfallen. Gleichwohl besteht doch ein weitgehender Konsens darüber, dass die Subjekte des Religionsunterrichts die Schülerinnen und Schüler sind. Es ist ihr Leben und es ist ihre Welt, die sie sich aneignen, die sie gestalten und reflektieren sollen. Damit dies gelingt, muss der Religionsunterricht Kenntnisse, Fähigkeiten und Orientierungen vermitteln. Kompetenzen sind deshalb daran zu messen, ob sie diesen Leitzielen religiöser Bildung dienlich sind. Welche Kompetenzen religiöser Bildung sollen nun im Religionsunterricht erworben werden? Hier haben wir den Punkt erreicht, an dem die gegenwärtige Debatte am stärksten brodelt.8 Denn hier sind schwierige Fragen zu klären: Zum Beispiel steht an erster Stelle die Frage, welchen Beitrag denn der Religionsunterricht überhaupt zur Bildung leisten soll. Oder es ist zu diskutieren, ob man von einem allgemeinen Religionsbegriff ausgehen sollte, der dann für Religionsunterricht jeder Couleur maßgebend wäre, also auch für islamischen und jüdischen, für den Hamburger Separatweg des ‚Religionsunterrichts in evangelischer Verantwortung’, den ‚Unterricht in biblischer Geschichte’ in Bremen genauso wie für den evangelischen und katholischen Religionsunterricht nach Art. 7,3 GG. Dem Vorteil eines solchen Ansatzes – wenn ein solcher allgemeiner Religionsbegriff denn überhaupt konsensfähig wäre – stünde der Verzicht auf eine klare Perspektive des Unterrichts gegenüber, so dass letztlich eine Beliebigkeit der Inhalte
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… in alten Schläuchen? – Konsequenzen für die Praxis Ist die ganze Debatte um einen kompetenzorientierten Religionsunterricht nicht nur – wie so oft – Elfenbeinturmgerede, akademischer Überbau, praxisferne Konsequenzmacherei, die für den täglich erteilten Unterricht so gut wie keine Relevanz hat? So könnte man den Titel des Referats auslegen, wenn man auf der Ebene der abwehrenden und abwertenden Redensart bliebe. Ich neige aber dazu, das markinische Bildwort zunächst einmal zu bekräftigen: In der Tat, der neue Wein passt nicht zu den alten Schläuchen. Kompetenzorientierung ruft nach einer veränderten Unterrichtskonzeption. Warum ist das so? Aus zwei Gründen: Erstens: Kompetenzorientiertes Unterrichten unterscheidet sich von herkömmlichem Unterricht durch den konsequenten Blick auf das, was Schülerinnen und Schüler am Ende ihrer Lernzeit wissen und können sollen und wozu sie bereit sind. Die Fokussierung auf zentrale, langfristig aufgebaute Lernergebnisse bedeutet einen einschneidenden Perspektivenwechsel. Es gilt, den Bildungsgang der Schüler vom Ende her zu denken und einen in sich stimmigen Lehr- und Lernprozess zu konzipieren, in dessen Verlauf die erforderlichen Kompetenzen sukzessive und mit wachsendem Ausprägungsgrad erworben werden können. Man könnte einwenden: Das haben wir in der Oberstufe doch immer schon so gemacht. Schließlich steht am Ende die Abiturprüfung, in der die Schüler nachweisen müssen, was sie gelernt haben. „Einheitlichkeit der Maßstäbe, Vergleichbarkeit, Überprüfbarkeit, Output-Orientierung, sind hinsichtlich der Allgemeinen Hochschulreife bereits Tradition und Konsens“– so der Saarbrücker Religionspädagoge Bernd Schröder.9 So richtig es ist, dass mit dem Abitur ein hochgradig geregeltes und weitgehend objektiviertes Verfahren praktiziert wird, in dem Schülerinnen und Schüler nachweisen müssen, was sie gelernt haben, so wenig schließt das notwendigerweise den permanenten didaktischen Blick auf die Kompetenzen ein, die im Laufe des Oberstufenunterrichts erworben werden sollen. Ich vermute vielmehr, dass sich – auch bedingt durch die Lehrpläne und Oberstufenbücher
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– der Unterricht weitgehend auf die materiale Abarbeitung bestimmter theologischer Positionen und Entwürfe, auf die Erschließung zentraler Texte und Themen konzentriert, deren Kenntnis im Abitur vorausgesetzt wird. Prüfen Sie Ihre eigene Praxis der Unterrichtsvorbereitung einmal an der Kontrollfrage: Wie gehe ich eigentlich an die Vorbereitung eines Stunden- oder Reihenthemas heran? Überlege ich primär: Welche theologisch-inhaltlichen Aspekte, Argumente, Ansätze, Fragestellungen, Positionen etc. will ich mit den Schülern durchnehmen? oder: Welche
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und Ziele die Folge sein und der Religionsunterricht sich in einem learning about religion erschöpfen könnte. Zu klären ist schließlich auch, ob es ein konsistentes Kompetenzmodell für religiöse Bildung gibt oder gar so etwas wie „religiöse Kompetenz“ anzustreben ist.
Playing God, 3D-Computergrafik von Andrä Martyna
Kompetenzen will ich bei den Schülerinnen und Schülern durch die Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema fördern, ausbauen, entwickeln, entfalten, ausdifferenzieren? Die veränderte Fragestellung führt zu einer anderen Sicht auf den Unterricht und womöglich auch zu einer veränderten Konzeption des Lernens. Das führt mich zu einem zweiten Grund: Kompetenzen zielen auf den Umgang mit alltäglichen oder herausgehobenen Situationen, in denen der Einzelne sich zu konkreten Herausforderungen verhalten oder in denen er selbst handeln muss, und benennen daher Aspekte einer spezifischen Handlungs- und Reflexionsfähigkeit. In solchen Situationen können sich z. B. Fragen stellen, die geklärt, beantwortet oder beurteilt werden sollen, Aufgaben, die zu bewältigen sind, oder Probleme, die gelöst werden müssen. Kompetenzorientierter Religionsunterricht macht solche Handlungssituationen zum didaktischen Ausgangspunkt des Lernens. Was bedeutet das? Das didaktische Grundmodell eines kompetenzorientierten Religionsunterrichts lässt sich folgendermaßen beschreiben (vergl. nachfolgende Abbildung): Das Modell legt einen Fünfschritt für die Planung von Lehr- und Lernprozessen im Religionsunterricht nahe. Die Planung:
Das didaktische Grundmodell eines kompetenzorientierten Religionsunterrichts
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klärt die in den Situationen aufscheinenden Herausforderungen, Fragen, Aufgaben und Probleme, zeigt deren Sinn, Bedeutung und Tragweite für die Lebens- und Lerngeschichte der Schülerinnen und Schüler auf, stellt Bezüge zu eigenen Erfahrungen, eigenen Kenntnissen, Fähigkeiten und Einstellungen der Schülerinnen und Schüler her, analysiert, über welches Wissen, über welche Fähigkeiten und welche Einstellungen Schülerinnen und Schüler zur Bewältigung der Handlungssituationen verfügen müssen, und baut die notwendigen Kompetenzen in einem inhaltsbezogenen Lehr- und Lernprozess auf.
Ein ausführliches Beispiel für das didaktische Grundmodell, das in einer Jahrgangsstufe 9, aber auch in einem Grundkurs 11 angesiedelt sein könnte, findet sich im Internet unter: www.rpi-loccum.de/pelikan. Weinprobe – Neuer Wein in neue Schläuche! Wie wird der neue Wein? Das ist die große Frage, die sich die Weinkenner stellen. Von der Antwort hängt viel ab, gelegentlich sogar die Zukunft eines Weinguts. Begeben wir uns also auf den Weg zu einer Weinprobe. Welche Chancen könnte die Kompetenzorientierung des Religionsunterrichts eröffnen? Zugegeben: Vieles ist vage, manches eher eine Projektion von Möglichkeiten als eine gesicherte Fortschreibung bereits eingetretener Entwicklungen. Hier und da werden
bereits die üblichen Warntafeln hochgehalten, die in unterschiedlicher Heftigkeit entweder auf überflüssigen Modernismus, desaströse Wiederkehr des Gleichen oder den Ausverkauf des Religionsunterrichts hinweisen. Mit vier solcher skeptischen Denkfiguren möchte ich mich im Folgenden genauer auseinander setzen:
1. „Am Ende darf bei der Umstellung auf kompetenzorientierte Arbeitsweisen sowie auf Bildungsstandards nicht aus dem Blick geraten, dass das Wichtigste und Beste am Religionsunterricht, aber auch an der Schule sich gerade nicht in Kompetenzen oder Standards ausdrücken lässt. Für ihr Aufwachsen brauchen Kinder und Jugendliche Erfahrungen und Begegnungen, Einsichten und Anstöße, die sich nicht operationalisieren oder messen lassen.“10 Friedrich Schweitzers mahnender Hinweis ist insofern bedenkenswert, als der Umgang mit Religion und Ethik sich nicht pädagogisch auf Kompetenzen reduzieren lässt. Mit Recht konstatiert deshalb die EKD-Denkschrift „Maße des Menschlichen“: „Religion und Ethik sind keine direkt vermittelbaren ‚Fertigkeiten‘, vielmehr stellen sie vor Fragen, bei denen es um das gesamte menschliche Dasein geht. Beherrschbares und grundsätzlich Nicht-Beherrschbares, Verfügbares und grundsätzlich Nicht-Verfügbares sind auseinander zu halten.“11 Die Parole von der Reduktion der Religion auf Kompetenzen hat allerdings auch niemand verkündet. Vielmehr betont bereits das sogenannte Klieme-Gutachten, dass die als ‚Bildungsstandards’ ausgewiesenen Kompetenzen „erklärtermaßen nicht das gesamte Curriculum [abdecken], sondern nur einen Kern in zentralen Domänen des Lernens“12. Und der Haupt-Verfasser des Gutachtens, Eckhard Klieme, führt an anderer Stelle aus: „Es gibt Bildungsziele im weiteren Sinne, die nicht empirisch überprüfbar sind. Z.B. die Idee von Mündigkeit, von Kreativität, von Entwicklung individueller Persönlichkeit. Das sind sehr wichtige Bildungsziele, aber Standards sollen ja nicht die gesamte Breite der Bildungsziele abdecken. Die Standards sollen sich lediglich auf einen zentralen Kern schulischer Bildung beziehen. Darüber hinaus gehört natürlich viel mehr zur Schule.“13 Wer also für eine Kompetenzorientierung des Religionsunterrichts eintritt, der weiß, dass Kompetenzen und Standards weder den Religionsunterricht insgesamt abbilden noch seinen Bildungsauftrag erschöpfend beschreiben,
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2. Mit der ersten Denkfigur hängt die zweite eng zusammen: Vielfach wird befürchtet, dass dem Religionsunterricht sachfremde Kategorien und Konzepte übergestülpt werden16, wenn er sich an Kompetenzen ausrichtet. Nicht selten wird auf die Irrwege des lernzielorientierten Unterrichts verwiesen und befürchtet, es handele sich bei der Kompetenzorientierung nur um einen modernisierten Aufguss. In der Tat gibt es Überschneidungen der heutigen Debatte mit der Ende der 1960er Jahre eingeleiteten „Bildungsreform als Revision des Curriculum“17. Auch damals ging es um die „Ausstattung zur Bewältigung von Lebenssituationen“, für die bestimmte Qualifikationen erworben werden sollten. Die Pointe des Ansatzes bestand darin, dass von den prognostizierten Qualifikationen die Bildungsinhalte der Curricula „in optimaler Objektivierung“18 neu
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bestimmt werden sollten. Insgesamt ist zu konstatieren, dass dieser deduktive Versuch aus unterschiedlichen Gründen gescheitert ist19. Manche von Ihnen werden sich noch an die legendären, aber berüchtigten Thesen Siegfried Vierzigs Anfang der 1970er Jahre erinnern. Vierzig propagierte als generelle Bildungsvorstellung die ‚Emanzipation’ der Schüler und leitete schnurstraks aus dem Globalziel „Fähigkeit, die religiöse Frage in den jeweiligen Entscheidungsund Konfliktsituationen zu stellen“20 Dutzende untergeordneter Lernziele ab. Die Unterrichtskonzepte, die auf diesen Lernzielen fußten, hatten mit Emanzipation nicht das Geringste zu tun, sondern unterwarfen die Schüler einem behavioristischen, kleinschrittigen Lernprozess, für den jeweils detaillierte operationalisierte Ziele ausgewiesen wurden. Eben dies ist bei der Kompetenzorientierung nicht der Fall. Sie setzt nur voraus, dass Kompetenzen lehr- und lernbar sind, also in organisierten Lernprozessen erworben werden können. Damit öffnet dieser Ansatz den Unterricht für eine Vielfalt an Lehr- und Lernprozessen, Unterrichtsformen, Medien, Verfahren und Lernwegen, die eine neue Dynamik des Lehrens und Lernens im Religionsunterricht auslösen können. Denn wenn die langfristigen Ziele des Unterrichts verbindlich vorgegeben sind, sind die Wege dahin variabel und können den Lernständen und -möglichkeiten der Schüler vor Ort angepasst werden. Die Planung des Religionsunterrichts konzentriert sich daher auf die Frage, wie ergiebige Lernprozesse inszeniert, motivierende Lernarrangements entwickelt und Lernergebnisse gesichert und überprüft werden können. Dazu gehört eine ausreichende Breite von Lernkontexten, Aufgabenstellungen und Transfersituationen. Was guter Religionsunterricht ist, entscheidet sich daran, ob es gelingt, die Gegenstände des Religionsunterrichts mit dem Vorwissen und den Interessen der Schüler, mit ihren Erfahrungen und ihrer Lebensgeschichte zu verhaken und über die Lebensbedeutsamkeit des neuen Wissens Auskunft zu geben. In diesem Sinne gewinnt der Religionsunterricht einen beträchtlichen Gestaltungsspielraum, der letztlich die Professionalität der Lehrerinnen und Lehrer stärkt statt sie einzuschränken und zu gängeln. 3. Erst jetzt gehe ich auf das Hauptproblem ein, das unter dem Stichwort ‚Standards’ firmiert. „Bildungsstandards konkretisieren die Ziele in Form von Kompetenzanforderungen. Sie legen fest, über welche Kompetenzen ein Schüler, eine Schülerin verfügen muss, wenn wichtige Ziele der Schule als erreicht gelten sollen.“21 Kompetenzorientierung ist also ohne Überprüfbarkeit nicht zu haben. Und vor diesem unausweichlichen Zusammenhang schrecken manche Religionspädagogen, aber auch Kolleginnen und Kollegen zurück. Sie starren auf die Überprüfung wie das Kaninchen auf die Schlange. Da wird dann das Gespenst des „Teaching to the test“ ebenso beschworen wie die Gefahr, dass statt Kompetenzen nur Testlösungsfähigkeiten eingeübt werden.22 Dem ist entgegen zu halten, dass wir von den gängigen Praktiken einer Testeritis wie in den USA oder auch in England noch weit entfernt
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sondern sich auf das beschränken, was im Unterricht lehrbar, lernbar und überprüfbar ist. Sie haben eine wichtige, aber begrenzte pragmatische Funktion. Denn alle Lernprozesse im Evangelischen Religionsunterricht zeichnen sich durch eine prinzipielle Offenheit für unerwartete Fragen, existentiell bedeutsame Einsichten, persönliche Betroffenheit und orientierende Erfahrungen aus. Mit Recht darf es als Proprium des Evangelischen Religionsunterrichts gelten, einen Raum der Freiheit für die individuelle Begegnung mit christlichem Glauben und Leben offen zu halten. Es hat allerdings den Anschein, als sei das Insistieren auf dem „Mehr“ des Religionsunterrichts, das zugleich als das „Wichtigste und Beste“ ausgegeben wird, das, was angeblich den „Charme“ des Religionsunterrichts ausmacht14, ein willkommenes Argument, um die Bedeutung der Kompetenzorientierung klein zu reden, so als beträfe dies nur einen „Bruchteil“ dessen, was im Religionsunterricht „ansteht und die Agenda bestimmt“15. Vor allem dann, wenn existentielle „Erfahrungen und Begegnungen“ in Opposition zu Kompetenzen und Standards gebracht werden, lässt sich der Verdacht nicht von der Hand weisen, dass die Bedeutung des Wissens und Könnens für die Entwicklung einer Persönlichkeit eher gering eingeschätzt wird. Dagegen ist m.E. mit Nachdruck darauf zu verweisen, dass der Königsweg zu einer eigenen Positionsbestimmung – zumindest was die schulische Bildung angeht – immer noch über die fundierte geistige Auseinandersetzung mit der Religion führt. Wir können es uns nicht länger leisten, dass Schülerinnen und Schüler den Religionsunterricht als „Laberfach“ ansehen, in dem jeder jede beliebige Meinung zu Protokoll geben kann, auch wenn sie vor Unkenntnis nur so strotzt. Und die Berufung auf den „Charme“ reicht auf Dauer nicht hin, um den Religionsunterricht an einer öffentlichen Schule zu begründen. Wenn das Fach Religionsunterricht im Fächerkanon der Schule anschlussfähig bleiben und nicht marginalisiert oder letztlich hinauskomplimentiert werden soll, dann muss es sich durch präzise benannte Kompetenzen ausweisen, die durch den Unterricht erworben werden können und sollen. Wer also auf dem unplanbaren ‚Mehr’des Religionsunterrichts insistiert, muss sich umso eingehender dem didaktisch Planbaren und Überprüfbaren stellen.
sind und vermutlich aufgrund unserer völlig andersartigen Bildungstradition nicht befürchten müssen, dass eine solche überhand nehmen wird. Davor wird uns schon die Tatsache bewahren, dass valide Testinstrumente für die
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Lonely, 3D-Computergrafik von Andrä Martyna
‚Nebenfächer’abseits von Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen Millionensummen verschlingen und nicht damit zu rechnen ist, dass Staat oder Kirche sich für den Religionsunterricht in finanzielle Abenteuer stürzen werden. Ich empfehle also eine gute Portion Gelassenheit. Natürlich werden die Einheitlichen Prüfungsanforderungen für das Abitur so etwas wie die Messlatte werden, an der sich die Quantität und Qualität von Aufgaben auszurichten haben. Und selbstverständlich werden die EPA Rückwirkungen haben auf den Unterricht und wahrscheinlich sogar auf die künftige Entwicklung von Kerncurricula für die Oberstufe und vielleicht sogar – von dort ausgehend – auf die Sekundarstufe I. Aber ist diese Perspektive nicht eher erfreulich? Der Religionsunterricht gewinnt damit ein erkennbares Profil im Fächerspektrum der Schule, da er auf Kompetenzen religiöser Bildung bezogen ist, die in keinem anderen Fach erworben werden können. Er legt öffentlich Rechenschaft ab über den erzielten Lernertrag und damit auch über die Qualität der Lehr- und Lernprozesse, in denen die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen erworben haben. Er zeigt, dass er den Vergleich mit anderen Fächern nicht scheuen muss, sondern dass Unterricht auf hohem Niveau stattfindet. Er legt seine Anforderungen transparent und begründet offen und verpflichtet sich auf deren hohe Verbindlichkeit. Die Schülerinnen und Schüler können einschätzen, was von ihnen erwartet wird, aber auch welche Hilfen und welche Unterstützung sie bei ihren Lernprozessen erhal-
ten. Sie übernehmen Verantwortung für ihr Lernen und können in die Überprüfung des eigenen Lernerfolgs eingebunden werden. 4. Vielleicht das gewichtigste Bedenken zielt darauf, was letztlich tatsächlich an der Basis ankommen wird.23 Wird das Projekt der Kompetenz- und Standardorientierung konterkariert durch die üblichen Hinweise auf permanente Überlastung, unterlaufen durch Strategien des Einfach-so-Weitermachens-wie-bisher, angepasst an die gängigen Praktiken, bis nichts mehr an innovativer Potenz von ihm übrig bleibt? Oder gelingt es, Kolleginnen und Kollegen davon zu überzeugen, dass dieses Projekt mehr Chancen als Risiken enthält, dass es ihnen mehr an Gestaltungsfreiheit und Professionalität zumutet, dass es ihnen aber auch gemeinsame, von den Mitglieder der Fachkonferenzen getragene Entwicklungsarbeit abverlangt? Ich setze einstweilen darauf, dass der Religionsunterricht noch nicht am Ende seiner Möglichkeiten angekommen ist. Die Erfahrung lehrt mich, dass der Religionsunterricht in den letzten Jahrzehnten eines der innovativsten Fächer gewesen ist und hoffentlich auch bleiben wird. In diesem Sinne: Neuer Wein in neue Schläuche!
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Gekürztes Referat vom 23.11.2006 auf der Jahreskonferenz Gymnasium und Gesamtschule im RPI Loccum. Der Vortragsstil wurde beibehalten. Vgl. Oelkers, Jürgen: Bildungsstandards vor dem Hintergrund der Schulgeschichte, in: Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 58/2004, S. 195-205 (195). Vgl. dazu die ausführlichen Nachweise bei Schellong, Dieter: Was heißt „Neuer Wein in neue Schläuche?“, in: Einwürfe 2, München 1985, S. 112-125. Vgl. zum Folgenden Lenhard, Hartmut / Obst, Gabriele: Kompetenzen und Standards. Was zeichnet einen kompetenz- und standardorientierten Evangelischen Religionsunterricht aus? Thesen zu einem notwendigen Perspektivenwechsel, in: entwurf 2/2006, S. 55-58 (55). Ebd. Vgl. Elsenbast, Volker / Götz-Guerlin, Marcus / Otte, Matthias (Hg.): wissen – werten – handeln. Welches Orientierungswissen braucht die Bildung?, Berlin 2005. Kirchenamt der EKD (Hg.): Religion und allgemeine Hochschulreife. Bedeutung, Aufgabe und Situation des Religionsunterrichts in der gymnasialen Oberstufe und im Abitur, Hannover 2004, S. 3 (Vorwort). Im Netz unter: www.ekd.de/download/ religion_und_allgem_hochschulreife.pdf Vgl. Fischer, Dietlind/Elsenbast, Volker: Grundlegende Kompetenzen religiöser Bildung. Zur Entwicklung des evangelischen Religionsunterrichts durch Bildungsstandards für den Abschluss der Sekundarstufe I, Münster 2006; vgl. auch: Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung. Evangelische Reli-
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Vgl. Schröder, Bernd: Religionsunterricht, S. 91. So der Titel des schmalen, aber folgenreichen Bändchens von Saul B. Robinsohn, Berlin 1969. A.a.O., S. 45. Vgl. dazu ausführlich Fischer, Dietlind / Elsenbast, Volker: Grundlegende Kompetenzen, S. 8f.; Bundesministerium für Bildung und Forschung: Bildungsstandards, S. 64. Vierzig, Siegfried: Lernziele des Religionsunterrichts, in: informationen zum ru 1-2/1970, S. 5-16 (12). Bundesministerium für Bildung und Forschung: Bildungsstandards, S. 21 Vgl. dazu Fischer, Dietlind: Bildungsstandards und Kompetenzen. In: Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 58/2004, S. 205212 (210). Vgl. Fischer, Dietlind: Bildungsstandards und Kompetenzen, S. 212, und Willert, Albrecht, Output-Orientierung, S. 247ff., der eine Reihe von bedenkenswerten Desideraten vorträgt.
Dr. Hartmut Lenhard ist Leiter des Studienseminars II in Paderborn.
Fantasy and Religion 3D-Computergrafiken von Andrä Martyna
Vom 27. August bis 31. Oktober 2007 zeigt das Religionspädagogische Institut Loccum Arbeiten des Hamelner Computergrafikers Andrä Martyna. Der »Loccumer Pelikan« stellt einige seiner Bilder in dieser Ausgabe vor. Andrä Martynas Genre ist Fantasy und Science-Fiction. Religion, Mythen und Mystik sind dabei sein Steinbruch, aus dem er schöpft, wenn er seine Bilder komponiert. In seinen Arbeiten lassen sich alte Motive in neuem Gewand wiederentdecken: Seine Fantasy-Gestalten erinnern an mittelalterliche Darstellungen von Rittern, Engeln und Dämonen; mythische Motive wecken Assoziationen an biblische Überlieferungen wie etwa die Hinrichtung Johannes des Täufers oder die Geschichte von David und Goliath. „Die 3D-Computergrafik“, so ist bei Wikipedia unter ebendiesem Stichwort zu erfahren, „… beschäftigt sich mit der computergestützten Erzeugung von Bildern, deren Inhalt sich räumlich beschreiben lässt“ – eine Technik, die insbesondere in Computerspielen und Trickfilmen systematisch zum Einsatz kommt, lässt sich doch mit ihrer Hilfe Welt nicht nur völlig neu erfinden, sondern diese auch darstellen. In Verbindung mit künstlerischer Kreativität eröffnet diese Technik dem Computergrafiker jede Möglichkeit, Wirklichkeit und Fiktion zu neuen, virtuellen Realitäten zu verschmelzen. Andrä Martyna, Jahrgang 1958, lebt mit seiner Familie in Hameln. Nach anfänglichem Experimentieren mit Wasserfarben, beschäftigt er sich seit 1999 mit 3D-Computergrafiken. 2002 wurden erstmals einige seiner Arbei-
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Fallen Angel
ten in „Digital Beauties“ (TASCHEN-Verlag) veröffentlicht – eine Bildband-Reihe, die sich der Ästhetik im digitalen Zeitalter widmet – zu schön, um echt zu sein und teils doch verblüffend real. Inzwischen sind eine Vielzahl in- und ausländischer Publikationen hinzugekommen. Heute arbeitet Martyna, der für seine Bilder mehrfach ausgezeichnet wurde, als freier Mitarbeiter an der Social-Fiction-Serie „TITAN“ (Blitz-Verlag) sowie als Cover-Grafiker und Illustrator. Andrä Martynas Arbeiten sind in seinem InternetPortfolio unter www. andrae-martyna.de anzuschauen.
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gionslehre, 2007, hg. von der Kultusministerkonferenz 2007, im Netz unter: http://www.kmk.org/doc/beschl/061116_EPA-evreligion.pdf Schröder, Bernd: Religionsunterricht und Bildungsstandards – eine aktuelle Herausforderung. In: Wermke, Michael / Adam, Gottfried / Rothgangel, Martin (Hg.): Religion in der Sekundarstufe II. Ein Kompendium, Göttingen 2006, S. 80-93 (92) Schweitzer, Friedrich: Bildungsstandards auch für Evangelische Religion?, in: Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 58/2004, S. 236-241 (240 f.) Kirchenamt der EKD (Hg.): Maße des Menschlichen. Evangelische Perspektiven zur Bildung in der Wissens- und Lerngesellschaft, Gütersloh 2003, S. 70 Bundesministerium für Bildung und Forschung: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise, Berlin 2003, S. 48. Klieme, Eckhard: Interview am 11.3.2003 mit E&W, Zeitschrift der GEW 3/2003, zit. bei Willert, Albrecht: Output-Orientierung im Religionsunterricht? Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 58/2004, S. 241-250 (248). So Willert, Albrecht, Output-Orientierung, S. 248. Ebd.
Ingrid Wiedenroth-Gabler
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Zwischen Reglementierungs-Skepsis und Reform-Euphorie Das neue Kerncurriculum Evangelische Religion für die Grundschule in Niedersachsen Momentaufnahmen: Wird jetzt alles ganz anders? 1. Szene: „Na, da habt ihr uns ja schön was eingebrockt!“ In der Stimme meiner Freundin, einer engagierten Religionslehrerin, schwingt ein vorwurfsvoller Unterton mit, nur leicht durch ein Augenzwinkern abgemildert. Zunächst ratlos angesichts eigener Unschuldsgefühle, ahne ich bald, dass es um das neue Kerncurriculum für den Ev. Religionsunterricht in der Grundschule geht, bei dem ich als Vertreterin der Fachwissenschaft und -didaktik Ev. Religion beratend mitgewirkt habe. So berichtet die Freundin von anstrengenden nachmittäglichen Fach-Konferenzen, bei denen die zum Schuljahr 2006/07 probeweise implementierten Kerncurricula nun in schuleigene Pläne umgesetzt werden müssen. Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen stellten sich die Frage, warum die bewährten Rahmenrichtlinien nicht weiter Gültigkeit haben können, anstatt nun aktionistisch als Resultat der PISA-Hysterie die Kollegien mit einer Fülle von Innovationen und Anforderungen zusätzlich zum harten Unterrichtsalltag zu belasten. 2. Szene: Auf einer Konferenz von Fachseminarleiterinnen und -leitern für Ev. Religion kommt Kritik aus der entgegen gesetzten Richtung: Angesichts der hohen Erwartungen, die sich im Zuge intensiver bildungspolitischer Diskussionen mit der Neufassung von Curricula verbunden hätten, wird der Entwurf eher skeptisch enttäuscht beurteilt. Man könne hier nicht von einer wirklichen Neuorientierung sprechen, geschweige denn von einem großen Wurf, der umfassende Perspektiven für religiöse Bildung in der Grundschule vermittle. So äußert denn auch eine Teilnehmerin den Verdacht, es handle sich hier nur um den Versuch, alte Inhalte in ein neues Konzept – ein so genanntes Kompetenzmodell – zu bringen, mit anderen Worten: alten Wein in neue Schläuche zu füllen. Eher disparat wird die mögliche Auswirkung auf Religionslehrkräfte eingeschätzt: Während einige ver-
muten, diese würden aufgrund der allzu vielen Vorgaben und der Stofffülle in ihrer Planungsfreiheit und Subjektorientierung erheblich eingeschränkt, rechnen andere mit Orientierungslosigkeit und Überforderung gerade für fachfremd unterrichtende Religionslehrerinnen und -lehrer, da eine systematische Auflistung von Unterrichtseinheiten fehle. 3. Szene: In einer religionspädagogischen Lehrveranstaltung am Seminar für Ev. Theologie und Religionspädagogik setzen sich Studentinnen des Lehrer-Masters mit dem neuen KernCurriculum im Fach Ev. Religion auseinander. Sie finden die Orientierung an inhaltsbezogenen und prozessbezogenen Kompetenzen einleuchtend, loben die Systematik der sechs Leitfragen, da sich diese auf ihr theologisches Studium gut beziehen lasse und entwickeln erste Vorstellungen, wie sich daraus schulstufenbezogene Lehrpläne entwickeln ließen. Diese Erfahrungen mögen beispielhaft verdeutlichen, welche Erwartungen und gleichzeitig auch Befürchtungen sich mit der Einführung des neuen Kerncurriculums verbinden: Einerseits die Hoffnung, ein möglich vollständiges praxistaugliches Konzept für die Erteilung von gutem Religionsunterricht zu erhalten. Andererseits die Sorge, Bewährtes aufgeben zu müssen, durch neue Anforderungen überlastet oder durch allzu rigide Vorgaben in seiner individuellen Freiheit beschnitten zu werden. Gerade der letzte Punkt wird von Lehrkräften im Fach Religion besonders vehement ins Feld geführt. Häufig wird auf die Besonderheit des Faches verwiesen, das ja innerhalb des hektischen, leistungsorientierten Schulalltags spezifische Räume der Muße, Entschleunigung und Selbstbesinnung biete und sich radikal eher situativ an den Bedürfnissen der beteiligten Subjekte zu orientieren habe als an Lehrplanvorgaben. Dazwischen stehen junge angehende Religionslehrkräfte, die orientierende Rahmenbedingungen mit der Chance eige-
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ner religionspädagogischen Entscheidungen im Hinblick auf Inhalt, Medien und Methoden verbinden möchten. Es soll im Folgenden nicht darum gehen, die curricularen Vorgaben gegen Kritik oder Anfragen zu verteidigen, sondern darum, den bildungspolitischen Hintergrund zu skizzieren, den Entstehungsprozess und die Strukturierung zu spiegeln sowie mögliche Schwächen, aber auch Chancen für die Gestaltung eines gelungenen Religionsunterrichts in der Grundschule auszuloten.
Mehraufwand an Planung, Beratung und Kooperation, aber auch Unsicherheit, angesichts anstehender Evaluationen durch Schulinspektoren bestehen zu können.
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Rückblick: Das Kerncurriculum als Resultat bildungspolitischer Innovationsbemühungen PISA und die Folgen – auch für den Religionsunterricht? Natürlich steht die Neufassung der Kerncurricula in Niedersachsen auch in Verbindung mit der durch den PISA-Schock ausgelösten Bildungsdiskussion. Man kann verstehen, dass gerade die in der Praxis tätigen Lehrerinnen und Lehrer mittlerweile allergisch darauf reagieren. Während die PISA-Studie gerade die strukturellen Schwächen des deutschen Schulsystems als erheblich für die Leistungsergebnisse der Schülerschaft eingestuft hat, entsteht vielfach der Eindruck, vornehmlich die Qualität des Unterrichts und damit die mangelhafte Qualifikation der Lehrkräfte sei dafür verantwortlich, so dass stärkere staatliche Steuerungs- und Qualitätssicherungsmaßnahmen in Form von Evaluationen und Schulinspektionen nötig seien. In der Tat hat sich ja in Folge der 2001 veröffentlichten Ergebnisse – häufig als nationale Bildungskatastrophe bewertet – eine hektische bildungspolitische Betriebsamkeit entwickelt: Im Zusammenhang mit der Forderung nach Vergleichbarkeit und Verbindlichkeit schulischer Anforderungen beschließt die Kultusministerkonferenz 2002, in den Kernfächern nationale Bildungsstandards zu entwickeln, die in dem so genannten KliemeGutachten differenziert begründet und entfaltet werden. Daraufhin legen die Kultusminister fest, ab 2004/05 länderübergreifend für die Fächer Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache Bildungsstandards einzuführen. Niedersachsen hat den Innovationsprozess engagiert mit vollzogen, wie sich auf den Seiten des Bildungsservers NiBiS feststellen lässt: Neben „Einheitlichen Prüfungsanforderungen“ für das Abitur (EPA), Zentralabitur, verbindlichen Bildungsstandards für Deutsch, Mathematik und Englisch sind nun in der Grundschule für alle Fächer innerhalb eines bemerkenswert kurzen Zeitraums Kerncurricula entwickelt worden. Grundsätzlich richten sich die bildungspolitischen Innovationen darauf, durch die Festlegung von Standards stärker auf die vergleichbaren Lernergebnisse zu fokussieren und damit von der „Input-Orientierung“ zur „Output-Orientierung“ zu gelangen. Wie bereits angeführt, resultiert daraus für die Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen ein erheblicher
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Tiny little lost Robot, 3D-Computergrafik von Andrä Martyna
Für Religionspädagoginnen und -pädagogen verstärkt sich dieser Stress mitunter: stehen sie doch in vielen Schulen unter erheblichem Legitimationsdruck, ihr mit hohem Organisationsaufwand verbundenes Fach angesichts zunehmender religiöser Pluralität und abnehmender konfessioneller Zugehörigkeit der Lernenden einfordern und verteidigen zu müssen. Bei allen Aversionen, die der Hinweis auf PISA auslöst: Wir Religionspädagoginnen und -pädagogen können aus der Studie durchaus Kapital ziehen. Das mag befremdlich klingen, da ja bekanntlich nur Lesekompetenz, die mathematische und die naturwissenschaftliche Kompetenz abgetestet wurden. Was hat PISA also mit Religion zu tun? Dazu lassen sich die bildungstheoretischen Grundlagen heranziehen. Demnach zielt schulische Bildung auf die Entfaltung unterschiedlicher Modi des Weltverstehens, die nicht gegeneinander austauschbar sind. Demnach geht es in der Schule um die „Orientierungswissen vermittelnde Begegnung mit kognitiver, moralisch-evaluativer, ästhetischexpressiver und religiös-konstitutiver Rationalität“1. Nach Jürgen Baumert und den anderen Pisa-Fachleuten werden diese unterschiedlichen „Modi des Weltverstehens“ in je eigenen fachlichen Bereichen wirksam: „Kognitiv-instru-
mentell“ in Mathematik und den Naturwissenschaften, „ästhetisch-expressiv“ in Sprache, Literatur, Musik und Kunst, „normativ-evaluativ“ in Geschichte, Ökonomie und Politik sowie „religiös-konstitutiv“ in Religion und Philosophie.2 Man kann also daraus durchaus die Konsequenz ziehen, dass religiöse Bildung nach PISA unabdingbar in
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Ghoul Hunter, 3D-Computergrafik von Andrä Martyna
die Schule gehört und damit einen Beitrag zur Allgemeinbildung in ihrer Ausdifferenzierung nach den Formen der Welterfahrung leistet. Begriffsklärung: Kompetenzen, Bildungsstandards, was bedeutet das eigentlich? Auf der Basis dieser bildungstheoretischen Optionen fordert das Klieme-Gutachten, ausgehend von Bildungszielen fachspezifische Kompetenzmodelle zu entwickeln, die sich in jeweiligen Bildungsstandards konkretisieren. Angesichts der Begriffsvielfalt erscheint eine genauere Klärung der Begrifflichkeiten wie „Bildungsstandards“ und „Kompetenz“ sinnvoll: Nach dem Klieme-Gutachten konkretisieren Bildungsstandards die Bildungsziele und legen fest, welche Kompetenzen, Schülerinnen und Schüler in einem bestimmten Fach zu einem bestimmten Zeitpunkt erworben haben müssen. Weitere Kennzeichen von Bildungsstandards sind
Knappheit, Verständlichkeit, Realisierbarkeit sowie Verbindlichkeit und Kumulativität. Bildungsstandards geben an, welche fachspezifischen Kompetenzen und Teilkompetenzen Schülerinnen und Schüler am Ende eines Ausbildungsabschnittes erworben haben sollen. Angesichts der vielfältigen Konnotationen von „Kompetenz“ hat man sich in der Diskussion weitgehend auf den Begriff von Franz E. Weinert festgelegt. Demnach sind Kompetenzen die „bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volutionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.“3 Hervorzuheben ist dabei, dass nach Weinert dabei nicht – wie aus der Berufspädagogik bekannt – allgemeine Kompetenzen mit einer Differenzierung nach personaler, fachlicher, sozialer und methodischer Kompetenz intendiert werden, sondern diese Kompetenzen im Hinblick auf einen bestimmten Gegenstandsbereich, also fach- oder domänenspezifisch zu entfalten sind. Es geht also zunächst um bereichsspezifische Leistungserwartungen, die in einem übergreifenden Diskurs zweitrangig auf allgemeine Bildungsziele bezogen werden können. Damit ist die Fachdidaktik gefragt, fachspezifische Inhalte und methodische Zugänge und Kategorien auszuweisen, damit Schülerinnen und Schüler zu dieser intendierten komplexen Problemlösefähigkeit als Resultat von Lernprozessen gelangen. Hier kann nun die Frage akzentuiert werden, ob sich der Religionsunterricht einer Standardisierung und KompetenzOrientierung und damit dem bildungspolitischen Mainstream anschließen oder entziehen sollte. Religiöse Kompetenz: Anpassung an den bildungspolitischen Zeitgeist? Bei allen berechtigten Hinweisen auf die prinzipielle Unverfügbarkeit von Bildungsprozessen um des Subjektes (und auch um Gottes!) Willen sowie auf ein konstruktivistisches Lernverständnis, das die aktive Selbstkonstruktion des Subjektes akzentuiert, kann sich die Religionspädagogik nicht leisten, aus der Kompetenzdebatte auszusteigen. Im Gegenteil: Die zahlreichen Fachtagungen und Fachveröffentlichungen4 der zurückliegenden Jahre zeigen, dass damit ein intensiver Klärungsprozess über das Proprium religiöser Bildung und Kompetenz und gleichzeitig eine intensive fächerübergreifende Zusammenarbeit mit anderen Fachdidaktiken ausgelöst wurde. Gerade im Hinblick auf die allgemeinen Bildungsziele kann die Religionsdidaktik ihren domänenspezifische Beitrag konturieren und damit Impulse zur bildungstheoretischen Debatte liefern.
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die Gestalt-Dimension religiöser Praxis sowie die religiös motivierte Handlungsfähigkeit einbeziehen. Dies entspricht den Intentionen wesentlicher konzeptioneller Entwürfe einer wahrnehmungsorientierten Religionspädagogik mit deren zur Zeit aktuellsten Spielart, dem Modell „Performativer Religionsunterricht“. Darin erhält die Praxisdimension religiösen Lernens entscheidende Bedeutung.8 Obwohl es viele Übereinstimmungen in den Definitionsversuchen von religiöser Kompetenz gibt, die entsprechend Weinerts Kompetenz-Begriff neben Kenntnissen und Fertigkeiten auch Motivationen, Einstellungen und Handlungsbereitschaft beinhalten, richtet sich gerade gegen die geforderte Partizipations- und Teilhabekompetenz erhebliche Kritik. Während manche eine drohende Klerikalisierung des Religionsunterrichts nicht ausschließen, fragen andere kritisch an, wie sich diese Kompetenz denn sinnvoll überprüfen oder evaluieren lässt. Das markiert in der Tat eine offene Fragestellung. Zusammenfassend lässt sich die produktive religionspädagogische Auseinandersetzung über das Proprium religiöser Bildung im Gesamtzusammenhang gesellschaftlicher Bildungsprozesse anhand der Kompetenzdebatte positiv bewerten. Als starke Einschränkung muss man allerdings den Zeitdruck bewerten, der eine fundierte Diskussion auf den Ebenen von Praxis und Theorie erschwert. Die Vorgaben des Kultusministeriums Allgemeines: Was sollen Kerncurricula leisten? Dem fachbezogenen Kerncurriculum für Ev. Religion gehen allgemeine Informationen zu den niedersächsischen Bildungsstandards voraus. Dabei zeigt sich zunächst eine Diffusität im Hinblick auf die Begriffe „Kerncurricula“ und „Bildungsstandards“. Mit Hinweis auf die Output-Orientierung (Erwerb von gesichertem Verfügungs- und Orientierungswissen) sollen Kerncurricula die Gedanken der Bildungsstandards aufnehmen und durch den Ausweis von fachspezifischen Anforderungen konkretisieren (Kerncurricula, S. 5). Leider unterbleibt eine Definition beider Begriffe, so dass Fragen entstehen: Sind Kerncurricula Konkretionen von Bildungsstandards oder sind Kerncurricula nicht eher Mittel, um Kompetenzen auszubilden, mit denen mögliche Bildungsstandards erreicht werden sollen? Was ist mit den Fächern (wie z.B. Religion), in denen noch keine Bildungsstandards festgelegt worden sind? Nach diesen ungenügenden Hinweisen taucht nun der Begriff „Kompetenz“ auf. Hinter der summarischen Auflistung von Fähigkeiten, Kenntnissen, Fertigkeiten sowie Bereitschaften und Handlungen lässt sich die Weinert-Definition erahnen, im Folgenden wird in einer differenzierten Auflistung von möglichen Strategien zur Bewältigung von Anforderungssituationen spezifiziert, was unter Kompetenzen zu verstehen ist. Bei den Hinweisen zum Kompetenzerwerb wird auf Kumulativität, Eigentätigkeit des Subjektes sowie die Verbindung von Wissen und Können fokussiert.
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Dazu muss aber geklärt werden, was unter „religiöser Kompetenz“ zu verstehen ist, die befähigt, konkrete Anforderungen einer bestimmten Problemkonstellation zu bewältigen. In der fachdidaktischen Diskussion ist dazu häufig auf die lange vor der Standarddebatte veröffentlichten Ausführungen von Ulrich Hemel zurückgegriffen worden. Religiöse Kompetenz als Globalziel religiöser Erziehung wird von Hemel folgendermaßen definiert: „Religiöse Kompetenz ist die erlernbare, komplexe Fähigkeit zum verantwortlichen Umgang mit der eigenen Religiosität in ihren verschiedenen Dimensionen und in ihren lebensgeschichtlichen Wandlungen“.5 Diese allgemeine Kompetenz entfaltet er anhand von fünf inhaltlichen Dimensionen. Sie umfasst 1. religiöse Sensibilität als Fähigkeit, religiöse Wirklichkeit wahrzunehmen, 2. religiöses Ausdrucksverhalten als Handlungsfähigkeit und Befähigung zur Übernahme religiöser Rollen, 3. religiöse Inhaltlichkeit als Aufbau, Klärung und Entfaltung von religiösen Vorstellungen und als Durchdringung und Aneignung religiösen Wissens, 4. religiöse Kommunikation als Erwerb religiöser Sprachkompetenz und religiöser Dialogkompetenz mit Mitgliedern eigener und fremder Religionen sowie als Interaktionskompetenz und 5. religiös motivierte Lebensgestaltung, die in schulischen Lernprozessen lediglich als religiöse Entscheidungskompetenz angebahnt werden kann. In Auseinandersetzung damit hat der Religionspädagoge Bernd Schröder ein vergleichbares Kompetenzmodellvorgelegt und differenziert dabei nach Deutungskompetenz (eigene Erfahrungen vom christlichen Glauben her deuten und Erzählzusammenhänge der Bibel kennen und auf eigene Lebensorientierung beziehen), Ausdruckskompetenz (alltagsstrukturierende rituelle Vollzüge und gottesdienstliche Vollzüge nachvollziehen und an ihnen teilnehmen), Kommunikationskompetenz (den eigenen Glauben darstellen und argumentativ vertreten können und mit Vertretern anderer Religionen kommunizieren) Reflexionskompetenz (den eigenen Glauben durch Interpretation von christlichen Überlieferungen verstehen und ein Verhältnis zur Kirche gewinnen) sowie ethisch/soziale Handlungskompetenz (auf der Grundlage christlich-ethischer Einsicht verantwortlich handeln).6 Die Experten-Kommission des Comenius-Instituts Münster differenziert in ihrem Modell wiederum nach fünf Dimensionen mit ähnlichen Akzenten: Perzeption als Wahrnehmen und Beschreiben religiös bedeutsamer Phänomene; Kognition als Verstehen und Deuten religiös bedeutsamer Sprache und Glaubensüberzeugungen; Performanz als Gestalten und Handeln in religiösen und ethischen Fragen; Interaktion als Kommunizieren und Beurteilen von Überzeugungen mit religiösen Argumenten und im Dialog sowie Partizipation als Teilhaben und begründen im Sinne begründeter (Nicht-) Teilnahme an religiöser und gesellschaftlicher Praxis.7 Gemeinsam ist allen Modellen, dass sie der Wahrnehmung von Religion eine eigenständige Relevanz zuschreiben und über die kognitiv-reflexive Dimension hinaus auch
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Die grundlegende Struktur der Kerncurricula soll eine Differenzierung von prozessbezogenen und inhaltsbezogenen Kompetenzbereichen aufzeigen. Während die prozessbezogenen Bereiche sowohl fachspezifische als auch übergreifende Fertigkeiten, Fähigkeiten, Bereitschaften und Problemlösungsstrategien aufgreifen sollen, gilt für die inhaltsbezogenen Kompetenzbereiche dezidiert das Prinzip Fachlichkeit: Sie sollen das verfügbare Wissen des entsprechenden Faches ausweisen. Gefordert werden die Verknüpfung der Kompetenzbereiche sowie die Förderung von fachbezogenen und übergreifenden sozialen und personalen Kompetenzen. Offenbar verbleibt man an dieser Stelle auf der Ebene von allgemein formulierten wohlmeinenden Postulaten, vielleicht, um die jeweiligen Fächer nicht im Hinblick auf fachspezifische Anforderungsprofile einzuschränken. Zusammenfassend lässt sich zu den allgemeinen Hinweisen des Kerncurriculums anmerken, dass sie implizit die aktuelle bildungstheoretische Terminologie und Zielrichtung aufgreifen, die Begriffe aber nicht hinreichend im Hinblick auf Urheber und Hintergründe erläutern. Fachdidaktische Konzepte: Warum und wozu Religion in der Schule? Das sich anschließende fachspezifische Kapitel zum Bildungsbeitrag Evangelische Religion beschreibt sehr zutreffend und pointiert die Rechtsgrundlagen, das Verständnis religiöser Bildung, mögliche Bildungsaufgaben sowie Grundlagen der Konfessionalität als auch der konfessionellen Kooperation. So wird jede Religionspädagogin dem Ansatz zustimmen können, dass Bildung den Aufbau der eigenen religiösen Identität anhand der christlichen Inhalte und Traditionen ermöglichen soll. Die Verschränkung von „Selbstbildung“ und „Gebildet werden“ (S. 7) entspricht sowohl Wolfg. Klafkis Bildungstheorie der wechselseitigen, kategorialen Erschließung von Subjekt und Objekt als auch dem kritischen christlichen Bildungsverständnis, wie es die großen religionspädagogischen Bildungstheoretiker Peter Biehl und Karl Ernst Nipkow entwickelt haben.9 Allerdings hätte man sich bereits an dieser Stelle eine Verschränkung von allgemeinen religiösen Bildungszielen mit dem Modell einer bereichsspezifischen religiösen Kompetenz gewünscht. Hier hätte man verdeutlichen können, wie das unter Abschnitt 3 dargestellte Kompetenzmodell aus der aktuellen religionspädagogischen Debatte um Bildungs-Rahmenziele, Standards und Kompetenzen heraus mit je eigenen Akzenten entwickelt wurde. Das gilt ebenfalls für die unter Abschnitt 2 aufgelisteten didaktischen Leitlinien. Diese akzentuieren die Subjekte des Lehrens und Lernens mit ihren jeweiligen Fragen als Ausgangspunkt der Unterrichtsprozesse. Diese sollen nach dem Prinzip wechselseitiger Erschließung zwischen Subjekt und biblisch-christlicher Tradition entsprechend eines umfassenden Verständnisses von religiösem Lernen und in Auseinandersetzung mit religiöser und kultureller Differenz erfolgen (S. 7f.). Für die Rezipienten des Kerncurriculums wird leider nicht deutlich, warum die herkömmlichen Rahmen-
richtlinien mit ihrem unstrukturierten Angebot von 30 munter gemixten Inhaltsbereichen ohne jegliche Systematik abgelöst werden sollen durch kompetenzorientierte Zielvorgaben. Bemerkenswert erscheint mir, dass in der Konzeption der didaktischen Leitlinien (S. 9f.) implizit ein Wechsel hin zu einer subjektorientierten Religionspädagogik vollzogen wird, wie er sich beispielsweise in dem vielfältig rezipierten Konzept „Theologisieren mit Kindern“ realisiert.10 Abschließend sei noch angemerkt, dass das Kerncurriculum explizit an der Konfessionalität des Religionsunterrichts festhält, und zwar einerseits im Hinblick auf die Inhalte und Zielsetzungen und andererseits auf die Religionslehrkräfte. Da Religion nur in konfessionell geprägten Formen wahrnehmbar sei, sollen Schülerinnen und Schüler explizit in ihrer religiösen Herkunft gestärkt werden und in gelebte Religion eingeführt werden. Dies erfordere eine positionelle Gebundenheit der Religionslehrkräfte – verstanden als Bindung und Zugehörigkeit zur Kirche (S. 8). Gefordert werden trotz der Möglichkeiten der konfessionellen Kooperation ein ausgeprägtes evangelisches Profil und Einführung in christliche Glaubenspraxis. Bei konfessionell-kooperativem Religionsunterricht wird auf die notwendige Beachtung konfessioneller Unterschiede hingewiesen. Damit setzt das Kerncurriculum ein deutliches Signal gegen Versuche, das Fach unter der Hand in einen „Religionsunterricht für alle“ oder in „Soziales Lernen“ umzuwandeln. Kompetenzbereiche: Worauf zielt religiöse Kompetenz in Niedersachsens Grundschulen? Kommen wir nun zu dem Kompetenzmodell des Curriculums. Nach meiner Einschätzung gelingt es hierbei äußerst stringent, eine theologisch-inhaltliche Systematik mit einer grundlegenden didaktischen Leitlinie und einem prozessorientierten Struktur-Konzept zu verschränken (S. 11). Ausgangspunkt ist hierbei die eindeutige Akzentuierung auf das Subjekt mit seinen Fragen. Diese werden auf die klassischen systematisch-theologischen Topoi bezogen: Gotteslehre, Anthropologie, Christologie, Ekklesiologie sowie auf Ethik, Ökumenische Theologie und Religionswissenschaft. Die prozessbezogenen Kompetenzen lassen einen Rekurs auf das von Hemel entwickelte Modell der religiösen Kompetenz in ihren unterschiedlichen Dimensionen erkennen. Dadurch, dass im Gegensatz zu anderen Kompetenzmodellen die Dimensionen „Kommunizieren“ mit „Teilhaben“ und „Gestalten“ mit „Handeln“ zu jeweils einer Kategorie zusammengefasst werden, entstehen allerdings nach meiner Ansicht begriffliche Unschärfen. Insbesondere ist unschlüssig, warum zwischen dem „Teilhaben“ als Ausdruck von religiösen Sprachformen einerseits und „Gestalten“ als Möglichkeit religiösen Ausdrucks andererseits eine kategoriale Unterscheidung getroffen wird (S. 12f.). Vermutlich ging es hierbei eher um Übersichtlichkeit und formale Ordnungsprinzipien als um eine inhaltliche Logik.
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Gleichwohl kann festgehalten werden, dass in Niedersachsen ein Kompetenzmodell konkretisiert wird, das fachwissenschaftlichen Kriterien ebenso entspricht wie gegenwärtigen religionsdidaktischen und bildungstheoretischen Implikationen. Konkretionen: Was wird zukünftig im Religionsunterricht der Grundschule von Lehrenden und Lernenden erwartet? Den speziell für die Religionslehrkräfte bedeutsamsten Teil stellt sicherlich Kapitel 4 mit den erwarteten Kompetenzen im Fach Evangelische Religion dar. Der Aufbau strukturiert sich anhand der inhaltlichen Bereiche, skizziert zunächst die Leitfrage, listet dann die erwarteten Kompetenzen nach Schuljahrgängen 1./2. und 3./4. differenziert auf und stellt dann tabellarisch die Kompetenzen, Inhalte und Aufgaben zur Überprüfung dar. Besondere Qualität kann dabei den einleitenden didaktischen Überlegungen zu den Leitfragen zugeschrieben werden. Hier gelingt es außerordentlich präzise, die Lebenswelt der Grundschulkinder zu illustrieren und die daraus resultierenden religiösen Fragen aufzuzeigen. In den jeweils pro Doppel-Schuljahr aufgelisteten vier Kompetenzen (die Leitfrage „Nach Religionen fragen“ beinhaltet nur zwei bzw. drei Kompetenzen) lässt sich eine Mischung von Inhaltsbezug und Prozess-Orientierung feststellen. Die verwendeten Verben verweisen auf die unterschiedlichen Dimensionen der religiösen Kompetenz: wahrnehmen, deuten, wissen, erkennen, Anteil nehmen, gestalten, beschreiben, teilhaben. Damit wird die geforderte Verknüpfung von inhaltbezogenen und prozessorientierten Kompetenzen im Kerncurriculum bereits aufgegriffen, eine spezifischere Darstellung des religiösen Lernprozesses kann erst auf der Ebene konkreter Unterrichtsplanung ausgewiesen werden.11 So wird beispielsweise bei der Leitfrage „Nach Gott fragen“ für 1./2. Schuljahr formuliert: „Die Schülerinnen und Schüler können anhand von biblischen Geschichten Gottesvorstellungen benennen und beschreiben“. In der Inhaltsspalte werden exemplarisch Gottesvorstellungen genannt:
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„Der begleitende, bewahrende, helfende Gott: z.B. Abraham u. Sara, Noah, Josef“ (S. 18). Hieran kann verdeutlicht werden, worin der Unterschied zwischen Kerncurriculum und Stoffverteilungsplan besteht. Die Kompetenzen als Ziele der religiösen Lernprozesse sind festgelegt, die konkreten Lerninhalte, an denen diese Kompetenzen erworben werden sollen, sind fakultativ. Diese müssen von der jeweiligen Lehrkraft nach dem Prinzip der Elementarisierung – elementare Strukturen und Wahrheiten auf der Inhaltsebene; elementare Lernwege, Erfahrungen und Zugänge auf der Seite der Subjekte12 – ausgewählt und didaktisch methodisch aufbereitet werden. Von daher scheint es insgesamt sinnvoll, dass die Kompetenzanforderungen als verbindlich, die Inhalte als Empfehlungen und die möglichen Aufgaben zur Überprüfung als Beispiele ausgewiesen werden (S. 13). Eine Festschreibung der Themen und Bibelstellen würde dem Prinzip der Kompetenzorientierung widersprechen, da hierdurch wieder stärker auf das Input fokussiert wird. Ausblick: Chancen und Probleme des Kerncurriculums für religiöse Lernprozesse Kompetenzorientierung: Garantie für einen besseren Religionsunterricht? Natürlich mag man in Frage stellen, ob die intendierte Kompetenzorientierung eine wirkliche Qualitätssteigerung des Religionsunterrichtes mit sich bringt und innovativ ist. Trotz vieler Unterschiede fühlen sich manche nicht zu Unrecht an die Curriculums-Didaktik von Saul B. Robinson mit den ausgewiesenen Qualifikationen erinnert. Religionspädagoginnen und -pädagogen haben selbstredend die Pflicht, gegen ein reduziertes funktionalistisches Bildungsverständnis die Freiheit der Subjekte und die Offenheit der Bildungsprozesse zu betonen. Bildung ist sicher mehr als Kompetenzerwerb zur Problemlösung. Gleichwohl müssen sie sich auch darüber verständigen, was guter Religionsunterricht ist und was dabei herauskommen soll. Diese Perspektive kann dazu beitragen, die eigenen Unterrichtsmaterialien und Planungen einer kritischen Korrektur zu unter-
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ziehen und danach abzuklären, ob sie zum Kompetenzerwerb beitragen. Das Kerncurriculum kann dazu beitragen, dass durch die konsekutive Struktur je nach Klassenstufen differenzierte Lernergebnisse möglich sind, die kumulativ aufeinander aufbauen.
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Offenheit der Inhalte: Beliebigkeit oder Gestaltungschance? Die Sehnsucht nach inhaltlicher Verbindlichkeit mag nachzuvollziehen sein, jedoch stellt sich die Frage, wer denn diesen verbindlichen Kanon festlegen sollte. Die Abkehr von einem materialen Bildungsverständnis in Form eines inhaltlich festgelegten Stoffplans oder Kanons hin zu einer Orientierung an Bildungsstandards und Kompetenzen ist im Moment bildungspolitischer Konsens, wie die neuen curricularen Vorgaben in Baden-Württemberg, Berlin und Nordrhein-Westfalen zeigen. Die in dem Niedersächsischen Kerncurriculum zugrunde gelegte Lehrplansystematik – Orientierung an Kompetenzen und Lernprozessen – verträgt sich nur eingeschränkt mit dem Prinzip der Stofforientierung. Sollten diese aufeinander abgestimmt werden, müsste zunächst ein Konsens über die verbindlichen Lernstoffe im Fach Ev. Religion (Biblische Texte, Lieder, theologische Begriffe, Ereignisse der Kirchengeschichte etc.) im Sinne eines theologischen Bildungskanons festgelegt werden. Dieser lässt sich aufgrund der Pluralität innerhalb der wissenschaftlichen Theologie und innerhalb der religionspädagogischen Fachdidaktik kaum erreichen. Wie bereits erwähnt, rekurrieren die inhaltsbezogenen Kompetenzbereiche auf die Disziplinen der Theologie. Die jeweiligen Teil-Kompetenzen sind dabei explizit inhaltsorientiert, so dass diese durchaus als „Kerninhalte“ definiert werden können und die unter der Spalte „Inhalte“ aufgeführten Lernstoffe als didaktische Anregung verstanden werden sollten. Aufgrund der geforderten Subjektorientierung und der Selbstverantwortlichkeit von Schulen ist eine Festsetzung von restriktiv umzusetzenden inhaltlichen Vorgaben kontraproduktiv. Obwohl selbstverständlich in Religion „Kompetenzen und Kerninhalte wie in anderen schulischen Fächern nachweisbar erworben werden können“ (S. 4), sollten die situativen Bedingungen der Schulen und Klassen, die Lernausgangslagen und der Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler sowie die unterschiedlichen religionspädagogischen Konzepte der Lehrkräfte berücksichtigt werden. Eine Orientierung an fachbezogenen Kompetenzen sichert einerseits Vergleichbarkeit und Zielorientierung des Religionsunterrichts, ermöglicht aber gleichzeitig auch Offenheit der Lernprozesse und individuelle Verantwortung der Unterrichtenden. Keinesfalls sollten diese verpflichtet werden, einen wie auch immer strukturierten und letztlich beliebig begründeten Stoffplan abzuarbeiten. Damit sind hohe Erwartungen an die jeweiligen Fachkonferenzen verbunden, schuleigene Lehrpläne in Verbindung von curricularen Vorgaben und schulischen Bedingungen zu entwickeln. Bei der Festlegung von Unterrichtseinheiten wird vermutlich selbstverständlich auf „klassische“ biblische und theologische Inhalte zurückgegriffen. Es wäre
vermutlich hilfreich, wenn ausgehend von den Kerncurriculum Vorschläge zur Strukturierung von schuleigenen Lehrplänen erarbeitet werden. Erste Anregungen liegen dazu aus dem RPI Loccum vor.13 Kompetenzorientierung macht eine weitere empirische Erforschung der entwicklungspsychologischen Grundlagen des Verstehens und der Kompetenzentwicklung erforderlich. Welche biblischen Geschichten werden in welcher Altersgruppe wie rezipiert und eignen sich zur Entwicklung der verbindlichen Kompetenzen? Damit bliebe es in der pädagogischen Selbstverantwortung der Lehrkraft, ob z.B. Gleichnisse aus entwicklungspsychologischen Gründen überhaupt in der frühen Grundschule behandelt werden sollten oder ob dazu nicht andere Geschichten herangezogen werden können, um Jesu Wirken zu zeigen. Das Profil des kompetenzorientierten Religionsunterrichts – wohin geht die Reise? Diskussionswürdig erscheint, inwiefern die Kompetenzen die bereichsspezifischen Anforderungen des Faches „Religion“ widerspiegeln und welches Profil von Religionsunterricht sich damit verbindet. Von den insgesamt 45 Kompetenzen weisen 38 einen expliziten christlichen und/oder religiösen Bezug auf. Es handelt sich also um einen christlich profilierten Religionsunterricht weit entfernt von einem allgemeinen Unterricht über Religion. Damit wird ein deutliches Signal gesetzt gegen mögliche Versuche, Religionsunterricht im Klassenverband mit stärker religionskundlichen oder sozialkundlichen Profilen zu etablieren. Gleichwohl sind kritische Stimmen ernst zu nehmen, die auf zunehmende religiöse Pluralität und abnehmende Konfessionalität der Grundschulkinder hinweisen und angesichts geringer religiöser Vorerfahrungen eine stärkere Gewichtung anthropologischer und ethischer Inhalte einfordern. Grundsätzlich gilt: Auf Basis des Kerncurriculums lässt sich ein Religionsunterricht nicht legitimieren, der unter der Hand in Richtung des Fachs „Soziales Lernen“ oder „Werte und Normen“ tendiert, indem beispielsweise das Modell „Faustlos“ unterrichtlich umgesetzt wird. Dennoch lässt das Curriculum durchaus Freiräume, die je nach Lernausgangslage für stärker ethische und anthropologische Fragestellungen genutzt werden können. Darüber hinaus liegen die Chancen des Curriculums gerade darin, dass es dezidiert einen konfessionell-kooperativen Charakter aufweist, da die Kompetenzen für den Evangelischen und Katholischen Religionsunterricht weitgehend übereinstimmen.14 Man mag dies als Chance sehen, trotz bleibender Differenzen nach der gemeinsamen Verantwortung für einen christlich profilierten schulischen Religionsunterricht zu fragen und Formen der Zusammenarbeit zu suchen, ohne die jeweilige konfessionelle Minderheit zu dominieren. Das Evaluationsproblem: Wie und wodurch können die Kompetenzen überprüft werden? Die Logik der Kompetenzorientierung zieht natürlich auch die Frage der Evaluierung nach sich. Das Kerncurriculum
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gibt einige brauchbare Vorschläge zur Bewertung (S. 32). Allerdings spielt die Bewertungsproblematik im Religionsunterricht der Grundschule eher eine nachrangige Rolle. Religionspädagoginnen und -pädagogen sollten selbstbewusst die Chancen ihres Faches zur Persönlichkeitsbildung der Subjekte in den Vordergrund stellen. Die Kompetenzorientierung sollte dazu anregen, die Wirksamkeit der eigenen Unterrichtsplanung und -durchführung auf Seiten der Unterrichtenden zu überprüfen. Es geht also vorrangig um die Frage, ob der Unterricht erfolgreich war oder nicht und wie sich die Qualität durch Veränderung der Lernarrangements verbessern ließe. So erscheint es sinnvoll, konkrete Beispielaufgaben zu entwickeln, die im Sinne einer Rückmeldefunktion den erwarteten Kompetenzerwerb ermitteln.
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Fazit Natürlich kann Kompetenzorientierung keine pädagogischen Heilsversprechen verheißen und das Kerncurriculum kann das Rad der Religionspädagogik nicht neu erfinden, aber es bietet die Chance, das religionspädagogische Handeln anhand konkreter Lernergebnisse genauer zu reflektieren und Vorstellungen von einem guten Religionsunterricht zu entwickeln. Es kann allerdings nur konstruktive Wirkungen haben, wenn Religionslehrerinnen und -lehrer sich offen darauf einlassen, Umsetzungsmöglichkeiten erproben und kritisch auswerten. Die Sache des Religionsunterrichts ist es allemal wert!
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Anmerkungen 1 2
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Baumert, Jürgen, u.a. (Hg.): Pisa 2000 – Basis-Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern, Opladen 2000, S. 21 Vgl. Baumert, Jürgen: Deutschland im internationalen Bildungsvergleich, in: Kilius, Nelson u.a. (Hg.): Die Zukunft der Bildung, Frankfurt/M. 2002, S. 113. Weinert, Franz E.: Leistungsmessungen in Schulen, Weinheim/ Basel 2001, S. 27 (Hervorhebungen I.W-G.). „Volutional“ meint „durch den Willen bestimmt“. Rothgangel, Martin / Fischer, Dietlind (Hg.): Standards für die religiöse Bildung?, Münster 2004; Themenhefte Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 56/2004, Heft 3: Standards, Kompetenzen und Leistungsmessung; Religionspädagogische Beiträge 53/2004: Im Blickpunkt: Standards und Evaluationen religiöser Bildung.
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Hemel, Ulrich: Religiöse Kompetenz als Globalziel religiöser Erziehung, Frankfurt/M. 1988, S. 672- 690 (674) (Hervorhebungen I.W-G.). Schröder, Bernd: Mindeststandards religiöser Bildung und Förderung christlicher Identität. In: Rothgangel/ Fischer a.a.O., S. 13- 33. Fischer, Dietlind / Elsenbast, Volker (Hg.): Grundlegende Kompetenzen religiöser Bildung. Zur Entwicklung des evangelischen Religionsunterrichts durch Bildungsstandards für den Abschluss der Sekundarstufe I, Münster 2006, S. 17. Vgl. dazu Leonard, Silke / Klie, Thomas: Schauplatz Religion. Grundzüge einer Performativen Religionspädagogik, Leipzig 2003. Klafki, Wolfg.: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik, Weinheim/Basel 1985; Biehl, Peter: Die Gottesebenbildlichkeit des Menschen und das Problem der Bildung. Zur Neufassung des Bildungsbegriffs in religionspädagogischer Perspektive, in: ders.: Erfahrung, Glaube und Bildung. Studien zu einer erfahrungsbezogenen Religionspädagogik, Münster 1991, S. 124- 223; Nipkow, Karl Ernst: Bildung in der pluralen Welt; Bd. 1: Moralpädagogik im Pluralismus; Bd. 2: Religionspädagogik im Pluralismus, Gütersloh 1998. Vgl. dazu Büttner, Gerhard / Rupp, Hartmut: Theologisieren mit Kindern, Stuttgart u.a. 2002 sowie die mittlerweile mehr als 5 Bände umfassende Reihe der Jahrbücher für Kindertheologie von Anton A: Bucher u.a., erschienen in Stuttgart ab 2002. Vgl. Kraft, Friedhelm / Kuhl, Lena: Vom Kerncurriculum zum schuleigenen Lehrplan. Oder: Aller Anfang ist schwer, in: Loccumer Pelikan 2/2007, 67ff. Hier wird gezeigt, dass eine explizite Ausweisung der prozessbezogenen Kompetenzen erst auf der Ebene der Planung einer Unterrichtseinheit möglich ist. Der Ansatz wurde von Nipkow und Schweitzer entwickelt, s. dazu zusammenfassend: Schweitzer, Friedrich: Elementarisierung im Religionsunterricht. Neukirchen-Vluyn 2003. Kraft, Friedhelm / Kuhl, Lena, a.a.O. Mit Ausnahme des Bereichs über Kirche und Glaube. Hier werden die ekklesiologischen Unterschiede deutlich.
Dr. Ingrid Wiedenroth-Gabler ist Akademische Oberrätin am Seminar für Evangelische Theologie an der TU Braunschweig.
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Halloween und Sankt Martin „Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind…“ mit diesem Lied zogen wir als Kinder von Haus zu Haus. Wenn es dunkel war, traf man sich auf der Straße. Die Kleineren hatten Laternen dabei – und dann ging es los. Ab Anfang November war es möglich: Klingeln, Singen, Bonbons in die Tasche, weiter. Meinem kleinen Bruder wurde als ABCSchütze von den Eltern einmal die Laterne eingezogen, weil er mit einem Mädchen aus dem Nachbarhaus Abend um Abend Beute machte. Idyllisch, nicht wahr? Doch schon lange ist die Straße nicht mehr der Treffpunkt für Kinder, wo man Spielpartner findet. Wo, wenn es gut läuft, ein spontanes Völkerballturnier stundenlang ausgespielt wird. Und wo, wenn es schlecht läuft, ein Spiel gespielt wird, das: „Die Kinder aus der ….-straße ärgern“ heißt. Nicht die Verdrängung des Christentums aus der Mitte der Gesellschaft, sondern die Ausbreitung des Autos und der „Pillenknick“ der frühen siebziger Jahre haben vielerorts das Martinssingen in den Straßen der Wohnviertel in Vergessenheit geraten lassen. Heute läuft man noch mit dem Kindergarten oder dem Sportverein Laterne, im großen Zug. Kinder, Eltern, Großeltern, alle zusammen sind unterwegs. Eine Familienaktion, bei der die älteren Kinder, wenn es gut geht, mit Fackeln laufen dürfen. Heutzutage brennt auch keine Laterne mehr ab. Kein Risiko – man hat ja den Laternenstab mit Batterie und Taschenlampenbirne. Aber am Abend des 31. Oktober geistern auf einmal Hexen, Kürbisköpfe, Gruselfratzen und Gespenster durch die Straßen. Feuerzeuge blinken auf, wenn die Kinder durch den Vorgarten kommen und klingeln. Leider brüllen sie meistens nur „Süßes oder Saures“. Aber fordert man sie auf ein Lied zu singen, dann versuchen sie es. Oft ist es nur „Alle meine Entchen“. Aber wenn man Glück hat, dann singen sie auch „Durch die Straßen auf und nieder“ oder „Ich geh mit meiner Laterne“. Wie erwartet kommen daraufhin auch die Süßigkeiten und mancher kleine Trupp singt im nächsten Jahr unaufgefordert. Ob Halloween keltischen Ursprungs ist oder/und ob es sich von „all hallows even“ (Vorabend vor Allerheiligen)
ableitet, dazu möchte ich hier gar nichts sagen. Einen Brauch, der sich weiter entwickelt, christlich zu „taufen“ bzw. „wiederzutaufen“, das widerstrebt mir. Denn mit einer solchen Re-Christianisierung läuft man normalerweise nur einer gesellschaftlichen Entwicklung hinterher, ohne sie einzuholen. Viel origineller ist „www.hallo-luther.de“. Lauter lustige, fröhliche und freche Einfälle, die Mut machen, das Zentrum evangelischer Theologie am 31. Oktober in origineller Weise zu verkündigen. Dass die Aktion ursprünglich „Hallo Luther statt Halloween“ heißt, ist in meinen Augen ein kleiner Schönheitsfehler – man muss nicht aus der Defensive heraus die Glaubenszuversicht weitersagen. Zurück zu Hexen, Gespenstern und Vampiren, die zufällig am gleichen Tag ihr Unwesen treiben. Es wärmt mir das Herz, wenn ich die Schulkinder in der Tür stehen sehe. Und ich denke: Endlich habt ihr sie euch zurückerobert, die Nachbarschaft und die Straße! Endlich wieder altersgemischte kleine Gruppen ohne elterliche Kontrolle. Endlich wieder etwas gruseln in der Dunkelheit. Und umgehen mit dem destruktiv-konstruktiven Element des Feuers in der Kürbislaterne. Auch um die Beute kämpfen – als Kleinerer auf die Generosität der Großen hoffen. Und als Großer großmütig etwas abgeben. Nach Hause kommen und seine Schätze verstauen – herrlich. In evangelischen Kindergärten und in der Jugendarbeit fördern wir Altersmischung und selbstbestimmtes Handeln. Wir möchten, dass Stärkere und Schwächere ihre möglichen Konflikte selbstständig lösen und Frustrationstoleranz entwickeln. Wir schaffen Angebote, die Kindern ermöglichen, mit Ängsten umzugehen, um sie überwinden zu lernen. Dazu nutzen wir elementare Kräfte wie Feuer und Wasser. Wir inszenieren die pädagogische Spielwiese. Bei Halloween ist alles von selbst da: Ein wunderbarer Spiel- und Lernort für unsere Kinder.
Annette Israel ist Pastorin in Lüneburg.
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Hallo Luther statt Halloween Tief in den Katakomben des menschlichen Bewusstseins wohnt das Verlangen nach Klamauk. Es ist dieses Verlangen, gepaart mit solidem Gewinnstreben, das den Boden bereitet für „Events“ wie Halloween. Seit ein paar Jahren grüßen im Spätherbst auch in Deutschland Spukgestalten, Hexen und beleuchtete Kürbisse aus dem Reich der Finsternis. Bedauerlicherweise tritt der amerikanische Brauch keltischen Ursprungs mit einem Datum in Konkurrenz, das uns als lutherische Christen wie kein anderes dazu verpflichtet, das Profil unserer Kirche darzustellen. Was ist angesichts dieses Sachverhalts zu tun? Ich möchte im Folgenden mögliche Strategien skizzieren und hinsichtlich ihrer Erfolgsaussichten einordnen. Ignorieren Es handelt sich um ein – gerade auch in unserer Kirche – vielfach erprobtes Verfahren, das sich als hochgradig Ressourcen schonend erwiesen hat. Nachteil: wahrnehmbare positive Außenwirkung geht von einem solchen Verhalten in der Regel nicht aus. Im Gleichnis von den anvertrauten Pfunden (Mt 25, 14ff) nimmt das Neue Testament kritisch Stellung. Umdeuten Der schaumburg-lippische Landesbischof Jürgen Johannesdotter hat angeregt, Halloween zu einem christlichen Brauch zu machen. Das Licht in einem ausgehöhlten Kürbis, der von einer Kerze erleuchtet wird, könne auch als Symbol für Christus stehen, sagte der Bischof in der aktuellen Ausgabe der evangelischen Zeitschrift „ELAN“ in Bückeburg. „Es ist schön, wenn dahinter eine Botschaft steht, die mit Christus und Licht der Welt und Nächstenliebe zu tun hat. Nur Erschrecken ist mir zu wenig“, so der evangelische Theologe. So der Evangelische Pressedienst im Oktober 2006. Die Stellungnahme des Landesbischofs hat mich verblüfft. Ich weiß beim besten Willen nicht, wie und warum man die Charakterzüge des neudeutschen Volksbrauches Halloween ins Christliche umwerten sollte. „Nur Erschrecken“ ist nicht „zu wenig“, sondern es ist unseren Absichten diametral entgegengesetzt. Der erpresserische Ruf: „Süßes oder Saures!“ umherziehender Kinder auf der Jagd
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nach Leckereien ist eine moralische Ohrfeige für St. Martin von Tours, den Urheber des christlichen Martinssingens. „Es ist schön, wenn dahinter eine Botschaft steht, die mit Christus und Licht der Welt und Nächstenliebe zu tun hat.“ sagt Landesbischof Johannesdotter. Mag sein. Es ist nur leider nicht der Fall. In seiner Areopag-Rede (Apg 17,16ff) erprobt der Apostel Paulus an den gebildeten Bewohnern Athens die Strategie des Umdeutens: „Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt.“ Der Erfolg lässt zu wünschen übrig. Einige spotten, andere wollen ein andermal mehr hören. Ob dieses „andere Mal“ stattgefunden hat, ist nicht überliefert. Verbieten Zweifellos ein klassisches Verfahren (2. Mose 20, 2ff). In den vergangenen Jahrzehnten hat es deutlich an Popularität eingebüßt. Entscheidend für den Erfolg ist die Möglichkeit, das Verbot mit Sanktionen zu verbinden. Über das Äußern von Missbilligung kommt unsere Kirche dabei allerdings in der Regel nicht mehr hinaus.
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Einen Versuch unternahm der Ausschuss für Gemeindearbeit des Kirchenkreises Hameln-Pyrmont im Herbst 2003. Er richtete ein Schreiben an alle religionspädagogischen Kräfte im Bereich des Kirchenkreises, in dem er den nichtchristlichen Ursprung von Halloween herausstellte und vor der Ausrichtung von Halloween-Partys warnte. Die Reaktionen reichten von offener Empörung bis zu Beifall von der falschen Seite. In die nächste Sitzung lud der Ausschuss den soeben eingeführten neuen Superintendenten ein. Wir stellten uns die Frage: Wie gelingt es einem Fest, das in unserer Kultur nicht verwurzelt ist und dessen – unklarer und komplizierter – religiöser Hintergrund nur einer verschwindend kleinen Minderheit bekannt ist, innerhalb weniger Jahre zum Großereignis zu werden? Wie konnte es dazu kommen, dass der Reformationstag so uninteressant geworden ist? Sein Gegenstand ist doch nicht langweilig! Wir begannen, über eine eigene Aktion nachzudenken. Menschen haben sinnliche Bedürfnisse. Warum sollen die nicht befriedigt werden? Warum nicht eine „Luther-Sause“ feiern? Es entstand eine Arbeitsgruppe, die sich einer neuen Strategie zuwandte. Fröhlich streiten Was den 31. Oktober angeht, gilt zumindest in Deutschland: Wir waren zuerst da. Warum sollten wir uns verdrängen lassen?
Zum Reformationstag 2004 feierten wir in unserem Kirchenkreis zum ersten Mal die Aktion „Hallo Luther“. Mehr als 20 Kirchengemeinden beteiligten sich mit den unterschiedlichsten Aktionen - es war wie ein kleiner Kirchentag. Die Reaktionen waren überwältigend. Überrascht hat mich vor allem, dass auch Menschen, die der Kirche kritisch gegenüberstehen, äußerten: „Gut, dass endlich mal jemand etwas gegen Halloween tut.“ Im Sommer 2005 gewann unser Kirchenkreis für diese Aktion den Förderpreis der Landeskirche. Im Herbst 2006 haben wir ein eigens für uns komponiertes Luther-Musical zur Aufführung gebracht. Inzwischen wird in über 50 deutschen Städten „Hallo Luther“ gefeiert. Hallo Luther bringt eine breite Öffentlichkeit mit der Gestalt Martin Luthers in Kontakt. Das kann ein „Umdeuten“ von Halloween nicht leisten. Im Gegenteil: Da Halloween und Reformationstag um das selbe Datum konkurrieren, wird jede Hinwendung zu Halloween eine Schwächung des Reformationstages mit sich bringen. An der Gestalt Martin Luthers machen wir exemplarisch deutlich, was es bedeutet, wenn sich ein Mensch dem Wirken Gottes aussetzt. Sicher kann auch an Luther nur gut sein, „was Christum treibet“. Deshalb können und müssen wir ihn auch kritisch sehen. Doch ich finde bei Martin Luther unendlich viel mehr Christliches als bei Halloween. Deshalb: Hallo Luther statt Halloween! Philipp Meyer ist Superintendent in Hameln.
Impressum Der »Loccumer Pelikan« wird herausgegeben vom Religionspädagogischen Institut Loccum. Er berichtet über die Arbeit des Religionspädagogischen Instituts und beteiligt sich an der religionspädagogischen Grundsatzdiskussion. Er informiert über Neuigkeiten im Feld von Schule und Gemeinde und bietet Unterrichtenden Hilfen für ihre Arbeit. Die vierte Ausgabe eines Jahres enthält das Jahresprogramm des RPI für das folgende Jahr. Schulen und Kirchenkreise erhalten den »Loccumer Pelikan« regelmäßig, interessierte Einzelpersonen erhalten ihn auf Anfrage im RPI Loccum kostenlos. Eine Spende zur Deckung der Produktions- und Versandkosten ist erwünscht. Redaktion: Ute Beyer-Henneberger, Felix Emrich (verantwortlich), Bärbel Husmann, Dr. Friedhelm Kraft und Lena Kuhl. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Die Rechte an den Artikeln liegen bei den jeweiligen Autorinnen und Autoren. Erscheinungsweise: vierteljährlich Auflage: 11.000 Druck: Weserdruckerei Oesselmann, Stolzenau/Weser Religionspädagogisches Institut Loccum Uhlhornweg 10-12 31547 Rehburg-Loccum Telefon: 0 57 66 / 81 - 1 35; Telefax: 0 57 66 / 81 - 184 E-Mail: [email protected] Internet: www.rpi-loccum.de
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Heftes Bernd Abesser, RPI Loccum, Uhlhornweg 10-12, 31547 Rehburg-Loccum Ute Beyer-Henneberger, RPI Loccum, Uhlhornweg 10-12, 31547 Rehburg-Loccum Dr. Barbara Conring, Seitenweg 6, 31812 Bad Pyrmont Uta Nadira Giesel, Am Markt 18, 21354 Bleckede Annette Israel, Neuhauser Str. 3, 21339 Lüneburg Dr. Friedhelm Kraft, RPI Loccum, Uhlhornweg 10-12, 31547 Rehburg-Loccum Dr. Hartmut Lenhard, Studienseminar Paderborn II, Fürstenweg 17 a, 33102 Paderborn Philipp Meyer, Superintendentur Hameln, Hafenstr. 4, 31785 Hameln Inge Osthues, Realschule Verden, Trift 1, 27283 Verden (Aller) Ralf Rogge, RPI Loccum, Uhlhornweg 10-12, 31547 Rehburg-Loccum Evelyn Schneider, RPI Loccum, Uhlhornweg 10-12, 31547 Rehburg-Loccum Dr. Ingrid Wiedenroth-Gabler, Seminar für Ev. Theologie, Bienroder Weg 97, 38106 Braunschweig
Bankverbindungen: Volksbank Steyerberg, BLZ 256 625 40, Kto.-Nr. 37 000 200 Sparkasse Nienburg, BLZ 256 501 06, Kto.-Nr. 222 000
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Eine Lernstraße zum Thema Glück „Ein Gesicht bekommt ein Mensch, nicht indem er sich im Spiegel betrachtet, sondern indem er auf etwas sieht, etwas wahrnimmt, von etwas gebannt ist, was außerhalb seiner selbst ist. So lernt der Mensch, sich von außen zu verstehen: von der Kraft seiner Mütter und Väter her, von der Kraft seiner Brüder und Schwestern. Der Glaube, der Mut, die Hoffnung bauen sich von außen.“1 (Fulbert Steffensky)
Das Thema „Glück“ wurde in der Theologie und Religionspädagogik eher stiefmütterlich behandelt. In Dogmatiken sucht man das Stichwort vergeblich. Aber auch in der Bibel findet man lediglich im Alten Testament 34 Eintragungen, für das Neue Testament sind keine Eintragungen zu finden.2 „Offensichtlich lässt sich der leidende Gottessohn Jesus Christus nicht mit einer wie auch immer gearteten Vorstellung vom Glück in Verbindung bringen“ – so vermutet Jörg Lauster, der mit seiner Veröffentlichung „Gott und das Glück“ ein Gegengewicht zum bisherigen Trend setzt.3 Denn die Frage nach dem Glück und dem gelingenden Leben gehört zu den zentralen der Menschen in Vergangenheit und Gegenwart. Sie berührt individuelle, spirituelle und gesellschaftlich-ökonomische Aspekte. Welche wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen brauchen Menschen, um ein glückliches Leben führen zu können? Jeder ist seines Glückes Schmied – was kann ich selber zu meinem Glück tun oder lassen? Hilft mein Glaube bei der Suche nach einem glücklichen Leben? Bisher waren es in erster Linie die Philosophie und die Psychologie, die sich des Themas angenommen haben. Einer der ersten Forscher auf dem Gebiet der Glücksforschung war der Psychologe Martin E.P. Seligmann, der sich der Frage angenommen hat, warum Optimisten länger leben.4 Psychologische Einsichten Seligmann hat in psychologischen Tests Menschen befragt und beobachtet, die nach eigenen Einschätzungen ein glückliches und zufriedenes Leben führten. Als ein Erfolgsre-
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zept stellte sich heraus, dass diese Menschen um ihre besonderen Stärken, die so genannten Signaturstärken,5 wussten und diese auch in ihrem beruflichen wie privaten Umfeld nutzen konnten. Seligmann hat 24 Tugenden und Stärken evaluiert, die sich verschiedenen Kategorien wie Weisheit und Wissen, Humanitas und Liebe, Mäßigung, Gerechtigkeit etc. zuordnen lassen.6 Lebt ein Mensch mit diesen Stärken, so steigt die Lebenszufriedenheit und das Glücksgefühl. „Ich glaube, dass jeder Mensch einige Signaturstärken besitzt. Dies sind die Charakterstärken, die das Wesen eines Menschen ausmachen. Das weiß der oder die Betreffende auch selbst, darüber freut man sich, und wenn man es richtig macht im Leben, dann verwirklicht man seine Hauptstärken jeden Tag im Beruf, in der Liebe in der Kindererziehung … Meine Formel für ein gutes Leben lautet: Bringen Sie Ihre Signaturstärken jeden Tag und in Ihren wichtigsten Lebensbereichen ein, um eine überreiche Belohnung und authentisches Glück zu erlangen.“7 Eine andere Einsicht bezieht sich auf die Haltung zur eigenen Vergangenheit. Ist sie geprägt von Dankbarkeit und richtet sie den Fokus auf das Gelungene und Schöne, ist sie ein wichtiger Verbündeter in der nur allzu menschlichen Haltung, die negativen Erfahrungen primär zu speichern. Drei Wege helfen nach Seligmann, mehr Glück über die Vergangenheit zu empfinden: Erstens die Ideologie aufgeben, dass die Vergangenheit die Zukunft bestimmt, hier also einen kausalen Zusammenhang suchen oder herstellen zu wollen. Zweitens: Die Erinnerungen absichtlich umändern, indem „Sie Ihre Dankbarkeit für das Gute in Ihrer Vergangenheit vergrößern, intensivieren Sie positive Erinnerun-
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Glücksarchiv – Bilder gelingenden Lebens
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gen“, und drittens: „indem Sie lernen, wie man vergangene Übeltaten vergibt, entgiften Sie jene Bitterkeit, die Zufriedenheit unmöglich macht.“8 Nahe liegend ist dann das Bemühen, einen positiven Blick in die Zukunft und Zuversicht zu gewinnen. Kernpunkt ist dabei, negative und pessimistische Zukunftsvorstellungen als solche erkennen und klären.9 Stefan Klein ergänzt mit seiner Veröffentlichung10 die durch Tests entwickelten Erkenntnisse durch Einsichten der Hirnforschung. Hirnphysiologische Untersuchungen ergaben, dass sich das Gehirn je nach persönlicher Lebenssituation und Lebenszufriedenheit neu organisiert. So hat man bei depressiven Menschen ein Absterben von Gehirnzellen beobachtet; bei zufriedenen, glücklichen Probanden aktivierten sich bestimmte Zentren und neue Neuronen werden gebildet.11 Gefördert werden kann dieser Prozess durch sportliche Aktivitäten, Sexualität und Erotik, Herausforderungen im Alltag und das Aufgehen in ihnen (Geheimnis des Flow), Solidarität mit anderen Menschen und die Aufgabe der Selbstbezogenheit, die Kontrolle negativer Emotionen, Vielfalt und die Erfahrung, in der Gesellschaft ein selbst bestimmtes Leben führen zu können. „Am wichtigsten für das Wohlbefinden aber ist unser Verhältnis zu anderen Menschen. Freundschaft und Liebe mit Glück gleichzusetzen, ist keineswegs übertrieben. Die Aufmerksamkeit, die wir den Menschen in unserer Nähe schenken, kommt unserer eigenen Stimmung zugute.“12 Zusammenfassend kann man sagen: Menschen sind durchaus ihres Glückes Schmied. Sie können durch ihre inneren Haltungen, ihre Lebensführung und ihr Verhalten viel dazu tun, dass ihr Leben befriedigend, sinnvoll und glücklicher verläuft. Beide Autoren richten dabei ihre Aufmerksamkeit auf Erfolgsrezepte, die glückliche Menschen in ihrem Alltag praktizieren. Sie zu nutzen, ist sinnvoll und kann helfen, das Leben glücklicher zu führen. Theologische Einsichten Glück in theologischer Perspektive hat eine spirituelle Dimension, die sich im Gottesbezug der glaubenden Menschen findet. In den Geschichten des Alten Testaments wird das eigene Leben mit allen glücklichen und schwierigen Tagen gedeutet als Gabe Gottes. So wird Josef als glücklich in Ägypten beschrieben, weil Gott bei ihm war und sein Geschick lenkte. Gott ist der Geber allen Glücks. Es lässt sich erfahren in „Gütern und Widerfahrnissen, die auf den Geber selbst verweisen, also auf ihre transzendente Herkunft hin durchsichtig werden. Glück ist damit immer Ausdruck einer erfüllten Gottesbeziehung, und der Lebensgewinn der Religion gestaltet sich konkret als Lebensmut und Gottvertrauen.“13 Im Neuen Testament wird zwar an keiner Stelle das Wort glücklich benutzt, dennoch wird das Lebensgefühl beschrieben. Die Seligpreisungen (Mt 5) oder die Geschichte vom verlorenen Sohn (Lk 15, 11-32) zeichnen Bilder gelingenden Lebens, in denen ein neuer Anfang geschenkt wird und eine Welt entworfen wird, in der Menschen Solidarität und
Gerechtigkeit leben und erfahren können. Mit Jesus und seiner Vision des Reiches Gottes kommt ein neues Lebensgefühl in die Welt, das mit einer Umwertung der Werte, dem Durchbrechen des Kausalitätsprinzips von Schuld und Strafe und dem Aufscheinen größerer Lebenshorizonte verbunden ist. „Denn dort, wo der Mensch den letzten Grund der ihn tragenden Wirklichkeit berührt und danach handelt, gewinnt er sich selbst über das hinaus, was ihm als Durchsetzung endlicher Wünsche und Interessen wichtig erscheint, und wird so zu einer Selbstlosigkeit höherer Ordnung befreit. … Es ist der Aspekt einbrechender Unverfügbarkeit und aufleuchtender Transzendenz, der das urchristliche Verständnis vom guten und glückenden Leben offensichtlich so schwer mit dem Konzept in Einklang bringen lässt, das unter dem Glück des Menschen die durch eigene Anstrengung zu erzielende Realität seiner besten ihm innewohnenden Anlagen versteht. Darin liegt sicher auch einer der Gründe, die im jüdisch-urchristlichen Kontext die großen Vorbehalte gegen den griechischen Begriff eudaimonia genährt haben.“14 Glück aus theologischer Perspektive wird man daher immer auch als Transzendenzerfahrung beschreiben. In erfüllten Momenten leuchtet ein anderer, die eigene Wirklichkeit überbietender Horizont auf. „Eine Dimension unbedingten Sinns bricht in die Lebensführung des Menschen mit allen Kontingenzen herein. Im Augenblick dieses Glücks weiß der Mensch sich aufgehoben in einer ihm wohlwollend zugewandten, guten Wirklichkeit.“15 Es ist dabei nach Lauster ein Zeichen der Gottebenbildlichkeit des Menschen, dass er dieses Streben nach Glück in sich trägt und nach Sinn sucht. In Momenten gelingenden Lebens werden Mut und Vertrauen geschenkt, die vielleicht die einzige Basis sind, optimistisch und zukunftsoffen durch das Leben zu gehen. Allerdings ist dieses Glück unverfügbar, nicht durch eigene Anstrengung zu erreichen. Es bleibt ein Fragment. Lauster beschreibt daher die Aufgabe der Religion in der Frage des Glücks folgendermaßen: „Man spricht gemeinhin davon, die Aufgabe der Religion bestünde darin, die Komplexität der Wirklichkeit zu reduzieren, um so dem Menschen Übersicht zu geben. Im Falle des Zusammenhangs von Gott und Glück wird man umgekehrt argumentieren müssen: Religion erhöht die Komplexität des Glücks, um die Übersicht über das, was sich die Menschen unter dem Glück und seiner Erreichbarkeit in Frage zu stellen. Eine religiöse Deutung verabschiedet das Glück nicht … aufgrund der Tatsache, dass es offensichtlich so schwer oder gar nicht zu erreichen ist. Ebenso wenig beschränkt sie sich nicht einfach auf die Feststellung, das Glück sei unverfügbar. Einem religiösen Verständnis zufolge begegnet der Mensch vielmehr im Glück einem Überschuss an Wirklichkeit und einem Mehrwert des Lebens, der ihn ahnen lässt, dass dieses Glück nicht nur von dieser Welt ist.“16 Das Glück als Thema einer Lernstraße Auch Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I und in der Konfirmandenzeit sind auf der Suche nach Perspekti-
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Methodische Überlegungen Der zeitliche Rahmen sollte eine Doppelstunde umfassen, damit die einzelnen Stationen in Ruhe bearbeitet werden können. Für die Konfirmandenarbeit bietet sich ein Voroder Nachmittag an. Der Rahmen einer Lernstraße mit vier Stationen wurde gewählt, weil er den Schülerinnen und Schülern verschiedene Zugangswege zu der Thematik sowohl im Blick auf die Themen, aber auch in der Methodik erschließt. Dies liegt besonders in Konfirmandengruppen nahe, die sich in der Regel durch eine große Heterogenität auszeichnen; aber auch in Schulklassen finden sich bekanntlich sehr unterschiedliche Lerntypen, für die verschiedene Zugangswege hilfreich sind. Die Stationen Station 1: Brettspiel Glücksarchiv Sozialform: Gruppenarbeit (5 Personen) Zeitrahmen: 20 Minuten Die spielerische Form des Brett- und Würfelspiels nimmt verschiedene Perspektiven der Frage nach dem Glück und dem Glücklichen Leben auf: So sind persönliche Einschätzungen und Stellungnahmen zu philosophischen oder (populär-)wissenschaftlichen Aussagen gefragt (vgl. Ereigniskarten Kant, Seneca etc.), die Jugendliche mit fremden Lebenskonzepten bekannt machen sollen und vielleicht Neugier wecken. Aufgaben zu biblischen Fragestellungen nehmen theologische Fragestellungen auf und bringen die Frage nach Gott und dem Glück ins Spiel. Auch hier soll es darum gehen, zu eigenen Reflexionen anzuregen und zu ersten Antworten zu kommen. Märchen (z.B. Hans im Glück), Alltagswissen und -erfahrungen und manche „Schicksalsschläge“ im Spielverlauf sollen für den nötigen Spaß im Spielverlauf sorgen. Ziel des Spieles ist es, fremde Glückskonzepte zur Kenntnis zu nehmen, Reflexionen und Diskussionen anzuregen über die Frage anzuregen, wie ich mir ein glückliches Leben vorstelle.
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Station 2: Meditation zu Psalm 139 Sozialform: Einzelarbeit Zeitrahmen: 15 Minuten War die erste Station stark durch Dialog und Gruppenarbeit geprägt, soll die zweite eine Einzelarbeit sein. Es geht um die persönliche Auseinandersetzung mit dem 39. Psalm und dem Dank an Gott für das Geschenk des eigenen Lebens, das der Beter des Psalm für sich als Bekenntnis zu auszusprechen vermag. Das ist sicher nicht für alle Jugendlichen plausibel und in dieser Phase der Entwicklung vorbehaltlos nachzusprechen. Dennoch ist es sinnvoll, den Gedanken zur Kenntnis zu nehmen und zu bedenken, sich als gelungenes Geschöpf Gottes, wunderbar gemacht mit Leib und Seele zu verstehen. Die Meditation mit Musik und kreative Gestaltungsmöglichkeit im Malen eines Bildes sollen den Rahmen für diese Nachdenklichkeit schaffen. Jugendlichen, aber auch nicht wenigen Erwachsenen fällt es oftmals schwer, persönliche Bekenntnisse offen auszusprechen. Daher ist nach der Phase der individuellen Erarbeitung des Psalms eine kreative Ausdrucksmöglichkeit vorgesehen, aber kein Austausch in der Kleingruppe über die entstandenen Bilder und die damit verbundenen Gedanken und Gefühle. Station 3: Der verlorene Sohn – eine Standbildarbeit Sozialform: Gruppenarbeit (5-7 Personen) Zeitrahmen: 30 Minuten Das Gleichnis vom verlorenen Sohn enthält gerade in der Versöhnungsszene am Ende ein starkes Bild von Glück und Versöhnung. Gerade auf dem Hintergrund von Scheitern wird ein neuer Anfang geschenkt. Ein neues Leben ohne Festlegung auf Scheitern und Lebenschancen, die vertan sind, wird dem Zurückkehrenden eröffnet. Glück erscheint hier in der Gebrochenheit, im Gewinnen von Autonomie, die um die Begrenztheit der eigenen Möglichkeiten weiß. Jugendlichen eine Ahnung von dieser Dimension des Glücks zu vermitteln, die nicht nur auf Gelungenes setzt, sondern auch das Scheitern und Versagen im Blick hat, halte ich für wichtig. Die Standbildarbeit ermöglicht einen emotionalen Zugang und einen Rollen- und Perspektivenwechsel, der über das intellektuelle Erarbeiten hinausgeht. Station 4: Glücksrezepte Sozialform: Gruppenarbeit (5 Personen) Zeitrahmen: 15 Minuten Die Glücksrezepte18 nehmen wichtige und hilfreiche Erkenntnisse der Psychologie auf, die das Leben erleichtern und glücklicher sein lassen können – so belegen es jedenfalls Befragungen und Tests. Bei dieser Station soll es darum gehen, die Erkenntnisse der Psychologie kennenzulernen und auf die Plausibilität für das eigene Leben zu prüfen. Daher soll ein Ranking erstellt werden. Im Austausch mit den anderen Gruppenteilnehmern sollen verschiedene Wege und Lebensperspektiven aufscheinen. Auch hier ist der Ansatz bei den zunächst fremden Konzepten;
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ven für ihr eigenes Leben. Sie gewinnen immer mehr Eigenständigkeit, suchen Bilder gelingenden Lebens und gehen der Frage nach, was zu einem glücklichen Leben führt.17 Die ausgeführte Lernstraße nimmt das Thema in den verschiedenen theologischen, psychologischen, philosophischen, in Teilen auch populärwissenschaftlichen Aspekten auf. Sie stellt verschiedene Wege, Theorien und Bilder gelingenden Lebens vor und lädt zur Auseinandersetzung und eigenen Stellungnahme ein. Dabei geht es nicht um die Verabsolutierung einer Perspektive – etwa der theologischen, sondern um Informationen über und den Vergleich der unterschiedlichen „Erfolgsrezepte zum Glück“. Dabei ist es mir wichtig, Jugendlichen eine Alternative zu dem Zwang zu bieten, seines eigenen Glückes Schmied zu sein und sich damit selbst zu überfordern.
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vermutlich werden aber manche Jugendliche Übereinstimmungen, aber auch Widersprüche zu ihren Lebenserfahrungen entdecken. Hier geht es nicht um richtig oder falsch, sondern um Verbindendes und Unterschiedliches, denn Menschen haben unterschiedliche Lebenserfahrungen, auch die Jugendlichen der 7. Jahrgangstufe. Die Offenheit für ganz andere Ideen soll ausdrücklich gewahrt sein. Ergänzt werden können diese Lernstationen durch weitere wie die Gestaltung der Seligpreisungen oder des Märchens „Hans im Glück“. Die abschließende Auswertung kann in Form eines Schreibspiels geschehen, in dem die Berührungspunkte und die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Perspektiven herausgearbeitet werden. Die Form sich überschneidender Kreise kann eine Anregung sein, um die Schnittmenge zwischen den verschiedenen Perspektiven herauszuarbeiten. Eine andere Form, die auf das persönliche Resümee abzielt, ist ein Brief an einen Freund/eine Freundin, in dem der Verfasser, die Verfasserin Hinweise für den Weg zu einem glücklichen Leben gibt. Ute Beyer-Henneberger ist Dozentin am Religionspädagogischen Institut Loccum für den Bereich Konfirmandenarbeit.
Nenne zwei glückliche Menschen aus der Bibel. Rücke drei Felder vor. Fällt dir niemand ein, fünf Felder zurück.
Du hättest einen Menschen glücklich machen können, es aber nicht getan. Gehe acht Felder zurück!
Anmerkungen 1 2 3 4 5 6
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
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Steffensky, Fulbert: Feier des Lebens. Spiritualität im Alltag, Stuttgart 1984, S. 51. Calwer Bibelkonkordanz, Stuttgart 1983, S. 431f. Lauster, Jörg: Gott und das Glück. Das Schicksal des guten Lebens im Christentum, Gütersloh 2004, S. 11. Seligmann, Martin E.P.: Der Glücksfaktor. Warum Optimisten länger leben, Ulm 2005. Ebd., S. 221ff. Um einen Überblick zu verschaffen, seien die Signaturstärken vollständig aufgeführt: Neugier, Lerneifer, Urteilskraft, Kreativität, Intelligenz, Weitblick, Tapferkeit, Durchhaltekraft, Integrität, Menschenfreundlichkeit, lieben und sich lieben lassen, Staatsbürgertum, Fairness, Führung, Selbstkontrolle, Klugheit, Bescheidenheit, Schönheitssinn, Dankbarkeit, Optimismus, Spiritualität, Vergebung, Humor, Begeisterung (ebd., S. 256f.). Ebd., S. 258ff. Ebd., S. 143. Ebd., S. 166ff. Klein, Stefan: Die Glücksformel, Reinbek bei Hamburg 2002. Ebd., S. 210ff. Ebd., S. 283. Lauster, Jörg, a.a.O., S. 23. Ebd., S. 35f. Ebd., S. 174. Ebd., S. 190. Vgl. Michaelsen, Susanne: „… damit ich mich nach der Schule nicht hetzen muss.“ Eine Schülerbefragung zu Konfirmandenunterricht und Ganztagsschule, in: Loccumer Pelikan 1/07, S. 34ff., insbesondere Anm. 6. Quelle: www.gluecksarchiv.de (in Auszügen).
Glück entsteht oft durch Aufmerksamkeit in kleinen Dingen, Unglück oft durch die Vernachlässigung kleiner Dinge. (Wilhelm Busch) Stimmt diese These? Begründe deine Meinung! Rücke bei Anerkennung der Argumentation durch die Gruppe sieben Felder vor.
Du hast Glück! Einfach so drei Felder vor!
Erzähle eine Begebenheit, bei der du einen Menschen glücklich erlebt hast.
Erzähle eine Begebenheit, wo du selber glücklich gewesen bist.
Rücke vier Felder vor!
Rücke vier Felder vor!
Erzähle das Märchen vom „Hans im Glück“!
Das Glück, das mich gestern geküsst, ist heute schon zerronnen. (Heinrich Heine)
Wenn du es kennst und erzählen kannst, rücke sieben Felder vor!
Stimmt die These? Begründe deine Meinung. Bei Anerkennung deiner Argumente durch die anderen, rücke sechs Felder vor!
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Dass andere Leute kein Glück haben, finden wir sehr natürlich, dass wir selber keines haben, erscheint uns immer unfassbar. (Marie von Ebner-Eschenbach)
Nenne ein Glückssymbol! Rücke zwei Felder vor!
Stimmt die These? Begründe deine Meinung. Bei Anerkennung durch die anderen rücke sechs Felder vor!
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Wenn ja, erzähle davon und rücke vier Felder vor!
Manchmal stellen sich Menschen selbst ein Bein. Welche Rezepte kennst du zum Unglücklichsein? Rücke für jedes Rezept ein Feld vor!
Du hast Pech gehabt! Rücke einfach so zehn Felder zurück!
Frage einen/eine deiner Mitspieler, wann er/sie in der vergangenen Woche glücklich war. Rückt beide fünf Felder vor!
Frage eine/n deiner Mitspieler/innen, wie du ihr/ihm einen Gefallen tun kannst. Wenn du ihn erfüllen kannst, rücke drei Felder vor.
Der Besitz macht uns nicht halb so glücklich, wie uns der Verlust unglücklich macht. (Jean Paul) Stimmt die These? Begründe deine Meinung! Bei Anerkennung der Argumentation durch die anderen rücke vier Felder vor.
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Jesus begegnete vielen Menschen und hat sie glücklich gemacht. Erzähle eine Geschichte davon. Rücke fünf Felder vor!
Man soll dort bleiben, wo man sich glücklich fühlt. Glück ist ein transportempfindliches Möbelstück. (Mangham) Stimmt die These? Begründe deine Meinung! Rücke bei Anerkennung der Argumentation durch die anderen zehn Felder vor.
Kein anderes Glück empfind‘ ich als zu lernen. (Petrarca) Stimmt die These? Begründe deine Meinung! Rücke bei Anerkennung der Argumentation durch die anderen fünf Felder vor.
Im Alten Testament wird von glücklichen und unglücklichen Menschen erzählt. Nenne zwei, die unglücklich waren. Rücke drei Felder vor!
In der Bibel erzählen Menschen davon, dass Gott sie glücklich gemacht hat. Erzähle eine Geschichte! Wenn du eine weißt, rücke fünf Felder vor!
Heute bist du mit dem falschen Fuß aufgestanden, nichts gelingt. Rücke zehn Felder zurück!
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Kennst du ein Glücksrezept?
Nenne ein Sprichwort zum Thema Unglück.
Jeder ist seines Glückes…
Rücke drei Felder vor!
Ergänze das Sprichwort! Bei richtiger Antwort rücke ein Feld vor!
Singe ein Lied, in dem „Glück“ vorkommt!
Nenne eine der Seligpreisungen aus dem Neuen Testament!
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Rücke fünf Felder vor!
Manche Menschen tragen einen Talisman. Warum? Rücke pro Antwort ein Feld vor!
Wenn du am glücklichsten bist, sieht dich Gott. (Bantu-Weisheit) Stimmt das Sprichwort? Begründe deine Meinung! Rücke bei Anerkennung der Argumentation durch die anderen rücke Felder vor.
Bei einer richtigen Antwort rücke fünf Felder vor!
Ohne Gefährten ist kein Glück erfreulich. (Seneca) Stimmt die These? Begründe deine Meinung! Rücke bei Anerkennung der Argumentation durch die anderen fünf Felder vor.
Wir sind nicht auf der Welt, um glücklich zu werden, sondern um unsere Pflicht zu erfüllen. (Immanuel Kant) Stimmt die These? Begründe deine Meinung! Rücke bei Anerkennung der Argumentation durch die anderen fünf Felder vor.
M1 Station 1: Brettspiel Glücksarchiv Das Spielbrett sollte mindestens 100 Felder (70 normale und 30 Ereignisfelder) umfassen. Die Form und Gestaltung ist frei wählbar. Spielregeln für das Glücksarchiv: 1. Um zu starten, musst du eine Sechs würfeln. (Drei Versuche). 2. Bei einer Sechs noch einmal würfeln. Kommst du durch den Sechser-Wurf auf ein Ereignisfeld, erst eine Karte ziehen. 3. Triffst du auf den Spielstein eines Mitspielers, hast du die Wahl: • Du kannst ihn rauswerfen oder • Ihm/ihr eine Frage stellen, die dich schon immer interessiert hat. Antwortet er/sie, darf er/sie ein Feld vorrücken. 4. Gewonnen hat, wer als Erster das Ziel erreicht.
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M2 Station 2: Meditation zum 139. Psalm
Nimm dir ein Blatt Papier und male ein Motiv aus dem Psalm. Wenn du magst, höre dabei Musik. Psalm 139, 11-17 11 Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein –, 12 so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht. 13 Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe. 14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. 15 Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde. 16 Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war. 17 Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken! Wie ist ihre Summe so groß!
M3 Station 3: Der verlorene Sohn – eine Standbildarbeit Anleitung zur Station 3: • Folgt der Anweisung zur Standbildarbeit. • Bitte lest die Geschichte vom „verlorenen Sohn“. • Bestimmt eine Szene, die ihr darstellen wollt. • Bestimmt einen Baumeister/eine Baumeisterin, die mit euch als Material ein Standbild gestaltet; es können weitere Requisiten genutzt werden. • Ihr könnt einzeln eure Rollen und Positionen verlassen, damit alle das Standbild vollständig betrachten können. • Der Baumeister/die Baumeisterin kann durch Antippen einzelne Figuren zum Leben erwecken und sie etwas fragen. Auswertungsfragen: • Was habe ich in der Rolle erlebt? – Gedanken – Gefühle – Assoziationen • Glück bedeutet in dieser Geschichte …
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Anleitung zur Station 2: 1. Durchgang: Bitte, lies die Worte des 139. Psalms. 2. Durchgang: Gehe durch den Raum und lies die Worte laut, die dir besonders gefallen. 3. Durchgang: Unterstreiche die Worte, die dich irritieren. 4. Durchgang: Unterstreiche die Worte, die du nicht verstehst. 5. Durchgang: Lies die Psalmworte noch einmal, wie sie dort stehen.
M4 Station 4: Glücksrezepte
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Anleitung zur Station 4: 1. Lies die von Glücksforschern entwickelten Glücksrezepte. 2. Bringe sie in eine Reihenfolge nach ihrer persönlichen Bedeutung für dich unter der Fragestellung: Um glücklich leben zu können ist für mich am wichtigsten: … 3. Lege die Karten in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit. 4. Stellt euch eure Ergebnisse vor. 5. Kommt darüber ins Gespräch, was euch verbindet und unterscheidet. Vielleicht fehlt euch ja auch noch etwas.
Genieße den Augenblick! Achtsamkeit und volle Konzentration auf das, was gerade passiert, ganz bei der Sache bleiben, ohne dabei an etwas anderes zu denken erzeugt Flow und damit auch Glück.
Beziehungen zu Menschen haben oberste Priorität! Menschen fühlen sich am häufigsten und intensivsten glücklich, wenn sie mit anderen zusammen sind. Liebe, Freundschaft, Geselligkeit, Kameradschaft sind auch im Zeitalter des Individualismus das beste Mittel für Glück.
Konzentriere Dich auf das Wesentliche Für viele in den westlichen Industrieländern sind die Möglichkeiten, das Leben zu gestalten, fast unbegrenzt, sofortige Bedürfnisbefriedigung ist garantiert. Der ungebremste Hedonismus kippt um in sein Gegenteil: Anhedonie, die Unfähigkeit, Freude empfinden oder genießen zu können. Die Gegenstrategie lautet: Nicht wahllos konsumieren, die Bedingungen des Genießens kontrollieren, sich auf das Wesentliche konzentrieren, sich der Dauerberieselung und Überfütterung entziehen.
Fordere Dich in Arbeit und Freizeit! Das Ausreizen der eigenen Talente und Fähigkeiten führt zu Flow und Stolz auf die eigene Leistung und steigert das Selbstwertgefühl.
Tue so, als ob Du glücklich wärst, und Du wirst es sein! Z. B. verändert Lächeln unsere Stimmung, egal ob es ein echtes Lächeln ist oder nicht, Der Glücksforscher David Myers sagt dazu: „Going through the motions triggers the emotions.“
Übe Dich in Gelassenheit! Das Glück lässt sich nicht erzwingen. Verzichten- und Aufschiebenkönnen, sich nicht unablässig als Nabel der Welt sehen führt zu mehr Glück. Glück bedeutet, nicht von sich selbst besessen zu sein.
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Evelyn Schneider
„Geh aus mein Herz …“
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Als Literat unter den Liedermachern der frühen Neuzeit der fähig ist, sich über kränkende autoritäre Strukturen zu hat Paul Gerhardt in vielen seiner Texte alltägliche Beob- erheben. achtungen so kunstvoll in Worte gefasst, dass sich für den Leser Alltägliches zu Besonderem wandeln konnte. Dabei Eine Liedstrophe für Kindergarten erweist sich Paul Gerhardt als Meister der Sprache. Seine und Grundschule (erste Klasse) Gedichte sind zugleich literarisch anspruchsvoll und volkstümlich einfach. Das Geheimnis seiner Poesie liegt wohl In der Beobachtung des Alltäglichen das Besondere entdarin, Dogmen in Bilder zu verwandeln, Glaubenswahr- decken und schätzen lernen zum Einen, und zum Anderen heiten in muntere Sprüche und Bekenntnis in Erfahrung. Texte zu haben, die das Grundvertrauen ins Leben stärSo mit dem Alltag verbunden, wird ken, sind die beiden Eckpunkte in Kirchenlehre zu Lebenserfahrung denen sich die Arbeit mit einem Der Wolken Luft und Winden und verstehbar für alle. Paul-Gerhardt-Lied mit den Kleingibt Wege Lauf und Bahn, der sten bewegt. Wenn die Lieder, wie Eigentlich hatte Paul Gerhardt einmal gesagt wurde, der Tiefe und wird auch Wege finden, da dein seine Lieder für den Hausgebrauch Weisheit der Psalmen nicht nachFuß gehen kann. geschrieben, nämlich für die seistehen, dann lässt sich auch ähnlich (aus EG 361,1) nerzeit üblichen Hausgottesdienste. wie mit Psalmen damit arbeiten. Entsprechend der Entwicklung im Und ähnlich wie die Psalmen kön17. Jahrhundert gaben seine Lieder und Texte einem indi- nen Paul-Gerhardt-Lieder nicht nur über den Jahreskreis viduell geprägten Glaubensleben Raum, wie es sich im hinweg, sondern ein Leben lang Begleiter sein. Mit ihren Kontrast zur gemäßigten Orthodoxie des Luthertums aus- Bildern kann man den Kindern philologisch und theolozubreiten begann. Hierin liegt dann auch die Hauptkritik gisch Schätze anbieten, die im Laufe ihres Lebens wachan Paul Gerhardt verborgen. Als „fromme Poesie“ mit zu sen und reifen. Das muss natürlich klein beginnen. viel an subjektiver Empfindung ordnete z.B. Dietrich Bonhoeffer die Lieder Gerhards zunächst ein, konnte ihnen aber Das Lied Geh aus mein Herz … bietet sich an, weil in später in Gefängniszeiten nicht zuletzt durch ihre eingän- ihm Bilder verarbeitet sind, die den Kindern entweder aus gige Sprache eine rebellische Energie abgewinnen: „Hab der natürlichen Umgebung (z.B. auf dem Lande) oder aus ich das Haupt zum Freunde und bin geliebt bei Gott, was Bilderbüchern bekannt sein müssten. Es geht in dem Lied kann mir tun der Feinde und Widerum eine tief empfundene Freude, sacher Rott?“ die verursacht wird durch die BeDu zählst, wie oft ein Christe trachtung der Schöpfung und das wein’ und was sein Kummer sei; Aller Kritik an Gerhards Liedarin erkannte gute Tun Gottes. dern als protestantisch-pietistiHerz meint hier das Innerste, den kein Zähr- und Tränlein ist so schem Kitsch zum Trotz werden sie Kernpunkt des Wesens betreffend, klein, du hebst und legst es bei. bis heute weltweit gesungen und den Sitz der Gefühle. Wenn wir das (EG 324,11) sogar in der Popularmusik wieder Herz „gehen“ lassen, dahin, wo es neu entdeckt. Ihre alte Sprache rührt bekommt, was es erfreut und stark an und ist dadurch noch heute aktuell. Man spürt ihnen ab, macht, kann das uns zur Kraftquelle werden. Für Paul Gerdass sie schwere Schicksalsschläge verarbeiten und auf hardt ist dieser Ort die Natur, die Gott selbst repräsentiert. unnachahmliche Weise Trauer, Trost und Ermutigung in Dennoch ist die poetische Ausdrucksweise des Liedes (z.B. solche Worte fassen, die zeitlos sind. Paul Gerhards Lie- das Herz geht aus) Kindern nicht einfach zugänglich. Das der verbreiten Lebensmut. Und sie verbreiten Lebenstrotz, Verständnis dieser Zeilen muss angebahnt werden. Etwa so:
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Paul Gerhardt für die Kleinsten
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Sucht mal mit eurer Hand euer Herz. Könnt ihr spüren, wie Die Bedeutung der ersten Liedzeile Geh aus mein Herz es klopft? Das Herz sitzt in unserem Körper, aber wir kön- und suche Freud, die ja schon zu Beginn der Einheit angenen es außen spüren. Wenn es klopft. Wenn es sich freut. bahnt wurde, soll in einem folgenden Teil mit der bekannWenn es traurig ist spüren wir unser Herz auch außen. ten Geschichte von Frederick, der Maus erschlossen werHeute werden wir unser Herz einmal auf die Reise schi- den (Leo Leonni, Frederick, München). Die Mäuse samcken und es bitten uns etwas Schömeln im Sommer Vorräte für den nes mitzubringen. Wie das geht, zeiWinter. Nur Frederick scheint sich Du meine Seele, singe, wohlauf ge ich euch. Ein berühmter Liederan der Arbeit nicht zu beteiligen. Er und singe schön. dichter hat das vorgemacht. Er hat sitzt scheinbar untätig da und (aus EG 302,1) ein Lied gemacht, das geht so: behauptet, er sammle Sonnenstrahlen und Farben. Im Winter, als alle Geh aus mein Herz und suche Freud … Vorräte aufgebraucht sind, erweist sich der Wert dessen, die rechte Hand weist vom Herzen ausgehend nach vorn was Frederick gesammelt hat: die Erinnerung an die FarIn dieser lieben Sommerzeit … ben des Sommers und an die Sonnenstrahlen hilft den Mäubeide Hände weisen in die Umgebung sen über eine trübe Zeit hinweg. In vielen Gruppen wird An deines Gottes … die Geschichte bekannt sein. Aber gerade der Bekanntrechter Zeigefinger zeigt nach oben heitsgrad und die Erinnerung an den Verlauf der GeschichGaben … te verhilft den Kindern zu einem erfahrungsbezogenen Verbeide Hände empfangend vor den Körper halten ständnis der Tatsache: Wir leben nicht vom Brot allein. Das Schau an der schönen Gärten Zier … wird deutlich an der Geschichte und dem Lied Paul Gerrechter Zeigefinger weist vom Auge in die Umgebung hards. Beides ermuntert uns, in den vorfindlichen guten Und siehe, wie sie mir und dir … Gaben Gottes eine Kraftquelle zu finden. Die Kombination rechter Zeigefinger weist auf das Auge, dann auf sich des Liedes mit der Mäusegeschichte von Leonni kann genau selbst, dann auf einen anderen dies den Kindern nahe bringen, dass wir in Gott eine Kraftsich ausgeschmücket haben … quelle für das Leben haben und dass dies kein abstraktbeide Unterarme werden wie Blumenstängel nach oben theologischer Grundsatz ist, sondern sich um uns und in angewinkelt und die Hände wie uns täglich erweist. Das soll den Blütenkelche nach oben geöffKindern Lebensmut spenden. Eh ich durch deine Hand gemacht, net; leichte Bewegung deutet da hat dein Herze schon bedacht, wehen im Wind an. Zuletzt sollen die Kinder tatwie du mein wollest werden. sächlich ihr Herz auf die Reise schiBeim Vortragen – gesungen oder cken. Dazu fertigen sie nach der (aus EG 37,2) gesprochen – werden einzelnen PasVorlage unter M 1 Herztaschen an: sagen mit Gesten unterstützt. zunächst werden die Herzen zweiDem ersten Vortragen der Strophe kann ein zweites fol- mal kopiert und ausgeschnitten. Mit einem Locher oder gen, wobei die Kinder aufgefordert werden, die Bewegun- einer Lochzange werden an den vorgezeichneten Stellen gen mitzumachen. Erfahrungsgemäß haben die Kinder Spaß Löcher eingearbeitet. Zwei Herzen werden übereinander daran, etwas mit Bewegungen auszudrücken. Solche Fin- gelegt und nun mit einem Wollfaden zusammengenäht. Der gerspiele unterstützen das Textverständnis und erleichtern Wollfaden muss so lang sein, dass sich die Tasche um den es den Kindern, sich zusammenhängende Texte zu merken. Hals hängen lässt. Größere Kinder können das selbständig, kleinen wird man behilflich sein müssen. Die Taschen könIn einem weiteren Schritt sollten die für Kinder schwie- nen mit Namen versehen werden. Am Ende hat jedes Kind rigen Bedeutungen geklärt werden: z.B. das Wort Zier. Ggf. eine eigene Herztasche. So ausgerüstet geht es nun nach kann man zusammen mit den Kindern herausfinden, dass draußen und die Kinder werden aufgefordert, etwas Schöetwas, das verziert ist, mit besonnes in ihre Herzen zu sammeln. derem Aufwand schön gestaltet wurWenn alle wieder zusammenkomIch lag in schweren Banden, du de: eine hübsche Frisur, ein men, am nächsten Tag oder am kommst und machst mich los. besonders schön gemachtes Bild, ein Nachmittag, werden die schönen (aus EG 11,4) liebevoll gedeckter Tisch. So wie gesammelten Dinge aus den Herzwir manchmal etwas verzieren, um taschen gezeigt. Dabei wird immer anderen eine Freude zu machen, so hat Gott uns eine Freu- wieder die Liedstrophe Geh aus mein Herz und suche Freud de gemacht, indem er draußen den Garten, den Wald, das mit den Gesten gesungen – oder gesprochen. Feld schön verzierte. Die Kinder sollten Gelegenheit haben, aufzuzählen, was solche Zier im Garten Gottes ist: Blumen, Damit sich die Liedstrophe einprägt, sollte sie in AbstänBäume, schöne Steine, eine Vogelfeder etc. Auf diese Weise den wiederholt werden. Wenn es den Kindern leicht fällt, antizipieren sie den später folgenden Spaziergang in die- kann man sich auch an weitere Strophen wagen (vgl. Evanser schönen Zier und den Auftrag, etwas mitzubringen, gelisches Gesangbuch 503). Für Kinder bietet sich vor allem das das Herz erfreut. die vierte Strophe an, für die man eventuell gemeinsam
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Gesten entwickeln kann. Wer mag, kann auch einige biographische Angaben zu Paul Gerhardt einstreuen. Interessant wäre hier die Tatsache, dass Paul Gerhardt viele schwere Schicksalsschläge zu verkraften hatte und dennoch seinen Lebensmut und seine Lebensfreude nicht verloren hat, sondern immer wieder durch seinen Glauben an Gott erneuert hat.
Literaturhinweis Bunners, Christian: Paul Gerhardt. Weg, Werk, Wirkung, Göttingen, 3. Auflage 2007. Evelyn Schneider ist Dozentin am Religionspädagogischen Institut Loccum für den Bereich Berufsbildende Schulen.
Einige Schlaglichter zu Paul Gerhardts Leben: – Geboren am 12.3.1607 in Gräfenhainichen nahe Wittenberg – Mit 21 bis ca. 35 Jahren Theologiestudium in Wittenberg – Tätigkeiten als Hauslehrer und Feldprediger – Erste Pfarrstelle mit 44 Jahren in Mittenwalde im Spreewald – Gut drei Jahre später Heirat der Juristentochter Anna Maria Berthold – Mit 50 Jahren Pfarrstelle an der Berliner Hauptkirche St. Nicolai – Gestorben am 27.5.1676 in Lübben (Niederlausitz), wo er seit 7 Jahren Pfarrer war
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Und in diesem Leben: – 139 deutsche und 15 lateinische Lieder und Gedichte verfasst – Dreißigjähriger Krieg und seine Zerstörungen, mehrere Ausbrüche der Pest – Aufgabe der Pfarrstelle in Berlin nach Streit mit Kurfürst Friedrich Wilhelm I wegen dessen „Toleranzediktes“. – Vier seiner fünf Kinder sterben noch als Kleinkinder – 1667 Tod seiner Frau nach zwölf Ehejahren Quelle: www.wikipedia.de, Artikel „Paul Gerhardt“, eingesehen am 9. Juli 2007. (http://de.wikipedia.org/wiki/ Paul_Gerhardt)
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Barbara Conring
bet & breakfast – Mehr als eine Schulandacht Wie es dazu kam Die Idee, „etwas Spirituelles“ zu machen, kam von den Schülerinnen und Schülern unserer Schule, die mit besonderem Interesse die Teile von Kirchenpädagogik- und Klosterprojekten rezipierten, die mit spirituellen Formen, Meditation, Gebet, Gesang, Stille zu tun hatten.1 Wir evangelischen und katholischen Religionslehrer überlegten gemeinsam mit den interessierten Schülern, ob und wie es möglich sein kann, solche Elemente in den Schulalltag zu transportieren. Wir haben mit Schülern unterschiedlicher Altersstufen in den letzten Jahren verschiedene Dinge ausprobiert: ein „Stille-Projekt“, „Lernen im Kloster“, ein temporär eingerichteter „Raum der Stille“ in der Schule, zuletzt am Buß- und Bettag. Im Folgenden soll unser Langzeitprojekt, bet & breakfast vorgestellt werden. Was ist bet & breakfast? bet & breakfast sind zwanzigminütige Andachten mit anschließendem Frühstück, die in der Passionszeit und in der Adventszeit jeweils mittwochs um 7.00 Uhr morgens in der Schule gefeiert werden. Inhaltliche Zielsetzung Wiewohl die Grundidee für das Projekt aus dem konfessionell gebundenen Kontext stammt („Frühschichten“ an einer katholischen Schule), war uns wichtig, das Projekt ökumenisch auszurichten, nicht nur, weil die beiden Initiatoren unterschiedlichen Konfessionen angehören, sondern weil wir ein spirituelles Angebot für die Schule machen wollten, jedoch kein konfessionelles. Der konfessionellen Offenheit korrespondiert jedoch eine klare christliche Grundorientierung: Die Impulse kreisen um christliche Grundfragen, Deutungsangebot und Handlungsimpuls sind evangeliumsgemäße Aussagen.
Unsere Profilierung als Religionslehrer ist hierbei klar: Wir sprechen aus der Situation der Glaubenden heraus und bekennen uns, greifbarer als im Unterricht, als zu dieser Religion dazu gehörig. Damit werden wir zu Ansprechpartnern für einen Bereich, der im Religionsunterricht nur eine untergeordnete Rolle spielen kann.2 Diese in der Schule gelebte Glaubenspraxis kann, wie sich von selbst versteht, nur freiwilligen Charakter haben. Sowohl Form als auch Inhalt von bet & breakfast sind ein Vorschlag für ein Lebensdeutungsmodell, das lediglich Angebots- und Einladungscharakter haben kann. Unsere inhaltliche Grundidee bei der Konzeption der ersten bet & breakfast-Reihe war es, die Passionszeit als Fastenzeit stärker ins Bewusstsein zu rücken. So kreisten unsere ersten Impulse um das Thema „Kreuzweg“ und brachten Aspekte wie Weg, Verzicht, Gewinn, Erwartung zur Sprache.3 Die Adventsreihe widmete sich dem Thema „Licht in der Finsternis“. Inhaltliche Gegenstände der Andachten waren hierbei Fragen nach Zeiten von Trauer und Freude im Leben, nach Quellen für Stärke, Zuversicht und Hoffnung.4 Die dritte, wieder in der Passionszeit liegende Reihe trug den Titel „Auf der Suche“. Hier ging es in den inhaltlichen Impulsen um Aspekte wir die Suche nach Glück, nach mir, nach Orientierung, nach Gott. Den jeweiligen Reihen wird also ein sehr offenes Oberthema zugeordnet, das die einzelnen Impulse zu verknüpfen vermag, aber die inhaltliche Gestaltung der einzelnen Verantwortlichen nicht zu stark einengt. Ablauf Der Rahmen der Andacht ist immer derselbe: Dem Ankommen im ruhigen, dunklen Raum folgt das Taizé-Lied, dann der inhaltliche Impuls, gegebenenfalls gefolgt von einer knappen Aktionsphase, dann ein Moment der Stille und schließlich das Abschlusslied. Diese Kontinuität in der Form zeigt die Bezugsgröße, eine klösterliche Hora oder eine ähnliche gottesdienstliche Kleinform.
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Je nach Gestaltung des Impulses folgt eine Stillephase, in der das Gehörte und Gesehene nacherlebt werden kann. Das kann in Form eines Momentes der Ruhe, aber auch in Form eines offenen Schreibimpulses (Stifte und Zettel liegen bereit) geschehen. Meistens bekommen die Teilnehmenden einen Gegenstand in die Hand, der in Beziehung zum Impuls steht (Stein, Schlüssel, Bibelvers, Teelicht…), viele nehmen diese Dinge gerne mit als Begleiter in die kommende Woche. Die Stillephase schließt mit einigen Gitarrentönen und der Wiederholung eines Kernaspektes des Impulses, beispielsweise dem Sprechen eines Verses, dem Entzünden einer Kerze. Das Schlusslied wird ankündigt, auf den Liederzetteln stehen „Möge die Straße“, „Bewahre und Gott“ und „Fürchte dich nicht“. Danach schließt der Veranstaltende die Andachtsphase und lädt zum gemeinsamen Frühstück ein (7.25 Uhr). Um 7.50 Uhr beenden wir das Frühstück, damit die Schülerinnen und Schüler pünktlich zur 1. Stunde im Unterricht sein können und schicken die Teilnehmenden mit Wünschen für den Tag, die in Beziehung zu der Andacht stehen, hinaus. Tipps für die Praxis Veranstalter Man sollte sich, so unsere Erfahrung, an das Projekt nur wagen, wenn genug interessierte Lehrerinnen und Lehrer bereit sind, das Projekt über längere Zeit hinweg mitzutragen. Wir sind vier Religionslehrer und Lehrerinnen (zwei katholische, zwei evangelische), die immer mitfeiern. Ange-
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sichts unserer Teilnehmerzahlen ist diese Veranstalterzahl dringend notwendig. Inzwischen haben wir Schülerinnen und Schüler unterschiedlichster Jahrgänge mit in das Veranstaltungsteam aufgenommen, einige konzipieren die Reihen inhaltlich mit und halten die Andachten, andere kommen mittwochs schon eine halbe Stunde vor Beginn, um das Frühstück mit vorzubereiten oder den Andachtsraum zu gestalten. Für die nächste bet & breakfast-Saison in der kommenden Adventszeit beabsichtigen wir die vereinzelt teilnehmenden Eltern auch in die Frühstücksvorbereitung einzubinden. Was die Gestaltung der Andachten anbetrifft, hat es sich bei uns bewährt, ca. drei Wochen vor Beginn der Reihe ein Planungstreffen zu veranstalten, bei dem zum einen das Oberthema festgelegt wird und ganz grob die Themen der einzelnen Andachten bestimmt werden, um Überschneidungen zu vermeiden. Zum anderen ordnen sich die einzelnen Veranstalter den jeweiligen Andachtsterminen zu. Ab dem Moment obliegt die Verantwortung für den jeweiligen Mittwoch dem Andachtsverantwortlichen, der dafür sorgt, dass genügend Nahrungsmittel für das Frühstück vorrätig sind, das Frühstück vorbereitet wird, der Andachtsraum gestaltet wird und, ganz wichtig, pünktlich um 7.00 Uhr begonnen wird. Teilnehmerinnen und Teilnehmer Unsere Zielgruppe waren zunächst Schülerinnen und Schüler, die uns aus dem Religionsunterricht bekannt waren, bis Werte und Normen-Schüler mit der Frage an uns herantraten, ob sie auch willkommen seien. Der jetzige Teilnehmerkreis setzt sich aus Schülerinnen und Schülern aller Jahrgänge zusammen, wobei ein Schwergewicht bei den ganz Kleinen (5/6) sowie den ganz Großen (12/13) liegt. Es ist freilich zu beobachten, dass insbesondere Schüler der veranstaltenden Lehrer an den Andachten teilnehmen. Neben der Ansprache in Kursen laden wir über in der Schule ausgehängte Plakate ein. In der Schule liegt eine Anmeldeliste für den jeweils nächsten Mittwoch aus. Das hat zunächst organisatorische Gründe, erlaubt die Anmeldung doch ein Abschätzen der benötigten Brötchenzahl. Zudem schafft die Anmeldung aber Verbindlichkeit: Wer sich dienstags anmeldet, wird nicht mittwochs im Bett liegen bleiben, weil die Brötchen für ihn gekauft worden sind. Raum Bei der Planung sollte man sorgfältig nach geeigneten Räumen Ausschau halten. Wir halten die Andacht in dem Raum für Darstellendes Spiel – ein Raum mit Teppich und schwarzen Wänden –, der über eine Musikanlage verfügt, sich verdunkeln lässt und an den sich ein Nebenraum anschließt, in dem wir die Materialien lagern können. Der Raum erhält, je nach Prägung der Andacht, eine gestaltete Mitte aus Materialien, die die Fachgruppe angeschafft hat (Kerzen, Tücher, Schalen, Steine etc., gegebenenfalls Papier und Stifte). Das Frühstück findet im dem Andachtsraum gegenüberliegenden Klassenraum statt, der bereits vor Beginn der Andacht vorbereitet wird (Sitzgruppen, Kerzen, Buf-
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Die ankommenden Schülerinnen und Schüler betreten mittwochs morgens kurz vor 7.00 Uhr den bet & breakfastRaum, der im Dunkeln liegt und nur von der in der Mitte stehenden Kerze erhellt wird. Gegebenenfalls ertönt ruhige Musik. Jeder Ankommende sucht sich schweigend einen Platz auf dem Teppich und hat einen Moment Zeit anzukommen, sich gedanklich einzustimmen und den Blick auf die Kerze zu richten. Um Punkt 7.00 Uhr beginnt einer der Veranstalter das Taizé-Lied „Bleibet hier und wachet mit mir“5 zu singen, beim zweiten Mal stimmen alle Anwesenden mit ein, das Lied wird mehrmals gesungen. In einem zweiten Teil folgt der inhaltliche Impuls, dessen konkrete formale Gestaltung dem jeweiligen Verantwortlichen überlassen wird: • ein gesprochener, ca. vier Minuten langer Text, beispielsweise eine Auslegung von Jesaja 9,1-6 zum Thema „Licht in der Finsternis“ oder von Psalm 63,2 zum Thema „Auf der Suche“, • Bibelverse, die von unterschiedlichen Stellen des Raumes aus gesprochen werden, Versteile auf Kopiestreifen, die an die Teilnehmenden verteilt werden und jeweils ergänzt zueinander gelesen werden, • unterschiedlichste Bilder (Folie, Beamer, Kopien), die als Anregung dazu dienen, sich in einer Stillephase Gedanken zu machen, • ein laminiertes Labyrinth, auf dem mit via Pipette darauf getropftem Wassertropfen ein Weg verfolgt wird …
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fet mit Kaffee, Tee, Kakao, Brötchen, Aufschnitt und -strich, Geschirr und Besteck wird von den Teilnehmenden mitgebracht). Auf Wunsch vieler Schüler bieten wir inzwischen Bioprodukte und Vollkornbrötchen an, so dass die Frühstücksgebühr auf einen Euro angehoben werden musste. Der Frühstücksklassenraum sollte in der ersten Unterrichtsstunde nicht belegt sein, damit genug Zeit zum Aufräumen und Wiederherstellen der Sitzordnung ist. Unerlässlich ist, dass mindestens einer der Veranstalter in der ersten Stunde unterrichtsfrei hat, weil doch erfahrungsgemäß ziemlich viel Aufräumarbeit anfällt. Nur Mut! Bei den ersten Sondierungsgesprächen mit der Schulleitung schlug uns zwar großes Interesse entgegen, aber auch die mitfühlende Sorge: „Seien Sie nicht enttäuscht, wenn niemand kommt!“ Seit Beginn der bet & breakfast-Reihe waren wir noch nie weniger als 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Teilnehmerzahl hat sich jetzt auf 35 eingependelt, einmal waren wir 45 und mussten feststellen, dass zum einen die Raumkapazitäten überschritten waren, zum anderen die Atmosphäre an meditativem Charakter verlor. Wir wollen nicht verhehlen, dass das Projekt einen ziemlich langen Atem braucht, der nicht immer leicht aufzubringen ist. Vor allem in der Adventszeit, in der die Religionslehrer unserer Schule im Wesentlichen mit der Vorbereitung unseres Schulweihnachtsgottesdienstes befasst sind, hatten wir Veranstalter gelegentlich ein Motivationsproblem. Im Rückblick sind wir jedoch jedes Mal sehr froh, durchgehalten zu haben: Dieses Projekt hat nachhaltige positive Konsequenzen für das Fach Religion an unserer Schule. Zum einen bringt sich das Fach damit im Fächerkanon unüberhörbar ins Gespräch und wird von Eltern, Schülern und Kollegen intensiv wahrgenommen. Zum anderen erlebt das Fach eine positive Stärkung: Die große Beliebtheit des Projektes färbt gewissermaßen auf das Fach selbst ab, in verschiedenen Religionsstunden wurde und wird beispielsweise immer wieder von Seiten der Schülerinnen und Schüler das Gespräch über Themen der Andachten oder das Projekt als solches gesucht. Zudem verstärkt die gemeinsame Arbeit der Fachgruppe den ökumenischen Zusammenhalt, der ebenfalls nachhaltig auf eine ökumenische Blickrichtung der Schülerinnen und Schüler wirkt. Das gemeinsame spirituelle Erleben, das Bewusstsein eines gemeinsam tragenden Glaubens über die Grenzen der Konfession hinweg halten wir für einen zentralen Aspekt im Hinblick auf religiöse Bildung durch bet & breakfast. Das große Interesse an solchen Formen der Spiritualität, die schülerzentriert und leicht in den Schulalltag zu integrieren sind, ist sicher an unserer Schule kein Einzelfall. Mit diesem Erfahrungsbericht möchten wir Mut machen, an anderen Schulen Ähnliches auszuprobieren.
Zum Schluss noch einige O-Töne: Vina, 7. Klasse: „Ich komme, weil ich die Themen gut finde, vor allem die Verbindung von Symbolen aus der Bibel mit dem Alltag.“ Sarina, 7. Klasse: „Man hat einen guten Start in den Tag.“ Eine Mutter: „In der Adventszeit komme ich bestimmt auch.“ Nik, 5. Klasse: „Es macht Spaß.“ Jonas, 11. Klasse: „Es ist schön, zusammen zu frühstücken, man kommt sich vor wie auf einer Freizeit.“ Florian, 13. Jahrgang: „bet & breakfast bietet eine gute Gelegenheit, jahrgangsübergreifend mit Großen und Kleinen etwas zu erleben.“ Lina, 9. Klasse: „Ich finde die Stimmung total schön, die Ruhe am Anfang, Kerzen, Lieder. Man kommt zum Nachdenken.“
Anmerkungen 1
2
3
4 5
Den Gründen für jenes Interesse nachzugehen, ist nicht Aufgabe eines Praxisberichtes, ein Hinweis auf die allerorten zu beobachtende Suche der Schülerinnen und Schüler nach neuer Sinnorientierung einerseits und nach Momenten der Ruhe in dem stets fordernden Umfeld von Schule und sozialem Kontext, sowie auf die kontinuierliche Suche nach Angeboten zur Hilfe bei der Definition der Identität in der Pubertät mag genügen. Die Suche nach Ruhemomenten ist momentan soziologisch ja nicht nur als Jugendphänomen zu beobachten, sondern stellt ebenfalls den Hintergrund des „Klosterbooms“ gerade bei Menschen in der mittleren Lebensphase dar. Die jüngste Shellstudie (Hurrelmann, Klaus / Albert, Mathias (Hg.), Jugendliche 2006. 15. Shell-Jugendstudie. Eine pragmatische Generation unter Druck, Frankfurt/Main 2006) arbeitet vor allem den Collage-Charakter einer „Religion light“ bei westdeutschen Jugendlichen heraus und subsumiert somit das spirituelle Interesse unter eine generelle Offenheit religiösen Erscheinungsformen gegenüber. Ob dies im Einzelnen sachgerecht erfasst ist, wäre zu prüfen. In der Kompetenzdebatte zeigt sich die Dringlichkeit einer Möglichkeit der Auseinandersetzung mit gelebter Religion als Voraussetzung für den Erwerb „religiöser Kompetenz“. Vgl. hierzu beispielsweise die fachspezifische Profilierung des Kompetenzbegriffes, wie sie Hartmut Lenhard im vorliegenden Heft entfaltet. Modelle wie das in diesem Praxisbericht vorgestellte könnten das Einlassen auf eine religiöse Perspektive von Seiten der Schülerinnen und Schüler befördern. Daraus entwickelte sich ein Folgeprojekt: Wir initiierten im letzten Jahr und auch in diesem Jahr wieder die Aktion „7 Wochen ohne“ an der Schule, der sich zahlreiche Kollegen und Schüler anschlossen (nicht nur bet & breakfast-Gänger, der Verzicht auf Schlaf ist ja nicht jedermanns Sache). Diese inhaltlichen Impulse bereiteten damit thematisch den Weihnachtsgottesdienst „In der Mitte der Nacht“ vor. Vgl. Evangelisches Gesangbuch 789,2.
Dr. Barbara Conring ist Studienrätin am Humboldtgymnasium Bad Pyrmont.
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Ein Grundschul-Gottesdienst zum Reformationstag
Grundschulkinder gruseln sich gern. Eigentlich geht das sogar allen Menschen in gewissem Maße so. Im Gruseln fühlt man dem Ungreifbaren, dem immer noch Unerklärlichem im Leben nach. Indem man sich ihm stellt, arbeitet man seine Angst ab. Kinder wollen groß werden und erfahren sich doch jeden Tag als schwächer und unwissender als die Erwachsenen. Schritte in die Welt der Großen zu gehen, ist für sie eine Herausforderung, der sie sich stellen wollen. So gehen sie gerne, behütet an der Hand einer vertrauten erwachsenen Person, Laterne. So wagen sie irgendwann den ersten Gang in den dunklen Keller und überwinden so Stück für Stück eine nebulöse Angst. Halloween spricht Kinder auf dieser Ebene an. Halloween kann auch gut vermarktet werden. Und so weiß mittlerweile jedes Kind, dass es einen Kürbis aushöhlen, eine Kerze reinstellen und dann spuken gehen kann. Kindergarten und Schule machen es vor. Wer sich traut, im Dunkeln beim Nachbarn zu klingeln, wird darüber hinaus mit Süßem belohnt. Also haben wir es hier mit einem richtig idealen Kinderfest zu tun. Meine eigenen Kinder sind richtig gerne „Halloween gegangen“. Ich kann das gut verstehen. Ich möchte den Kindern den Spaß auch nicht verderben. Und so liegt mir an dem Schulgottesdienst zum Reformationstag daran, sie beim Gruseln zu packen, indem ich die spannende Geschichte von Jack erzähle, und gleichzeitig das Phänomen „Angst“ anspreche. Ich vermittele ihnen, dass Angst nicht unbändig ist. Sie ist eine Realität, bis zu einem gewissen Grad spannend, aber sie kann in ihre Schranken gewiesen werden. Ich verkündige den Kindern den schützenden, begleitenden und liebenden Gott und erzähle von Martin Luther, der keine Angst davor hatte, diesen Gott wieder in Erinnerung zu rufen. So möchte ich Mut vermitteln, der sich in der Angst noch von Gott geborgen weiß. Ich gebe ihnen ein Mutmachlied mit auf den Weg und wünsche ihnen damit einen fröhlich-gruseligen Halloween-Abend. Ich mache ihnen Mut, „modern“ zu sein und die alte Angst zu verlachen: Als ob die mir mit meinem starken Gott im Rücken noch was anhaben könnte!
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Der Gottesdienstablauf1: Orgelvorspiel Begrüßung: Heute ist ein besonderer Tag. Schulfrei. Warum, das möchte ich euch erzählen. Ein bisschen gruselig, aber vor allem sehr ermutigend … Im Namen Gottes, der uns wie eine Mutter beschützt und wie ein Vater begleitet, der in Jesus Christus unser Bruder wurde, und der im Heiligen Geist jetzt mitten unter uns ist. Lied zur Gitarre: Die Kerze brennt (Liederbuch „amen“)2 Geschichte von Jack aus der Zeit, wo man an Geister glaubte: Heute vor über 2500 Jahren, also lange, bevor es Christen gab, glaubte man hierzulande an Geister. In Irland hatte man vor allem am Tag vor dem ersten November große Angst. Also heute. Denn man glaubte, dass heute die Geister von den Toten, die als Menschen böse gewesen waren, auf die Erde kommen und sich Menschen fangen, damit sie in deren Körper wohnen können. So erzählte man sich von Jack, einem Jungen in eurem Alter. Der war oft unartig und böse gewesen. Dann bekam er eine schlimme Krankheit und starb. Zur Strafe, dachte man. Und zur Strafe durfte Jacks Seele nun auch nicht in Frieden ruhen, sondern Jack musste als Geist mit einer Kürbislampe in der Hand durch die Welt ziehen. Und wehe, man begegnete ihm! Das ist eine uralte Sage. Aber die Kinder in Irland haben sie seit jeher gern gehört, und viel später dann haben sie sich einen Gruselspaß daraus gemacht, indem sie solche Kürbislampen bastelten und spukend durchs Dorf liefen, um die Leute zu erschrecken. Mit diesem Spaß haben sie ihre eigene Angst versteckt, denn eigentlich hatte jedes Kind immer noch ein bisschen Angst im Dunkeln … Lied Evangelisches Gesangbuch 209, 1+2 zur Orgel: „Ich möcht’, dass einer mit mir geht…“
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Keine Angst, Mut machen!
Lied EG 209,3+4 zur Orgel: „Ich möcht’ das einer mit mir geht…“ Zusammenfassung: Halloween ist altmodisch – mit Luther denken ist modern Was ist der Unterschied zwischen Halloween und Reformationstag? Halloween ist ein Spaß, der die Angst versteckt. Reformationstag ist ein Fest, das die Angst verjagt. „Trick or treat“, „Süßes oder Saures“ macht im Grunde Angst. Man weiß ja auch nie, ob man nicht doch schlecht behandelt wird an einer Tür, oder ob da im Dunkeln nicht doch jemand auf mich lauert und mich erschrecken will. Halloween ist deshalb sehr mittelalterlich und altmodisch. Ich mache euch einen Vorschlag: Ihr könnt mit Luther aus diesem Gruselspaß einen Mutmachspaß machen. Und das ist viel moderner: Fürchte dich nicht! Sagten die Engel, sagte Jesus und sagte Luther. Und ihr könnt das singen heute abend: …
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Kanon EG 608 (Regionalteil Niedersachsen und Bremen) zur Gitarre: „Das wünsch ich sehr“ Aktion Aufschreiben, was mir Angst macht, und vor Gott bringen (dabei spielt die Orgel) Geschichte von Luther, der gegen Angstmache war An diesem Tag, dem 31.Oktober 1517, also vor fast 500 Jahren, trat in Deutschland ein sehr mutiger Mann auf: Martin Luther. Der wusste nichts von Halloween, aber er wusste, dass die Menschen genauso viel Angst hatten, und nicht nur am 31.Oktober. In dieser Zeit hatten die Menschen Angst vor Gott, vor unserem christlichen Gott. Denn die Päpste und Priester erzählten ihnen, dass Gott sie wegen ihrer Sünden bestrafen werde, dass sie in die Hölle kommen, wenn sie nicht gut waren im Leben. Alle hatten Angst zu sterben, Angst vor Gott. Und da gab es einen raffinierten Kirchenmann, der ließ sich ein Geschäft mit der Angst einfallen: „Ablass“ – wer der Kirche Geld gibt, zahlt seine Strafe ab, dem tut Gott nichts mehr. Ihr könnt euch vorstellen, dass die armen Leute zitternd zahlten und lieber hungerten, als Angst haben zu müssen. Luther war empört. Und er war der erste, der mutig war, das laut zu sagen. An seine Kirchentür heftete er heute vor 490 Jahren 95 Thesen, Sätze, die allen bekanntmachen, dass das mit der Angst nicht stimmt. Denn in der Bibel steht es anders. In der Bibel steht, dass Gott die Schuld vergibt. Wer an Jesus glaubt, braucht keine Angst zu haben. Keine Angst vor den Strafen Gottes, oder vor Geistern wie Jack. Die Geister, an die man im Mittelalter geglaubt hat, gibt es gar nicht.
Psalm 27 Gebet, Vaterunser Lied EG 585 (Regionalteil Niedersachsen und Bremen) zur Gitarre: Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe... Segen Orgelnachspiel
*** Anmerkungen 1 2
Dem Gottesdienstablauf liegt ein Gottesdienst vom 31.10.2003 zugrunde. Aus: amen: Lieder für Kinder und Jugendliche, hg. vom Niedersächsischen Kirchenchorverband in Zusammenarbeit mit den Arbeitsstellen Kindergottesdienst der Landeskirchen Braunschweig und Hannover et al., Strube Verlag, München / Berlin 2000.
Uta Nadira Giesel ist Pastorin in Barskamp und Schulpastorin in Bleckede.
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informativ Inge Osthues
Das Hungertuch der Realschule Verden
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In der Passionszeit 2007 beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler der Realschule Verden im Religionsunterricht und auch im Fach Werte und Normen mit dem mittelalterlichen Brauch, in der Kirche ein „Hungertuch“ aufzuhängen. Sie erfuhren, dass man in der Fastenzeit die in der Kirche stehenden Kreuze und Altäre mit „Hungertüchern“ verhüllte, die mit Darstellungen der Passion Christi bemalt waren. Auf diese Weise sollte der Weg Jesu ans Kreuz, Jesu Leiden und Jesu Sterben in den Mittelpunkt gestellt werden. Erst zu Ostern wurden die Tücher wieder abgenommen und der Blick auf den auferstandenen Herrn wieder freigegeben. Dieser mittelalterliche Brauch geriet später in Vergessenheit und wurde erst im Jahr 1976 von Misereor wieder aufgegriffen. Heute stellen die modernen Hungertücher zeitgenössische Bilder von Leid und Tod, von Armut, Ausbeutung und Unterdrückung, aber auch von Verheißung, Hoffnung und Befreiung dar. Zur Vorbereitung setzten sich die Schülerinnen und Schüler in der Fastenzeit mit dem Hungertuch „Brot und Rosen“ auseinander, das Misereor 2004 herausgegeben hat. Die intensive Auseinandersetzung mit diesem Hungertuch führte dazu, dass die Schülerinnen und Schüler motiviert werden konnten, ein eigenes Hungertuch zu gestalten, das ihre Probleme sowie die Probleme der Menschen ihrer Region (und darüber hinaus) darstellt. Das von den Realschülerinnen und Realschülern gestaltete Hungertuches dokumentiert, dass sie durchaus in der Lage waren, an die Tradition der modernen Hungertücher anzuknüpfen. Die Schülerinnen und Schüler fertigten Bilder an und verfassten Texte die verdeutlichen, dass auch im Umfeld der Jugendlichen, in ihrer Schule, in ihrer Stadt und in ihrer Region Menschen nach Gerechtigkeit, nach Frieden, nach Liebe, nach Wärme, nach Hoffnung etc. hungern. Die Darstellungen der Jugendlichen lassen die Betrachterin und den Betrachter des Hungertuches nicht kalt, zeigen sie doch die gegenwärtigen Probleme vor Ort und darüber hinaus – Probleme, die oftmals verdrängt und nicht thematisiert werden. So finden sich z.B. Szenen von Gewalt, Armut, Einsamkeit, Hunger, Lieblosigkeit u.a. Betrachtet man das Hungertuch genau, fällt auf den zweiten Blick die große Christusfigur auf, die auf einer
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Eine Projektidee
Folie aufgezeichnet und über das Tuch gehängt wurde. Sie streckt allen die Hände entgegen und symbolisiert jedem Leidenden, Unterdrückten, Ausgegrenzten, Bedrängten, Kranken und Entrechteten, dass ER ihnen nahe ist. Jesu Verkündigung, Jesu Leiden, Jesu Sterben und Jesu Auferstehen ist also kein vergangenes Ereignis sondern ein gegenwärtiges. Und ER fordert uns auf, heute an SEINE Stelle zu treten. Im Rahmen des Tages der Demokratie wurde das Hungertuch am 23. Mai 2007 vor dem Verdener Rathaus der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Tuch besteht aus Baumwolle und hat die Maße ca. 3,25 m x 3,20 m. Es wurde aus vielen kleinen Bildern zusammengenäht (Patchwork). Es kann insgesamt und in Ausschnitten (mit Kommentaren zu den einzelnen Bildern) unter der Internetadresse http://www.realschule-verden.de/ hungertuch.htm betrachtet werden. Inge Osthues ist Lehrerin an der Realschule Verden.
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Dietmar Peter
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Surf-Tipps Eltern im Netz – Ein „etwas anderer“ Elternratgeber im Internet Die vom bayrischen Landesjugendamt initiierte und betriebene Seite „Eltern im Netz“ wendet sich an Mütter, Väter und alle, die mit Kindern und Jugendlichen zusammenleben. Die Seite informiert und beantwortet Fragen rund um Erziehung und Familie. Damit ist „Eltern im Netz“ ein etwas anderer Ratgeber der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe. Alle Texte sind so aufbereitet, dass sie für Eltern übersichtlich und verständlich zu lesen sind. Im Mittelpunkt steht nach eigenen Angaben das Ziel, gerade auch die Eltern zu begeistern und zu motivieren weiterzulesen, die nicht im Buchladen, in Familienbildungsstätten oder der Erziehungsberatungsstelle zu finden sind. Die Seite begnügt sich als Ratgeber nicht damit, Tipps und Informationen für Eltern umfassend, verständlich und leicht handhabbar zur Verfügung zu stellen. Sie ermöglicht ebenso eine unmittelbare Verbindung zur Beratungsstruktur der Jugendhilfe vor Ort, indem er Rat Suchende über die Eingabe ihrer Postleitzahl direkt zu einem kompetenten Ansprechpartner führt. Die Adresse des Angebots lautet: „www.elternimnetz.de“. Wissen was gespielt wird – Pädagogischer Ratgeber zu Computer- und Konsolenspielen
Mit dem Einzug von Film, Fernsehen, Video und Computerspielen in den Freizeitalltag von Kindern und Jugendlichen hat die Fragestellung, wie sich die Beschäftigung mit den elektronischen Medien auf Kinder und Jugendliche auswirkt, mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Von den Computer- und Konsolenspielen geht eine außerordentliche Faszination aus. Kinder und Jugendliche sind so begeistert, dass sie sich über mehrere Stunden am Tag und an mehreren Tagen in der Woche in diesen Welten aufhalten. Im Gegensatz zu Film und Fernsehen erhalten die jungen Menschen in den virtuellen Spielewelten die Möglichkeit, das Geschehen auf dem Bildschirm direkt zu beeinflussen. Sie erleben sich so als Handelnde in einer Welt, die es
zu kontrollieren und zu verändern gilt. Obwohl sich die Spielmuster in den letzten Jahren kaum verändert haben, ist gleichwohl die Begeisterung Jugendlicher für die Spiele konstant geblieben. In dem die Softwareindustrie die Spiele in Hinblick auf Grafik, Sound und technischer Spielbarkeit immer aufwändiger gestaltet, erhält und steigert sie den Boom, den die Computerspiele nun schon seit Jahren erleben. Der Verein ComputerProjekt Köln e. V. hat mit Förderung des Landes NRW und in Kooperation mit Partnern aus Pädagogik, Forschung und Jugendmedienschutz einen Ratgeberservice zu Computer- und Konsolenspielen für Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen eingerichtet. Der Ratgeber ist eine pädagogische Ergänzung zur gesetzlichen Alterskennzeichnung der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und thematisiert Computer- und Konsolenspiele in erster Linie unter medien- und bildungspädagogischen Gesichtspunkten (Quelle: spieleratgeber-nrw.de). Die Adresse der Website lautet: www.spieleratgeber-nrw.de. Die Medienmami – Ein Blog zum Thema Kinder und Medien der Universität Ulm
Die Welt der Medienangebote wird größer und komplexer, so dass Eltern und Pädagogen leicht den Überblick verlieren können. Medienmami.de setzt hier an und bewertet Computerspiele, Fernsehsendungen, Lernprogramme, Bücher, Filme usw. Weiterhin stellt das Angebot Informationen, Neuigkeiten und Veranstaltungshinweise zu medienpädagogischen Fragestellungen zur Verfügung. Beispiele für solche Fragen sind: „Welche Lernprogramme helfen wirklich in der Schule?“, „Welche Fernsehsendungen/Filme sind für welches Alter geeignet?“ usw. Aber auch Hintergrundinformationen zu aktuellen Medienangeboten sind zu finden: „Warum, zum Beispiel, dürfen deutsche Kinder in den neuen Harry-Potter-Film erst mit zwölf Jahren sehen, während die Nachbarländer den Kinobesuch bereits ihren Sechsjährigen erlauben?” Oder: „Was sind die Gründe, dass eine Kindernachrichtensendung wie »Logo« einen Medienpreis nach dem anderen erhält?” Der Inhalt wird gestaltet von Studierenden der Medienpädagogik an der Universität Ulm. Die Adresse lautet: http:// medienmami.uni-ulm.de (Quelle: Medienmami.de).
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Handbuch Lehrergesundheit
Viele Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland gehen aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Pension. Der Bundesverband der Unfallkrankenkassen (BUK) hat daher in Zusammenarbeit mit der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) und dem Gemeindeunfallversicherungsverband (GUVV) Westfalen-Lippe ein Handbuch „Leh-
rergesundheit – Baustein einer guten gesunden Schule. Impulse für eine gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung“ erstellt. Das Handbuch fasst die Ergebnisse und Erfahrungen eines von den Herausgeberverbänden getragenen Modellprojekts zur betrieblichen Gesundheitsförderung zusammen, das in berufsbildenden Schulen durchgeführt wurde und die Entwicklung und Evaluation von wirkungsvollen und nachhaltigen Maßnahmen zur Förderung der Lehrergesundheit zum Ziel hatte. Das Handbuch kann als PDFDatei unter der Adresse www.unfallkassen.de/files/510/ Handbuch_Lehrergesundheit_endv.pdf“ kostenlos geladen werden. Die Digitale Schultasche Die Digitale Schultasche beinhaltet eine kostenlose und professionelle Softwarezusammenstellung, die im Bildungsbereich frei eingesetzt werden kann. Als Datenträger für die Digitale Schultasche kommen USB-Sticks oder externe Festplatten in Frage. Die Digitale Schultasche nutzt Computer im wesentlichen nur noch als „Wirt“. Falls zum Beispiel der Rechner eine Internetverbindung und/oder Druckerverbindung bereitstellt, so nutzen die Anwendungsprogramme auf der Digitalen Schultasche diese Dienste mit. Somit ist man nicht mehr darauf angewiesen, dass alle Programme, Videocodecs etc. auf den Rechnern in der Schule selbst vorhanden sein müssen. Diese neu gewonnene Unabhängigkeit ist die wesentliche Neuerung und eigentliche Idee der Digitalen Schultasche. (Quelle: lernnetz-sh.de) Die Adresse lautet: www.lernnetz-sh.de/index.php? id=1627 Alle Surftipps können unter der Internetadresse www. rpi-loccum.de/surftip.html mit direkten Verlinkungen aufgerufen werden.
Dietmar Peter ist Dozent am Religionspädagogischen Institut Loccum für den Bereich Haupt- und Realschulen.
Ausstellung in der Lernwerkstatt im RPI Das aktuelle Thema
Ein Kleiner kommt groß raus – David von Mitte Mai bis Mitte Oktober 2007 Erarbeitet von: Petra Buschatz, Bettina Focke, Tanja Holtz, Ingrid Illig, Susanne Klein, Lena Kuhl, Christine Labusch, Imke Rode-Wagner, Jutta Sydow und Tanja Voss
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Neue Datenbank mit Bildern und Gemälden mit biblischen Motiven zum herunterladen Künstlerische Darstellungen können eine Hilfe zur Einführung in die Erzählungen des Alten und Neuen Testaments sein. In der neuen Materialdatenbank von RPP-katholisch (in Zusammenarbeit mit Directmedia) stehen jetzt eine Vielzahl von Bildern insbesondere mittelalterlicher Maler zur Verfügung. Eine Reihe von Bildern zeigt Szenen aus dem Leben Jesu wie die Geburt, die Hochzeit zu Kanaan, seine Verkündigung, die Gefangennahme oder die Kreuzigung. Weitere Gemälde thematisieren Figuren aus den Erzählungen des Alten Testaments wie Adam und Eva, Abraham und Isaak, der Untergang des Pharao im Roten Meer, Hiob usw. (Quelle: rpp-katholisch). Die Adresse lautet: www.rpp-katholisch.de/Home/tabid/36/ctl/Details/mid/ 484/ItemID/314/Default.aspx
Buch- und Materialbesprechungen
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Anna-Katharina Szagun. Dem Sprachlosen Sprache verleihen. Rostocker Langzeitstudie zu Gottesverständnis und Gottesbeziehung von Kindern, die in mehrheitlich konfessionslosem Kontext aufwachsen, Verlag IKS Garamond, Jena 2006, ISBN 3-938203-36-6, 374 S. mit Beiheft, 28,90 Euro Wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen (Wittgenstein) – oder man muss andere Ausdrucksformen finden. In ihrer Ende der 1990er Jahre begonnenen Langzeitstudie setzt Anna-Katharina Szagun auf Visualisierungen, d.h. vor allem auf Materialcollagen zu Gottesvorstellungen und Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen. Diese Visualisierungen bilden neben freien und thematisch gebundenen Zeichnungen als Gegenstand von Leitfadeninterviews das Zentrum der Untersuchung. Thematische Fragebögen und erprobte psychologische Tests (u.a. Bochumer Bindungstest, Frankfurter Kinder-SelbstkonzeptInventar) liefern zusätzliches umfangreiches Material, das über die Entwicklung von Gotteskonzepten über einen Zeitraum bis zu sieben Jahren Auskunft gibt. Nun liegt der erste Auswertungsband vor, der zunächst detailliert Auskunft über die Genese des Forschungsprojekts, seine Ziele sowie Untersuchungs- und Auswertungsverfahren gibt, um dann acht Fallstudien ausführlich darzustellen. Sehr knapp fällt die abschließende Bilanz aus, welche im Wesentlichen Fragen formuliert, die sich aus den Fallstudien ergeben. Die Untersuchung und ihre Darstellung sind phänomenologisch orientiert, der Fokus liegt auf den individuellen Konstrukten der Kinder. Auch darin spiegelt sich die aus religionspädagogischer Praxis resultierende Skepsis der Verfasserin gegenüber dem Universalanspruch gängiger entwicklungspsychologischer Theorien wider. Vor allem ihre Erfahrungen in den neuen Bundesländern, d.h. in einem mehrheitlich nicht- bzw. nachchristlichen Kontext spitzen die Frage nach der Tragfähigkeit dieser Theorien zu. Was Gott für die Kinder ist oder auch nicht ist und in welche Lebensbezüge hinein diese Frage gestellt wird, wird zum zentralen Gegenstand der Studie. In der Abgrenzung zu vielen anderen Studien bezieht sich Szagun dabei vorrangig auf Collagen und „Aufstellungen“ aus Natur- und Schrottmaterialien und nicht auf Zeichnungen zum Gottesbild. Dies begründet sie mit der Möglichkeit, solche Collagen im Entstehungsprozess viel flexibler ändern und bearbeiten zu können als Zeichnungen. Anhand dieser Collagen werden die Interpretationen der Kinder dokumentiert und gewürdigt; die Verfasserin möchte sich dabei offen halten für „Vorgänge der Selektion, der Deutung und Wertung, mitunter auch widersprüchliche Entwürfe“ seitens der Kinder (S. 7). Insofern ist es konsequent, dass ihre Gesamtbilanz der Fallstudien eher in Fragen als in Thesen mündet. Dennoch sind den Einzelfällen – mitunter psychologisierende – Interpretationen an die Seite gestellt. Die Fälle wer-
den jeweils durch ausführlichere fallspezifische „Bilanzen“ abgeschlossen, die – Zeichen der offenen Haltung Szaguns – in der Regel mit einer offenen Frage enden. Szaguns Materials ist trotz Vorauswahl immer noch reichhaltig und mittels eines Beiheftes anschaulich dokumentiert (zusätzliche Dokumente finden sich im Internet unter www.ket.garamond-verlag.de). So ergibt sich ein spannendes Lektürevergnügen, die Collagen der Kinder aufmerksam zur Kenntnis zu nehmen und in Beziehung zu den interpretierenden Texten zu setzen. Dabei wird die Leserin/der Leser nicht umhinkommen, den Kindern höchst individuelle religiöse Konstruktionsleistungen zu attestieren und vorsichtig mit generalisierenden Aussagen sein. Und wer selbst religionspädagogisch arbeitet, kann sich anregen lassen, Kinder und Jugendliche zu eigenen Visualisierungen in Form von Materialcollagen zu motivieren – um diese Deutungen dann auch mit den „Sprachspielen“ (Wittgenstein) der biblisch-christlichen Tradition zu verwickeln, wie dies auch Szagun in ihrem Religionsunterricht getan hat. Insgesamt liegt hier ein lesenswertes Werk allem für diejenigen vor, die an empirischer Forschung, an religionspsychologischer wie -pädagogischer Theoriebildung und an damit verbundenen offenen Fragen zur Religion von Kindern und Jugendlichen interessiert sind. Die Verfasserin macht dabei auch neugierig auf die weiteren Fallstudien, Analysen und entwicklungspsychologische Diskussion in der angekündigten Fortsetzung der Reihe. Es ist anzunehmen, dass davon ausgehend auch die religionsdidaktische Debatte befruchtet wird. Bernd Abesser Werner H. Ritter / Helmut Hanisch / Erich Nestler / Christow Gramzow: Leid und Gott. Aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 978-3525-61592-8, 230 S., 16,90 Euro Ausgangspunkt der interessanten Studie ist die Fragestellung, ob die Theodizeefrage „tatsächlich eine der Haupteinbruchstellen für den Verlust des Glaubens bei Kindern und Jugendlichen sei“ (S. 9). Es geht den Autoren um die Frage, inwieweit bzw. in welcher Weise Kinder und Jugendliche Leid in einen Zusammenhang mit Gott stellen. Grundlage der Untersuchung, die in einem Forschungsverbund zwischen Leipzig und Beyreuth entstanden ist, sind aufgezeichnete Gruppendiskussionen in Leipzig und Nürnberg an zwei Schulstandorten mit insgesamt 392 Schülerinnen und Schülern von der 4. bis 12. Jahrgangsstufe. Für die Gespräche in den Gruppen wurde eine Leiderzählung konstruiert und Aufgaben in Form eines Interview-Leitfadens formuliert. Vorangestellt werden der Auswertung der Gruppengespräche biografische Reflexionen über das Leid
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Friedhelm Kraft
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Frieder Harz: Kinder & Religion. Was Erwachsene wissen sollten, Kallmeyer Verlag, Velber 2006, ISBN 978-3-7800-5224-7, 175 S., 16,90 Euro Was sollten Erwachsene wissen über „Kinder & Religion“? Dieser Frage widmet sich das vom Nürnberger Religionspädagogen Frieder Harz vorgelegte Kompendium, das sowohl zum Nachschlagen bei der Suche nach Informationen über Inhalte und Zusammenhänge (nicht nur) des christlichen Glaubens einlädt als auch konkrete Praxishilfen bietet. Es wendet sich an Eltern, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten und Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer. Kinder entwickeln – so der Ausgangspunkt von Harz – ihren Glauben im Dialog mit den Erwachsenen. Sie stellen Fragen nach Gott und der Welt und sie brauchen Erwachsene, die sich auf ihre Fragen einlassen (können) und in ihrer (Glaubens-)Überzeugung bzw. Haltung erkennbar sind. Dabei verdient das „&“ im Titel besondere Beachtung: Es geht nicht nur um Religion für Kinder, sondern in gleichem Maße auch um Religion der Kinder und was Erwachsene darüber wissen sollten. Denn: „Die Fragen der Kinder öffnen einen Zugang zur Welt des Glaubens, bei dem nicht Glaubenssätze, feste Systeme und Gedankengebäude und begriffliche Abstraktionen im Vordergrund stehen.... Es geht immer um konstruktive Auseinandersetzung, um je neue Versuche und Ansätze, die Beziehung zu Gott mit dem Nachdenken über unsere Welt in Zusammenhang zu bringen. Wesentlich für solches Theologisieren sind nicht feststehende Einsichten und unabgeschlossene Denkprozesse... Die Rollenverteilung zwischen Unwissenden und Wissenden verändert sich zu Gesprächspartnern auf gleicher Augenhöhe“ (S. 26). Zum Aufbau Im ersten Kapitel des Buches mit der Überschrift „Religion, was ist das?“ legt Harz sein Verständnis von Religion dar und entfaltet anschaulich und kompakt die Grundzüge seines religionspädagogischen Ansatzes in vier Dimensionen, die aus dem christlichen Menschenbild abgeleitet werden. Sie lauten: Vertrauen und Anerkennung, Miteinander leben, Welt erkunden, Fantasie und Hoffnung. In jedem (religions-)pädagogischen Handeln sollten sich diese Dimensionen auffinden lassen, und so schließt auch jedes der Kapitel mit der Frage, wie die vorgestellten Inhalte zur allgemeinen und religiösen Bildung des Kindes beitragen. Nach diesem grundlegenden Eingangskapitel wird das, was Erwachsene über „Kinder & Religion“ wissen sollten, in sechs Themenbereichen ausgeführt, die von Harz jeweils in ihrer entwicklungspsychologischen Bedeutung begründet werden und von Kindern angefragt werden: Vorstellungen von Gott begleiten: Wie kann man sich Gott und sein Wirken vorstellen? Biblische Geschichten damals und heute: Welche Geschichten stehen in der Bibel und warum handeln ihre Hauptpersonen so?
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von Werner H. Ritter, orientierende Hinweise zum philosophischen und theologischen Verständnis der Theodizee und zum Stand der religionspädagogischen Debatte im Hinblick auf die Theodizeefrage. Im Rahmen der theologischen Überlegungen werden neben biblisch-theologischen Perspektiven systematisch-theologische Überlegungen entfaltet, die auf ein „richtiges“ Verständnis der Gottesattribute „allmächtig“, „allwissend“ und „gütig“ zielen. Da eine „rationale“ Rechtfertigung Gottes nicht möglich ist, kann das Problem der Theodizee lediglich „auf den menschlichen Gottesglauben und unser Reden von Gott, nicht aber auf Gott selbst“ (S. 53) verweisen. Zugleich sind in dieser Perspektive „relative“ Antworten denkbar, die aber nicht als „Lösungen“ verstanden werden dürfen. Instruktiv ist ebenfalls die Darstellung des Forschungsstandes. Es werden die Ergebnisse der Untersuchungen und Beiträge von Nipkow, Van der Ven und Vossen, Bucher, Mokrosch und Hanisch in aller Kürze dargestellt und offene Fragestellungen formuliert. Das Ergebnis der Analyse der protokollierten Gruppengespräche wird von Autoren in fünf „Grundtendenzen“ gebündelt und anhand von Aussagen der Schüler und Schülerinnen erläutert. An dieser Stelle können ihre vielschichtigen Deutungsmuster nicht detailliert dargestellt werden, aber allein die dokumentierten Aussagen stellen einen Fundus dar, der für das Aufspüren der „Theologien“ von Kindern und Jugendlichen wertvolle Hinweise bietet. Als einen zentralen Befund der Untersuchung halten die Autoren fest, dass die Theodizeefrage unabhängig vom Alter der Kindern und Jugendlichen „bei weitem nicht die Brisanz besitzt, die in früheren Untersuchungen, etwa von Karl Ernst Nipkow, beobachtet worden ist“ (S. 149). In ihren Sichtweisen scheint die „traditionelle“ Verbindung von Gott und Leid kaum von Bedeutung zu sein. Ebenso stellen die Aussagen der Kinder und Jugendlichen die Tragfähigkeit des Oserschen Stufenkonzepts in Frage, da Aussagen über die Macht bzw. Ohnmacht Gottes an keine bestimmte Altersstufe gebunden sind. Die Ursache für die Bedeutungsverschiebung der Theodizeeproblematik sehen die Autoren vorrangig als Ausdruck bzw. Ergebnis eines gewandelten Gotteskonzeptes und einer sich wandelnden Gottesbeziehung. Kinder und Jugendlichen haben „einen eigenen Gottesglauben“, verfügen aber über „ein eher deistisches Gotteskonzept, demzufolge Gott nicht in das Geschehen der Welt eingreift“ (S. 161). Damit ist ein wesentlicher Ertrag dieser wichtigen Studie angezeigt: Religionslehrkräfte sind aufgefordert, die Veränderungen im Religiositäts- und Gotteskonzept von Kindern und Jugendlichen wahrzunehmen und zu verstehen, wenn der vielfach zitierte „Perspektivenwechsel“ tatsächlich den religiösen Lernprozess bestimmen soll. Hervorzuheben ist, dass die Autoren dieser verdienstvollen Studie nicht nur Folgerungen für die Aufnahme der Theodizeefrage im Religionsunterricht proklamieren, sondern im dritten Abschnitt des Buches konkrete didaktische und methodische Überlegungen für die unterrichtliche Umsetzung in der Klassenstufe 9/10 vorstellen.
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Werteerziehung durch Religion: Was kann man sich davon für sein eigenes Verhalten abgucken? Glauben erleben: Was bedeuten Bilder, Symbole und Rituale in Kirche und Gesellschaft? Feste im Jahreskreis und ihre Botschaften: Warum feiert man Weihnachten und die anderen Feste? Von der Vielfalt der Konfessionen und Religionen: Warum essen muslimische Kinder kein Schweinefleisch? Warum gibt es noch andere Grundsätze in anderen Religionen? In einem abschließenden Kapitel werden beispielhafte Nacherzählungen zentraler biblischer Texte vorgestellt. Jedes der Kapitel bietet eine orientierende Einführung in die Thematik und endet mit der o. g. Prüfung auf die religiösen Bildungsziele hin. Neben schönem Bildmaterial bieten die Kapitel in farblich abgesetzten Blöcken weitere Sachinformationen, Texte und Gedichte sowie konkrete Hilfen für die Praxis.
Fazit Ausgehend vom gegenwärtigen Stand der Bildungsforschung bietet „Kinder & Religion“ eine durchgehend praxisorientierte Einführung in die Religionspädagogik, eine verständliche und an den Fragen der Kinder orientierte Darstellung biblischer und theologischer Grundzüge sowie eine am christlichen Menschenbild ausgerichtete Position in Fragen der Werteerziehung und interreligiösen Bildung. Ob als Nachschlagewerk zum Thema Taufe, als Praxishilfe zum Thema „Beten mit Kindern“ oder als Studienbuch zur Erstellung einer religionspädagogischen Konzeption: Ein Blick in „Kinder & Religion – Was Erwachsene wissen sollten“ lohnt sich. Ralf Rogge
Nachrichten aus Schule, Staat und Kirche Von „Arbeit“ bis „Weltwirtschaft“ – Neuer Internetservice des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD Hannover. Wer einen aktuellen und wissenschaftlich fundierten Überblick über viel diskutierte Themen aus dem Bereich Sozialethik sucht, wird auf neuen Internetseiten des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD unter www.sozialethik-online.de fündig. Die Texte, die sich mit Themen von „Arbeit“ über „Bildung“ bis „Weltwirtschaft“ und „Verteilung“ beschäftigen, referieren neben dem Stand der Forschung und der öffentlichen Debatte auch das Spektrum evangelischer Perspektiven. Jeder Artikel kann im Internet gelesen und gedruckt werden, gleichzeitig steht eine kostenfreie Version mit wissenschaftlichem Anmerkungsapparat zum Download zur Verfügung. Zusätzlich bietet „sozialethik-online“ zu jedem Stichwort knappe und weiterführende Lesevorschläge sowie Links auf andere Materialangebote. Ergänzt wird das Angebot durch Literaturtipps für Entwürfe in Unterricht und Erwachsenenbildung. (EKD-Newsletter, 16.07.07) Materialien zur Konfessionskunde Aurich/Loccum. Gleich zwei interessante Materialien sind zu konfessionskundlichen Inhalten erschienen: die CDRom „Konfessionen entdecken“ von der Arbeitsstelle für ev. Religionspädagogik in Ostfriesland und „Die christlichen Konfessionen“ , von Roland Biewald in der Reihe „Themenhefte Religion“ bei der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig. Die Auricher konzentrieren sich exemplarisch auf den ostfriesischen Bereich und auf die reformierte, lutherische und katholische Konfession. Ihre CD-Rom enthält einen virtuellen Rundgang durch typische Kirchengebäude, Erklärungen, Bilder, Meinungen, Unterrichtsideen, Arbeitsblätter und vieles mehr. Der Band von Roland Biewald enthält auf gut 120 Seiten und einer beigelegten CD
Sachinformationen, didaktisch-methodische Überlegungen, vier konkrete Unterrichtseinheiten sowie zahlreiche Materialien zur Geschichte, zu Glaubensinhalten und Hintergründen auch der orthodoxen Kirchen, der anglikanischen Kirche sowie etlicher Freikirchen. Die CD-Rom „Konfessionen entdecken“ ist bei der ARO erhältlich: [email protected]. Der Band „Die christlichen Konfessionen“ (ISBN 978-3-374-02511-4) ist im Buchhandel erhältlich. Neuer Pressesprecher der Landeskirche Hannover/Loccum. Pastor Johannes Neukirch (47) wird neuer Pressesprecher der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Er löst Gabriele Arndt-Sandrock (51) ab, die seit zehn Jahren die Öffentlichkeitsarbeit der Landeskirche geleitet hat. Pastorin Arndt-Sandrock wird Studienleitern für den Arbeitsbereich „Spiritualität und Meditation" der Evangelischen Akademie Loccum. Nach seinem Theologiestudium in Oberursel bei Frankfurt/Main und Göttingen war Neukirch ab 1986 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bayreuth, wo er 1991 zum Dr. phil. promoviert wurde. Von 1994 bis 1998 war er Pastor in Hemmoor bei Cuxhaven, anschließend zwei Jahre Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit im Sprengel Stade, ehe er im Herbst 2000 der erste Internetbeauftragte der Landeskirche wurde. (epd 24.07.07) Neue Arbeitshilfe für Christen und Muslime Hannover. Die Arbeitsstelle Islam und Migration der Landeskirche hat in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie Loccum und der Evangelischen Erwachsenenbildung eine Arbeitshilfe für ein besseres Zusammenleben von Christen und Muslimen entwickelt. Die Broschüre bietet unter anderem Informationen zu Themen wie Migration und dem Verhältnis von Politik und Religion. Das Heft kos-
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Neu im RPI: Felix Emrich
Nun ist es amtlich: Nach elf Jahren der Verbundenheit mit dem RPI Loccum verlässt Bernd Abesser das Haus. Seit 1996 hat er, der zuvor Berufsschulpastor in Peine und Stadtjugendpastor in Hannover war, den Arbeitsbereich der Berufsbildenden Schulen versehen. In den letzten sieben Jahren seiner Tätigkeit im RPI war Bernd Abesser für die Ausbildung der Vikarinnen und Vikare zuständig. Seine große Fachkenntnis und sein Engagement, wie auch seinen trockenen Humor und seinen Charme werden nicht nur die Vikarinnen und Vikare vermissen, sondern auch das Kollegium und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus. Ab August 2007 übernimmt Bernd Abesser eine Pfarrstelle in Meckelfeld bei Hamburg. Das Kollegium des RPI dankt ihm für seine Arbeit in Loccum und wünscht ihm für den neuen Lebensabschnitt alles Gute und Gottes Segen.
Der Kandidat des Predigtamtes betreut seit November 2006 den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Veröffentlichungen im RPI. Als verantwortlicher Redakteur arbeitet er vor allem am Loccumer Pelikan mit und unterstützt die Kolleginnen und Kollegen bei der Erstellung ihrer Arbeitshilfen. Der 33-jährige Theologe ist verheiratet und hat einen kleinen Sohn. Nach seinem Studium in Wuppertal, Durham (Nordengland) und Tübingen absolvierte er sein Gemeindevikariat in Warmsen und sein Studienjahr 2005/ 2006 in Loccum. Nach gut acht Monaten der gelungenen Zusammenarbeit mit dem Redaktionsteam und dem Kollegium freut sich Felix Emrich auf die weitere Arbeit im RPI.
tet zehn Euro und kann telefonisch unter 0511/1241-452 oder per Mail unter [email protected] bestellt werden. (epd 24.07.07) „zeitzeichen“: Jedes Kind hat ein Recht auf Religion Berlin. Der Tübinger Theologe und Religionspädagoge Friedrich Schweitzer hat sich für die Einführung des islamischen Religionsunterrichtes an den Schulen in Deutschland ausgesprochen. Das „bloßen Nebeneinander der verschiedenen Religionsunterrichtsangebote“ sei allerdings keine Lösung, sagte Schweitzer in der Juliausgabe des evangelischen Monatsmagazins zeitzeichen. Es müsse vielmehr einen Dialog zwischen den Religionen und Kooperationen untereinander geben. Die größte Herausforderung für den Religionsunterricht liege in der Pluralität. Dialog sei nur möglich, wenn die Schülerinnen und Schüler einen eigenen Standpunkt gefunden hätten. Demnach müsse der Religionsunterricht auch „die Begleitung religiöser Identitätsprozesse“ vorsehen. Schweitzer sprach sich daher für ein Modell des Religionsunterrichtes aus, in dem sich Phasen der Verständigung über den eigenen Glauben und Phasen des Austausches mit anderen religiösen Auffassungen abwechselten. Internet: www.zeitzeichen.net (EKD-Newsletter, 16.07.07) VELKD ins Kirchenamt der EKD umgezogen Hannover. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) vereinbarten im Sommer 2006, enger als bisher zusammenzuarbeiten. Der zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene Vertrag definiert die Zusammenarbeit auf
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der Basis eines „Verbindungsmodells“. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass die VELKD ihr Kirchenamt in Hannover aufgibt und in das Kirchenamt der EKD zieht. Das Amt der VELKD ist ab sofort unter der Anschrift Herrenhäuser Str. 12, 30419 Hannover, Tel.: 0511/27 96-0, erreichbar. (EKD-Newsletter, 16.07.07) Landtag billigt vier neue evangelische Privatschulen Hannover. Der niedersächsische Landtag hat der Einrichtung von vier neuen evangelischen Schulen zugestimmt. Demnach übernimmt das Land die Personalkosten in diesen Schulen vom Beginn an komplett. Die Landeskirche hat 600.000 Euro in ihren Jahreshaushalt eingestellt. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers will in Wolfsburg und Osnabrück zwei Schulen in ihre Trägerschaft übernehmen und in Gifhorn und Nordhorn zwei Gymnasien neu gründen. Als erste neue Privatschule soll eine zweisprachige Grundschule in Wolfsburg zum 1. August ihre Arbeit aufnehmen. In Osnabrück will die Landeskirche ein Schulzentrum mit Gymnasium, Haupt- und Realschule an einem sozialen Brennpunkt weiterführen. Hier hatte es zunächst Unsicherheiten über Konfessionszugehörigkeit der Schüler und das Schulgeld gegeben. Die Landeskirche hatte deutlich gemacht, dass Schüler aller Religionen und Bekenntnisse aufgenommen würden und eine Befreiung vom Schulgeld unbürokratisch möglich sei. Bisher betreibt die Landeskirche zwei allgemeinbildende Schulen in Hildesheim und in Dassel bei Northeim. In beiden Schulen erhebt die Kirche ein Schulgeld von derzeit 35 Euro im Monat. (epd 11.07.07/18.07.07)
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Abschied vom RPI: Bernd Abesser
Veranstaltungen Sept. bis Dez. 2007 Ausführliche Hinweise zu den Tagungen finden Sie im Jahresprogramm 2007 (Beilage zum Pelikan Heft 4/2006) oder im Internet unter www.rpi-loccum.de.
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TREFFPUNKTE
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Treffpunkt Schule „Leid und Gott – Perspektiven von Kindern und Jugendlichen“ Für Lehrerinnen und Lehrer aller Schulformen. 19. bis 20. Oktober 2007 Leitung: Dr. Friedhelm Kraft Treffpunkt Kirchenpädagogik „Von Christophorus bis Dietrich Bonhoeffer“ Für haupt-, neben- und ehrenamtlich Tätige im Bereich der Kirchenpädagogik, Religionslehrkräfte und Interessierte. 16. bis 17. November 2007 Leitung: Christiane Kürschner, Hannelore Saatzen SCHULFORMÜBERGREIFEND Religionspädagogischer Einführungskurs Für Diakoninnen und Diakone, die an Schulen Evangelischen Religionsunterricht erteilen oder erteilen möchten. 3. bis 7. September 2007 Leitung: Evelyn Schneider, Gudrun Guttenberger (EFH) „Schulprogrammentwicklung im Dialog“ Für Steuerungsgruppen und Teams der Schulentwicklung an Förderschulen 24. bis 26. September 2007 Leitung: Christine Labusch Praktische Arbeit in der Lernwerkstatt Geschlossener Teilnehmerkreis, Mitarbeit nach Rücksprache möglich. 12. bis 13. Oktober 2007 Leitung: Lena Kuhl, Christine Labusch Exkursion „Auf dem Weg zur guten Schule“ Schulentwicklung in der Praxis Für Lehrerinnen und Lehrer aller Schulformen sowie für Lehrende in der schulischen und kirchlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung. 14. bis 17. Oktober 2007 Leitung: Christine Labusch, Barbara Hanusa, Silke Leonhard
Vokationstagung „Evangelische Religion unterrichten“ Einführung in die Praxis des Evangelischen Religionsunterrichts Für Lehrkräfte aller Schulformen, die fachfremd Evangelischen Religionsunterricht erteilen oder zukünftig erteilen wollen. 27. November bis 1. Dezember 2007 Leitung: Lena Kuhl Vokationstagung „Freude an der Religion wecken“ Für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger, Lehrerinnen und Lehrer mit der Fakultas Religion. 29. November bis 1. Dezember 2007 Leitung: Dr. Friedhelm Kraft ELEMENTARPÄDAGOGIK „Einführung in die Religionspädagogik“ Für sozialpädagogische Fachkräfte, vorzugsweise für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 24. bis 28. September 2007 Leitung: Ralf Rogge, Heike Pieper 5. bis 9. November 2007 Leitung: Ralf Rogge, Petra Bauer „Wo evangelisch drauf steht, ist auch muslimisch drin!“ Interreligiöse Bildung und evangelisches Profil Für sozialpädagogische Fachkräfte. 19. bis 21. September 2007 Leitung: Ralf Rogge Konferenz Für kommunale und verbandliche Funktionsträger im Elementarbereich 10. bis 11. Oktober 2007 Beginn: 11.00 Uhr Leitung: Ralf Rogge Nachtreffen der Langzeitfortbildungsabsolventinnen und -absolventen Für Absolventinnen und Absolventen der Religionspädagogischen Langzeitfortbildung. Anmeldung: Diakonisches Werk Hannover. 19. bis 20. November 2007 Leitung: Ralf Rogge, Ulrike Fey-Dorn FÖRDERSCHULE
Loccumer Schulelternratstagung Für die Vorsitzenden der niedersächsischen Schul-, Stadt-, Samtgemeinde- und Kreiselternräte. 9. bis 10. November 2007 Leitung: Lena Kuhl, Dietmar Peter
Konferenz Für Schulleiterinnen und Schulleiter an niedersächsischen Förderschulen. 1. bis 2. Oktober 2007 Leitung: Christine Labusch
Die Fortbildungsangebote an Religionslehrerinnen und -lehrer gelten als dienstliche Fortbildung. Die Teilnahme ist i.d.R. ohne Inanspruchnahme von Sonderurlaub möglich. Die Angebote gelten jeweils für die genannten Zielgruppen. Anmeldungen sind auch ohne besondere Einladung erwünscht. Sie gelten als verbindlich und grundsätzlich für die gesamte Dauer der Veranstaltung. Im Ausnahmefall bitten wir aus Planungs- und Kostengründen um vorherige Rücksprache mit der jeweiligen Tagungsleitung. Es erfolgt keine Anmeldebestätigung. Die Eigenbeteiligung an RPI-Tagungen beträgt 15,00 € pro Tag. Ruheständler zahlen 50 Prozent der Kurskosten. Wir bitten um Verständnis, dass bei zu hohen Anmeldezahlen diejenigen Vorrang haben, die sich aktiv im Dienst befinden. Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an kirchenpädagogischen Tagungen werden 50 Prozent der Kosten als Eigenbeteiligung erhoben. Wir weisen auf die Möglichkeit hin, eine Erstattung der restlichen Kosten beim Anstellungsträger bzw. über die Kirchengemeinde zu beantragen. Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Bundesländern und Teilnehmende, die bei einem anderen Anstellungsträger beschäftigt sind oder die nicht im Bereich der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen arbeiten, zahlen den vollen Tagessatz (50,00 €). Möchten Sie in Wunstorf vom Bahnhof abgeholt werden (Abfahrt ca. 14.50 Uhr; 3,00 €), melden Sie dies bitte spätestens eine Woche vor Beginn des Seminars unter der in der Einladung genannten Telefonnummer an. Weitere Einzelheiten werden jeweils bei der Einladung mitgeteilt oder sind im Büro des RPI (Frau Becker 05766/81-136) zu erfragen.
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Tagung der Referendarinnen und Referendare mit dem Fach Evangelische Religion an Förderschulen 19. bis 21. November 2007 Leitung: Christine Labusch GRUNDSCHULE „Von der Überprüfung der Kompetenzen zur Leistungsbewertung im Religionsunterricht“ Für Lehrerinnen und Lehrer, Katechetinnen und Katecheten, die im Primarbereich, vorrangig in der Grundschule, Evangelischen Religionsunterricht erteilen. 12. bis 14. September 2007 Leitung: Lena Kuhl Konferenz „Lebensfreude und Lernfreude in der Schule“ Für Schulleiterinnen und Schulleiter an niedersächsischen Grundschulen. 11. bis 12. Oktober 2007 Leitung: Lena Kuhl
HAUPT- UND REALSCHULE Weiterbildung „Evangelischer Religionsunterricht in der Sekundarstufe I“ – Kolloquien 13. bis 15. September 2007 Leitung: Dietmar Peter, Wolfgang Klein Geschlossener Teilnehmerkreis Projektgruppe Hauptschule „Rolle Religionslehrerin/Religionslehrer“ Geschlossener Teilnehmerkreis. 22. September 2007 Leitung: Dietmar Peter Konferenz „Eigenverantwortliche Schule“ Für Schulleiterinnen und Schulleiter an niedersächsischen Hauptund Realschulen. 27. bis 28. September 2007 Leitung: Dietmar Peter „Kinder und Jugendliche in Notfallsituationen“ Eine Herausforderung für den Religionsunterricht an Haupt- und Realschulen Für Fachkonferenzleiterinnen und -leiter an Haupt- und Realschulen. 21. bis 23. November 2007 Leitung: Dietmar Peter BERUFSBILDENDE SCHULEN Jahreskonferenz BBS Für Lehrerinnen und Lehrer, Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone, die an Berufsbildenden Schulen und Fachgymnasien Evangelischen Religionsunterricht erteilen. 14. bis 15. September 2007 Beginn: 10 Uhr Leitung: Evelyn Schneider
„O Heiland, reiß die Himmel auf…“ Für Lehrerinnen und Lehrer, Katechetinnen und Katecheten, die im Primarbereich, vorrangig in der Grundschule, Evangelischen Religionsunterricht erteilen. 21. bis 23. November 2007 Leitung: Lena Kuhl
„Nächstenliebe im Nahkampf“ – Religionsunterricht im BVJ Für Lehrerinnen und Lehrer, Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone, die an Berufsbildenden Schulen, vor allem in BVJ-Klassen, Evangelischen Religionsunterricht erteilen. 8. bis 10. Oktober 2007 Leitung: Evelyn Schneider
Mit dem nebenstehenden Abschnitt können Sie sich schon jetzt anmelden.
„Kompetentorientiert unterrichten mit dem Kerncurriculum für die Grundschule“ Für Lehrerinnen und Lehrer, Katechetinnen und Katecheten, die in der Grundschule Evangelischen Religionsunterricht erteilen. 17. bis 19. Oktober Leitung: Dr. Friedhelm Kraft
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Kursreihe „Religion unterrichten in der Förderschule“ Kurs 2: „Mein individueller Themenkoffer“ – Neutestamentliche Texte als Gegenstand des Religionsunterrichts an Förderschulen Für Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, die an Förderschulen (fachfremd) Religion unterrichten. Geschlossener Teilnehmerkreis. 8. bis 10. November 2007 Leitung: Christine Labusch, Felix Emrich
Konferenz Für Schulleiterinnen und Schulleiter an niedersächsischen Berufsbildenden Schulen. 21. bis 22. November 2007 Leitung: Evelyn Schneider, Ulrich Kawalle, Dr. Christian Schulte
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„Bunt handeln, statt schwarz-weiß denken“ Maßnahmen gegen Diskriminierung in Schule und Betrieb Für Lehrerinnen und Lehrer, Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone, die an Berufsbildenden Schulen und Fachgymnasien Evangelischen Religionsunterricht erteilen. 26. bis 28. November 2007 Leitung: Evelyn Schneider und das Anstoß-Team der Jugendwerkstatt Gifhorn Didaktische Seminare Für Pastorinnen und Pastoren, die aus der Gemeinde in den Schuldienst wechseln, und für Vikarinnen und Vikare, die ein Berufsschulsondervikariat absolvieren. Unterrichtsvorbereitung und Didaktik 3. bis 5. Dezember 2007 Leitung: Evelyn Schneider, Dirk Bischoff
GYMNASIUM UND GESAMTSCHULE Klasse – Religion – Unterrichten Kurs 2: „Lob des Fehlers“ Elementare Erfahrungen und religiöse Deutungsmuster im NT Vierteilige Kursreihe Geschlossener Teilnehmerkreis (Klassenlehrerinnen und -lehrer an Gesamtschulen, die Ev. Religion unterrichten (möchten)) 5. bis 7. September 2007 Leitung: Bärbel Husmann, Prof. Dr. Andreas Lindemann Loccumer Tagung für Schulleiterinnen und Schulleiter an Gymnasien „Der (un)freie Wille“ Für Schulleiterinnen und Schulleier an niedersächsischen Gymnasien 19. bis 20. September 2007 Leitung: Bärbel Husmann
Umgang mit Störungen (NEU IN DER SCHULE Modul V) Für Pastorinnen und Pastoren an Gesamtschulen und Gymnasien sowie interessierte Lehrkräfte 2. Oktober 2007, Beginn: 10.00 Uhr Leitung: Bärbel Husmann Loccumer Tagung für Referendarinnen und Referendare Kompetenzorientierte Aufgabenkultur Für Referendarinnen und Referendare mit dem Fach Ev. Religion der niedersächsischen Studienseminare 10. bis 12. Oktober 2007 Leitung: Ute Sinhuber Geheiligte Räume Begleitende Tagung zum Schülerlandeswettbewerb 2007/08 Für Religionslehrerinnen und -lehrer sowie Pastorinnen und Pastoren an Gymnasien und Gesamtschulen 17. bis 19. Oktober 2007 Leitung: Bärbel Husmann Leben nach dem Leben – Theologische und filmische Zugänge zu eschatologischen Fragen Für Lehrkräfte mit dem Fach Evangelische oder Katholische Religion sowie Pastorinnen, Pastoren, Pastoralreferentinnen und -referenten an Gesamtschulen. Anmeldung über die Hauptabteilung Bildung im Bischöflichen Generalvikariat, Ursula Brunke, Tel. 05121/307-287. 20. bis 22. November 2007, Beginn: 14.30 Uhr Ort: Tagungshaus des Priesterseminars in Hildesheim Leitung: Martin Schmidt-Kortenbusch und Ulrich Kawalle in Zusammenarbeit mit Wilhelm Behrendt und Bärbel Husmann Jahreskonferenz Gymnasium und Gesamtschule Jungen und Religionsunterricht Für Fachkonferenzleiterinnen und -leiter an Gymnasien und Gesamtschulen sowie interessierte Lehrkräfte 22. bis 23. November 2007 Leitung: Bärbel Husmann Unterrichtsqualität Tagung der Fachleiterinnen und Fachleiter sowie Fachberaterinnen und Fachberater für den ev. und kath. Religionsunterricht an Gymnasien. Geschlossener Teilnehmerkreis 03. bis 05. Dezember 2007 Leitung: Bärbel Husmann in Zusammenarbeit mit Rudolf Tammeus und Josef Fath
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Kursreihe „Fit in Medien!“ Medienkompetenz in Schule und Gemeinde Kurs 3: Medienethik Für Lehrerinnen und Lehrer in den Sekundarstufen I und II, die Evangelischen Religionsunterricht erteilen, sowie für Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone. Geschlossener Teilnehmerkreis. 11. bis 13. Oktober 2007 Leitung: Steffen Marklein, Dr. Roland Rosenstock „Spielend Gott kennen lernen“ Bibliodrama in der Schule Für Lehrerinnen und Lehrer, die in den Sekundarstufen I und II Evangelischen Religionsunterricht erteilen, sowie für Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone. 15. bis 17. November 2007 Leitung: Steffen Marklein, Esther Heling-Hitzemann
FACH- UND STUDIENTAGUNGEN
Expertentagung „Netzwerk Kindertheologie“ Geschlossener Teilnehmerkreis. 15. bis 17. September 2007 Leitung: Dr. Friedhelm Kraft Fachtagung „Religiöse Praxis im Religionsunterricht?!“ Für Lehrerinnen und Lehrer aller Schulformen sowie für Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone. 20. bis 22. September 2007 Leitung: Dr. Friedhelm Kraft Arbeitskreis zur Förderung theologischer Urteilsbildung in Kirche und Gesellschaft 2. bis 3. November 2007 Leitung: Bärbel Husmann, Prof. Dr. Dr. Werner Brändle Pädagogische Studienkommission Für Lehrende an niedersächsischen Hochschulen. 23. bis 24. November 2007 Leitung: Dr. Friedhelm Kraft
KONFIRMANDENARBEIT
FEA-Kurs „Papa, warum hast du kein Gesangbuch?“ Konfirmandenelternarbeit: Möglichkeiten und Konzepte Für Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone. 10. bis 14. September 2007 Leitung: Ute Beyer-Henneberger, Sylvia Pfannschmidt „Alle Jahre wieder“ Krippenspiele für Kinder bis Konfis Für Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone sowie Interessierte. 20. bis 21. September 2007 Veranstaltungsort: Michaeliskloster Hildesheim) Leitung: Ute Beyer-Henneberger, Fritz Baltruweit, Hans Joachim Rolf, Christine Tergau-Harms „Wenn dein Kind dich morgen fragt – Dem Glauben Gestalt geben“ Für Ehrenamtliche in der Konfirmandenarbeit (Erwachsene). 9. bis 11. November 2007 Leitung: Ute Beyer-Henneberger, Dr. Sönke von Stemm
Loccumer Pelikan 3/07
KIRCHENPÄDAGOGIK
Kursreihe „Ein Raum für Gott“ Grundkurs Kirchenpädagogik Für kirchenpädagogisch Interessierte und Ehrenamtliche aus Gemeinden, Lehrerinnen und Lehrer, Diakoninnen und Diakone, Erzieherinnen und Erzieher. Der Kurs umfasst 80 Stunden und schließt die Teilnahme an den Treffpunkten Kirchenpädagogik (s. o. „Treffpunkte“) ein. Kosten: 150,00 Euro. Für die Tagesseminare gilt Selbstverpflegung. Tagesseminare (10.00 bis 18.00 Uhr): 8. September 2007 13. Oktober 2007 Veranstaltungsorte: Kirchenräume im Stadtgebiet Hannover Leitung: Christiane Kürschner Kursreihe „Kirchen lebendig werden lassen: sie entdecken – sie erschließen – und sie öffnen“ Ausbildung zu ehrenamtlichen Kirchenführern und Kirchenführerinnen. Für Interessierte, die Kirchenführungen zu einem besonderen Angebot für Touristen machen und Menschen auf vielfältige Weise mit dem Glauben in Berührung bringen wollen. 7. bis 9. September 2007 9. bis 11. November 2007 Beginn 18.00 Uhr, Ende 13.00 Uhr Leitung: Christiane Kürschner, Wilhelm Niedernolte, Klaus Stemmann Veranstaltungsorte: Heimvolkshochschule Hermannsburg, Lutherheim Springe, Kloster Amelungsborn, Lutherstift Falkenburg. Kooperationsveranstaltung in der Konföderation Für ehrenamtliche und hauptamtlich Tätige des Arbeitsbereichs Kirchenpädagogik der oldenburgischen Landeskirche Kirchenpädagogik im Konfirmandenunterricht 15. September 2007, 10.00 bis 16.00 Uhr Veranstaltungsort: St. Elisabethkirche Hude Leitung: Tessen von Kameke, Christiane Kürschner Fortbildungen im Sprengel Hannover „Kirche als Pflanzenlexikon“ 6. September 2007, 15.00 bis 18.00 Uhr St. Martinskirche Bennigsen Leitung: Harald Lemke, Anke Paul Fortbildungen im Sprengel Osnabrück „Kirchenpädagogik im Konfirmandenunterricht“ 24. November 2007, 10.00 bis 13.00 Uhr Veranstaltungsort: St. Marienkirche Osnabrück Leitung: Elfriede Schroeder, Rüdiger Blomeyer, Christoph Ricker
VIKARSKURSE Vikarskurs 02, Vorbereitung des Bildungsprojektes 24. bis 26. September 2007 Leitung: Bärbel Husmann, Christiane Kürschner Vikarskurs 03, Lehrgang II 8. bis 12. Oktober 2007 Leitung: Ute Beyer-Henneberger Vikarskurs 04, Lehrgang I 15. bis 26. Oktober 2007 Leitung: Dr. Friedhelm Kraft Vikarskurs 04, Mentorentreffen 16. Oktober 2007 Leitung: Lena Kuhl
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informativ
MEDIENPÄDAGOGIK
Postvertriebsstück
H 7407
Religionspädagogisches Institut Loccum, Uhlhornweg 10, 31547 Rehburg-Loccum Deutsche Post AG
Entgelt bezahlt
Neuerscheinungen Arbeitshilfen Gymnasium 13
Arbeitshilfen Grundschule 14
Bärbel Husmann (Hg.)
Lena Kuhl (Hg.)
Geheiligte Räume Mit Fotos von Claudius Netzel
Vom Kerncurriculum zum Religionsunterricht
Arbeitshilfen Gymnasium 13 Herausgegeben von Bärbel Husmann Religionspädagogisches Institut Loccum Loccum 2007
Unterrichtsmaterialien für den ev. Religionsunterricht in der Grundschule. Herausgegeben von Lena Kuhl Religionspädagogisches Institut Loccum Loccum 2007
Bärbel Husmann (Hg.) Geheiligte Räume. Mit Fotos von Claudius Netzel, Arbeitshilfe Gymnasium Nr. 13, Rehburg-Loccum, 1. Auflage 2007, ISBN 978-3-936420-25-8, 138 Seiten, 7,00 Euro
Lena Kuhl (Hg.) Vom Kerncurriculum zum Religionsunterricht Arbeitshilfem Grundschule Nr. 14, Rehburg-Loccum, 1. Auflage 2007, ISBN 978-3-936420-26-5, ca. 140 Seiten, 10,00 Euro