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Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft | Band 57/2008
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Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft Im Auftrage der Theodor-Storm-Gesellschaft herausgegeben von Gerd Eversberg

Band 57/2008

BOYENS

Storm-Porträt auf dem Umschlag: Zeichnung von Albert Johannsen, Husum (1968), nach dem bekannten Storm-Foto von Constabel (Hademarschen 1886) Die „Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft“ erscheinen alljährlich zur Stormtagung. Mitglieder der Gesellschaft erhalten die Schriften kostenlos. Mitglied kann jeder interessierte Stormfreund werden. Anfragen und Beitrittserklärungen erbeten an das Sekretariat der Storm-Gesellschaft, 25813 Husum, im Theodor-Storm-Zentrum, Wasserreihe 31. Der Jahresbeitrag beträgt z. Z. 30 ¤ (per Einzugsermächtigung oder einzuzahlen: jeweils im ersten Viertel des Jahres. Konten: HypoVereinsbank Husum 40303800 [BLZ 20030000] – Nord-Ostsee-Sparkasse Husum 121050009 [BLZ 21750000] – Postbank Hamburg 1329-18-203 [BLZ 20010020]). Manuskriptsendungen ebenfalls an die oben genannte Adresse.

ISSN 0082-3820 ISBN 978-3-8042-0946-6 © 2008 Boyens Medien GmbH & Co. KG, Heide in Holstein Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages Druck: Boyens Offset, Heide in Holstein Printed in Germany

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 David Jackson

Theodor Storms Kinder: verlorene Söhne – benachteiligte Töchter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Gerd Eversberg

Theodor Storms Schulzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Jean Lefebvre Autonomie und Fremdbestimmung im künstle rischen Schaffen. Theodor Storms „Psyche“ als Antwort auf Bernardin de Saint-Pierres „Paul et Virginie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Louis Gerrekens

Von Bukolik und Liebe: Storms Rückgriff auf Vergil und Goethe in „Immensee“ . . . . . . . . . . . . 57

Peter Hasubek

Liebe – Ehe – Scheitern. Zur Rezeption Immermanns durch Theodor Storm . . . . . . . . . . . . . . . . 71

Walter Salmen

„Reicht zum frohen Tanze euch die Hände!“ Theodor Storm auf dem Tanzboden . . . . . . . . . . . 87

Karl Ernst Laage

Theodor Storm in neuer Sicht. Aspekte der Stormforschung in den letzten 40 Jahren . . . . . . . 101

David Jackson

Vorstellung des Briefbandes Theodor Storm – Ernst Storm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Walter Hettche

„Ja, Storm!“ Ein Brief von Detlev von Liliencron an Karl Emil Franzos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Almut Gohde/ Gerd Eversberg/ Jean Lefebvre

Theodor Storms Erzählwerk. Alphabetisches Verzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

Elke Jacobsen

Storm-Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

Gerd Eversberg

Storm-Forschung und Storm-Gesellschaft . . . . . . 171

Buchbesprechungen Theodor Storm: Gedichte. Hg. von Gerd Eversberg. Heide: Boyens Buchverlag 2007. (Anne Petersen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Karl Ernst Laage: Theodor Storm. Neue Dokumente, neue Perspektiven. Mit 35 unveröffentlichten Briefen. Berlin: Erich Schmidt 2007. (Husumer Beiträge zur Storm-Forschung, Bd. 6.) (Gerd Eversberg) . . . . . . . 192 Karl Ernst Laage (Hg.): Im Bann der Insel. 150 Jahre Badeinsel Sylt im Spiegel von Dichtung und Malerei. Heide: Boyens Buchverlag 2007. (Fiete Pingel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Theodor Storm: Lavendel und Levkojen. Mit dem Dichter durchs Gartenjahr. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Antje Erdmann-Degenhardt. Husum: Husum Druck- und Verlagsgesellschaft 2008. (Birke Mareike Fricke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin: Aufbau-Verlag 2007. (Gerd Eversberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Bernd W. Seiler: Novellen von Kleist bis Kafka. Bilder – Texte – Töne. Ein Multimedia-Kommentar. CD-ROM. Bamberg: C.C: Buchner 2007. (Jean Lefebvre) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 Harry Kunz/Thomas Steensen (Hgg.): Das neue Sylt Lexikon. Neumünster: Wachholtz Verlag 2007. (Gerd Eversberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Richtlinien zur Manuskriptgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Verzeichnis der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Vorwort Die diesjährigen Schriften werden mit dem Festvortrag eröffnet, den Prof. David Jackson anlässlich der Storm-Tagung 2007 in Husum hielt. Der Referent entfaltete ein wenig festliches, aber umso eindringlicheres Bild der familiären Bedingungen, unter denen Storms Nachwuchs erwachsen werden musste. Für den Autor widersprüchlicher Familientragödien war die Zukunft der eigenen Kinder ein wichtiges Anliegen; aber trotz der großen Aufmerksamkeit, die der viel beschäftigte Vater seinen drei Söhnen und fünf Töchtern widmete, vollzog sich die Sozialisation aller Kinder unter gravierenden Schwierigkeiten. Jacksons Forschungsergebnisse, die sich auf eine subtile Kenntnis der Familienkorrespondenzen stützen kann, betreffen zunächst die Söhne Storms, deren für den Vater oft schmerzliche Entwicklungsprozesse in den umfangreichen Briefwechseln greifbar werden. Jackson stellte anlässlich der Tagung in Husum den Briefwechsel zwischen Theodor Storm und seinem Sohn Ernst vor, in dessen Kommentar er auch ausführlich auf die Probleme der Söhne Hans und Karl eingeht. Deshalb widmete der Referent in seinem Festvortrag den Töchtern Storm sein Haupt­augenmerk und zeigte auf der Grundlage bisher unbekannter Dokumente und Briefe, wie sich die Erziehung von Storms ältester Tochter Lisbeth vollzog und wie diese schließlich an den Bedingungen ihrer Ehe scheiterte. Beide Forschungsaspekte tragen zur Korrektur des Storm-Bildes bei, das frühere Forscher von Theodor Storm als Familienvater gezeichnet haben; die Konflikte und Widersprüche zwischen den hohen bildungsbürgerlichen Ansprüchen und der oft erschreckenden Realität spiegeln sich in vielen Erzählungen Storms und lassen sich nun häufiger auf die eigenen problematischen Familienkonstellationen zurückführen. Gerd Eversberg fasst seine Forschungsergebnisse zusammen, die er zur literarischen Sozialisation des jungen Storm bereits vor zwei Jahren in dem Buch „Theodor Storm als Schüler“ vorgelegt hat. Die neuen Erkenntnisse vor allem über die Bedeutung der Husumer Gelehrtenschule für die ersten Schreibexperimente Storms werden für künftige biographische Arbeiten über den jungen Autor von großer Bedeutung sein. Die drei folgenden Aufsätze beschäftigen sich mit der Bedeutung unterschiedlicher Lese-Erfahrungen für einige Novellen Storms. Jean Lefebvre zeigt in seiner Untersuchung, wie Storm in seiner wenig beachteten Novelle „Psyche“ auf das christlich motivierte ethische Konzept Bernardin de Saint-Pierres in dem ModeRoman „Paul et Virginie“ (1788) reagiert. Durch die Thematisierung der Nacktheit veranschaulicht Storm, dass die Moral des aufgeklärten 18. Jahrhunderts mit ihrem Anspruch, geltendes Gesetz für alle zu sein, nunmehr durch eine selbstbestimmte, vom Individuum verantwortete Lebensführung ersetzt werden muss. Louis Gerrekens weist in seinem Beitrag auf zwei „unterschwellige“ Formen von Intertextualität in Storms Novelle „Immensee“ hin, auf Nachwirkungen der Lektüre von Vergils „Bucolica-Hirtengedichte“ und Goethes „Werther“. Die Lektüre beider Texte hat vielfältige Spuren in der Novelle hinterlassen, die bestimmte Lesererwartungen sowohl wecken als sich auch gleich wieder davon distanzieren. Der Verfasser deutet dieses intertextuelle Phänomen so, dass der junge Dichter im Gegensatz zu seinen Figuren um die Notwendigkeit weiß, die Lektüre der Klassiker für seine Dichtungen produktiv umzusetzen.

Peter Hasubek geht der Rezeption der Werke von Karl Immermann durch Storm nach und zeigt in biographischen Quellen, in welcher Weise sich Storm von Immermanns Familienauffassung angesprochen fühlte, die sein eigenes Konzept von Partnerschaftsbeziehungen bestätigt haben. Im zweiten Teil seiner Ausführungen zeigt der Verfasser, wie Storm literarische und weltanschauliche Aspekte der Werke Immermanns verarbeitet hat und wie er dessen Erzähl- und Wertekonzept für seine eigenen Texte fruchtbar zu machen vermochte. Die Bedeutung des Tanzes für Theodor Storm ist Thema des Beitrags von Walter Salmen. Ausgehend von der Vergänglichkeitsempfindung, die Storm zeitlebens bestimmt hat, zeigt der Verfasser, wie das Tanzen für Storm nicht nur ein marginales Freizeitvergnügen war, sondern ein Element von Lebenshilfe zur Bewältigung des Gefühls der Vergänglichkeit; auch dieser Aspekt lässt sich im Falles des Husumer Dichters auf einer biographischen Ebene für verschiedene Lebensabschnitte konstatieren und spiegelt sich in einer Reihe von Prosatexten. Über eine Reihe neuer Aspekte, die wir der Storm-Forschung der letzten Jahrzehnte verdanken, informiert Karl Ernst Laage und weist darauf hin, dass manche Vorstellungen von Leben und Werk des Dichters durch neue Erkenntnisse ersetzt werden müssen. Walter Hettche ediert einen bisher unbekannten Brief von Detlev von Liliencron an Karl Emil Franzos, in dem es – kurz nach dem Tod des Dichters – auch um die literarische Bedeutung Theodor Storms geht, dessen Werk von den Korrespondenzpartnern in besonderer Weise geschätzt wurde. Es schließt sich ein Verzeichnis sämtlicher Erzählwerke Storms in alphabetischer Reihenfolge an, das sämtliche Novellen, Schwänke, Märchen, nicht ausgeführten Novellenentwürfe, ein Romanfragment, die kulturhistorischen Skizzen und journalistischen Arbeiten, außerdem die Besprechungen, Vorworte und sämtliche autobiographische Texte umfasst. Lediglich die Gedichte Storms werden nicht verzeichnet, da sie in mehreren kritischen Ausgaben greifbar sind. Damit legen die Mitarbeiter des Storm-Archivs ein Hilfsmittel zur Identifizierung und schnellen Auffindung der Prosatexte Storms vor, das parallel auch im Internet (www.storm-gesellschaft.de) veröffentlicht wird. Es schließen sich wie immer die Berichte über die Arbeit im Theodor-StormZentrum 2007 an; einige Buchbesprechungen runden diesen Jahresband ab, den wir nicht nur unseren Mitgliedern zu Lektüre empfehlen. Heinrich Detering (Präsident)

Gerd Eversberg (Sekretär)

Theodor Storms Kinder: verlorene Söhne – benachteiligte Töchter1 Von David Jackson, Cardiff (Wales)

Sie werden es mir hoffentlich verzeihen, wenn ich heute von dem Titel abweiche, der im Programm steht. Gerd Eversberg schlug mir ursprünglich den Titel „Storms Kinder“ vor; später kam hinzu: „verlorene Söhne, benachteiligte Töchter“. Das Hauptaugenmerk solle sich auf die Söhne richten; aber auch ein paar Worte zu den Mädchen seien angebracht. Ich sagte zu. Ein ungutes Gefühl stellte sich aber bei mir bald ein, nahm ständig zu. Ich wollte die von der alten Stormforschung betriebene Benachteilung der weiblichen Personen um Storm herum nicht fortsetzen. Erfreulicherweise hat man in den letzten Jahrzehnten in den Werken Storms die weibliche Stimme immer mehr berücksichtigt. Das gilt aber viel weniger für die kritische Aufarbeitung des biographischen Materials einschließlich des reichen Briefbestands. Regina Fasolds ausgezeichnete Ausgabe der Brautbriefe2, wo auch die Braut endlich zu Wort kommen darf, setzte in dieser Hinsicht Zeichen. Heute wende ich mich also Storms Töchtern zu. Statt im Eiltempo alle Töchter Revue passieren zu lassen, konzentriere ich mich auf Storms älteste Tochter Lisbeth. Im ersten Teil des Vortrags biete ich einige Überlegungen zu zwei Schlüsselkomponenten bei der Erziehung von Mädchen aus dem schleswig-holsteinischen Bildungsbürgertum, nämlich Klavierspielen und Teetassenwaschen. Anschließend hebe ich einige Züge von Storms zweiter Ehe hervor, frage, welche Zukunftsperspektiven Storm und Doris sich für die StormTöchter ausmalten, und deute an, wie sehr Storm der chronischen Angst ausgesetzt war, er könne durch die Bevorzugung seiner Söhne die Zukunft seiner Töchter gefährden. Im Hauptteil des Vortrags versuche ich, diese Überlegungen am Beispiel von Lisbeth Storm zu konkretisieren. Im Sommer 1883 hielt sich Storm bei Lisbeth in Heiligenhafen auf. Von dort berichtete er von einem Fräulein Höhl3. Das Mädchen wird als „Conzertspielerin auf dem Clavier“ und recht gute „Schifferin“ eingeführt, aber gleich danach als „eine gänzliche Niete für Haushaltswirthschaft“ bezeichnet. Sie sei vielleicht Braut und deshalb habe die Mutter wohl gewollt, dass sie die Haushaltsführung bei Lisbeth lernen sollte. Dann kommt er zur ausgezeichneten Qualität ihres Spiels: „Ich wollte [...] du hörtest das Mädchen spielen; süß, und heldenhaft, wie ein stürzender Wasserfall, wie ein ganzes Orchester, dann wieder wie Säuseln im Rohr so lieblich; dabei augenscheinlich auch sonst eine gute Durchbildung.“ Nach einem Zwischensatz heißt es abschließend: „In Frankreich ist ihr auch gesagt [worden], sie müsse Concertspielerin werden.“ Was enthält aber der Zwischensatz? „Ich glaube, sie wäscht nicht gerne Theetassen.“ Selbst bei einem so talentierten Mädchen mit so glänzenden beruflichen Aussichten strebt deren Mutter für sie als Ziel die Ehe an. Voraussetzung dafür ist die hauswirtschaftliche Tüchtigkeit. Wie stand Storm selber zu solchen Fragen? „Ich sehe als guter Deutscher die wirtschaftliche Tüchtigkeit, und zwar im hausbackensten Sinne, als das Fundament der weiblichen Bildung an; geist- und kunstreich darf mir eine Frau nur sein, wenn mir, wo wie ich ihre Schwelle betrete, überall der Geist der 7

Ordnung und der Sauberkeit – und zwar in dem unerbittlichen schleswig-holsteinischen Sinne – entgegen atmet. Von einer Frau, wie ich sie wünsche, verlange ich freilich, dass sie nicht nur dies bewältige, sondern sich auch die geistigen Interessen des Lebens aneigne. Aber das erste ist schwer und zeitraubend, wenn es perfekt geleistet sein soll; nebenbei kann das nicht betrieben werden. Soweit es damit vereinbar ist, bin ich natürlich dafür, dass auch die Frauen jedes Talent, das sie besitzen, möglichst ausbilden. Ist das Talent hervorragend, so ist natürlich auch die Ausnahme berechtigt, und die Frau mag dann alles Andre bei Seite lassen.“ Jetzt kommt aber der Knüppel: „...sie mag dann auch sehen, wie sie mit dem dadurch entstehenden Zwiespalt fertig wird.“4 So weit Storm. Ist der entstehende Zwiespalt ein äußerer, ein innerer oder beides zugleich? Aber hat Storm nicht gezeigt, dass er sich von althergebrachten Auffassungen des Wesens und der Rolle der Frau distanzierte, indem er trotz aller damit verbundenen finanziellen Probleme doch bereit war, zwei seiner Töchter, Lisbeth und Elsabe, ein Musikstudium zu finanzieren? Eine solche Annahme liegt nah. Dem war aber nicht so. Zweifellos hat er Karrieren als Konzertpianistinnen für seine Töchter nicht angestrebt; aber was bezweckte er dann mit einem Musikstudium? Erstens begrüßte er es, dass all seine Kinder von jung auf Klavierunterricht erhielten, denn dann eigneten sie sich eine Kernkomponente des europäischen Bildungsguts, der fortgeschrittensten Gefühlskultur, an. Aber ganz praktische Überlegungen waren auch im Spiel. Kompetenz im Klavierspielen, wenn sie durch ein Musikstudium abgesegnet war, war gleichsam eine Lebensversicherungspolice für alle Fälle. Das primäre Ziel für ein Mädchen aus dem Bildungsbürgertum war das Eingehen einer standesgemäßen Ehe. Ein Mädchen, das im Salon durch ihr Klavierspiel die Gesellschaft auf geziemende Weise unterhalten konnte und vielleicht auch fähig war, Lieder feinfühlig vorzutragen – ein solches Mädchen hatte die Gelegenheit, ihre Reize den Blicken der anwesenden ledigen Standesgenossen dezent zur Schau zu stellen und in ihnen Gedanken an das eheliche Glück wachzurufen. Kam es aber nicht zum letzten herrlichen Akkord, der Ehe, so verminderte das nicht den Wert des Klavierspielens. Im Gegenteil, es erhöhte ihn. Dem so betroffenen Mädchen standen viele Möglichkeiten nicht offen, die sich ledigen Frauen heute bieten. Da es ein Universitätsstudium für Mädchen noch nicht gab, war ihnen der Zugang zu vielen bürgerlichen Berufen von vornherein verwehrt. Gleichzeitig war es verpönt, dass ein bürgerliches Mädchen eine Arbeit annehmen sollte, die unterhalb ihrer Standesehre lag. Alles, was nach Lohn und Proletariat roch, war undenkbar. Was bot sich einer solchen Tochter dann als Alternative an, wenn sie von den Eltern im elterlichen Hause nicht mehr unterhalten werden wollte oder konnte? Sie konnte u.a. Haushälterin oder Gesellschafterin werden, und wenn sie in gewissen Fächern ein Grundwissen beherrschte, vor allem wenn sie französisch oder englisch sprechen konnte, konnte sie bei kleineren Kindern Gouvernante werden. Aber ihre Situation war dann unsicher: sie blieb auf Andere angewiesen, musste mit Stellen- und Ortswechseln rechnen. Hier kommt das Klavierspiel zu seinen Rechten, denn als Klavierlehrerin konnte sie sich auf jeden Fall ernähren, wenn auch oft nur bescheiden. Sie blieb mit der edlen Welt der Bildung und der Kultur in Kontakt; sie war selbständig, in keinem Dienst- oder Lohnverhältnis; sie verkehrte in guten Kreisen, unterrichtete die Kinder guter Eltern. Man versteht es also, warum Storm soviel daran gelegen war, seinen Töchtern die Chance zu geben, Musik zu studieren. Inzwischen dürfte auch klar geworden sein, welchen zentralen Platz Teetassenwaschen innerhalb dieses Lebenskonzepts für bildungsbürgerliche Töchter 8

einnahm. Nicht nur bescheidene ledige Klavierlehrerinnen mussten ihre eigenen Tassen waschen. Das Bildungsbürgertum in Schleswig-Holstein war meistens nicht so wohlhabend, dass ein Gatte sich eine Gattin leisten konnte, die, um Storms Worte zu gebrauchen, eine völlige Niete in Haushaltswirtschaft war. Selbst wenn er sich Dienstpersonal leisten konnte, erwartete er trotzdem von seiner Frau, dass sie entweder kräftig mithalf oder wenigstens bei allem eine aktive Aufsichtsrolle spielte. Kochen, Einmachen, Reinmachen, Schneidern, Nähen, Stopfen, Sticken usw. und so fort – das waren Künste, die sie beherrschen und dann an die eigenen Töchter weitervermitteln sollte. Wenn ein Familienvater wie Storm darauf bestand, dass seine Töchter nicht nur fleißig am Klavier übten, sondern auch als Teil ihrer häuslichen Pflichten Tassen wuschen, so meinte er, in ihrem Selbstinteresse zu handeln. Er setzte sie damit auf die Leiter, die zur vollkommenen Hausfrau hochführte. Der Tod Constanze Storms am 20. Mai 1865 war für Storm ein verheerender Schlag. Außer den Teenagern Hans, Ernst und Karl gab es vier Töchter: Lisbeth, Lucie, Elsabe und Gertrud, also eine 9-jährige, eine 4-jährige, eine 2-jährige und ein kleines Baby. Nach einigem Schwanken – er dachte eine Zeitlang daran, die Klavierlehrerin Pauline Petersen zu heiraten – entschied sich Storm für einen Haushälterinnentypus, seine ehemalige Geliebte, Doris Jensen. Weder Storms erotische noch seine praktische Rechnung ging auf. Er betrachtete Doris lediglich als eine Lückenbüßerin und nannte sie „Stiefmütterchen“. Die Kinder mussten sie als „Tante Do“ anreden und es war streng verboten, sie mit „Mutter“ anzureden. Kein Wunder, dass in einem so großen Haushalt die überforderte Doris angesichts von Storms Obsessionen und Depressionen auch schwer depressiv wurde. Die Atmosphäre im Haus war in diesen Jahren oft düster-bedrückt. Constanze war in Haushaltssachen etwas nachlässig gewesen und den Kindern gegenüber war Storm der strengere Elternteil gewesen. Doris, mit ihrer geistig beschränkten Natur und ihrer Angst, ihrer erzieherischen Aufgabe und haushälterischen Rolle nicht gewachsen zu sein, bezog in dieser Hinsicht eine strenge, aufs Praktische gerichtete Position. Storm, der an seinem Ideal von einem vollen, schönen Leben für seine Kinder immer größere Abstriche machte, neigte seinerseits auch immer mehr dazu, Sparsamkeit und Fleiß als Kardinaltugenden hochzuschreiben und Doris deshalb in ihrer Zielsetzung voll zu unterstützen. Am 22.10.71 schrieb er an seinen Sohn Karl: „Wenn mich mitunter der aus der Jugend angestammte Glaube an eine göttliche Weltregierung, d.h. an ein persönliches Eingreifen Gottes in das Geschick des Einzelnen überkommen, so habe ich immer auch denken müssen, dass Mutter von uns genommen worden, weil ihre Aufgabe, die sie mit ihren Kräften erfüllen konnte, nun zu Ende gewesen, weil, um die Erziehung ihrer Töchter weiter zu führen, es einer strengeren und consequenteren Hand bedürfte.“5 Für die Töchter waren diese Jahre gewiss nicht die ideale, sonnige Kindheit, die er ihnen einst gewünscht hatte. Mit der Geburt Friederikes im November 1868 hatte sich das Selbstgefühl von Doris etwas ge­ festigt. Dass den Stiefkindern endlich erlaubt wurde, sie mit „Mama“ anzureden, half auch. Aber die 1870er Jahre hindurch litt Storm ständig an Stress, Depressionen und Todesahnungen. Schon früh überkamen ihn Sorgen, dass er die Aussichten seiner Töchter gefährden könnte, indem er zur Finanzierung des Studiums seiner Söhne so viel Geld aufbringen musste. Kaum hatte Ernst sein Jurastudium in Kiel begonnen, so schrieb sein Vater an ihn: „Die Ausgaben sind ungeheuer und mein armer Kopf ist krank, ich kann außeramtlich nichts mehr erwerben. Du und Hans dürft es beide nicht vergessen, daß Ihr die Kinder eines bedürftigen Mannes seid, und daß Euer beiderseitiges Studiren ein Wagestück ist, 9

das nur mit größter Vorsicht durchgeführt werden kann, wenn nach meinem Tode Euren Geschwistern nicht ihre Existenz ganz verkümmert werden soll.“6 Würde er die Mädchen um ihren kleinen Erbteil, um ihren Notgroschen berauben, so wäre weder eine passende Mitgift noch das Geld für ein Musikstudium aufzubringen. Verarmt würden sie zu einem beschränkten, kümmerlichen Jungferndasein verurteilt sein. Noch peinigender als diese Sorge waren jedoch die bitteren Selbstanklagen, die sich bei ihm festsetzten, sobald er die Augen nicht mehr davor verschließen konnte, dass seine drei Söhne sich ein verlottertes Leben leisteten, ihr Studium vernachlässigten und erhebliche Schulden machten. Wenn er ihnen den Geldhahn zudrehte, so stand jedoch zu befürchten, sie würden sich gesellschaftlich nie etablieren. Vielleicht würden sie ja völlig verkommen. Aus diesem Teufelskreis kam er nicht mehr heraus. Jetzt aber zu Lisbeth. Von früh an hingen bei ihr Klavierspiel und Teetassenwaschen unzertrennbar miteinander zusammen. An seinen Schwiegervater Ernst Esmarch berichtete Storm am 22. November 1865: „Lisbeth, wie Karl, haben Klavierunterricht bei Stapelfeld aus Tönning, obwohl Karl entschieden musikalischer ist, so scheint Lisbeth doch grade für das Klavierspiel vorzugsweise begabt.“7 Aber gleichzeitig sollte Doris ihr anderes beibringen: „Lisbeth beginnt schon unter ihrer freundlichen Anleitung eine rechte kleine Hausfrau zu werden, sie wäscht die Tassen, deckt den Tisch etc.“8 1870, nach Schulabschluss und Konfirmation, wollte Lisbeth von Husum weg. Was tat man mit einem fünfzehnjährigen Mädchen? Man bot sie bei verschiedenen Verwandten und Freunden als kleine Hilfskraft im Haushalt an. Erst nach einigen Absagen wurde Lisbeth von einem alten Freund Storms, Professor Klander, in Plön angenommen. Dort sollte sie der Frau Klander beistehen. Natürlich wurde auch erwartet, dass sie weiter Klavier spielen sollte. Sie spielte tatsächlich Duettes mit einer dortigen Dame und übte weiter. Storm schickte ihr Harmonieaufgaben. Für Doris hatte anderes Vorrang. Lisbeth sollte so tüchtig werden, dass sie nach ihrer Rückkehr ihrer Mama eine richtige Stütze würde. Storm selbst war weit entfernt, die Teetassen aus dem Blick zu verlieren. In einem Brief von Doris an Lisbeth heißt es: „Hast Du nun auch frischen Muth meine süße Lite, wenn Du wieder nach Hause kommst? und willst tüchtig mit anfassen? Wir rechnen auch sehr auf Dich; - Vater u ich sprechen oft davon, u denken uns es ganz schön, wenn wir nächsten Sommer aufstehen u unser Töchterchen hat den Theetisch servirt u es behaglich im Zimmer gemacht; - ja meine Lite wir wollen Hand in Hand gehen, werde du tüchtig im Hausstand, daß Du eine tüchtige Hausfrau zu werden versprichst, das ist das Einzigste was wir Dir mitgeben können, u ist mehr als Geld u Gut.9 In einem anderen Brief heißt es: „[...] bei unsern Verhältnissen ist es ja nothwendig, daß alle unsre Deerns etwas lernen, entweder tüchtig in der Haushaltung oder tüchtig als Gouvernanten oder dergleichen werden.“10 Doris hatte ihre vier Stieftöchter schon mit Hinblick auf deren zukünftige Lebensrolle abgeschätzt. „Lute“, so schreibt sie, „wird vielleicht auch mal eine tüchtige Gouvernante werden können, denn Verstand hat sie u ist auch sehr verständig“. Auf gut Deutsch heißt das: Lucie ist im Haushalt eine „Niete“, bekommt vielleicht keinen Mann ab und wird sich deshalb selbst ernähren müssen. Elsabe dagegen wird gelobt: „Ebbe ist gewiß eine vortreffliche Stütze im Hausstand.“ Gertrud kommt wie Lucie nicht gut weg: „Dete u Lute können auch gewiß gut lernen um sich später vielleicht wenn es Noth thut, etwas zu verdienen.“ Gertrud, die sich später um ihren Vater so große literarische Verdienste machte, zog es schon als Kleinkind vor zu lesen. Doris zieht die Bilanz: „Das sind ernste Gedanken mein Lite, aber sie kommen oft; u besser ist ja auch wenn man sich seine Lage klar 10

macht und strebt Etwas Tüchtiges zu lernen nicht wahr mein Kind?“ Nachdem Doris erzählt hat, wie sie Unterhemden, Hemden, Röcke, Corsetts, Strümpfe nachprüfen muss, holt sie Lisbeth auch heran. Da ihr Bruder Karl für das Konservatorium in Leipzig ausgerüstet werden muss, soll sie ihm die Knopfflächen in 6 Paar Manschetten hineinnähen : „[…]das kannst du gut u kannst dich recht darin vervollkommnen.[...] ins Stricken kommst du wohl recht hinein bei deinen Strümpfen, schaffe nur recht darauf es ist doch billiger u haltbarer wenn man sie selbst strickt.“ Die Sorgen ihrer Stiefmutter ließen sich nicht vertreiben: „Du hast doch wohl einen sehr bequemen Tag mein Lite nicht wahr? Hilfst du garnicht in der Küche u im Hausstande, machst Kaffe und Thee? – ich denke manchmal, nie wirst du dich an das Leben voll Arbeit u Mühen hier wieder gewöhnen, mein Lite aber die Jugend gewöhnt sich leicht, nicht wahr? Du willst mir eine treue Stütze werden!“11 Inzwischen ist Lisbeth so tüchtig, dass ihre Eltern ihr den Haushalt anvertrauen können, wenn sie wegwollen, allerdings nur in Zusammenarbeit mit der bewährten Magd. Sie besteht die ersten großen Proben: Einmachen, Kochen, Schneidern, Recken, Rollen, Plätten der Wäsche. Allmählich geht ihr der althergebrachte Jahresrhythmus mit den großen festgelegten Wasch- und Reinmachterminen ins Blut über. Im Spätsommer 1872 darf sie zur Familie Scherff in Altona gehen. Für ein Mädchen aus Husum muss das Großstadterlebnis „cool“ gewesen sein. An ihren Bruder Karl schreibt sie begeistert: „Hier in Hamburg ist es ganz herrlich, hauptsächlich wenn man nichts anderes zu thun hat wie sich zu amüsieren. Bei Renz [ d.h. beim Zirkus] bin ich schon gewesen, ich sage Dir es war ganz herrlich.“12 Neben dem zoologischen Garten besuchte sie das Thalia Theater. Als Storm sie dort besuchte, gingen Vater und Tochter bezeichnenderweise in die Kunsthalle. Bei Scherffs – der Sohn Ludwig ist Bankangestellter und Opernkomponist – übt sie weiter. Wieder hat Doris Bedenken: „Das glaube ich, das gefällt dir wohl in Hamburg. genieße es nur recht mein Lite, in der Jugend genießt man es so recht in vollen Zügen; und man ist nur einmal jung!.. Ja, mein Lite was soll ich dir schreiben mein Leben vergeht hier Etwas oede u langweilig, dazu bin ich müde.“13 Storm bestand darauf, dass sie im November wegen der anfallenden Weihnachtsarbeiten zurückkommen musste. Lisbeth wusste, was bei der Heimkehr auf sie zukam. Im Stormschen Haus blieb die Stimmung in den Jahren 1873 und 1874 meist bedrückt, mal panisch, denn der klägliche Verfall von Hans lag jetzt auf der Hand. Die Arbeit Lisbeths unter der Aufsicht von Doris ging weiter. An ihren Bruder Karl, der vom Leipziger zum Stuttgarter Konservatorium umgesiedelt war, schrieb sie am 5. Juni 1873: „Ich habe in der letzten Zeit wegen des Pfingst­ reinmachen(s) nicht ordentlich üben können, ich hab doch so große Lust dazu. Vater hat auch den Gedanken noch nicht aufgegeben mich ein Jahr nach Stuttgart zu schicken, wenn Ihr großen Schlingel nur nicht so viel Geld gebrauchen wolltet.“14 Storms Kalkül war wohl, dass sie in Stuttgart dafür sorgen konnte, dass ihr Bruder fleißig, sparsam, gesund lebte. Es wurde aber daraus nichts. Lisbeth spielte und spülte weiter. Storm beschreibt Karl am 22. Januar 1874 einen für sie typischen Tag: „Lite grüßt dich; sie kommt eben (es ist Abend 8 U.) müde von Plätten u. Ueben in meine Stube, u. fällt in meinen Lehnstuhl.“15 Schneidern an ihren eignen Kleidern und denen ihrer Schwestern nahm auch viele Stunden ein. Ein Brief Lisbeths an Karl lässt klar erkennen, was sie sich von einem Musikstudium verspricht: „Mein größter Wunsch ist es ein Jahr nach Leipzig zu kommen, ich möchte so gerne später wenn ich erst eine alte Jungfer bin (und daß 11

werd ich gewiß) etwas in Clavier unterrichten, damit ich mich nicht bei fremden Leuten herum schlagen brauch.“16 Sie steht kurz vor ihrem 19ten Geburtstag! Der Herbst 1874 verstreicht. Lisbeth ist noch immer zu Hause. Die Sorgen um Hans setzen sich fort. Hinzu kommen ab 1875 große Sorgen um Karl, denn er wird wegen einer Geschlechtskrankheit behandelt, die schließlich als Syphilis diagnostiziert wird. Die Folge: Die Behandlungskosten kommen jetzt zu den erheblichen Summen hinzu, die für Hans in Würzburg ausgegeben werden müssen. Das für Lisbeth erwogene Studium muss vorläufig ad acta gelegt werden. Storms Plan ändert sich. Jetzt erwägt er die Möglichkeit, dass Lisbeth entweder in Leipzig oder Berlin studieren soll. Karl und Lisbeths Kusine Lucie hatten beide in Leipzig studiert; Storm kennt das Lehrpersonal. Aber Berlin gewann an Anziehungskraft für ihn, da Karl dort Gesangunterricht bekommen sollte. Nach abgeschlossenem Studium könnten die beiden Geschwister eine Klavier und Gesangschule eröffnen.17 Noch etwas sprach für eine solche Lösung: Lisbeth könnte dann gleichzeitig Haushälterin und Pflegerin ihres gesundheitlich anfälligen Bruders werden. Sie wäre versorgt und Karl, der wegen seiner Krankheit nicht ans Heiraten denken durfte, würde eine familienähnliche Behaglichkeit genießen. Inzwischen hatte sich Lisbeths Frustration so gesteigert, dass sie bereit war, notfalls auf Kosten ihres Erbteils ihr Studium selbst zu finanzieren.18 Das deutet unverkennbar an, dass sie alle Hoffnung, unter die Haube zu kommen, aufgegeben hatte, denn sie hätte ihre Mitgift dann drastisch reduziert. Storms Plan änderte sich bald wieder, sobald klar wurde, dass es keinen Sinn hatte, Karl mit seiner durch Syphilis zerstörten Stimme länger als überhaupt nötig teuren Gesangunterricht im teuren Berlin zu finanzieren. Karl sollte sich jetzt als Klavierlehrer in Varel ansiedeln. Dadurch hatte sich Storms finanzielle Lage verbessert: Karl konnte sich jetzt selbst ernähren. Auch Hans, der sich 1877 endlich als Diplomarzt qualifiziert hatte, durfte nicht mehr lang auf Storms Tasche liegen, auch wenn viele Schulden noch zu begleichen waren. Und Storms Nebeneinkünfte aus seinen Schriftstellerhonoraren stiegen kräftig. Im Herbst 1877 war es endlich so weit: Lisbeth durfte das Stuttgarter Konservatorium beziehen: „Sie geht Freitag nach Stuttgart auf’s Konsistorium, um sich in Musik auszubilden, wenn es nötig thut, sich später ihr Brod selbst verdienen zu können.“19 Lisbeth, die bei der Schwiegermutter Georg Scherers billig unterkam, sollte weiter fleißig, sparsam und genügsam sein. Da ein Konzertbesuch 2 Mark kostete, ging sie immer auf die Galerie und im Theater auf den offenen Platz.20 Die großen Ausgaben Storms für die Söhne bedeuteten, dass sie ein hübsches Sommerkleid, das Doris für sie bei Storm herausgeschnackt hatte, zu Weihnachten doch nicht bekam. Ihre schwarzen Kleider musste sie sorgfältig schonen. Doris machte sich noch immer dieselben Sorgen: „Beschaffst du auch ein bißchen mit Handarbeit in mussigen Stunden mein Lite, siehst du deine Strümpfe nicht nach und machst nicht den Eindruck des Unbeschäftigtseins? Thue es nicht mein Lite bei allem Schönen, was du genießt, muß man doch nicht so ganz herauskommen.“21 Doris hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Lisbeth doch noch einen Ehemann finden könnte. In Husum gebe es Verlobung über Verlobung: „[...]macht Ihr drei doch auch da bald zu.“22 Karl gegenüber beschreibt Lisbeth ihr Leben als schwer, aber höchstvergnüglich. Trotz Schwierigkeiten mit einer überspielten Hand übt sie 5 bis 6 Stunden am Tag und richtet es ein, dass sie nach den Sommerferien Schülerin beim Direktor des Konservatoriums werden darf.23 Im August 1878 steht der Plan für’s kommende Jahr anscheinend fest. Aber dann wird alles plötzlich ganz anders. Am 16. September berichtet Storm dem Maler Hans Speckter, Lisbeths Hand sei noch nicht besser und sie habe sich 12

entschlossen, Hans in Heiligenhafen die Wirtschaft zu führen. Sein Kommentar dazu: „Wäre das nur früher geschehen!“24 Nicht Lisbeths kranke Hand, sondern ihres Vaters Sorgen um den Zustand von Hans waren wohl ausschlaggebend. Nach einem anfänglichen zufriedenstellenden Berufsantritt in Heiligenhafen war Hans nämlich immer mehr in den Suff geraten. Er drohte, in Storms Worten, ein „unrettbar Verlorener“ zu werden. Unter solchen Umständen schien es Storm selbstverständlich, dass Lisbeth es als ihre Aufgabe ansehen würde, ihren Bruder retten zu wollen. Sie stand unter einem starken moralischen Druck: Storm und Doris ließen sie klar empfinden, dass Hans kläglich scheitern könnte, ginge sie ihm nicht zur Hilfe. Aber mehr noch: Storm hatte ja seit eh und je damit gedroht, daß seine Sorgen um seine Kinder ihm ein frühes Grab bescheren könnten. Lisbeth konnte nicht umhin, das Schlimmste zu befürchten, wenn sie nicht nach Heiligenhafen ginge. Das Rettungskonzept von Storm und Doris war einfach: Indem Lisbeth Hans ein häusliches, behagliches Familienleben verschaffte, würde sie ihn vom Wirtshausleben fernhalten. Aus einem Bier trinkenden Saulus würde ein Tee trinkender Paulus werden. Heute kann man nur über die Naivität, ja, man könnte fast sagen, die kriminelle Naivität dieses Rettungskonzepts staunen. Der auf Lisbeth ausgeübte moralische Druck, der an Erpressung grenzt, springt einem beim Lesen eines Briefs von Doris an Lisbeth ins Auge: „[...] daß für dich sehr schwere Tage kommen, das weiß ich. Hoffentlich werden die aber weniger, wenn du erst länger mit Hans zusammen lebst, und welche große Lebensaufgabe hast du dann gelöst. ...Das giebt eine größere Selbstbefriedigung als wenn man so in den Tag hinein lebt.“25 Bald treffen jedoch entmutigte Briefe Lisbeths in Husum ein. Was tut Doris? Sie ermahnt Lisbeth, auszuhalten: „ ... glaub es mir sicher meine Lite, es wird vielleicht noch lange dauern, es werden immer noch wieder schlimme Zeiten kommen mit Hans, verliere nur nicht dann den Muth, es wird auch immer wieder besser werden, gewöhnlich ist es bald wieder besser geworden, wenn du eben so trostlos geschrieben; wenn du nur Muth hast, hat Vater auch gleich wieder Hoffnung; – und was wäre das für dich für dein junges Leben ein beglückendes Gefühl, wenn du einen Bruder vom Untergang gerettet hättest.“26 Lisbeth harrte aus. Fast als Lohn für ihre „große Tapferkeit“ sorgten Storm und Ernst dafür, dass sie ein Klavier ins Haus bekam. Sie durfte weiter spielen. Das Schlimme an allem ist, dass Storm von 1883 bis 1885 zwei andere Töchter, Lucie und Elsabe, einer ähnlichen Tortur unterwarf. Walter Hettche hat den erschütternden Brief veröffentlicht, in dem Lucie Paul Heyse die Weigerung ihres Vaters beschreibt, den Tatsachen ins Auge zu schauen und sie und ihre Schwester nach Hause zurückkommen zu lassen.27 Storm und Doris hatten aus dem ersten gescheiterten Rettungsversuch gar nichts gelernt. In der Rückschau schrieb Doris dieses Scheitern der Tatsache zu, dass Lisbeth zu oft weg gewesen sei. Die Folge: Ohne ständige Aufsicht und ununterbrochene häusliche Behaglichkeit sei Hans natürlich wieder ins Wirtshaus gewandert. Lisbeth hätte vielleicht noch lang in Heiligenhafen ausharren müssen, wäre nicht eine unerwartete, neue Entwicklung eingetreten. An seinen Bruder Otto schreibt Storm am 27. Januar 1879: „Bei Hans in Heiligenhafen hält Lisbeth mit möglichst fester Hand die Zügel; einen leichten Stand hat sie dort nicht. Im Uebrigen hat sie sich, wie auch nach ihrer Persönlichkeit zu erwarten war, dort rasch genug eine Stellung in der Gesellschaft erworben. Mit 3 andern jungen Damen hat sie einen Wochenklub, wo sie wechselweise nach dem Abendessen zusammenkommen; daneben erscheinen dann und wann die beiden Pastoren bei ihnen zum Kaffee, ein Wittwer u. ein 72jähriger Junggeselle; Letzterer scheint ihr 13

die Cour zu machen.“28 Storm täuschte sich: Nicht der 72jährige, sondern der jüngere, der verwitwete Pastor Gustav Haase war es, der ihr die Cour ernsthaft machte. 1837 in Kiel als Sohn eines Musikus geboren, also bedeutend älter als Lisbeth, brauchte Haase, wie Storm im Jahr 1865, eine Ersatzmutter für seine zwei jüngeren Kinder Karl und Lisbeth. (Der ältere Sohn Gustav war weg und besuchte die Schule in Kiel, wo die Eltern von Haase wohnten,) und eine tüchtige Hausfrau, die ihm den Haushalt führen könnte. Er kam Lisbeth näher und als Doris nach Heiligenhafen kam, um die Lage um Hans zu erkunden, wurde sie in die neue Lage eingeweiht. Sie gewinnt einen sehr positiven Eindruck von Haase und setzt Storm ins Bild. Auch ihm scheint Haase einen idealen Ehemann für Lisbeth abgeben zu wollen. Storm und Doris hatten jedoch eine Sorge: Durch Scheu oder Sprödigkeit könnte Lisbeth diesen potenziellen Gatten verscheuchen. Eine Frau, der sonst eingebläut worden war, keinen Mann an sich herankommen zu lassen, und die wohl bisher keine sexuellen Erfahrungen gemacht hatte, sollte jetzt nicht abweisend wirken. In einem Brief, der konspirativ-geschwätzig, ja fast kupplerhaft wirkt – man wird an die Szene zwischen Margarethe und Gretchen in Goethes „Faust“ erinnert – erteilt Doris Lisbeth guten Rat: „Sonst kann ich dir sagen, wenn Alles so käme wie wir Beiden möchten, würdest du bei Vater u Ernst damit nur sehr willkommen sein, ich habe ihn aber auch in ein strahlendes Licht gestellt. Denke dir Frl. Klincker hat es hier in Husum rund gebracht, die muß ja Nachrichten von Heiligenhafen haben. Nun wirst du aber fortfahren mir zu erzählen von ihm; ist er Sonntag da gewesen, was habt Ihr gemacht etc, ich interessire mich wirklich eben so für ihn; sei aber mit meinen Briefen vorsichtig, du läßt immer deinen Schlüssel in der Kommode stecken. Sei nun recht nett mein Lite gegen ihn u stoße dein Glück durch Verlegenheit nicht von dir, man soll den Augenblick des Glücks nicht vergessen, oft kommt er nie wieder im Leben. – Gestern Abend waren wir hier in einem Simphonie Konzert, Tine Jansen kam garnicht zu mir u erkundigte sich nach dir, Tönnies u Feldbergs habe ich gegrüßt, ich denke mir, wenn es so würde, wären viele hier noch neidisch.“29 Was den Druck auf Lisbeth noch erhöhte, war die Tatsache, dass ihre jüngere Schwester Lucie einen Apothekengehilfen Hermann Kirchner in Heiligenstadt getroffen hatte und jetzt mit ihm verlobt war, allerdings nur inoffiziell: er müsste zuerst seine eigene Apotheke erwerben. Nachdem Doris Lisbeth mitgeteilt hat, Lucies Schatz besuche sie am 1. oder 2. April, fährt sie fort: „[…]mach es nun so mein Herzens Lite daß wir auch bald von deinem sprechen können. […] Nun laß nicht lange mehr warten, mir hast du gewiß was mitzutheilen, ich sage nichts weiter, u muß dir das ja eine Erleichterung sein; so mein Herzens Kind, laß mich bald von dir hören, grüße das ganze Haus u sei vorsichtig mit diesem Brief.“30 Anfang Mai wurde Lisbeth nach Hause beordert: nicht nur wegen der erfolgten Verlobung, sondern weil es nach Ansicht Storms nicht mehr anständig sei, dass sie bei Hans bleiben sollte.31 Lisbeth teilte ihre Verlobung am 6. Juni ihrem Bruder Karl mit: „Was sagst du dann zu meiner Verlobung? Liebster Bruder du glaubst garnicht wie froh ich bin daß ich nicht Clavierlehrerin werden brauch, denn für nichts passe ich besser als für eine Hausfrau. Mein Studium der Musik ist übrigens doch auch nicht umsonst gewesen, ich habe im Spielen eine viel größere Fertigkeit bekommen, aber drei Jahre hätte ich es doch nicht ausgehalten, meine Nerven waren vorigen Sommer schon gänzlich auf den Hund und den Schaden welchen ich an meiner Hand erlitten habe, kann ich noch immer nicht verschmerzen.“32 Doris hatte Storm nur Positives über Haase berichtet. Es gab aber andere Stimmen, andere Meinungen. Hans muss seinen Eltern und seinem Bruder Ernst geschrieben haben, Haase genieße in Heiligenhafen den Ruf eines 14

Schürzenjägers. Storm jedoch wollte solche Gerüchte nicht gelten lassen und die Trauung fand am 24. Oktober 1879 in Husum statt. Storms höchst positive Meinung von seinem Schwiegersohn hat anscheinend nie geschwankt. Dass dieser wiederholt erfolglose Versuche machte, von Heiligenhafen wegzukommen und ein neues Pfarramt zu finden, leuchtete Storm ein: Er brauche ja einen gebildeteren Umgang. Er begrüßte also Haases Ernennung 1885 zum Hauptpastor in Grube. Die Gerüchte hatten jedoch einen festen Grund. Wir wissen nicht, ob Haase in den ersten Jahren seiner Ehe Lisbeth treu war oder nicht. Fest steht aber, dass er 1884 eine Affäre mit einer Heiligenstädterin hatte. Vor Jahren machte mich Peter Goldammer auf eine Eintragung vom 7. Juni 1894 in Band 17 von Julius Rodenbergs Tagebuch aufmerksam. „Einen recht traurigen Besuch hatt’ ich gestern: die Tochter Theodor Storm’s, eine Frau, tief in Schmerz, hoch in den Dreißigen jetzt u. von nicht unsympathischer Erscheinung, mit einem Pfarrer verheirathet, der ihr vor zehn Jahren die Treue gebrochen hat u. seitdem unerbittlich vom geistlichen Consistorium verfolgt wird, wie wohl sie seinen Fehltritt ihm längst verziehen hat. Des Amtes entsetzt, hat er bald hier, bald dort, u. in den letzten beiden Jahren bei der hiesigen Arbeitercolonie des Pfarrers Diestelhang eine dürftige Stellung gefunden, aus der er aber jetzt auch wieder vertrieben werden soll. Abgewiesen von all den hohen u. höchsten Stellen, an welchen christliches Erbarmen walten sollte, wendet sie sich mit ihren vier Kindern Hilfe suchend an die alten Freunde ihres Vaters. Aber was vermögen die für sie zu thun? Es schnitt mir durchs Herz, wie sich ihre Verzweiflung, ohne zudringlich zu sein, äußerte. Keine Novelle von Storm vermöchte so tragisch zu wirken, wie dieses Schicksal seiner Tochter.“33 Wir wissen inzwischen mehr über diese Affäre. Ein Kieler Familienforscher stieß bei Briefen, die ihm aus Texas überlassen wurden, auf Informationen über eine Juliane Magdalena Henriette Tiemann (21.11.1847), die 1869 einen Heiligenhafener Schiffszimmermann, Peter Orts, heiratete. 1884 verließ er seine Familie und wurde Fährmann auf dem Colorado. Er meldete sich nicht mehr. Er starb 1889 in Galveston. In einem Brief vom September 1884 heißt es: „Onkel Peter seine Frau hält eine Nähschule. Sie steht hier in Heiligenhafen in keinem guten Ruf, sie soll sich mit Pastor Haase abgeben. Er will jetzt gerne fort, und hat sich nach Grube gemeldet, wo die 1. Predigerstelle vacant ist.“34 Es nimmt wunder, dass dieser Skandal Storm anscheinend nie zu Ohren gekommen ist. 1884 war Hans allerdings nicht mehr in Heiligenhafen, aber das Bildungsbürgertum in Schleswig-Holstein war so engvernetzt – so viele der Männer hatten in Kiel studiert –, dass sich Tratsch solcher Art oft schnell verbreitete. Lisbeth hat ihren Eltern und Geschwistern anscheinend nichts verraten. Wiederum dürften Sorgen um die tödliche Wirkung einer solchen Nachricht auf ihren Vater eine große Rolle gespielt haben. Genau zu dieser Zeit waren ihre Schwestern Lucie und Elsabe bei Hans in Wörth und schrieben verzweifelte Briefe nach Hause. Unter solchen Umständen wird Lisbeth – man denkt an Klara in Hebbels bürgerlichem Trauerspiel „Maria Magdalena“ – ihrem Vater keinen Skandal haben machen wollen. Sonst wäre wiederum das Schlimmste zu befürchten gewesen. 1892 zogen die gejagten Haases nach Berlin, wo Haase bei der Inneren Mission unterkam. Briefe Lisbeths aus den 1890er Jahren lassen erkennen, wie schwer für sie das Leben in Berlin war. Spannungen zwischen ihr und ihren Stiefkindern traten auf. Der Stiefsohn ging zum Theater; die Stieftochter hörte nicht mehr auf sie, brach aus und auf. Bezeichnenderweise ließ Lisbeth ihre eigene Tochter 15

Constanze einen Schneiderkursus abbrechen, damit sie sich um ihre Tante Gertrud in Varel kümmern konnte. Diese, nachdem sie für ihren Bruder Karl den Haushalt geführt und ihn bis zu seinem Tod gepflegt hatte, war am Ende ihrer körperlichen und seelischen Kräfte. Man merkt: Die Wiederkehr des Gleichen: Das Mädchen soll seine eigenen beruflichen Ambitionen aufgeben, nimmt die Rolle der sich aufopfernden Krankenpflegerin an. 1898 litt Lisbeth an abscheulichen Magenschmerzen, fühlte sich merkwürdig unwohl und nahm ohne jeglichen Grund ab. Im selben Jahr wohnte sie der Einweihung des Storm-Denkmals im Schlosspark bei. Sie starb 1899. Haase starb fünf Jahre später. Das Spiel war aus, die Teetassen waren alle gewaschen. Anmerkungen   1 Festvortrag, gehalten anlässlich der Storm-Tagung in Husum am 15. September 2007   2 Theodor Storm – Constanze Esmarch. Briefwechsel (1844–1846). Kritische Ausgabe. Hg. von Regina Fasold. 2 Bde. Berlin 2002.   3 Theodor an Elsabe Storm, 2. 7. 1883. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB.   4 Theodor Storm an Hermione von Preuschen, 16.12.1873. In: STSG 22(1973), S. 69.   5 Theodor an Karl Storm, 22.10.1871. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB.   6 Theodor an Ernst Storm, 10.12. 1869.   7 Theodor Storm an Ernst Esmarch, 22.11.1865.   8 Theodor Storm an Ernst Esmarch, 7.7.1866.   9 Dorothea an Lisbeth Storm, 5.11. ohne Jahr (1870). Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 10 Dorothea an Lisbeth Storm ohne Datum (1871). Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 11 Dorothea an Lisbeth Storm, Freitag Mittag ohne Datum (1870). Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 12 Lisbeth an Karl Storm, 4.9.1872. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 13 Dorothea an Lisbeth Storm, Mittwoch Abend ohne Datum (1872). Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 14 Lisbeth an Karl Storm, 5.6.1873. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 15 Theodor an Karl Storm, 22.1.1874. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 16 Lisbeth an Karl Storm, 5.6.1874. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 17 Theodor an Karl Storm, 1.10.1876. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 18 Theodor an Karl Storm, 16.10.1876. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 19 Theodor an Otto und Marie Storm, 30.9.1877. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 20 Lisbeth an Karl Storm, 5.12.1877. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 21 Dorothea an Lisbeth Storm, 26.8. ohne Jahr. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 22 Dorothea an Lisbeth Storm, Montag Mittag ohne Datum. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 23 Lisbeth an Karl Storm, 5.6.1878. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 24 Theodor Storm an Hans Speckter, 16.9.1878. 25 Dorothea an Lisbeth Storm, 3.11.1878. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 26 Dorothea an Lisbeth Storm, 6.1. ohne Jahr (1879). Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 27 Lucie Storm an Paul Heyse, 9.5.1884, STSG 43 (1994), S. 118 f. 28 Theodor an Otto Storm, 27.1.1879. 29 Dorothea an Lisbeth Storm, Mittwoch Nachmittag ohne Datum (1879). Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 30 Ebda. 31 Theodor an Karl Storm, 30.5.1879. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 32 Lisbeth an Karl Storm, 6.6.1879. Zitiert nach der Handschrift in der SHLB. 33 Zuerst abgedruckt in : David Jackson: Theodor Storm.The Life and Works of a Democratic Humanitarian. New York/Oxford 1992, S. 182 f., Anm. 46. 34 Siehe den Brief von G. u. H. Jäger an die Storm-Gesellschaft, Theodor-Storm-Archiv.

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Theodor Storms Schulzeit Von Gerd Eversberg, Husum Gelernt habe ich nie etwas Ordentliches; und auch das Arbeiten an sich habe ich erst als Poet gelernt. Dies ist buchstäblich wahr; mir fehlt ganz das Talent des Lernens.

So äußerte sich Theodor Storm im August 1873 gegenüber dem österreichischen Literaturhistoriker und Hebbel-Biographen Emil Kuh, der ihn um nähere Informationen über seine Jugendzeit gebeten hatte.1 Nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 war Theodor Storm ein berühmter Erfolgsschriftsteller, und es mehrten sich die Anfragen von Kritikern, die etwas über das Leben des Dichters erfahren wollten. So hatte auch Emil Kuh Storm gebeten, ihm bei der Abfassung eines Essays behilflich zu sein. Storm nutzte die Gelegenheit, etwas aus seinem Leben zu berichten und erzählte ihm von seiner Kindheit. Der Poet erinnerte sich in seinem 5. Lebensjahrzehnt gern an Jugend, Schulzeit und Studium und sah sich genötigt, diese Lebensphasen vor allem unter der Frage zu betrachten, wie er Schriftsteller geworden sei. Ähnliche Anfragen erhielt er auch von Bewunderern, wie z.B. der Schriftstellerin Ada Christen, der er im März 1873 folgende Auskunft gab2: Ich besuchte die Gelehrtenschule meiner Vaterstadt, wo von deutscher Literatur außer Schiller und den Dichtern des Hainbundes uns nicht viel bekannt wurde. Dennoch hielt ich als Primaner bei den jährlichen öffentlichen Reden auf dem Rathaus eine Rede in Jamben über Mattathias, den Befreier der Juden. Ich ging von hier zunächst noch 1½ Jahr auf das derzeit berühmte Lübecker Gymnasium, wo die Primaner in den ganzen Kreis der neuen Bildung eingeweiht waren. Hier lernte ich Goethes „Faust“, Heines „Buch der Lieder“, Eichendorffs „Dichter und ihre Gesellen“ kennen, diese Bücher machten großen und nachhaltigen Eindruck auf mich; namentlich die beiden ersten kamen nicht von meinem Tische.

Diese Erinnerungsarbeit setzte Storm in den nächsten fünfzehn Jahren fort; in seinen „Erinnerungen an Eduard Mörike“ aus dem Jahre 1875 z. B. schrieb er3: Auf der alten Gelehrtenschule meiner Vaterstadt wußten wir wenig von deutscher Poesie, außer etwa den Brocken, welche uns durch die Hildburghausensche »Miniaturbibliothek der deutschen Classiker« zugeführt wurden, deren Dichter aber fast sämtlich der Zopfund Puderzeit angehörten. Zwar lasen wir auch unseren Schiller, dessen Dramen in der Stille eines Heubodens oder Dachwinkels von mir verschlungen wurden, und selbst ein altes Exemplar von Goethe‘s Gedichten kursierte einmal unter uns; daß es aber lebende deutsche Dichter gebe, und gar solche, welche noch ganz anders auf mich wirken würden als selbst Bürger und Hölty, davon hatte mein siebzehnjähriges Primanerherz keine Ahnung­.

Und noch aus Anlass seines 70. Geburtstages war dem greisen Dichter ein wichtiges Anliegen, vor seinen Gästen in Hademarschen 1887 aus seiner Schulzeit zu berichten4: Meine verehrten Freunde! Man sagt von jungen Rossen, daß sie knappes Futter haben müssen, wenn sie werden sollen, was sie werden können. Gilt das auch von Menschen, so bin ich in der Kunst der Poesie glücklich daran gewesen. Die Gelehrtenschule meiner Vaterstadt Husum wußte nichts von dieser Kunst. In unserm Hause war zwar ein

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Schiller, von Göthe nur Hermann und Dorothea und dann, vom Großvater her, ein Chodowiecki-Band des alten Wandsbecker Boten. Erst die Hildburghauser Kabinett- und Miniaturausgabe brachte uns eine Menge Dichtungen; aber von Poeten, die damals wohl schon meist vergessen waren, freilich Bürgers Lenore und Wielands Oberon waren dazwischen. Von dem aber, was eben lebendig aufgetreten war, von den Romantikern, von Uhland, Eichendorff, Rückert, wurde uns damals nichts gebracht. So kam es, daß ich Uhland, da ich einmal zufällig seinen Namen hörte, ihn stillschweigend zu den mittelalterlichen Minnesängern zählte. Meine letzte poetische Festrede über den Israeliten Mathatias erhielt ich vom Rektor ohne Korrektur zurück: »er sei kein Sänger!« Mein Vater hatte den glücklichen Gedanken, mich vor der Universität noch 1 l/2 Jahre auf die Lübecker Schule zu schicken, die unter Jacob und Classen in höchster Blüte stand. Hier war höhere Luft, bedeutendere Menschen, […].

Ich könnte noch weitere Beispiele dieser Selbstdarstellungen zitieren, denn Storm hat sich häufig in ganz ähnlicher Weise über diese Zeit geäußert. Betrachtet man diese Beiträge zu einer nie geschriebenen Autobiographie, so lassen sich einige zentrale Aussagen erkennen, die Storm mehrfach wiederholt hat. Sie besagen 1., dass ihm die Husumer Gelehrtenschule keine literarische Bildung vermittelt habe und 2., dass er erst durch den Besuch des Katharineums in Lübeck mit der Literatur der Klassik, Romantik und Moderne in Kontakt gekommen sei. Und auch im Zusammenhang mit seiner Lyrik sprach Storm von seiner Schulzeit in ähnlich negativer Weise5: Fertig wurde meine Lyrik erst, als mein Leben einen selbstständigen Inhalt gewonnen hatte, und als ich als junger Advokat überall für mich selber einstehen mußte. Schon auf der Husumer Schule hatte ich mich in Versen versucht, aber es war eine inhaltslose Spielerei; in Lübeck wurde der Ton ein etwas anderer; aber es war immerhin nur noch ein schülerhaftes Flügelprüfen; auch aus der Universitätszeit ist nur Weniges stehn geblieben.

Diese Selbsteinschätzung steht im Zusammenhang mit Storms bitterer Erfahrung, dass ihm zu Lebzeiten die Anerkennung als Erzähler zuteil wurde, dass einige Kritiker seinen Rang als Lyriker aber nicht wahrhaben wollten. Dabei hat er immer wieder betont, dass er sich als den letzten bedeutenden Lyriker nach Goethe betrachtete, und er meinte damit jene Poesie, die später mit dem Terminus „Erlebnislyrik“ charakterisiert wurde. Dieser Begriff bezeichnet solche Gedichte, denen ein unmittelbares Erlebnis zugrunde liegt oder die zumindest die Fiktion erzeugen, ein Erlebnis habe den Poeten zu seinem Werk angeregt. Von diesem hohen Anspruch her wird deutlich, wieso Storm im Alter seine Jugendlyrik sehr kritisch betrachtete und warum er keine Gedichte in seine Gesammelten Werke aufnahm, die während seiner Schulzeit entstanden sind. Storm erklärte sich den großen Unterschied in der sprachlichen und künstlerischen Qualität seiner Gedichte also dadurch, dass er einen langen Lernprozess benötigte, bis er um 1850 einige der bedeutendsten Gedichte des 19. Jahrhunderts zu schreiben imstande war. Als Kritiker und als Herausgeber von Lyrikanthologien legte er an das, was er als Poesie gelten ließ, sehr hohe Maßstäbe an, deshalb glaubte er, sich auch von seinen eigenen frühen Texten distanzieren zu müssen. Erst vor diesem Hintergrund wird deutlich, wieso sein Urteil über die eigene Schulzeit so negativ ausfällt, denn Storm hat seine literaturkritischen Positionen aus der gründlichen Kenntnis der deutschen sowie Teilen der europäischen Literatur erarbeitet, die er erst lange nach Schule und Studium gelesen hat.

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Storms Kritik an der Schule wurde von seiner Tochter Gertrud aufgegriffen, als sie die Biographie ihres Vaters schrieb6; im IV. Kapitel des ersten Bandes, das sie „Schule“ überschreibt, stützte sie sich neben den oben bereits zitierten Aussagen ihres Vaters vor allem auf fiktionale Texte wie die Novelle „Bötjer Basch“ oder die „Zerstreuten Kapitel“, in die Storm autobiographisches Material hat einfließen lassen.7 Die Kernaussagen Gertrud Storms, die sie auf 17 Seiten vorträgt, sind folgende: Die Husumer Gelehrtenschule könne zwar auf eine ehrwürdige Tradition zurückblicken, sei aber zu Storms Zeiten dürftig ausgestattet gewesen, habe nur wenige unsaubere und dunkle Klassenzimmer aufgewiesen und konnte den gesundheitlichen Bedürfnissen der Knaben nicht Rechnung tragen. Der Unterricht sei vom Gehalt und von der Durchführung her äußerst dürftig gewesen und habe nichts über die deutsche Poesie vermittelt. Als Kontrast dazu beschreibt Gertrud Storm im Kapitel „Lübeck“ die Zeit ihres Vaters am dortigen Katharineum, „das vollständig auf dem Boden neuster Reformen stand, während der Unterricht an der Husumer Gelehrtenschule noch ganz nach alter Art erteilt wurde.“8 Hier waren es nach ihrem Urteil vor allem die Lehrer, die ihren Vater für sein Leben geprägt haben, und die Freunde wie Emanuel Geibel und Ferdinand Röse, denen er sein eigentliches Bildungserlebnis verdankt, die Begegnung mit der Dichtung Goethes, Eichendorffs und Heines. Dieses negative Bild haben alle Biographen Storms nachgezeichnet; es wurde zusammen mit dem positiven Bild der Zeit in Lübeck zu einer Standardaussage über Storms schulische Sozialisation.9 Hier ein paar Beispiele: Franz Stuckert schreibt 195210: „Storm, der später von sich bekannt hat, daß es ihm jederzeit am ‚Talent des Lernens’ gefehlt habe, hat die klassische Bildung in sich aufgenommen, ohne daß sie ihm wirklich zum Besitz geworden wäre.“ Hartmut Vinçon urteilt 197211: „Man betrachtete die Poesie als Luxusartikel und überließ sie dem Privatgeschmack.“ Georg Bollenbeck (1988)12: „Genauer besehen erscheint die Schule mit dem anspruchsvollen Namen als »Klitsche« in einem abseits gelegenen Provinznest.“ Und noch im Jahre 2004 Horst Frank13: „Was ihm dort an klassischer Bildung vermittelt werden konnte, ging an ihm vorüber. So ist ihm die Antike auch als Dichter – etwa im völligen Gegensatz zu seinem späteren Freund Mörike – niemals zum Bildungsbesitz geworden.“ Als ich im Frühsommer 2004 einen bisher unbekannten Prosatext entdeckte, den der 17jährige Theodor Storm 1835 noch als Schüler der Husumer Gelehrtenschule veröffentlicht hat, kamen mir Zweifel, ob Storms Äußerungen über seine Husumer Schulzeit wirklich objektiv sind.14 Verstärkt wurden diese Zweifel noch dadurch, dass ich in den 1990er Jahren auf insgesamt vier von Storms ebenfalls während der Schulzeit veröffentlichte Gedichte stieß, die wie viele seiner Jugendgedichte zwar bloße Nachahmungen der damals gängigen Wochenblattpoesie waren, denen aber im Zusammenhang mit den frühen poetischen Versuchen eine größere Beachtung geschenkt werden muss, als dies in der Storm-Forschung bisher geschehen ist. Diese Texte belegen nämlich, dass Storm bereits als Primaner der Husumer Gelehrtenschule über erstaunliche gestalterische Fähigkeiten verfügt hat. Folgt man der Legende von Storms mangelhafter Schulbildung, so lässt sich diese Fähigkeit nur als Ergebnis eines autodidaktischen Lernprozesses beschreiben. Davon erfahren wir aber von Storm später nichts. Es ist also an der Zeit, Storms Schulzeit genauer zu erforschen, von der bisher nicht viel mehr als die äußeren Daten der Jahre des Schulbesuchs zwischen 1826 und 1837 bekannt sind. Betrachtet man genauer, was Storm und seine Schulkameraden wirklich 19

gelernt haben, stellt sich nämlich heraus, dass wir es hier wirklich mit einer „Legende“ zu tun haben, also mit einem – wie das Lexikon uns belehrt – verzerrt dargestellten, oftmals phantasievoll ausgeschmückten historischen Vorgang.15 Zu Beginn der politischen Auseinandersetzungen zwischen deutsch gesinnten Schleswig-Holsteinern und Dänen um die Zukunft der Herzogtümer gab es in Husum eine starke Bildungsschicht, die aus Beamten, Geistlichen, Lehrern, Advokaten sowie Ärzten und Apothekern bestand und die gemeinsam mit der an politischem und gesellschaftlichen Fortschritt interessierten Kaufmannschaft eine führende Rolle während der Erhebung von 1848-1851 spielte. Eltern, die ihre Kinder auf die Gelehrtenschule schicken wollten, vermittelten ihnen die Elementarkenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen entweder durch Hauslehrer oder – wie im Falle Theodor Storms – durch den Besuch in einer privaten Schule, die als Winkel-, Neben- oder Klippschulen bezeichnet wurden. Storm schreibt später über diese Zeit16: Mit 4 Jahren kam ich in eine Klippschule, welche von einer alten Hamburger Dame gehalten wurde. Ein widriges Geschick hatte sie zur Kinderlehrerin gemacht. Da ich große Abneigung dagegen empfand, wurde mir von einem Schreiber meines Vaters gesagt, ich sollte nur tüchtig schreien, wenn sie mich hinbringen wollten. Ich schrie denn auch nach Möglichkeit von unserm Hause den ganzen Weg bis in die Süderstraße und hinein in die Schulstube. »Pfui«, sagte die alte Hamburger Dame, »Schrei nicht so. Das tun ja die Ochs und Eslein in dem Stalle.« Sie wurde von allen Kindern Mutter Amberg genannt. So wollte sie es; und sie war eine mächtige schwerwandelnde Frau mit energischer Sprache und mit einer blauen Warze unter dem einen Auge; aber trotzdem wollte ich es nicht und habe sie während der mehreren Jahre meines dortigen Schulbesuchs stets nur Madame Amberg genannt. Des ungeachtet wurde ich ihr erklärter Liebling, und habe niemals einen Schlag von ihr erhalten. In einer Ecke der Schulstube lagen die gefürchteten Schimpfhüte; ein Bogen Pappe war einfach halb geknickt und auf der einen Seite ein großer Eselskopf skizziert; so war es ein Schimpfhut und der Sünder mußte damit entweder in der Ecke der Schulstube oder, war die Würde der Schule zu sehr beleidigt, sogar draußen vor der Straßentüre stehen. Auch solches ist mir niemals widerfahren. Das war der Beginn meiner literarischen Bildung.

Diese Schule bestand noch 1838 und war eine von sieben Privatlehrinstituten der Stadt. Auf eine Befragung des Schulkollegiums Husum auf Betreiben der Königlich Schleswig-Holsteinischen Regierung in Gottdorf teilte Frau Amberg mit: „Die Zahl meiner Schüler beträgt 14 wovon der Aelteste 13 Jahr und der Jüngste 5 Jahre alt ist.“17 In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in Husum neben der Gelehrtenschule vier Bürgerschulen und eine Armenschule.18 Die Gelehrtenschule wurde in den Jahren von 1826 bis 1831 von 72 Schülern besucht19, danach sank die Schülerzahl auf 56 und schwankte schließlich zwischen 34 (1838) und 45 (1845). Die Bürgerschulen (für Jungen und Mädchen) besuchten in diesem Zeitraum ca. 600 Kinder. Die Husumer Gelehrtenschule konnte 1827 bereits auf eine dreihundertjährige Tradition zurückblicken. Sie war als Reformationsgründung eine der humanistischen Bildungsanstalten im Herzogtum Schleswig. Auch im 19. Jahrhundert blieb es Aufgabe der Gelehrtenschulen, junge Menschen auf das Studium an der Landesuniversität Kiel vorzubereiten, auf der man studieren musste, wenn man ein Amt als Arzt, Pastor, Lehrer oder Jurist in den Herzogtümern anstrebte; darüber hinaus vermittelte die Institution dem kaufmännischen Nachwuchs eine humanistische Grundbildung. Storm wurde Ostern 1826 mit 9 Jahren in die Quarta aufgenommen. Nach 20

einem Jahr wechselte er in die Tertia, die er wie die Sekunda drei Jahre besuchte, danach war er seit Ostern 1833 Primaner. Insgesamt verbrachte er neuneinhalb Jahre in der Gelehrtenschule seiner Vaterstadt. Zusammen mit den vier Jahren Elementarschule und dem Aufenthalt in Lübeck hat er also 15 Jahre die Schulbank gedrückt, davon 11 Jahre in einer höheren Lehranstalt. Es haben sich einige Briefe erhalten, die von Theodor und seiner jüngeren Schwester Helene (geb. 1820) den Großmüttern als Neujahrsgruß geschenkt wurden. Der neunjährige Storm schreibt zum Jahreswechsel 1826/27 an seine Urgroßmutter Elsabe Feddersen (1741-1829) einen noch recht unbeholfenen Brief20: Meiner lieben Aeltermutter gewidmet zum Neuen Jahre 1827 Geliebte Aeltermutter Mit Vergnügen denk ich wieder an das vergangene Jahr, in welchem Du uns so viele Wohlthaten erzeigt hast. Da ich Dir keinen Gefallen wieder erzeigen kann, so bitte ich daß Gott dir noch in diesem Jahr ein glückliches Leben schenke. Dein Dich liebender Enkel T. Storm.

Das klingt zwei Jahre später schon ganz anders; Storm schreibt an seine Großmutter mütterlicherseits, Magdalena Woldsen (1766-1854), zum Jahreswechsel 1828/29: Liebe Großmutter, Ich sehe mich beim gegenwärtigen Jahreswechsel genöthigt, Dich für alles Gute und für alle Wohlthaten, die du mir im alten Jahre erzeigt hast zu danken. Diese kann ich dir freilich bei weitem nicht wieder erzeigen, aber ich will doch suchen, Dir durch mein Betragen so viel als möglich zu gefallen und immer besser zu werden. Gott möge dich auch noch lange zu unsrer Freude gesund und vergnügt erhalten. Nehme denn diese wenigen Zeilen als Wunsch aus reinem Herzen von Deinem gehorsamen Enkel Hans Theodor Woldsen Storm an.

Die Briefe zeigen, wie sich in den ersten Jahren an der Gelehrtenschule allmählich ein komplexerer Stil bei dem Knaben herausbildet. Der nunmehr 11jährige Storm unterschreibt erstmals mit seinem vollen Namen, den er auch in den nächsten Jahren führen wird. Die Schule hatte im 19. Jahrhundert vier Klassen, die von vier Lehrern unterrichtet wurden. Diese hatten eine philologische und theologische Ausbildung und gaben alle Fächer. Aus den Schulprogrammen der Husumer Gelehrtenschule geht hervor, dass Griechisch und Latein fast ein Drittel (Tertia) bis die Hälfte (Prima) des Unterrichts ausmachten, in den Klassen Quarta, Tertia und Sekunda wurden wöchentlich zwei und in Prima eine Stunde Deutsch erteilt. Storm erhielt auch während der gesamten Schulzeit Unterricht in Dänisch, so dass er in der Lage war, klassische und moderne Texte der dänischen Literatur in der Originalsprache zu lesen und später die erforderliche Sprachprüfung abzulegen, die Voraussetzung für eine Bestallung als Rechtsanwalt im Herzogtum Schleswig war. Storm redete mit seinen Klassenkameraden Plattdeutsch, im Unterricht aber wurde Hochdeutsch gesprochen und es gab Aufsatzunterricht und Deklamationsübungen. In der stark autobiographisch gefärbten kulturhistorischen Skizze „Der Amtschirurgus – Heimkehr“, die 1872 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, erinnert sich der Erzähler an seine Schulzeit21: Ich will zum Kirchhofe gehen; es stillt die Unruhe, in den Blättern dieses grünen Stammbuches zu lesen. Auf dem Wege dahin sieht hie und da ein übrig gebliebener Treppengiebel vertraut auf mich herab. Ob droben in der Tertia der nun abgesetzten »Gelehrtenschule« das halbzerschnittene Pult noch steht, vor dem ich einst »Üb‘ immer Treu‘ und Redlichkeit« so weltvertrauend deklamierte? Mir ahnte damals noch nicht, daß die Redlichkeit

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nur soweit geübt werden dürfe, als sie nicht verboten ist. Jetzt weiß ich es und begreife nur nicht, warum man die Kinder Dinge lernen läßt, die ihnen später so gefährlich werden können.

In der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule gibt es ein Buch von Ludwig Heinrich Christoph Hölty; darin fand Storm das Gedicht „Der alte Landmann“.22 Die erste Strophe lautet: Ueb’ immer Treu und Redlichkeit Bis an dein kühles Grab, Und weiche keinen Finger breit Von Gottes Wegen ab! Dann wirst du, wie auf grünen Au’n, Durchs Pilgerleben gehen; Dann kannst du sonder Furch und Graun Dem Tod’ ins Antlitz sehn.

Diese Deklamationsübung muss um 1829 stattgefunden haben, als Storm etwa 12 Jahre alt war. Sie zeigt uns einen der verschiedenen Wege, auf denen Schüler damals die literarische Tradition erarbeitet haben. Neben solchen Deklamationsübungen nahmen schriftliche Arbeiten einen großen Raum ein, die zu einer aktiven Auseinandersetzung mit literarischen Vorbildern zwangen. Im Herbst 1832 berichtete der 15jährige Storm seinem Vetter Fritz Stuhr in einem Brief23 von einem neuen Lehrer und beschrieb dabei einige Streiche, wie sie für Schüler der Sekunda typisch waren. Wir haben seit ungefähr einem Jahre hier einen neuen Kollaborator an der gelehrten [Schule] u. dieser Kerl nun ist ein ganzes Ideal; er ist in d. 20; hat braune struppige Haare, eine blasse Gesichtsfarbe, eine große bläuliche schiefe Nase, kleine Augen u. was ihn am Ende ganz vollkommen macht, ist sein entsetzlicher Buckel. Dieser Kerl nun hat gar keinen Respeckt u. wir spielen ihm tüchtig auf die Nase. Man preparirt sich nicht u. nimmt auch oft gar kein Buch mit, so d[a]ß oft nur 3-4 Bücher in d. ganzen Schule sind. Einmal warfen wir ihn mit einem Futjen (Weihnachtskuchen) an d. Kopf, ein andermal war in der Classe ein ganz unmenschlicher Specktakel (der eine trommelt mit d. Fingern auf d. Tisch, der andre pfeift, der dritte singt „schöner grüner Jungfernkranz“, als ob gar kein Wolf – dies ist sein so sehr auf i[h]n passender Name – da wäre . . .) in der Classe statt fand, bat er uns, wir möchten doch ein wenig stille seyn, so sagte einer ganz treuherzig zu ihm: „Ach Herr Kollaborator, das ist die liebe Jugend!“ „Ja, ja,“ schrie ein andrer ganz über laut ihm zu: „Jugend kennt keine [Tugend]!“, worauf er denn mit einem gnädigen Lächeln erwiederte; einandermal sagte ihm jemand, daß es dummer Schnack wäre, was er gesagt hätte et. cet.

Karl Heinrich August Wolff (1802-1851) war zu diesem Zeitpunk erst dreißig Jahre alt und unterrichtete als Kollaborator, war also noch ein Anfänger im pädagogischen Geschäft. Er gab in der Sekunda Deutsch und Dänisch. Die Schüler müssen aber trotz solcher Pennälerstreiche vom Unterricht in der deutschen Sprache profitiert haben, denn nur zweieinhalb Jahre später veröffentlichte der Primaner Theodor Storm seinen ersten Prosatext im „Ditmarser und Eiderstedter Boten“24, einem Wochenblatt, das in Friedrichstadt gedruckt wurde, und zwar in derselben Zeitung, die einige Jahre zuvor Friedrich Hebbels erstes Gedicht zum Abdruck gebracht hatte.25 Storm schildert darin seine Erlebnisse auf dem Jahrmarkt in Süderstapel, einem Dorf südlich von Husum. Etwas über die Süderstapler Marktnacht vom 22. April d.J. Schon hatten die rüstigen Treiber die Wege und Plätze des Dorfes von der lebendigen Waare befreit und die Inhaber der Krambuden packten eifrig redend ihre angepriesenen Siebensa-

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chen zusammen, als ich mit einigen meiner Freunde das Haus verließ, um den letzten Akt dieses für die Landleute so interessanten Tages mitzumachen. Hie und da producirten bei den Honoratioren des Dorfes hochfrisirte Harfenspielerinnen ihre ausgesungene Stimme, in allen Kneipen kratzten die Bierfiedler den entzückten Bauern zum Tanze die Ohren voll und der Wirth strich sich selbstgefällig den Bart, wenn er von den jubelnden Gästen das Lob seiner wilden Musik erschallen hörte. Wir gingen sogleich in das erste beste Haus und drängten uns mit in den Schwarm der gaffenden Bauern, welche in gedrängtem Kreise die Tanzenden umstanden, die auf der Diele den wirbelnden Staub wölkten und durch ihre originellen und geräuschvollen Wendungen unsern Ohren und Augen Unterhaltung gewährten, während andre sich zechend und singend in der Schenkstube unterhielten. Im Hintergrunde des Tanzsalons war ein Gerüste für die Musikanten aufgeschlagen, an den Seiten saßen und standen die tanzlustigen Dirnen, vorne befand sich die junge Mannschaft; von einem Balken herab hing der Kronleuchter, der aus zwei kreuzweis über einander befestigten Stöcken bestand, von deren Enden vier nicht gar zu dicke Talglichter ihre Strahlen herabsandten, die der aufmerksame Wirth von Zeit zu Zeit mit den Fingern schneuzte. Nachdem die jungen Bursche eine geraume Zeit schon sich des Jubelns und Springens erfreut hatten, sagte man uns, nun ginge es an‘s Weinen, und auf die erbetne Erklärung erhielten wir zu Antwort, es sei da im Dorfe so der Brauch, einmal vom Tanzen abzubrechen und sich mit einer Schönen in ein anstoßendes Zimmer zu verfügen, wo man mit seiner Donna singe, scherze und weine, d. h. Wein trinke. Der Spaß mußte mitgemacht werden. Wir zogen demnächst einige handfeste Stapelholmerinnen halb mit Gutem26, halb mit Gewalt in das mysteriöse Zimmer, von denen jedoch Einige bei den lockern Stadtleuten für ihren Ruf zu fürchten schienen, Andre aber mit großer Resignation sich in ihr Schicksal ergaben und ruhig unsern Wein und unsre Küsse hinnahmen, ja sogar mit lauter Stimme unsre Gesundheit ausbrachten – und die Bauern schmetterten die Gläser zusammen und reichten uns die Hände. – „Nichts für ungut, mein Herr“, raunte meinem Freunde der Aufwärter ins Ohr, „sie küssen hier die Mädchen und lassen sie mit trockenem Munde sitzen!“ ... Hast Recht, Peter, 2 Bouteillen Wein! – und mein Freund hatte keine Störung weiter zu befürchten. Wir gingen wieder auf die Diele hinaus. Wer einmal geweint hatte, genirte sich nun auch nicht, vor hunderten von Zuschauern sein Mädchen zu herzen, und so wurde denn getanzt und geküßt bis 4 Uhr und dann ein Punktum gesetzt, um am andern Morgen die Fortsetzung zu liefern. Uebrigens lassen die Musikanten sich ihr Spiel nur am Hauptmarkttage bezahlen, am Tage vor und nach diesem hat man den Tanz gratis. Unter den Mädchen, die das Fest verschönten, sah man nur sehr wenige, die eigentlich für hübsch hätten gelten können, doch auch fast kein häßliches Gesicht. Die Männer schienen mir sehr friedfertig; es wurden die ganze Nacht hindurch keine Streitreden gehört und man möchte wohl in Zweifel sein, ob man den Grund davon in den schlechten Zeiten und in der Kraft- und Muthlosigkeit der Menschen, oder in den verfeinerten Sitten unseres Zeitalters suchen solle, oder ob eben die vorgerückte Cultur die Sitten zwar verfeinere, dadurch aber die moralische und physische Kraft des Menschen zu Boden drücke. – Unsern Vorfahren galt kein Fest etwas, wobei es nicht wenigstens derbe Schläge, ja sogar Mord und Todschlag gesetzt hatte, weßhalb sie auch immer bei solchen Gelegenheiten ihr Todtenzeug mit sich zu führen pflegten, um im Fall der Noth nicht ungeschmückt ins Grab zu sinken. St…

Überraschend an Storms Text ist die Frische der Schilderung und die sprachliche Qualität. Es gelingt dem Verfasser, das bunte Treiben des ländlichen Frühjahrsmarktes mit wenigen Sätzen anschaulich zu skizzieren und die besondere Situation des Abends mit dem Höhepunkt der pikanten Tänze eindringlich wiederzugeben. Dabei setzt er seine Mittel mit erstaunlicher Sicherheit ein und führt den Leser mitten in das volle Menschenleben hinein; in einem schnellen Blick über den Markttag, der gerade zu Ende geht, wird Wesentliches angedeutet, der Viehmarkt, der Krammarkt sowie das unterhaltende Element der Gaukler und Künstler, um dann das Treiben in einem der vielen Wirtshäuser zu skizzieren. Auch 23

hier folgt einer knappen Situationsschilderung die konzentrierte Andeutung des eigentlich Interessanten, des „Weinens“, eines Brauchs, den die jungen Männer aus der Stadt weidlich für ihre Unterhaltung nutzen, bis 4 Uhr, wie es im Text heißt. Storm schließt diese Dokumentation des ländlichen Brauchtums mit Überlegungen zur Friedfertigkeit der Dorfbewohner sowie mit einer kulturhistorischen Anmerkung und empfiehlt sich seinen Lesern als Kenner der regionalen Kulturgeschichte. Wüsste er nichts über das Alter des Verfassers, würde der Leser ihn für bedeutend reifer halten, als er dies bei einem 17jährigen Schüler vermuten könnte; einige Elemente der Schilderung, so auch der unvermittelte Gebrauch der wörtlichen Rede, verweisen auf stilistische Mittel, die der Erzähler Storm erst mehr als ein Jahrzehnt nach diesen Ereignissen entfalten wird. Die Anmerkungen zum Totenbrauch der Vorfahren fand Storm in einem Lexikon, das er aus der Bibliothek seiner Schule ausgeliehen hatte.27 Später hat er aus denselben Bänden Material für seine Sammlung plattdeutscher Reime herausgeschrieben, die er 1844 gemeinsam mit seinem Studienfreund Theodor Mommsen veröffentlichte. Als der Primaner Theodor Storm im Frühjahr 1835 mit seiner ersten Prosaarbeit an die Öffentlichkeit trat, hatte er bereits neun Jahre die Schulbänke der Husumer Gelehrtenschule gedrückt. Ein Blick zurück wird zeigen, dass wir in der Beschreibung der Süderstapeler Jahrmarktsnacht nicht ein singuläres Produkt frühreifer literarischer Begabung vor uns haben, sondern dass diese Arbeit des jungen Storm die Frucht eines langjährigen Lern- und Übungsprozesses ist, aus dem auch die ersten lyrischen Versuche erwachsen sind. Das Schreiben gehörte neben dem Lesen für die Schüler der Gelehrtenschulen und Gymnasien während des gesamten 19. Jahrhunderts zum täglichen Pensum; der Sprachunterricht dominierte den Schulalltag und er bestand nicht nur im Übersetzen antiker Texte. Der Zugang zur literarischen Tradition wurde den Schülern durch aktive Gestaltungsprozesse ermöglicht, in denen die Textproduktion einen weit größeren Stellenwert hatte, als es an heutigen Schulen üblich ist. Übersetzungsaufgaben und Gestaltungsübungen verlangten die Beherrschung der alten Sprachen ebenso wie der Muttersprache. Betrachtet man Storms erste Prosa unter diesem Gesichtspunkt, so fällt die komplexe Syntax auf und die geschickte Kombination von Satzperioden. Storm verwendet zumeist längere Perioden, die aus mehreren Haupt- und Nebensätzen gebildet sind, die er kunstvoll und abwechslungsreich mit einander neben- und unterordnend verknüpft. Die Anzahl der verbundenen Sätze und erweiterten Infinitivkonstruktionen schwankt zwischen vier und acht, es kommen zum Kontrast aber auch zwei kurze Aussagesätze und die Reihung von zwei solcher Sätze vor. In der Mitte der Schilderung lockert ein knapper Dialog mit wörtlicher Rede die Darstellung auf. Fast immer beginnt eine Periode mit einem Hauptsatz, einmal aber stellt Storm einen Nebensatz an den Anfang. Der Text ist sorgfältig gegliedert, so dass man beim Sprechen der längeren Satzperioden einen rhythmisch gegliederten Spannungsbogen erzeugen kann, der jeweils eine gedankliche Einheit begleitet. Die Schilderung der Süderstapeler Jahrmarktsnacht ist somit die konsequente Anwendung des in der Schule gelehrten Verfahrens zur wohlgeordneten Formulierung von Sätzen; Storm legt uns eine selbständige Arbeit vor, die nicht nur bei Wahl des Gegenstandes Geschick beweist, sondern die auch syntaktisch und rhythmisch kunstvoll gebaut ist. Bereits in seiner ersten Prosaarbeit gestaltet Storm – wie er fast 50 Jahre später schreibt28 – ein „Stimmungsbild“, also einzelne Szenen, aus denen er 15 Jahre später ein ganzes „Menschen24

schicksal“ ausbilden wird. Die Beschreibung der Süderstapeler Jahrmarktsnacht entspricht bereits einem jener „Guckkastenbilder“, die er nach einer Aussage gegenüber Erich Schmidt29 später überwand, indem er aus solchen Elementen ganze Erzählungen komponierte, die durch ihre realistische Basis den ihnen eigentümlichen Kunstcharakter vor dem Leser verbergen. Deshalb glaubt der Leser, an einem wirklichen Ereignis teilzuhaben, freilich konnte Storm dem Text noch nicht jenes Raffinement verleihen, der das Spezifische seiner späteren Erzählkunst ausmachen sollte. Im Deutschunterricht wurde, wie die Schulprogramme ausweisen, nach dem Grammatik-Lehrbuch von Heyse30 gearbeitet; es enthält ein Kapitel „Satzgefüge und Satzfolge“, in dem vielfältige Hinweise auf die Gestaltung von Reden und schriftlichen Ausarbeitungen gegeben werden. Neben den Arten der Satzgefüge wird ihre rhetorisch geschickte Verknüpfung zu Satzperioden gelehrt und durch Musterbeispiele veranschaulicht. Dabei legt der Verfasser großen Wert auf rhetorische Vollendung und rhythmische Gliederung der Konstruktionen. Eine Satzperiode, deren Teile einander grammatisch, logisch und rhythmisch wie die Glieder eines Organismus bedingen, ist nach Heyse die sprachliche Voraussetzung der Dichtung. Sie überzeugt nur dann, wenn ein Gedanke sie fest umspannt und wenn die Neben- und Unterordnungen ein zuverlässiges Abbild der durchdachten und in sich geordneten Ausschnitte aus einer geistigen Welt entwerfen. Die in der Schule nach Dispositionen ausgeführten Aufsätze wurden nach diesen Mustern angelegt; dabei galt es, vom Lehrer gewählte Themen zu erörtern. In der Bibliothek der Gelehrtenschule hat sich eine Reihe didaktische Lehrbücher für den Deutschunterricht erhalten31, darunter die „Methodik der deutschen Stylübungen“ von C.F. Falkmann32, in dessen „angewandten Theil“ die Beschreibung „D.h. wie es auf einem Jahrm. hergeht, was dort geschieht, oder zu geschehen pflegt“ und Schilderung eines Jahrmarkts angeregt wird: „Entweder so, daß [s.o.] recht lebhaft und bis in unbedeutende Einzelheiten vorgetragen wird; oder daß die Eigenthümlichkeiten eines bestimmten Jahrmarkts in dieser Manier erzählt werden. In jedem Fall ist Unterhaltung und Belustigung der Zweck.“ In der Husumer Gelehrtenschule waren verschiedene Werke in Gebrauch33, darunter die zu Storms Schulzeit neu erschienenen Rhetorikübungen und Stilkurse von C. F. Falkmann, die zum Selbststudium herausgegeben wurden.34 In der Bibliothek der Gelehrtenschule hat sich ein weiteres Übungsbuch mit dem Titel „Stoff zu stylistischen Uebungen in der Muttersprache“ erhalten35. Der Verfasser entfaltet in seiner Vorrede (S. V-VIII) eine knappe, aber erstaunlich modern klingende Methode für den Aufsatzunterricht; er gibt monatlich ein Thema vor und lässt seine Schüler in Gruppen zu dritt oder viert innerhalb eines Zeitraums von 14 Tagen Dispositionen entwerfen, die er mündlich korrigiert oder schwächeren Schülern diktiert. Anschließend müssen die Schüler die Aufsätze ebenfalls innerhalb von 14 Tagen ausführen, die er sorgfältig korrigiert. Ob Storms Lehrer an der Husumer Gelehrtenschule nach diesen Vorschlägen gearbeitet haben, wissen wir nicht. Es wäre also möglich, dass Storms Schilderung des Stapeler Jahrmarkts auf eine direkte Anregung eines seiner Lehrer zurückgeht. Möglicherweise wurden den Schülern Dispositionen zur Ausführung von Aufsätzen diktiert, denn wir finden in Storms Gedichtsammlung mehrere Texte, die eindeutig nach dem Muster solcher Aufsatzdispositionen verfasst wurden.36 Am 17. Juli 1833 trug Storm das erste Gedicht („An Emma“) in ein kleines Buch ein, auf dessen Rückseite das Wort „Gedichte“ eingeprägt ist.37 Ein Teil der in den nächsten drei Jahren entstandenen Gedichte wurde von der Wochenblatt25

Poesie angeregt, die Storm zum Beispiel im Husumer Wochenblatt fand, und in dem er auch seine ersten lyrischen Texte veröffentlichte.38 Es gibt aber auch einige Gedichte, in denen Storm Themen aus dem Unterricht aufgegriffen hat. Viel stärker als durch den Deutschunterricht mit zwei Stunden in Sekunda und nur einer Stunde in Prima wurde die Sprachkompetenz der Schüler im altsprachlichen Unterricht geprägt. In den beiden Oberklassen wurden 8 Wochenstunden Latein unterrichtet und 4 (Sekunda) bzw. 5 (Prima) Stunden Griechisch. Wie der Unterricht in den alten Sprachen Storms frühe Gedichte beeinflusst hat, will ich an zwei Beispielen erläutern, die sich durch weitere ergänzen ließen.39 Im Sommer des Jahres 1835 hat Storm als Primaner eine bekannte Fabel als Thema für ein Gedicht gewählt40: Der Fuchs und die Traube Hungrig schlich der Fuchs ins Freie Futter für den leeren Magen Auf der Wiese zu ersphän. Endlich hoch am Rebenzweige Winket ihm die schönste Traube, Welche je sein Mund begehrt Springend sucht er zu erreichen, Was das Auge lüstern reizet; Doch umsonst ist all sein Mühen, Denn die Traube Hängt zu hoch für Meister Fuchs. Mürrisch spricht er: „ach, sie schmecket Bitter noch und bittre Trauben Freß ich, glaubt‘s mir, niemals gern.“ ___ Solche trifft der Mund der Fabel, Die mit Worten frech verhöhnen, Was zu groß für ihre Kraft.

Der junge Dichter paraphrasiert hier die Fabel des Äsop, die ihm aus dem Lateinunterricht bei Konrektor Georg Heinrich Kuhlmann41 in der Fassung des Phaedrus bekannt war. Diese Fabel beginnt mit einer kurzen Exposition, es folgt die Erzählung, der eine Art Nachwort (griechisch: Epimythion) angegliedert ist, das eine Lehre enthält. Die eigentliche Erzählung besteht aus drei Teilen; Exposition und Handlungsbeginn sind durch einen Zeilensprung miteinander verbunden, der zweite Teil beschreibt das Scheitern des Fuchses und der Schluss besteht nur aus dessen Rede, die dieser bereits im Weggehen spricht. Die davon abgesetzte Nachrede wäre eigentlich entbehrlich, da die Ausrede des Fuchses für den Leser bereits die Lehre der Fabel, das fabula docet, erkennen lässt. Wie alle Fabeln des Phaedrus ist der Text im jambischen Senar verfasst, einer Folge von kurzen und langen Silben, wobei kurze Silben gegen lange und lange gegen zwei kurze ausgetauscht werden können. Dieses Versmaß lässt sogar weitere Abweichungen zu und steht der Umgangssprache des gebildeten Roms (sermo urbanus) zur Zeit des Phaedrus (gestorben um 50 nach Christi Geburt) nahe. Der Übersetzer steht vor dem Problem, dass er ein Versmaß nachahmen muss, das es nach den antiken Silben-Maß-Grundlagen von Quantität und Zahl so in der deutschen Sprache gar nicht gibt. Er muss sich von der Strenge des Vorbilds lösen, weshalb Lessing zum Beispiel in seiner Nachdichtung den Text rhythmisierte und ihn in drei- bis siebenhebige Zeilen anordnete, die unregelmäßig gereimt sind. Später übertrug er Fabeln in einfache Prosarede. Auch andere Über26

setzer des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts wählten vier- bis achthebige Jamben, die sie unterschiedlich rhythmisierten. Eine gute Übersetzung ist auch deshalb schwierig, weil bei Phaedrus die Wortwahl und die rhythmisch passende Wortstellung Vorrang vor grammatischen oder syntaktischen Figuren haben und das eigentliche künstlerische Merkmal der Fabeln ausmachen. Storm wählt unbekümmert ein anderes Versmaß, den vierhebigen Trochäus, den er gleichmäßig einsetzt und so ein festes Betonungsgefüge schafft, das Endreime entbehrlich macht. Die Verkürzung des zehnten Verses um zwei Hebungen ergibt nicht nur eine Zäsur, sondern setzt durch den Zeilensprung einen Akzent, der gleich einem Wendepunkt Spannung erzeugt und durch eine geschickt gesetzte Pause die nächste Zeile betont. Storm schmückt die Fabel aus, wie das auch bei früheren Übertragungen üblich war; er entfaltet die Exposition zu einem Naturbild und lässt den Fuchs durch die Wiese streifen; den Kontrast bildet dann die Traube, die „hoch“ am Rebenzweige winkt. Aus den sauren, unreifen Früchten macht Storm „bittre Trauben“. Die Nachrede lässt erkennen, dass der junge Dichter den Text nicht bloß übersetzt und durch poetische Bilder ausgeschmückt hat, sondern er deutet die Lehre der Fabel, vielleicht so, wie er es auch im Lateinunterricht erfahren hat. Statt die Aufforderung der Fabel, sich so wie der Fuchs zu verhalten, trifft nun „der Mund der Fabel“, d.h. der Vortrag des didaktischen exemplum alle diejenigen mit Spott, die „mit Worten frech verhöhnen, Was zu groß für ihre Kraft“. Im Vergleich zu anderen Versübertragungen des 18. und 19. Jahrhunderts erweist sich das Gedicht Storms nicht nur als gleichwertig, sondern sogar als künstlerisch bedeutender.42 Albrecht von Haller (1708 bis 1777)

Karl Wilhelm Ramler (1725 bis 1798)

Friedrich Fr. Rückert (Lebensdaten unbekannt)

Der Fuchs und die Trauben.

Der Fuchs und die Trauben

Der Fuchs und die Traube

Ein Fuchs, der auf die Beute gieng, Traf einen Weinstock an, der, voll von falben Trauben, Um einen hohen Ulmbaum hieng; Sie schienen gut genug; die Kunst war, abzuklauben. Er schlich sich hin und her, den Zugang­ auszuspähn; Umsonst, es war zu hoch, kein Sprung war abzusehn. Der Schalk dacht in sich selbst: ich muß mich nicht beschämen; Er sprach und macht dabei ein hämisches­ Gesicht: »Was soll ich mir viel Mühe nehmen­, Sie s­ind ja saur und taugen nicht!« So gehts der Wissenschaft. Verachtung geht für Müh. Wer sie nicht hat, der tadelt sie.

Ein Fuchs, der auf die Beute ging, fand einen Weinstock, der voll schwerer Trauben an einer hohen Mauer hing. Sie schienen ihm ein köstlich Ding, allein beschwerlich abzuklauben. Er schlich umher, den nächsten Zugang auszuspäh’n. Umsonst! Kein Sprung war abzuseh’n. Sich selbst nicht vor dem Trupp der Vögel zu beschämen, der auf den Bäumen saß, kehrt er sich um und spricht und zieht dabei verächtlich das Gesicht: »Was soll ich mir viel Mühe geben? Sie sind ja herb und taugen nicht.«

Gequält vom Hunger wollt’ ein Fuchs vom hohen Weinstock Sich eine Traube holen, und er sprang hinan; Doch da es ihm unmöglich war, sie zu erlangen, Sprach er im Gehn: »Sie ist nicht reif, und saure mag ich nicht.« Wer das mit Worten schmäht, was er nicht haschen kann, Der muß sich auf sein Konto diese Fabel setzen.

Albrecht von Haller: Versuch Schweizerischer Gedichte, S. 253. Die digitale Bibliothek der deutschen Lyrik, S. 28205.

K. W. Ramler: Fabellese. 3 Bde Leipzig. 1783-1790.

(Erstdruck: 1734)

(Erstdruck um 1785)

Phaedrus: Liber Fabularum Fabelbuch. Lateinisch und deutsch. Übersetzt von Friedrich Fr. Rückert und Otto Schönberger. Herausgegeben und erläutert von Otto Schönberger. Stuttgart 1975 (RUB 1144), S. 77 ff. (Erstdruck 1877)

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Und nicht nur Storm, sondern auch seine Schulfreunde haben nach Vorlage der antiken Texte eigene Gedichte geschrieben. So erhielt Storm einen Brief von seinem Schulfreund Christian Albrecht Klander43, der die Husumer Gelehrtenschule bereits im Frühjahr 1834 verlassen hatte und nun in Altona das Christianeum besuchte, in dem dieser den Hexameter der Homerschen Verse nachahmte. Storm antwortete mit folgendem Gedicht: An Klander. _ Gott grüß dich Freund Klander, wie hab ich gestaunt, Als mir der Herr Schwager den Brief herposaunt; Doch wußt ich nun vollends nicht, wie mir‘s geschah, Als ich dich im Kampf mit Homerus ersah; Denn, daß diese Zuschrift an mich nur geschehen, Damit ich ein Beispiel von Promptheit könnt sehen, Fürwahr, lieber Klander, das ist kaum zu glauben, Du willst dem Homerus die Krone wohl rauben. Nun, tanze nur los im homerisch Schuh, Spring‘ dich mit sechs Füßen um Schlaf und um Ruh! Ich versle nur wenig, und kommts mir zu Sinn, Schleppt sich mein Gesang doch am Boden nur hin; Doch ist ja nicht allen ein Gleiches gegeben. Dir muß sich im Hochsprung das Flügelroß heben, Ich zähme durch Streicheln sein muthiges Toben, So werd ich nicht leicht aus dem Sattel gehoben. Doch weiter! - Wie hast du gekeift und geklagt, Und drüber vergessen, warum ich gefragt; Denn was ich am meisten zu wissen begehrt, Das hast du dem Liebenden Freunde verwehrt. So sprich denn, wann wirst du die Heimath begrüßen, Wann schüttelst du endlich den Staub von den Füßen!? O eile, dem Freund in die Arme zu sinken, Und mit ihm zu plaudern und mit ihm zu trinken. –

Im Altonaer Christianeum wurden – wie in allen Gelehrtenschulen – Homers Epen in der Originalsprache gelesen. In Storms Bibliothek hat sich eine Ausgabe der „Odyssee“ erhalten, die wohl sein Freund Klander bis 1834 benutzt hat.44 Storm besaß aber auch die Versübertragungen von Ilias und Odyssee von Johann Heinrich Voss.45 In der Husumer Gelehrtenschule unterrichtete Konrektor Kuhlmann Griechisch in Prima und las im Schuljahr 1833/34 die Bücher IV bis VIII der „Ilias“.46 Zur seiner Methode schreibt Kuhlmann47: „Auch wurden in einer besonderen Stundenfolge die Hauptregeln der griechischen Prosodien, in Rücksicht auf den Homerischen Vers, vorgetragen.“ „Prosodie“ bedeutet die Lehre vom Akzent und den Silbenquantitäten; sowohl im Griechisch- wie im Lateinunterricht wurde zu Storms Zeiten nicht nur übersetzt, sondern es wurden Stilübungen aufgegeben, bei denen die Metrik in den Originalsprachen analysiert und nachgeahmt wurde. Eine entsprechende Übertragung ins Deutsche setzt genaue Kenntnis der unterschiedlichen Strukturen der alten Sprachen und der veränderten Artikulationsqualitäten in der deutschen Sprache voraus. Die damals erworbene Übung im Übertragen aus den alten Sprachen in die Muttersprache bildet das Fundament für Storms außerordentliche Genauigkeit im kreativen Umgang mit der deutschen Sprache, wie seine späteren literarischen Werke und auch seine Briefe eindrucksvoll dokumentieren. Storms Gedicht spielt in Vers 10 28

auf die ihm von Klander zugesandte Versepistel an und vergleicht den Homerischen Stil mit dem „Hochsprung des Flügelroß“. Der geflügelte Pegasus gilt seit der Antike als Symbol des Dichters; Storms eigener Text „Ich zähme durch Streicheln sein mutiges Toben“ ist im Kontrast zu den Hexametern Klanders in vierfüßigen Daktylen abgefasst; lässig kommentiert er „Ich versle nur ein wenig“. In der Gelehrtenschule wurden auch detaillierte Kenntnisse über die griechische Mythologie vermittelt, wie die Anspielung auf das Flügelross zeigt. In Storms Bibliothek hat sich ein Buch erhalten, das er schon als Schüler besessen und aus dem er Anregungen für ein weiteres Gedicht entnommen hat, die „Mythologie“ von Karl Wilhelm Ramler.48 Hier fand er eine Anregung für einen Text, den er 1835 als letztes der in Husum entstandenen Gedichte in seine Sammelhandschrift eingetragen hat. Elegie49 Bleib! Was fliehest du mich, Kalliope, liebliche Muse, Einmal nur wende dein Aug lächelnd dem Sterblichen zu! Doch sie eilet hinweg, sie flieht in die Arme Apollos; Wehe, den Sterblichen ist keine der Himmlischen hold. Lorbeer sprießet im Hain, hoch ragen die herrlichen Zweige, Freund, doch nirgend erschaust du ein gebrochenes Reis.

Bei Ramler wird im Stichwort „Musen“ (S. 192 f.) „Töchter Jupiters und der Gedächtnisgöttin Mnemósyne“ ausgeführt: „Kalliópe, die Muse der heroischen Gedichte, die vornehmste unter ihren Schwestern. Ihr Kennzeichen ist die Tuba oder Trompete, die man mit einem Lorbeerzweig zu umwinden pflegt“ (S. 194). Und obwohl die Musen „beständig Jungfrauen geblieben“ (S. 198) sind, so soll ihr Vorsteher, Apollo, „mit der Muse Kalliópe den Orpheûs erzeugt“ (S. 185) haben. Aus diesem Material formt der junge Poet eine Dichterklage, die deutlich in der Tradition der Klassik verwurzelt ist. Storm wählt die klassische Form einer aus Distichen (Hexametern und Pentametern) gebildeten Elegie. Bereits im 16. und 17. Jahrhundert wurde versucht, die Form der griechischen Verse im Deutschen in gereimter Form nachzuahmen; in der Mitte des 18. Jahrhunderts verfassten Gottsched und Klopstock reimlose Nachbildungen. Um 1800 entstand dann die klassische deutsche Elegiendichtung von Goethe, Schiller und Hölderlin. „Im Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule; / Im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab.“ schrieb Schiller in seinem Gedicht „Das Distichon“. Diese Verse sind in Band 2 der Ausgabe von Schillers Sämtlichen Werken (Stuttgart 1823) in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule auf S. 243 mit Bleistift angestrichen. Der Austausch unter Storms Freunden hat sich aber nicht immer auf diesem Niveau bewegt, wie das Beispiel von Klanders verlorener Epistel belegt, auf deren inhaltliche Banalität Storm angemessen reagiert, wenn er sich über einen Besuch des Freundes in Husum und das Gespräch beim Kneipen freut. Die hehren Formübungen dienten nur zur Demonstration ihrer in der Schule erworbenen Fähigkeiten, antike Versmaße auch auf ihre Muttersprache zu übertragen. Diese Methode wurde sowohl im altsprachlichen als auch im muttersprachlichen Unterricht angewendet, wie die entsprechenden didaktischen Werke in der Husumer Schulbibliothek belegen.50 Außerdem enthält die Bibliothek Versschulen des 18. und 19. Jahrhunderts, die auch fleißig von Schülern ausgeliehen wurden, wie die Namenseinträge belegen. Storms späterer Freund Christian Ulrich Beccau51, der bereits in den frühen 1830er Jahren Gedichte im Husumer Wochenblatt veröf29

fentlichte, hat als Primaner noch im Schuljahr 1829/1830 Adelungs „Deutschen Styl“ aus den Jahren 1789/90 gelesen.52 Auch an der Husumer Gelehrtenschule war es Tradition, dass die Schüler öffentliche Reden hielten; ursprünglich waren sie Teil des Rhetorikunterrichts, zu dem die Übung im Vortrag gehörte, und wurden zweimal im Jahr öffentlich abgehalten. Die Schüler sollten vor Lehrern, Mitschülern, Eltern und Bekannten beweisen, dass sie in der Lage waren, ein Thema zu strukturieren und in angemessener sprachlicher Form vorzutragen. Solche Reden wurden zumeist in deutscher, manche aber auch in lateinischer Sprache gehalten; sie konnten auch in Verse gesetzt werden und behandelten Themen aus der Geschichte oder der Mythologie. Zwischen 1743 und 1850 wurden zu Ostern und zu Michaelis (29. September) 551 Reden gehalten, davon 464 in deutsch, 73 lateinisch, 10 französisch und je eine in griechisch, italienisch, dänisch und hebräisch. Im 19. Jahrhundert fanden sie nur noch einmal im Jahr statt; Storm hat 1835 eine Versrede über „Mattathias, der Befreier der Juden“ gehalten, für die er Informationen im Buch Makkabäer des Alten Testtaments fand.53 Später hat er sich darüber beklagt, dass er in der Husumer Gelehrtenschule nicht mit der zeitgenössischen Literatur konfrontiert worden sei; dennoch wurde den Schülern literarische Bildung vermittelt. In der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule haben sich einige Bände der Oktav-Ausgabe von Schillers Werken54 sowie vier Supplement-Bände mit historischen Schriften erhalten, außerdem aus der Reihe „Etui-Bibliothek der Deutschen Classiker“ die Bände Emilia Galotti, Trauerspiel von Gotthold Ephraim Lessing, sowie Gedichte von Johann Gottfried Seume und von L.H.C. Hölty. Alle Aachen 1817. Der schlechte Zustand der Bändchen und zahlreiche Namenseintragungen von Schülern zwischen 1828 und 1843 – es war üblich, dass die Schüler ihre Namen in entliehene Bücher eintrugen – belegen die rege Lektüre. In den ersten beiden Bänden finden wir neben Gedichten auch Schillers Nachdichtungen antiker Epen. Die Bände 5 und 6 enthalten die Dramen „Don Karlos“, „Wallenstein“, in Band 9 sind „Macbeth“, „Turandot“ und „Phädra“ versammelt. Während die Gedicht- und Dramenbände viele Namenseinträge aufweisen, haben sich nur wenige Schüler mit Schillers historischen Schriften beschäftigt. Storms Name findet sich z. B. in Gottfried August Bürgers „Sämtliche Werke in 6 Theilen“, Göttingen 1829. Selbst für seine Rätselgedichte, von denen Storm eines sogar im „Husumer Wochenblatt“ veröffentlichte55, fand er Anregungen in der Husumer Schulbibliothek. Im Jahre 1834 entlieh er, wie der Eintrag seines Namens belegt, ein Buch, das den Titel „Poesien“ trägt und von H. J. Jacobsen verfasst wurde, der Schullehrer in Heide war.56 Das Bändchen enthält neben einem Trauerspiel aus der Zeit der französischen Revolution und einer historischen Skizze über Johannes Huß mehr als zwanzig zumeist lehrhafte Gedichte; den Band beschließen 9 Rätselgedichte (Homonyme, Palindrome, Charaden), also genau die lyrischen Formen, die wir auch in Storms Handschrift „Meine Gedichte“ finden. Storm hat also in den über neun Jahren auf der Gelehrtenschule seiner Vaterstadt doch einiges gelernt, vor allem im Bereich der Sprachen, wie seine frühen Schreibversuche belegen. Dennoch hielt es sein Vater für angebracht, seinen Sohn für einige Zeit auf das Lübecker Katharineum zu schicken, wo er noch weitere Kenntnisse für das spätere Studium erwerben sollte. Der Rektor Peter Friedrichsen stellte Storm und seinem Freund Ohlhues folgendes Zeugnis aus: 30

Hans Theodor Woldsen Storm aus Husum und Johann Peter Ohlhues aus Hattstedt, die zur Vollendung ihrer Schulstudien das Gymnasium in Lübeck zu besuchen gedenken, haben vor ihrer Abreise mich um ein Zeugnis gebeten. Ich bezeuge ihnen daher, daß sie sich, solange sie die hiesige Schule besucht haben, durch Fleiß und durch ihr sittliches Betragen meine volle Zufriedenheit erworben haben und daß ich für den glücklichen Fortgang ihrer ferneren Studien nicht nur die besten Wünsche hege, sondern auch zu guten Erwartungen mich berechtigt glaube. Sie sind von Natur mit guten Anlagen ausgerüstet und haben sich durch ihren Fleiß gute Kenntnisse in den gewöhnlichen Schulwissenschaften, namentlich in den alten Sprachen, erworben. Mögen Sie denn durch fortgesetzten Fleiß und ferneres gutes Betragen sich der Liebe ihrer künftigen Lehrer in eben dem Grade würdig zeigen, wie sie sich die meinige zu erwerben gewußt haben. Husum, den 30. September 1835. gez. P. Friedrichsen, Rektor.57

Im Herbst 1835 wechselte Storm auf das Lübecker Katharineum58, das er bis Ostern 1837 besuchte; auch über diese Zeit berichtet er in seinen „Erinnerungen an Eduard Mörike“:59 Erst auf dem Lübecker Gymnasium, das ich vor dem Abgang zur Universität noch eine Zeit lang besuchte, las ich Goethe‘s Faust und Heine‘s Buch der Lieder, und mir war dabei, als seien durch diese beiden Zauberbücher doch erst die Pforten der deutschen Dichtung vor mir aufgesprungen. Von den neueren schwäbischen Dichtern kam nur Uhland in meine Hände; aber trotz der schönen frühlingsklaren Lyrik blieb dessen dichterische Persönlichkeit mir ferner, vielleicht weil in der Sammlung der Gedichte die Balladenpoesie einen so breiten Raum einnimmt, die man damals ganz in den Vordergrund geschoben hatte, zu der, mit wenigen Ausnahmen, ich aber niemals ein Verhältnis finden konnte.

Der Wechsel nach Lübeck und der Unterricht am dortigen Katharineum eröffneten Storm neue Perspektiven; er traf in der bedeutenden Hansestadt auf Persönlichkeiten, die ihn aufgrund ihres geistigen Horizonts beeindruckten. Storms spätere Begeisterung, mit der er seinen Schulbesuch in Lübeck beschreibt, kann sich nicht auf den altsprachlichen Unterricht bezogen haben, denn im Griechisch- und Lateinunterricht, der auch am Katharineum von der Stundenzahl her dominierte (insgesamt 16 von 30 Wochenstunden!60), wurden dieselben Texte gelesen, die ihm schon aus der Prima der Husumer Gelehrtenschule vertraut waren. Daher spiegelt sich dieser Unterrichtsstoff nun auch nicht mehr in seinen Gedichten. Mit einer heute nicht mehr auffindbaren freiwilligen Prüfungsarbeit „Quibus causis Philippo II. regnante dilapsae sint Hispaniae opes auctoritasque“ (Weshalb sank unter der Regierung Philipp II. Spaniens Macht und Ansehen?), schloss er seine Schulzeit in Lübeck ab.61 Solche Arbeiten wurden von den Schülern zu Hause geschrieben; die Wahl des Themas kommt bei Storm nicht von ungefähr. Bereits in Husum hatte sich Storm der Dispositionen von Herzog: „Stoff zu stylistischen Übungen in der Muttersprache“62 bedient. Hier fand er unter Nr. 80 (S. 193-198) eine differenzierte Gliederung und Stoffsammlung zum Thema „Was bewirkte unter Philipp II. Spaniens Herabsinken von seiner Höhe?“ Der Inhalt von Storms Arbeit lässt sich nur noch nach den Ausführungen von Friedrich Krüger63 rekonstruieren. Vergleicht man diese Inhaltsangabe mit der Disposition von Herzog, so fallen die Parallelen ins Auge und erklären die erstaunte Einfügung des Verfassers: „man glaubt hier keinen Schüleraufsatz, sondern die Abhandlung eines Schriftstellers zu lesen.“ Es scheint also, als ob Storm bei seiner Abschlussarbeit in Lübeck auf einen alten Aufsatz zurückgegriffen habe, den er bereits für den Deutsch- oder Ge31

schichtsunterricht an der Husumer Gelehrtenschule entworfen oder ausgeführt hatte. Das Urteil Krügers lautet: „Man kann nicht behaupten, daß das Thema besonders schwer ist, dennoch macht die einfache und gründliche Art, wie er den Gegenstand behandelt, einen sehr angenehmen Eindruck.“ Und weiter heißt es: „In der Einfachheit des Ausdrucks lehnt er sich an Tacitus an, [...]“. Dazu steht im Widerspruch, dass Storms Noten am Katharineum eher durchschnittlich gewesen sein sollen. In seinem heute ebenfalls verschollenen Abgangszeugnis findet sich die Bemerkung, dass: „das Ergebnis seiner Leistungen zum Theil die Folge unzureichender Vorkenntnisse sei“. Dies kann sich aber nur auf die Fächer Französisch und Mathematik bezogen haben, in denen Storms Leistungen als „mittelmäßig“ beurteilt, wohingegen die Leistungen in Deutsch und Latein mit „gut“, in Griechisch und Geschichte mit „ziemlich gut“ bewertet wurden, was unserem heutigen „befriedigend“ entspricht. Die Anregungen für Gedichte, die in und kurz nach der Lübecker Zeit entstanden sind, empfing Storm diesmal nicht aus dem Schulunterricht, sondern von neuen Freunden wie Ferdinand Röse (1815-1859) und durch seine Besuche im Salon der Familie von Christian Adolf Nölting (1794-1856), wo auch einige seiner Lehrer verkehrten. Dort hat er auch einige seiner Gedichte vorgelesen; die Urteile reichten nach zeitgenössischen Urteilen von Zustimmung bis Ablehnung. Rückblickend schrieb Storm64: Röse gehört zu denen, welchen ich es verdanke, Kritik ertragen zu können und sie an mir selbst zu üben; er schrieb quer über meine Gedichte sein »Denique sit, quid sit, simplex dumtaxat et unum«65, und sagte mir mehr, als einmal: »Du bist geistig tot«; ob Letzteres mit Recht, ist mir später zweifelhaft geworden. In der Poesie freilich war es bei mir nur noch ein Flügelprüfen; über meine zuerst 1852 erschienenen Gedichte hat er mir später mit Begeisterung geschrieben, daß er sie morgens und abends lese.

Die „Faust“-Lektüre mag in der Schule begonnen haben, wurde aber im privaten Kreise fortgesetzt und fand ihren Höhepunkt in szenischen Darstellungen im Salon der Familie Nölting.66 Das Werk regte Storm gleich zu mehreren Gedichten an: „Teufels error in calculo“67, „Armer junger Professor“68 und „Walpurgisnacht“69. Es entstehen Gedichte zu Theodor Körner „Körner“70 und nach Goethe „Der Sänger beim Mahle“71. Die meisten der anderen Gedichte aus dieser Zeit thematisieren Natur- und Liebeserfahrungen, die mit Storms Liebe zu Bertha von Buchan in Verbindung stehen72; einige zeigen deutliche Spuren von Storms Auseinandersetzung mit Heines Lyrik, die ihm durch Ferdinand Röse vermittelt wurde. Im Gegensatz zu seinem bereits erwähnten Mitschüler Ulrich Beccau, dessen Lyrik den alten Konventionen der Rokokozeit verhaftet blieb, löste sich Storm von seinen anfänglichen Vorbildern, indem er zunächst Anregungen aus dem Unterricht in den sprachlichen Fächern aufgriff und danach seine Texte an Autoren wie Friedrich Schiller und Heinrich Heine orientierte, um allmählich auch diese Vorbilder zu überwinden und zu einer eigenen lyrischen Sprache zu finden. Die Lübecker Zeit73 war für Storms geistige Entwicklung deshalb so wichtig, weil er hier Menschen traf, die einen weiteren Horizont besaßen als seine Lehrer und Kameraden in Husum. Sie vermittelten ihm ein Bildungserlebnis, das ihn nachhaltig prägte und ihn wohl auch darin bestärkte, seine literarischen Experimente fortzusetzen. Der Unterricht im Katharineum konnte ihm kaum etwas vermitteln, was er nicht schon an der Husumer Gelehrtenschule gelernt hatte.

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In dem zu Anfang bereits zitierten Brief an Emil Kuh, in dem Storm behauptet, nie etwas Ordentliches gelernt zu haben, heißt es an anderer Stelle: „Poetische Muster, nach denen ich absichtlich gearbeitet, habe ich nie gekannt; es ist dies alles unwillkürlich bei mir gewesen.“ Die Analyse von Storms frühen Dichtversuchen hat gezeigt, dass diese Selbsteinschätzung des Dichters nicht stimmen kann. Gerade die poetischen Muster waren es, an denen sich Storm und seine Kameraden abarbeiten mussten, und sie haben diese Muster in ihren eigenen Texten nachgeahmt. Stroms frühe Schreibversuche weisen ein deutlich höheres Niveau auf, als man es auch von einem sehr guten Schüler erwarten kann. Storm hat später an die eigene Dichtung so hohe Ansprüche gestellt, dass ihm seine frühen Texte nicht geeignet erschienen, in die „Gesammelten Werke“ aufgenommen zu werden. Er hat dabei aber vergessen, wie wichtig die schulischen Erfahrungen für seine ersten Schreibversuche gewesen sind, und glaubte wohl selbst, dass er die Fähigkeit, Weltliteratur zu schreiben, erst in späteren Jahren erworben hat. Dies ist insofern richtig, als er sowohl für seine Lyrik als auch für seine Novellistik eine lange Lehrzeit benötigt hat. Insofern unterscheiden sich die frühen Texte erheblich von den späteren Meisterwerken. Die Analyse seines ersten Prosatextes und einiger der Schülergedichte zeigt aber, dass dem späteren Erfolgsschriftsteller die Grundlagen für sein außerordentliches Vermögen, mit der deutschen Sprache umzugehen, während seiner Schulzeit in Husum vermittelt wurden.

Anmerkungen   1 Theodor Storm: Briefe. Hg. von Peter Goldammer, 2 Bde. Berlin, 2. Aufl. 1972, Bd. 2, S. 68. (im Folgenden zitiert als „Briefe“ mit Band- und Seitenangaben)   2 Beilage zum Brief an Ada Christen vom 2.3.1873; wie Anm. 1, S. 60.   3 Theodor Storm: Meine Erinnerungen an Eduard Mörike. In: LL 4, S. 470.   4 Entwürfe einer Tischrede (1); LL 4, S. 487.   5 Entwürfe einer Tischrede (2); LL 4, S. 489.   6 Gertrud Storm: Theodor Storm. Ein Bild seines Lebens. Bd. 1: Jugendzeit. Berlin 1912.   7 Dies ist ein sehr problematisches Verfahren, da man aus den fiktionalen Texten nicht unmittelbar auf die wirklichen Erfahrungen des Dichters während seiner Jugend schließen darf.   8 Ebenda, S. 130.   9 Zur Lübecker Zeit vergl. Karl Ernst Laage: Theodor Storms Lübecker Zeit. In: Theodor Storm im Film. Die Kino- und Fernsehverfilmungen seiner Werke. Lübeck 1987, S. 76-82. Walter Zimorski: „Die Tore einer neuen Welt“. Theodor Storms Bildungserlebnis in Lübeck. In: Der Wagen. Lübecker Beiträge zur Kultur und Gesellschaft, Lübeck 2002, S. 202-309. 10 Franz Stuckert: Theodor Storm. Der Dichter in seinem Werk. Tübingen 1952, S. 13. 11 Hartmut Vinçon: Theodor Storm in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1972, S. 18. 12 Georg Bollenbeck: Theodor Storm. Eine Biographie. Frankfurt am Main 1988, S. 41. 13 Host Joachim Frank: Theodor Storm. In: H. J. F.: Literatur in Schleswig-Holstein. Bd. 3. Neumünster 2004, S. 519. 14 Gerd Eversberg: Neues zu Storms frühen Schreibexperimenten. Mit den frühesten Briefen Storms und einem bisher unbekannten Prosatext aus dem Jahre 1835. In: STSG 54 (2005), S. 27-63. 15 Meine Forschungsergebnisse habe ich vorgelegt in dem Buch: Theodor Storm als Schüler. Mit vier Prosatexten und den Gedichten von 1833 bis 1837 sowie sechs Briefen. Heide 2006. 16 Theodor Storm: Aus der Jugendzeit. In: LL 4, S. 427 f. 17 Kreisarchiv Nordfriesland D2/87. Nach einem Hinweis von Regina Fasold (Hg.): Theodor Storm – Constanze Esmarch. Briefwechsel (1844-1846). 2 Bde. Berlin 2002. (Storm-Briefwechsel, Bd. 15 I/ II.); hier Bd. 2, S. 467. 18 Ingwer Ernst Momsen: Die Bevölkerung der Stadt Husum von 1769 bis 1860. Versuch einer historischen Sozialgeographie. Kiel 1969. (Schriften des Geographischen Instituts der Universität Kiel, Bd. 31.), S. 140-144. 19 Schularchiv der Hermann-Tast-Schule Husum, früher Husumer Gelehrtenschule. 20 Original in Privatbesitz; vergl. meinen Aufsatz: Neues zu Storms frühen Schreibexperimenten (wie Anm. 14), S. 38 f.

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21 „Der Amtschirurgus – Heimkehr“ in „Zerstreute Kapitel“, LL 4, S. 170. Die zitierte erste Zeile des Hölty-Gedichts wird von dem erfahrenen Erzähler Storm symbolisch als moralisches Memento des jungen Erzählers gedeutet, der die Schwächen eines Lehrers für kindliche Schulspäße ausgenutzt hat. 22 Gedichte von L.H.C. Hölty. Dritte Etui-Ausgabe. Aachen 1817. (Etui-Bibliothek der deutschen Classiker, No. VI.), S. 116-119. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) 23 Abgedruckt bei Karl Ernst Laage: Theodor Storm 1832 – 15 Jahre alt. Erstveröffentlichung des frühesten Storm-Briefes. In: STSG 29 (1980), S. 9-16. 24 Nr. 18 vom 30.4.1835, Sp. 284 f. 25 Hebbels erste Gedichtveröffentlichungen finden sich in den Jahrgängen 1829-1831 des „Ditmarser und Eiderstedter Boten“; sein zweites Organ sind danach die „Neuen Pariser Modeblätter“, die seine Förderin Amalia Schoppe in Hamburg herausgab. Storm hat ebenfalls in dieser Zeitschrift veröffentlicht, und zwar vier Gedichte im Dezember 1838; vergl. Lothar Müller: Neues zu den frühen Gedichtveröffentlichungen Theodor Storms. In: STSG 41(1992), S. 31-44. Auch im Jahrgang 1835 sind drei Gedichte von Hebbel abgedruckt, und zwar je eines in den ersten drei „Botenreisen“ des Monats Januar. 26 Hier handelt es sich möglicherweise um einen Druckfehler und es soll „mit gutem Zureden“ heißen. 27 Holsteinisches Idiotikon, ein Beitrag zur Volkssittengeschichte; oder Sammlung plattdeutscher, alter und neugebildeter Wörter, Wortformen, Redensarten, Volkswitzes, Sprüchwörter, Spruchreime, Wiegenlieder, Anekdoten, und aus dem Sprachschatze erklärter Sitten, Gebräuche, Spiele, Feste [...] von Johann Friedrich Schütze. 4 Theile, Hamburg 1800, 1801, 1802 und 1806. Erster Theil, Hamburg 1800, S. 274. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) In den vier Bänden befinden sich handschriftliche Eintragungen aus dem Jahr 1843, die von Storms Mitarbeit an den „Volksbüchern“ zeugen. Eine Reihe von Sprichwörtern aus Schützes Holsteinischem Idiotikon sind bereits in dem Beitrag „Plattdeutsche Reime (Mitgetheilt von Th. Woldsen-Storm und Jens Th. Mommsen)“ im „Volksbuch für das Jahr 1844 mit besonderer Rücksicht auf die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Mit Beiträgen von [...], J. Th. Mommsen, [...], Th. Woldsen-Storm, [...], herausgegeben von K(arl) L(eonhard) Biernatzki. Kiel: Schwers’sche Buchhandlung 1843“, S. 235 f. enthalten. Auch spätere Jahrgänge des Kalenders enthalten von Storm aus dem Idiotikon extrahierte Texte. 28 Brief an Eduard Alberti vom 12.3.1882; in: Briefe 2, S. 243. 29 Brief vom 1.3.1882; in: Theodor Storm - Erich Schmidt. Briefwechsel, hg. von Karl Ernst Laage. 2 Bde. Berlin 1972/76. 30 Johann Christoph August Heyse’s deutsche Schulgrammatik oder kurzgefasstes Lehrbuch der deutschen Sprache mit Beispielen und Übungsaufgaben. Seit 1828 neu bearbeitet von dem in Kiel lehrenden Sohn des Verfassers K.W.L. Heyse. Es lässt sich nicht ermitteln, welche Auflage während der Schulzeit Storms verwendet wurde. 31 Z.B. Ludwig Schaaf: Methodik der deutschen Styl-Uebungen für Lehrer an Gymnasien. Magdeburg 1812, mit detaillierten Hinweisen für die Anlage und Korrektur von Aufsätzen unterschiedlicher Art und für eine Leseerziehung. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) 32 Methodik der deutschen Stylübungen von C.F. Falkmann. Hannover, Aufl. 1823, S. 530 f. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) 33 J.H.L. Meierotto: Abschnitte aus deutschen und verdeutschten Schriftstellern zu einer Anleitung der Wohlredenheit besonders im gemeinen Leben. Berlin 1794. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule; laut Schülereintragungen bis 1833 in Gebrauch.) 34 Stylistisches Elementarbuch oder Erster Cursus der Stylübungen, enthaltend: eine kurze Anleitung zum guten Styl, eine große Anzahl von Aufgaben sowohl zu einzelnen Vorübungen, als auch zu Beschreibungen, Erzählungen, Abhandlungen, Briefen und Geschäftsaufsätzen aller Art, nebst einer Reihe Beilagen über Grammatik, Titulaturen etc. für Anfänger im schriftlichen Vortrage und zur Selbstbelehrung bestimmt, von Ch. F. Falkmann. Hannover, 3. Aufl. 1831. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) Praktische Rhetorik für die obern Klassen der Schulen und zum Selbstunterrichte [...] von Ch. F. Falkmann. Hannover, 2. Aufl. 1831. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) 35 Stoff zu stylistischen Uebungen in der Muttersprache. Für obere Klassen. In 190 ausführlichern Dispositionen und kürzern Andeutungen von D. G. Herzog, Rektor der Hauptschule und Professor in Bernburg. Halle 1832. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) 36 Bei Niederschrift des in der zweiten Hälfte des Jahres 1833 in die Sammelhandschrift „Meine Gedichte“ eingetragenen Gedichts „Das Leben. In verschiedenem Versmaße“ (S. 3 als Nr. 4; LL 1, S. 133) hat Storm sich an den beiden Dispositionen „Das Leben eine Reise“ (S. 81-85) und „Der Knabe, der Jüngling, der Mann und der Greis“ (S. 270-72) orientiert, ohne stilistische Elemente zu übernehmen. Das Gedicht „An einen ausgetretnen Strom“ wurde 1824 in die Sammelhandschrift „Meine Gedichte“ als Nr. 13, S. 8 eingetragen. Die Disposition zum gleichlautenden Thema von

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Herzog (S. 148 f.) lieferte Storm nicht nur ein Inhaltsgerüst, sondern auch sprachliches Material, das er in seinen Text übernommen hat. „Meine Gedichte“, Storm-Archiv Husum. Storm trug in diese Sammelhandschrift bis 1839 über hundert Gedichte ein. Die Handschrift dokumentiert die Anfänge seines lyrischen Schaffens. Bis Ende 1835 hat Storm 42 Gedichte in seiner Sammelhandschrift notiert; etwa ein Drittel davon lassen Einflüsse des altsprachlichen Schulunterrichts erkennen, die übrigen sind Rätselgedichte und Liebeständeleien, die der bis in die 1830er Jahre wirksamen Anakreontik nachempfunden wurden. Gerd Eversberg: Storms erste Gedichtveröffentlichungen. In: STSG 41(1992), S. 45-49. Dazu ausführlicher in meinem Aufsatz: Neues zu Storms frühen Schreibexperimenten (wie Anm. 14). „Meine Gedichte“, S. 29 f. als Nr. 43; LL 1, S. 153. Georg Heinrich Kuhlmann (1775-1851) unterrichtete als Konrektor von 1811 bis 1838 an der Husumer Gelehrtenschule; bei ihm erhielt Storm den meisten Lateinunterricht. In der Tertia (Schuljahr 1829/30) wurde im Lateinunterricht „Phädrus Aesopische Fabeln“ gelesen (Schulprogramm 1830, S. 27). Ich wähle folgende drei Beispiele aus einem Zeitraum von ca. 150 Jahren aus; es ließen sich weitere Gedichte anführen. Storms Übertragung liegt zeitlich zwischen Ramler und Rückert. Christian Albrecht Klander (1817-1874) stammt aus Husum; sein Vater war Gerber; die Husumer Gelehrtenschule besuchte er von Michaelis 1826 bis Ostern 1834, dann das Christianeum in Altona, seit Herbst 1835 studierte er in Kiel, gehörte dort zu „Clique“ um Storm und Mommsen und wurde anschließend Lehrer an der Gelehrtenschule Plön (1841-1874). Diese Korrespondenz aus der Schulzeit ist nicht erhalten. Das Gedicht „An Klander“ (LL 1, S. 144 f.) hat Storm 1834 als Nr. 33 in „Meine Gedichte“ eingetragen. Homeri Odyssea. Nova Editio Stereotypa. Leipzig 1828. Auf dem teilweise ausgerissenen Vorsatzblatt lässt sich noch entziffern: „Altona/ Christianeum/ Cl. III Ord. III“ Die Ausgabe enthält viele Anmerkungen mit Bleistift und Tinte; sie scheint von mehreren Schülern benutzt worden zu sein. (Exemplar in Storms Bibliothek im Storm-Archiv Husum.) Homer’s Werke von Johann Heinrich Voß. 2 Bd. Stuttgart 1839; die Bücher enthalten die „Ilias“ und die „Odyssee“. Außerdem: Homers Odyssee übersetzt von Johann Heinrich Voß. Erste Übersetzung, neuer Abdruck, vermehrt mit erläuternden Anmerkungen aus den hinterlassenen Papieren des Übersetzers. Hg. von Abraham Voss. Leipzig 1837. (Exemplar in Storms Bibliothek im StormArchiv Husum). Schulprogramm 1834, S. 35. In der Husumer Gelehrtenschule wurde in den 1830er Jahren folgende Ausgabe benutzt: Friedrich August Wolf (Hg.): Homeri Ilias [...] in usum scholarum. 2 Bde, Leipzig 1817. (Homeri et Homeridarum Opera et Reliquiae.) Eines der beiden heute noch vorhandenen Exemplare stammt aus dem Besitz von Storms Schulfreund Christian Hermann von Krogh. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) Schulprogramm 1833, S. 29. Karl Wilhelm Ramlers kurzgefaßte Mythologie; oder Lehre von den fabelhaften Göttern, Halbgöttern und Helden des Alterthums. Berlin 1770. Der Namenseintrag „Storm“ auf dem Titelblatt ist nur für diese Zeit bezeugt; später brachte er seine Besitzervermerke immer auf dem Vorsatzpapier an. (Exemplar in Storms Bibliothek im Storm-Archiv Husum). LL 1, S. 153; in „Meine Gedichte“, S. 29 f. Vergleiche auch Gerd Eversberg: Lyrik und Poetik. Zu Storms Gedicht „Elegie“ aus der Husumer Schulzeit (1835). In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt 12 (2006), S. 35-44. Ein Beispiel für den Lateinunterricht: Georg Friedrich Grotefend’s größere lateinische Grammatik für Schulen, [...]. Zweiter Band, welcher die Verslehre und Orthographie nebst Anhange enthält. Vierte vermehrte und verbesserte Auflage. Frankfurt am Main 1824. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) Grotefend erläutert in drei Abschnitten ausführlich die Grundlehren der Prosodik, der Rhythmik und der Metrik an Beispielen aus der römischen Literatur. Christian Ulrich Beccau (1809-1867) wurde in Friedrichstadt geboren und war Schüler an der Husumer Gelehrtenschule bis 1831; Studium der Jurisprudenz in Kiel; 1838 Untergerichtsadvokat in Husum, 1842 Notar. Wie Storm verlor auch Beccau nach dem Ende der Unabhängigkeit der Herzogtümer seine Bestallung als Rechtsanwalt, verließ Husum bis 1851, konnte aber seit 1855 wieder praktizieren. 1836 veröffentlichte er in Husum eine Gedichtsammlung, später schrieb er eine Geschichte der Stadt Husum. Johann Christoph Adelung: Über den Deutschen Styl. Zwei Bände, Berlin 1789/90. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) Storm erzählt davon in seiner kulturhistorischen Skizze „Der Amtschirurgus – Heimkehr“. In: LL 4, S. 164 ff. Der Text seiner Rede ist nicht erhalten. Friedrich von Schillers sämmtliche Werke. Stuttgart 1822ff. Vorhanden sind heute noch die Bände1-3, 5, 9, 12-17. (Exemplare in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.)

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55 Vergl. Gerd Eversberg: Rätsel und Wortspiele von Theodor Storm. Mit bisher ungedruckten Versen. In: STSG 44 (1995), S. 41-51. 56 Poesien von H. J. Jacobsen, Schullehrer in Heide. Altona 1828. (Exemplar in der Bibliothek der Husumer Gelehrtenschule.) 57 Original verschollen; Text nach Gertrud Storm: Theodor Storm. Ein Bild seines Lebens. Jugendzeit. Berlin 1912, S. 101 f. 58 Album gymnasii et scholae Lubecensis: Michaelis 1835: Theodor Storm, Geburtsort: Husum. Jahr. der. Geburt.: 1817, Vater: Advokat. Stadtarchiv Lübeck (Kopie StA) 59 LL 4, S. 470 f. 60 Nach dem Schulprogramm 1836 wurden in Prima unterrichtet: Latein 10 Std., Griechisch 6 Std., Deutsch 2 Std., Französisch 2 Std., Englisch 2 Std., Religion 2 Std., Geschichte und Mathematik je 3 Std. (Katharineum Lübeck, Schularchiv.) 61 Friedrich Krüger: Theodor Storm in Lübeck. In: Zeitschrift für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde. 13 (1911), S. 359-383, hier S. 369. 62 Stoff zu stylistischen Uebungen in der Muttersprache (wie Anm. 35). 63 Friedrich Krüger: Theodor Storm in Lübeck (wie Anm. 61), S. 369 f. Nach Krüger macht das Heft „schon äußerlich einen sehr sauberen, sorgfältig geschriebenen Eindruck.“ 64 Ferdinand Röse, LL 4, S. 444. 65 „Denique sit, quod vis, simplex dumtaxat et unum.“ Horatius, De arte poetica (Epistula ad Pisones) 23: Was du schließlich auch willst, es sei schlicht und einfach. 66 Zum Salon der Nöltings und zu Storms Lehrern am Katharineum vergl. auch die „Festschrift zur Vierhundertjahrfeier des Katharineums zu Lübeck. 1531 bis 1931“, Lübeck o.J. (1931). 67 LL 1, S. 162 f.; in „Meine Gedichte“ eingetragen „16. April 1836“. 68 LL 1, S. 177; in „Meine Gedichte“ eingetragen Ende 1836. 69 LL 1, S. 186 f.; in „Meine Gedichte“ eingetragen „19. Juni 1837“. 70 LL 1, S. 164 f.; in „Meine Gedichte“ eingetragen in der zweiten Hälfte des Jahres 1836. Das Gedicht verklärt den im Freiheitskampf gefallenen Theodor Körner (1791-1813), dessen Gedichte unter dem Titel „Leyer und Schwert“ 1814 erschienen waren. 71 LL 1, S. 174 f.; in „Meine Gedichte“ eingetragen Ende 1836. Das Gedicht enthält deutliche Anklänge an Goethes Ballade „Der Sänger“. 72 Vergl. Gerd Eversberg: Storms erste große Liebe. Theodor Storm und Bertha von Buchan in Gedichten und Dokumenten. Heide 1995. (Editionen aus dem Storm-Haus 8.) 73 Dazu ausführlicher in meinem Buch: Theodor Storm als Schüler (wie Anm. 15), S. 75-115.

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Autonomie und Fremdbestimmung im künstlerischen Schaffen Theodor Storms „Psyche“ als Antwort auf Bernardin de Saint-Pierres „Paul et Virginie“ Von Jean Lefebvre, Büsum „Was ist’s, Das hinter diesem Schleier sich verbirgt?“ „Psyche“1 wurde nicht gleich mit Zustimmung rezipiert. Sie galt und gilt bisweilen noch als nicht gelungen. Storms Dichterfreunde schenkten ihm für diese Novelle kaum Zuspruch. Paul Heyse wirft Storm in einem Brief vom 21. Oktober 1875 vor, eine Geschichte ohne Spannung geschrieben zu haben, die zu Ende ist, bevor sie angefangen hat: „Ihre ‚Psyche‘ hat mir nicht recht eingehen wollen. Mir schien als hätten Sie sie angefangen, ehe Sie recht damit fertig geworden.“2 Auch die Fachleute haben sich bei ihrer Analyse schwer getan und die Novelle in erster Linie auf ihren kulturellen Inhalt beschränkt, wie Winfried Freund, der 1988 in einem ausführlichen Artikel insbesondere auf Storms Kunstverständnis und auf das in der Novelle vorgelegte Programm des Poetischen Realismus hingewiesen hat: Der Künstler entbrennt in Liebe zu seinem sinnlich erfahrbaren Lebensraum und entdeckt in der Symbiose von Stoff und Geist den Sinn des Lebens, dem er im Symbol Gestalt gibt. Die Liebe des Künstlers zur Welt ist die eigentliche bewegende Kraft, die Quelle, aus der der in das Sinnverstehen mündende Erzählfluß entspringt.3

Einem Dichter genügt es nicht, beim Schreiben die komplexe Entstehung einer Statue von der Idee bis zur Vollendung allein zu reflektieren. Es wäre zu einseitig. Wie bestechend diese Idee auch sein mag, sie berücksichtigt nur einen Aspekt der Novelle, einen anderen Aspekt wollten oder konnten die strengen Kritiker des Werkes nicht in Betracht ziehen, weil sie sich mit Literatur als Ort der versteckten Auseinandersetzung mit individuellen Problemen schwer taten. Für Storms Dichterfreunde und seine späteren Kritiker, die eine traditionell erzählte Literatur bevorzugten, sollte man wohl die Offenlegung des moralischen Bereiches aus dem eigenen Leben lieber unberührt lassen. Aber in „Psyche“ geht es auch – berücksichtigt man die Doppelbedeutung des Titels – um zwei weitere miteinander verflochtene Aspekte, zum einen um die Nacktheit des jungen Mädchens – und damit um die sinnlich wahrnehmbare Schönheit des Kunstwerks – und zum anderen um die Seele des Künstlers. Eine Gesellschaft, so könnte die Prämisse lauten, schirmt sich von jeder zersetzenden Kraft ab und erklärt vielerlei Themen zum Tabu, damit ihre Inhalte nicht zur Disposition stehen. Dazu gehören Tod, Religion und der Bereich des Privaten und des Intimen. Mit Nacktheit assoziiert man traditionell Lust und Begierde. Nacktheit als ungeschützte Freigabe der Identität zu tabuisieren hat seine Berechtigung, weil moralische Grenzen so nicht überschritten werden. Der eingespielte und bewährte Verhaltenskodex kann dank äußerer und innerer Kontrollinstanzen unverändert bleiben, während rebellische Kräfte dieses kulturelle 37

Gleichgewicht zu sprengen drohen, zumal wenn sie sich über den künstlerischen Ausdruck offen äußern. Dass diese Themen vermieden werden, dient zur Sicherung der Wertüberzeugungen einer Gesellschaft, die sich darin erkennt und stillschweigend auch dazu bekennt. Da verändernde Bewegungen innerhalb des etablierten Sittenkodex unerwünscht sind, werden Grenzverletzungen mit Ablehnung ihrer Autoren sanktioniert. Beide Extreme sind gerechtfertigt: Die einen wollen ihre Identität und ihr Weltbild nicht in Frage stellen, die anderen – die Künstler – möchten ein anderes Menschenbild durchsetzen, weil sie sich der Gefahren der Enge und der unreflektierten Tradition besonders bewusst sind. Künstler sehen ihre Funktion im Aufdecken der kulturellen Erstarrungsgefahr, setzen einen Umdenkprozess in Gang und machen auf verdeckte, ignorierte Werte aufmerksam, die zur Entfaltung des Individuums dienen sollten. Zur Gewinnung neuer Erkenntnisfelder gehört auch die Tabuverletzung, weil sie ein Überdenken der Tabuinhalte und deren Wandel nach sich zieht. Auch Storm sieht sich dieser Ambivalenz ausgesetzt, auf die jeder stößt, der Tabus berührt. Er muss beides erleben und bedenken: „Auf der einen Seite die Freiheit, über die Tabus zu sprechen und die Geltung zu prüfen, auf der anderen Seite die penible Achtung der Tabus beim Handeln.“4 Es gehört zur Funktion der Tabuisierung, dass peinliche Themen verschwiegen werden. Wenn sie familienintern zu klären sind, sollten sie auch nicht vor einem breiten Publikum zur Diskussion gestellt werden. Das hatte Storm aber gerade mit zwei Novellen getan. 1874 veröffentlicht er „Viola tricolor“, die das schwierige Zusammenleben in seiner neuen Ehe thematisiert, und 1875 „Ein stiller Musikant“, in der er auf die Depression seines Sohnes Karl eingeht. „Psyche“, die im Oktober 1875 – also unmittelbar danach – erschienen ist, dürfte, und die zeitliche Nähe der Niederschrift lädt dazu ein, als eine Reflexion über die Berechtigungsfrage von Kunst als sozial relevantem Ausdruck persönlicher Konflikte gelesen werden. Die Novelle rückt die psychisch bedingte Produktion von Kunstwerken ins erzählerische Zentrum. Die Ablehnungshaltung seiner Kritiker ist nachzuvollziehen, wenn man bedenkt, dass Storm mit dieser Novelle eine neue Dimension im literarischen Verständnis eröffnet, selbst wohlwissend, dass er damit bisweilen an die Grenze des Anstößigen herankommt. *** *** *** 5

„Psyche“ ist räumlich in zwei Abschnitte gegliedert, der erste Abschnitt (S. 312-329) spielt an der Nordwestküste Schleswig-Holsteins, der zweite (S. 329-345) in Berlin. An einem sonnigen Sommertag, an dem aber Sturm herrscht, will sich ein junges, selbstbewusstes Mädchen trotz vielfacher Mahnungen der Badefrau, deren Aufgabe es ist, für die Einhaltung der strengen Badevorschriften zu sorgen, ins Meer wagen. Zwei junge Männer, die sich seit ihrem Studium in Süddeutschland kennen, nehmen vom Floß aus die Gefahr, in der sie schwebt, wahr, und Franz, der Künstler, wirft sich ins Wasser und holt die Ertrinkende aus der tosenden Flut, während Ernst, der Jurist, zur Badefrau läuft, um diese zu informieren, damit sie einen Arzt besorgt. Das Mädchen, das weiß, dass sie von ihrem Retter nackt erblickt wurde, verlangt von der Badefrau, dass sie schwört, den Vorfall und den Namen des Retters geheim zu halten und sich über die Verletzung ihrer Schamgefühle wie das Grab für immer auszuschweigen. Im zweiten Teil der Novelle ist der Künstler in seiner Werkstatt in der Großstadt an der Spree. Das einst gerettete Mädchen, das er zu einer Psyche-Statue zu formen versucht, steht im Mittelpunkt seiner künstlerischen Aktivitäten. Aus 38

persönlichen Gründen verbirgt er vor den Augen seiner Mutter6 die entstehende Figur mit einem Schleier. Ein Brief von dem Juristen aus der Heimat informiert Franz darüber, dass über den Vorfall mit der „Mädchenknospe“ weiterhin geschwiegen wird. Als er später seine Werke ausstellt und einsam durch die Räume geht, trifft der Künstler auf ein Mädchen, das vor einer Statue steht und das er intuitiv erkennt. Es ist seine Psyche. Sobald seine Mutter das Modell als seine Muse erkannt hat, steht seiner Beziehung zu der jungen Frau nichts mehr im Weg. Der Künstler schickt daraufhin einen Antwortbrief, dessen Inhalt der Leser nicht erfährt, in den Norden an seinen Freund Ernst. Die formale Zweiteilung der Novelle verdeutlicht die Akzentverschiebung: Die als Spiel gedachte Verbotsübertretung am Meer im ersten Teil leitet das Reflektieren über die Bedingungen der Kunstproduktion des zweiten ein. Die Fabel verdeutlicht, wie sich die Novelle um die sich stets wiederholende Struktur Bedrohung vs. Rettung organisiert. *** *** *** Die Gleichzeitigkeit von schönem und schlechtem Wetter in der Einleitungsszene ist zeichenhaft. An einem wegen des sauberen Himmels Harmonie versprechenden Sommertag weht ein ungewöhnlich harter Sturm. Das, was die Flut mit ihrer ungebändigten Kraft auf die Stadt zutreibt, ist ein ungezähmter Wind, der nicht nur im Binnenland, sondern auch für die Küstenbewohner den Namen Sturm verdient. Diese Wettererscheinung bestimmt die Ambivalenz der Situation, die dem Mädchen zwei Verhaltensweisen offen lässt: die Gesellschaftsregeln zu akzeptieren – sich also vernünftig zu verhalten und weiterhin den Kindheitsgeschichten der Badefrau zuzuhören – oder sich über sie hinwegzusetzen und doch schwimmen zu gehen: Dass diese Entscheidung dem Mädchen zum Verhängnis hätte gereichen können, beweist, dass diese Regeln nicht willkürlich entstanden sind und eine gerechtfertigte Funktion erfüllen. Dieser Konflikt findet zwar draußen statt, ist aber ebenso als eine Konfrontation des Individuums mit seinen inneren Tendenzen zu verstehen. Dass diese Anpassung an bestehende Werte nicht unkontrolliert geschieht, belegt der Text zweimal: Zum einen durch den metaphorischen Hinweis auf die zwei Deiche, denn sie sorgen durch die Kanalisierung der Naturkräfte dafür, dass sich die vom Nordwestwind getriebenen Fluten in vorgeschriebenen Bahnen, domestiziert also, auf die Stadt zu bewegen: „Wind und Flut trieben ungestüm die schäumenden Wellen in den breiten Meeresarm, der zwischen zwei Deichen von draußen an die Stadt hinanführte“ (S. 312). Zum andern durch die Verwendung des Verbs hinanführen. Die Partikel „hinan“ suggeriert, dass das Wasser nicht in die Stadt dringt und sich dadurch die Gefährdung in Grenzen halten kann. Bei der Heftigkeit der Naturkräfte ist es selbstverständlich, dass sich selbst die Einheimischen scheuen, sich am Strand aufzuhalten, wo ihre Existenz unsicher ist. Die sonst zahlreichen Badegäste suchen Schutz in ihren Häusern: „Denn der sonst so belebte Badeplatz war heute gänzlich leer“ (S. 312). Der Kontrast zwischen Sonnenschein und Sturm birgt etwas Unheimliches in sich: „’s kommt Niemand in dem Mordwetter“ (S. 312). Die wenigsten sind also bereit, es mit diesem Sturm aufzunehmen. Ausgesprochen wird diese Feststellung von der Badefrau, die nicht nur über das körperliche Wohl der Badenden wacht. Sie steht zwischen beiden Welten und achtet genau darauf, dass die Sicherheitsmaßnahmen und die Sittlichkeitsregeln eingehalten werden, denn das Baden fand damals nicht nur getrennt nach Geschlechtern statt, sondern anstän39

dig gekleidet musste man auch sein7. Diese einfache Frau steht zwischen der Stadt- und der Meereswelt, hat den Verhaltenskodex der bürgerlichen Gesellschaft verinnerlicht und sie sorgt als Grenzwächterin streng für dessen Einhaltung. Ihre „knochige Gestalt“ (S. 312) lässt die Vermutung zu, dass sie als Kontrollinstanz engstirnig und hartnäckig agiert und bei Bedarf rücksichtslos eingreift, weil eine normgetreue Beachtung dieser Meidungsgebote von ihr erwartet wird. Auch ihr macht der Wind mit seiner ungewöhnlichen Kraft zu schaffen, dezent hält sie ihr Kleid „mit beiden Händen“ (S. 312) fest. Zwei Welten stehen sich also gegenüber: Die Stadt als Ort des Schutzes und das Meer als Ort der Naturkräfte. Mit ihren Deichen ist die Stadt als Kulturort gegen eventuelle Angriffe der aufwühlenden Wassermassen geschützt. Gleichermaßen geschützt vor unbeherrschten Impulsen ist dort das kulturelle Leben durch konventionell gesicherte Anstandsregeln. Entsprechend der Akzeptanz oder der Ablehnung der Regeln und Normen gestalten sich die Bewegungen zur Stadt hin oder von der Stadt weg. Strukturgemäß wird nach der Darlegung des Beständigen, das die Badehexe bewacht, die Vertreterin des Bindungsfreien in den Erzählvorgang eingeführt: „Es könnt’ nur Eine kommen bei dem Unwetter, (…) und die, die kann schon immer nicht ’nmal das erste Wasser abwarten‘“ (S. 313). Vorbereitet wurde das Eindringen des Fremdartigen in das Gewohnte durch den Hinweis auf die „schäumenden Wellen“. Das unpersönliche „Es war“ des ersten Satzes hebt die Ursache des Schäumens als Naturphänomen ins Mythische. Der in dieser Heftigkeit ungewohnte Sturm erinnert an die Begleiterscheinung der auftauchenden Venus aus dem schäumenden Wasser. Zwei sich ergänzende Lesarten werden dadurch nahe gelegt: die realistische und die literarisch-mythologische, die eine ästhetische Interpretation eröffnet, denn sie verschränkt Psychisches und Kreatives. Von dem jungen Mädchen erfahren wir als erstes, dass es sich nichts von der Badefrau sagen lässt. Auch wenn es „von der Stadt“ kommt, müsste es in dem Alter schon wissen, dass man bei diesem Wetter das Baden vermeiden sollte, es will aber mit „Wickelkindern“ und „alten Tanten“ nicht verglichen werden. Das Mädchen lehnt es ab, das Selbstverständliche zu beachten, und es setzt sich autonom über alle Verhaltensempfehlungen hinweg, die die Badefrau äußert. Die sanfte Zurechtweisung klingt programmatisch: „,Aber, ’s geht ja doch nicht, Frölen!‘“ (S. 314). Im Gespräch mit Kathi, der in ihrem Arbeitsverständnis makellosen Badefrau – Kathi, etymologisch die Reine, könnte wegen des sittenstrengen Römers Marcus P. Cato ihren Namen erhalten haben, auf den auf S. 330 angespielt wird –, kommt der Konflikt gleich zum Ausbruch. Auf den Hinweis, dass selbst die winderfahrenen Silbermöwen heute ans Land fliegen, antwortet die „Mädchenknospe“ selbstbewusst – dem Wesen ihrer Mutter gleich: „,Aber ich, Kathi; so etwas lasse ich mir nicht gefallen!‘“ (S. 315). Mit seinen jungen Jahren kündigt das Mädchen eine Zeit an, in der das Individuum überlieferte Verhaltens- und Moralvorschriften gern in Frage stellt, so wie sie exemplarisch von einer solchen alten „knochigen“ (S. 313) Badefrau stammen. Die aufkommende Generation leitet neue Maßstäbe ein: „Den Knoten des sonnenblonden Haares hatte der Wind gelöst“ (S. 313). Wie bei der nackten Göttin in Botticellis Gemälde „Die Geburt der Venus“ aus dem Jahre 1482 flattern ihre blonden Haarsträhnen ungestört im Wind. Auf der symbolischen Ebene ist dies bedeutsam: Der Knoten, der für die Bändigung der triebhaften Kräfte steht, platzt unter dem Druck der Naturelemente. Vergleicht man ihre Erscheinung mit der der Badefrau im Hinblick auf die vorgeschriebene Kleiderordnung, dann fällt auf, dass das Mädchen im Gegensatz zur älteren Dame der Gewalt des Windes 40

keinen Widerstand leistet, sondern ihren Hut abgesetzt hat. Das Mädchen gibt damit dem Sturm ihren freien und „jungen Nacken“ (S. 313) ungeschützt hin. Statt zur Stadt hin als geschlossenem Mikrokosmos zu schauen, richtet sich ihr Blick „in die Ferne“ (S. 313). Das Mädchen und die Badefrau lassen sich in der Strandhütte nieder und führen ungestört Gespräche, die eine in sittlichen Fragen obsolet gewordene und erstarrte Gesellschaftsform thematisieren. An dem Ort will das Mädchen sich ungeniert verhalten und ungeachtet der sozialen Konventionen der vorhandenen Einrichtung bedienen. Da muss die Badefrau eingreifen und durch Verbote dem Mädchen klarmachen, dass man sich nach der herrschenden Moral zu richten hat. Die Lebensbereiche sind klar getrennt, der Besitz des Adels wird über Berührungsverbote geschützt, die Trinkgefäße der Honoratioren auf dem Regal stehen für die Badefrau und das Mädchen nicht zur freien Verfügung. Die hierarchische Kluft zwischen Kriegsrätin, Kammerrätin, Baronin und Badefrau andererseits muss eingehalten werden. Für die Ärmeren ist es kein Ort für eine Tasse Kaffee, das respektiert die Badefrau, die ihre „Zichorie“ (S. 315) für gewöhnlich nur zu Hause trinkt. Das Mädchen bricht aber dieses ungeschriebene Gesetz und holt aus ihrer Tasche zwei Papiertüten heraus. „Mokka“ sagt sie stolz und lädt ihre Freundin ein. Der Sturm kann unbemerkt draußen toben, es breitet sich eine sorglose biedermeierliche Stimmung in der Hütte aus: „Durch das der Stadt zu gelegene kleine Fenster schien die Mittagssonne und erwärmte und erleuchtete den ganzen Raum“ (S. 314). Diese erste Tabubrechung ist positiv konnotiert. Der Badefrau fehle es an Zivilcourage, behauptet das Mädchen, als sie sich wundert, dass die Mutter es bei dem Wetter zum Baden hat gehen lassen: „,Mama ist nicht so ein Hasenfuß, wie du! Sollt’st dich schämen, Kathi, so ein langer Kerl, wie du bist!‘“ (S. 315). Zur Veränderung der Gesellschaftsordnung gehören Mut und Rückgrat. Von der sittenkonformen und auf das richtige Verhalten stets bedachten Badefrau setzt sich die Mutter ab, über deren Andersartigkeit ist sich das Mädchen im Klaren: „,Aber, Kathi, ging sie denn niemals ordentlich, so wie ich und andere Menschen?‘“ (S. 316). Die individualistische Haltung gehört zum Familienethos. Von ihr hat sie das Durchsetzungsvermögen bekommen, das nötig ist, wenn man nicht Opfer einer sich verkrustenden Gesellschaft werden will. Beide Mutterfiguren stehen also für zwei entgegengesetzte Gesellschaftsbilder. Entsprechend verhält es sich in Bezug auf die Mitteilungsformen der Badefrau. Erzählend versucht Kathi das Mädchen davon abzulenken, sich bei dem Wetter ins Wasser zu begeben. Sie erzählt redundant von der Vergangenheit, von der Zeit, als sie bei ihrer Mutter als Ersatzmutter tätig war. Dieses erzählerische Aufwecken der Vergangenheit tut dem Mädchen im Herzen gut, sie hört Kathi aufmerksam zu und vergisst den Sturm, während sie ihre nackten Füße „behaglich von dem warmen Sonnenschein beleuchten“ (S. 315) lässt. Storm belächelt die Erzählweise der Badefrau und betont ihre wirklichkeitsverschleiernde Auswirkung, indem er sie wie ein Kind sprechen lässt. Die Verniedlichung drückt sich dadurch aus, dass an die Nomen zwölfmal die märchenhafte Verkleinerungsform „-chen“ angehängt wird. Ein sprechendes Beispiel soll diese unkünstlerische Erzählart illustrieren: Auf der sieben Fuß hohen Gartenmauer saß das Dingelchen mit ihrem Lehnstühlchen, mit ihrem Kindertischchen und ihrem ganzen Puppenteeservice darauf (S. 316).

Hier soll Vergangenes und Verbotenes erzählerisch zu Gegenwart und zu Harmlosem werden, das Kind überhört an dieser Mikrosituation die Klage der Badefrau und beachtet nur das versteckte Lob an den Freiheitssinn der Mutter. 41

In dieser Geschichte um Elsabe8 (S. 316) und ihre Schwester, die Mutter des Mädchens, spiegelt sich exemplarisch die Dynamik des Rebellischen wider, das verändernde Kräfte freisetzt. Was Kathi befürchtet, finden die Familienmitglieder hingegen in Ordnung. Mit ihrem waghalsigen Klettern am Fliederbaum „in dem großen Garten, wo nicht alle Tage Einer hinkam“ (S. 316), schafft sie es, in eine höher gelegene Welt zu steigen und damit der Enge ihrer bürgerlichen Erziehung für eine Zeit zu entkommen. Auch wenn dieses Unternehmen schlecht endet – sie fällt in das kultivierte Beet – wird der Versuch nicht getadelt: Ihr Vater „winkt(e) nur stumm mit seinen Händen (…), sagt(e) gar nichts“ (S. 317), denn es lohnt sich wohl immer, Impulsen zu folgen, neue Ideen zu konzipieren und auszuleben, gerade dann wenn sie von einer konservativen Perspektive her als deplatziert gelten sollten. Für die Badefrau ist diese Freiheit unheimlich und sie kommentiert: „Ich vergess’ es nimmer – (…) – die Angst, die ich oftmals ausgestanden“ (S. 315), während das Mädchen die Geschichte des fallenden Engels mit glänzenden Augen zur Kenntnis nimmt und über seine Mutter sagt: „,Ich glaub’, sie könnt’ noch heute von der Mauer springen‘“ (S. 317). Für die Badefrau ist diese Bemerkung ein frommer Wunsch und es soll so bleiben, denn sie verabscheut solche Ideen aus Kindermund: „,Aber freilich, dazumalen gab’s Tag für Tag was Neues mit dem hübschen Kindchen‘“ (S. 317). Diese Erzählung der Badefrau antizipiert den späteren Versuch des Bildhauers, sich künstlerisch auch „was Neues“ (S. 336) zuzutrauen, auch wenn es von der eigenen Mutter unerwünscht ist. Dieser zeitlich zusammenhängende Abschnitt, der von persönlichen Erfahrungen berichtet, bereitet die zweite Novellenhälfte vor, in der die Struktur Verbot vs. Freiheit, die das Verhalten in der Strandhütte bestimmt hatte, auf die künstlerische Produktion übertragen wird und die den Stellenwert der persönlichen Erfahrungen bei der künstlerischen Kreation berücksichtigt. Der erste Erzählstrang konzentriert sich auf das kindgemäße, spontane Verhalten des Mädchens, während der zweite um die Entscheidungen des Künstlers kreist, dessen Schwerpunkt auf sein Ich verlagert wird. In beiden Einheiten ist Psyche die treibende und maßgebliche schöpferische Kraft, die geheime Kraft allen Lebens, (…) die individualisierende Kraft, die das Stoffliche beseelt, dem Namenlosen einen Namen gibt, indem sie aus dem Kollektiven das Individuum heraus­hebt9.

Plötzlich melden sich die Elemente in diese „entspannte“ Atmosphäre durch einen Windstoß zu Wort, der die Tür aufreißt, so dass die Badefrau ihre Erzählung unterbricht. Es ist so, als würden sich die Elemente auf die Seite des Kindes schlagen und durch diese Personifizierung der Naturkräfte wird es an seine ursprüngliche Absicht zurückerinnert und ins Wasser gelockt. Wie ihre Mutter, die vor dem Klettern auf die hohe Mauer nicht zurückschrak, lässt sich das Mädchen von der Intensität des Sturms nicht abhalten und setzt ihre Absicht zu baden durch. Deshalb wirft es der Badefrau so heftig vor, die Kunst des Erzählens missbraucht zu haben, um sie vom verbotenen Baden abzulenken: „,O, du betrügerische Kathi!‘ rief sie und hob drohend ihre kleine Faust; ,Nun merk ich’s erst, du wolltest mich hier fest erzählen“ (S. 318).

Beinahe wäre das junge Mädchen wegen der lähmenden Wirkung des bloßen Nacherzählens „festerzählt“ worden. Aber es steht empört auf, löst sich elegant von den Erzählungen aus der Stadtwelt und flieht Richtung Wasser. „Noch einen anmutigen Knicks vor der Alten, und schon war sie draußen und machte mit den 42

kleinen Händen eine Schwimmbewegung in der Luft“ (S. 318). Noch einmal wird es, aber erfolglos, von der Badefrau zurückgerufen: „Es kam keine Antwort, der Wind hatte vielleicht ihren Ruf verweht“ (S. 319). Der alles verschlingende Wind ist stärker als die Rufe der im Alltag erprobten Vernunft. Das Mädchen hört lieber auf seine Lust, die das Tun in Freiheit einleitet, wie der Vers, den es vor sich her singt, nahe legt und in dem das Wasserelement vorherrscht. Paarweise und verbunden durch eine Alliteration führt sie an, womit sie sich identifiziert: Der Fisch und der Vogel, Der Wind und die Wellen Sind alle meine Spielgesellen! (S. 318)

Die Badefrau hat es nicht geschafft, die junge Freundin von ihrem Badevorhaben abzubringen. Auf dem Heimweg erlebt sie den Sturm mit unveränderter Intensität weiter. „Ein paar Mal musste sie stehen bleiben, um das flatternde Tuch sich fester unter das Kinn zu knüpfen“ (S. 327). Nach dieser Erfahrung des Tabubruchs, der ihr zum Verhängnis hätte gereichen können, möchte sie nicht mehr ihren Nacken frei der Macht des Windes aussetzen, der ihren Knoten gelöst hatte, sondern sie sorgt für Korrektheit. Wie Adam und Eva nach dem Sündenfall schämt sie sich nunmehr ihrer Grenzüberschreitung und sie bindet das Tuch mehrfach fester. Parallel zur mythischen Dimension von Psyches Rettung werden beide Retter ebenfalls so vorgestellt, als würden sie aus der griechischen Antike entstammen. Sie identifizieren sich mit Triton, einem Meeresgott, der von den Hüften an fischleibig und häufig vervielfacht dargestellt wird. Diesem Gott gleich freuen sie sich genauso aufs unbekleidete Baden: „Wie Tritonen wollen wir durch den grünen Krystall hindurchschießen“ (S. 321). Die Identifikation mit dem nackten Gott verklärt den Blick des Künstlers, schon bevor das Mädchen in sein Gesichtsfeld kommt und von der Rettung die Rede ist. Bei der Vorstellung, sich im nassen Element fortzubewegen, ohne an der Materie anzustoßen, gerät dieser Mann, der nach seinen Gesprächen mit seinem Freund zu urteilen auch im künstlerischen Bereich nach Authentizität strebt, in Euphorie. Sein Blick verrät diese Vorfreude: „Wie drüben die Augen des schönen Mädchens in ihrer kindlichen Liebe, so glänzten jetzt die Augen des jungen Künstlers in Begeisterung“ (S. 320). Insbesondere Franz, die Künstlernatur, kommt wegen seiner kräftigen Gestalt ins Rampenlicht. Er ist der bessere Schwimmer und soll das Kind aus den Fluten holen. Ihm steht aber nicht nur die Sonderrolle der Rettung zu, er hat als Künstler das Privileg, die Nacktheit und damit die Idee der Schönheit anzuschauen. Als unmittelbar Beteiligtem fällt ihm die Beobachtung der Rettungsszene schwer, sie kann nur von einem Künstler, der die Szene mit Abstand beobachtet, eine angemessene Form bekommen: „Man hätte wünschen mögen, […], dass außer ihnen noch ein anderes Künstlerauge hätte zugegen sein können, um sich zu künftigen Werken an der Schönheit dieser jugendlichen Gestalten zu ersättigen“ (S. 321).

*** *** *** Mit der zeitlichen Distanz eines halben Jahres wird eine neue Erzählphase eingeleitet, die in der Hauptstadt an der Spree spielt. Diesmal steht die Kunstproduktion und -bewertung im Mittelpunkt. Weiterhin besteht im Hafen der Nordseeküste über die Begegnung zwischen dem geretteten Mädchen und Franz ein Geheimnis bewahrendes Schweigen. Seine künstlerische Arbeit geht weiterhin von 43

kulturgeleiteten Inspirationen aus, so dass er sich mit seinen geschaffenen Werken, ob nordischer oder griechischer Herkunft, nicht identifizieren kann. „Achtlos“ geht er in seiner Werkstatt „an ihnen vorüber“ (S. 329). Über ein Jahr später werden seine Werke in der Kunstakademie ausgestellt. Primär die Kunstausrichtung wird in den Räumen diskutiert, und nicht deren Qualität, die an der Fähigkeit des Künstlers, sich in sein Werk einzubeziehen, gemessen werden sollte. Vielmehr werden hier lediglich formale Normverstöße als Einwände gegen den ästhetischen Wert eines Werkes geahndet. Die Besucher der Ausstellung stellen deshalb äußerliche Mängel in der einen Marmorgruppe fest und nehmen vorschnell eine ablehnende Haltung ein, so dass der Künstler dieses Werk vom Programm streicht, weil sie Kunst zum Objekt degradieren: „Man fand das ganze zu wenig stilvoll, das Herabhängen des einen Armes der Psyche insbesondere zu naturalistisch“ (S. 335). Gesellschaftlich anerkannte Erwartungen an die Kunst äußern sich in der statischen Betrachtung des Äußeren, an dem man sich erfreuen kann. Die Kommentare erfolgen dabei rituell: „Wie es zu geschehen pflegt, nachdem die Bewunderung sich satt gesprochen, kam auch der Tadel dann zu Worte“ (S. 334-335). Lediglich der oberflächliche Eindruck wird beurteilt. Der Künstler, der weiß, dass es „des Unsinns noch einen ganzen Haufen mehr“ (S. 335) gibt, zieht sich in eine Ecke zurück „gleich einem Mann, der seine Arbeit für getan hält“ (S. 335). Er fühlt sich missverstanden, Kunst schränkt sich nicht im Beherrschen einer Arbeitstechnik ein. Der befreundete Maler bestätigt die Diskrepanz in ihrer Kunstauffassung, denn was er dem Bildhauer zur Verbesserung vorschlägt, zielt auch nur auf Effekthascherei: „Die Wirkung durch den Gegensatz wäre ja doch unendlich packender und das Gefühl des dezenten lieben Publikums zugleich so schön gesichert gewesen“ (S. 335). Es kann aber dem Bildhauer nicht darum gehen, eine seelenlose, publikumsorientierte Kunst zu produzieren. Selbst die jugendliche Figur in der Marmorgruppe wird als unbequem, sogar als „gefährlich“ (S. 335) hingestellt. Abstrus und für seine Kunstauffassung wesensfremd klingt dieser Rat des Malers, der ihm in seiner Ignoranz der Bildhauerei einen formal-ästhetischen Rat erteilt. Besser hätte es gewirkt, wenn du statt dieser gefährlichen Jugend einen alten Stromian genommen hättest, mit ellenlangem Schilfbart, in dem ein Dutzend Krebse und Garnelen auf- und abgeklettert wären! (S. 335 f.)

Bei dem herabwürdigenden und vorwurfsvollen Ton seines Freundes, der ihn einen­„kurzsichtigen und einfältigen Patron“ (S. 336) schimpft, hört sich der Bildhauer alles „leise in sich zusammengezuckt“ an (S. 336). Vor soviel Unverständnis über den Sinn seines Werks fällt seine anfängliche Freude gänzlich in sich zusammen und er stürzt in eine Phase der Verzweiflung, in der er ebenso düster aussieht wie seine Walküre (S. 320 und S. 331). Die Empörung erweist sich als eine Vorstufe der Resignation. Diese Szene ist in ihrer Struktur bereits in dem ersten Erzählstrang der Novelle zu beobachten, als die junge Psyche sich von der alten Dame „fest erzählt“ fühlt. Sie reagiert ebenso empört wie der Bildhauer hier. Die Gefahr der Entfremdung, wenn die Besucher die Bestimmung der künstlerischen Arbeit festlegen, wird mit dieser Szene ausgebaut und vertieft, wenn der junge Maler dem Bildhauer den Rat gibt (s. S. 335), er brauche sich lediglich an dem Geschmack des Besuchers zu orientieren, um wohl verdiente Anerkennung zu ernten. Die Kunst muss sich aber vom bereits Anerkannten lösen, will sie sich vom „Erdenstaub“ (S. 330) abheben. Authentizität in der Kunst birgt für den Künstler eine sakrale Dimen44

sion in sich. Während des Gesprächs am Deich mit Ernst über seine Kunstvorstellung sagte Franz: „,Sei fromm und ehre die Götter!‘“ (S.320) Auf das Göttliche im Herzen zu hören kommt es an, das Publikum ehren hieße, sich von den Göttern abwenden. Nach dieser ernüchternden Erfahrung in der Ausstellung gilt seine Sehnsucht von nun an nicht mehr dem wilden, schäumenden und dynamisierenden Wasser der Nordsee, aus dem Venus entspringt, sondern dem Schutz bietenden Spreewald „mit seinem Netz von hundert stillen Wasserarmen“ (S. 339), die ganz im Kontrast zum „breiten Wasserarm“ (S.312) zu Beginn der Novelle stehen. In einem elegisch gehaltenen Ton erwähnt er Kanufahrten unter „überhängenden Erlen“ und durch „die breiten schwimmenden Blätter der Wasserlilie“ (S. 339). Diese Szene, in der die Wasserlilie wie in „Immensee“ Unerreichbarkeit symbolisiert, legt den Schluss nahe, dass der Künstler hier die lockende Blume, die für bedrohliche weibliche Sexualität steht, nur noch aus dem Sicherheit bietenden Boot und im Schutz der Erlen genießen will. Durch die Ferne kann er sich der Macht der Venus entziehen. Das „stille“ Gewässer bietet kein Gefahrenpotential wie das Meer, das Menschen bei Sturm verschlingen kann. Diese Szene im Spreewald wird durch eine Reihe von kurzen, parataktisch aneinander gereihten Sätzen eingeleitet. Das Stakkato betont sein verzweifeltes Bedürfnis nach einem Ort, an dem er nichts beweisen muss, an dem er so tun kann, als ob er die Welt im Alleingang neu und ungestört erfinden könnte. Mit der erfüllten Sehnsucht nach innerer Stille und windverschontem Wasser dokumentiert er, wie sehr diese stetige Auseinandersetzung mit der jungen Psyche an seiner Seele nagt. Fern aller weiblichen Begegnung kommt ihm die Fahrt auf der Spree wie der Inbegriff des Paradieses vor. Die leichte Brise bringt seelisches Gleichgewicht mit sich: „Wie erquickende Kühle wehte es ihn an“ (S. 339). Die Kanufahrt auf der Spree findet zu einer wetterberuhigten Stunde statt und sie gestaltet sich betont wohltuend. Die Gründe dafür werden im Novellentext nicht weiter ausgebaut. Der Erzähler, der wohl ahnt, wie eng Psychisches und Kunstproduktion aneinander liegen, tastet sich hier behutsam an ein Erklärungsmuster heran, das er nicht weiter vertieft. Er vermeidet – eher bewusst als unbewusst – über die von psychischen Faktoren bedingte Kunstproduktion frei und offen zu reflektieren. Über die „Spuren eines neuen Werkes“ (S. 335) kann der Bildhauer in einer Identifikation fördernden Kunst Bahnbrechendes erreichen, weil zur Schönheit innere Wahrheit des Werkes gehört. Das akzeptierte Auftauchen der Venus in seinem Leben, denn das meint die künstlerische Verarbeitung der Rettung der schönen Mädchenknospe aus dem Meer, betrachtet der Künstler als seinen besonderen Auftrag. Diese Rettung des Künstlers durch Psyche war schon früh in der Novelle angekündigt. Noch bevor Franz das Mädchen erspäht, taucht ihm „das Bild der Leukothea empor, der rettenden Freundin des Odysseus“ (S. 320). Es scheint so, als wäre sie in der Flut geboren, damit er sie bergen kann, damit sie als seine „Freundin“ ihm Herkules gleich ermöglicht, sein Kunstverständnis Wirklichkeit werden zu lassen. Ohne diese Rettungsaktion wäre der Künstler nicht zu seiner Berufung geboren worden. Sie sind in ihrer Funktion beide mythisch aneinander gebunden. Dass sich eine Verwirklichung seiner Kunstauffassung anbahnt, ahnt seine Mutter, die sich vor dieser Intimes entschleiernden Kunst fürchtet und ihrem Sohn deshalb empfiehlt, vorläufig kein neues Werk anzufangen. Es hört sich an wie eine Bitte um endgültige künstlerische Abstinenz: „Und dass du nach deiner Art mir jetzt nicht gleich was Neues anfängst!“ (S. 336). Der auch hier negativ 45

belegte Ausdruck „was Neues“ antwortet echohaft auf den Vorwurf der Badefrau im ersten Teil der Novelle (S. 317). In beiden Äußerungen hat das Neue einen überaus negativen Beiklang, dies gilt sowohl für die Badefrau, als sie Tagesmutter beim Bürgermeister war, als auch für die Mutter des Künstlers, wenn sie sich über sein Kunstverständnis äußert. Bedenkt man die Tendenz dieser recht denkenden Gesellschaft, sich lieber in Zwischentönen zu äußern, um die Wahrheit zu verbergen, dann meint sie mit etwas Neuem nicht nur ein weiteres Werk, sondern ein Werk nach neuer Konzeption. Mit ihrer Kontrolle über die schöpferische Kraft des Sohnes versucht sie innovationshemmend auf ihn einzuwirken. Unbemerkt vollzieht sich eine Wende in seinem Tätigkeitsverständnis, sobald er ein Kunstwerk als Ausdruck seiner ästhetischen Konzeption in Angriff nimmt und sich über die mütterlichen, erstickenden Ratschläge hinwegsetzt. Die erste Überarbeitung seiner Kunstwerke gilt Brunhilde, der bislang unvollendeten düsteren Walküre, die ihren Arm „dräuend“ (s. S. 329 und 335) in die Luft hält. Zur möglichen Klärung dieser Bedrohung liefert der Text einen Anhaltspunkt. In der Hütte am Strand reagiert das Mädchen sehr heftig, als es merkt, dass die Badefrau es nur „fest erzählen“ (S. 318) will, und es erhebt drohend ihre kleine Faust. Das Mädchen und die Brunhilde rebellieren beide mit ihrer erhobenen Faust gegen eine Kunst, die lediglich auf äußere Wirkung aus ist und keine Wahrhaftigkeit einfordert. Endlich zwingt sich ihm das Formen des Tonklumpens von innen als Auseinandersetzung von Materie und Seele auf. Sein erstes Kunstwerk, das ohne Rücksicht auf die durch die Tradition kulturell festgelegten Vorgaben – „unwillkürlich“ (S. 332) – entsteht, spiegelt das harmonische Gleichgewicht zwischen Subjekt und Objekt wider: „Und seine Hände hatten nicht gerastet; schon war aus dem ungestalten Tonklumpen ein zarter Mädchenkopf erkennbar, schon sah man die geschlossenen Augen und die Wölbung des kleinen, leicht geöffneten Mundes“ (S. 333).

Das Kunstwerk gibt sich endlich spiegelbildlich als Ausdruck seines Wesens wieder. Dabei unterstreicht der Erzähler das Einssein des Künstlers mit der Materie: „Ohr und Auge waren versunken in die eigene Schöpfung, die er aus dem Chaos an das Licht emportrug“ (S. 333). Die Kunst, die Unbewusstes (Chaos) zum Mittelpunkt der Kreation (Licht) setzt, ist geboren. Bis jetzt war die Schöpfung der Brunhilde-Statue bruchstückhaft geblieben. Sie war im Korsett der künstlerischen Tradition eingefangen und eine gewöhnliche „ungestalte Masse des Tons“ (S. 329) geblieben. Des Künstlers Fähigkeit, Chaos in authentisch Kulturfähiges zu verwandeln, verdankt er der erretteten Psyche, die er immer wieder aus dem Wasser neu rettet, wenn er künstlerisch tätig ist: „Dein zartes Leben sollte untergehen in den kalten Wassern!“ (S. 332). Die ironische Brechung dieser Äußerung unterstreicht, wie er sich mit seiner Aufgabe, den Venusbereich in seiner Seele am Leben zu erhalten, identifiziert. Selbst dem Künstler muss das Kunstwerk sein Geheimnis nicht ganz preisgeben. Bevor der Bildhauer der Novelle die Ausstellung verlässt, geht er ein letztes Mal durch die Säle und bleibt zufällig vor einem fremd wirkenden Parallelwerk einer Venus stehen, die „aus einer eben geöffneten Muschel zum ersten Mal in die Welt des Sonnenlichts hinauszublicken“ (S. 340) scheint. Bei der einsamen Betrachtung dieser Venus, die aus der Hand eines bloß handwerklich begabten Künstlers stammt, steht er „wie abwesend“ da. Die üppige Gestalt, die „von sinnentrunkener Künstlerhand geschaffen war“ (S. 340), lockt aber lediglich das Auge. Allein die Hand war hier am Werk, nicht aber das Herz und die Psyche des Künstlers wie bei seiner eigenen Venusstatue, die zwar aus der persönlichen Er46

fahrung entspringt, dennoch seine innere Identität verschweigt. In der anonym gewordenen Identifikationsfigur vermag der Künstler Franz „das Atmen des schönen Steins“ (S. 340) zu vernehmen. Sein Werk, auch wenn er sich damit identifiziert, hat selbst für ihn nicht an Mitteilungskraft eingebüßt. Er wollte bei dieser Beobachtung seines Werkes noch einmal prüfen, „wie viel von seinem Geheimnis es ihm unbewusst verraten haben könne, vielleicht auch – um in dem Marmorbild noch einen Abschied von der Lebenden zu nehmen“ (S. 340). Die Struktur wild vs. ruhig manifestiert sich auf einer weiteren Ebene. Das Mädchen, das es zu retten galt, wird zuerst als betont wild und kaum zu domestizieren dargestellt. In diesem zweiten Abschnitt soll das lebendige Mädchen formvollendet als schweigende Marmorstatue ein für Franz ästhetisches, aber harmloses Dasein führen. Als Kulturprodukt erstarrt das Wesen der Frau, aus der für Franz ein bedrohliches Potential ausgeht, zum Kunstobjekt. Indem der Künstler ein konkretes Bild von Psyche herstellt, entkräftet er ein einst unbändiges junges Wesen, das nicht mehr an sein Ich heranzukommen vermag. Er hofft, sich dadurch frei von Menschen zu bewegen, die ihn nach ihrem Bilde formen könnten, und endlich „kein Sohn einer Mutter, kein Freund eines Freundes“ (S. 339) zu sein. Diese prometheische Wunschvorstellung bleibt aber dem (männlichen) Künstler vorbehalten. Die Novelle könnte hier enden, gäbe es nicht seine Mutter, die dieser Personalunion (Mädchen und Muse, Liebe und Kunst) ihren Segen geben muss. Der Künstler braucht diese bedingungslose Zustimmung, weil sie ihn wegen der Übertretungen der Anstandsregeln von Schuldgefühlen freispricht. Auch Schiller warnt in seinem Gedicht „Das verschleierte Bild zu Sais“ davor, aus Erkenntnisgründen Schuld auf sich zu laden: „Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld, Sie wird ihm nimmermehr erfreulich sein.“

Der Künstler Franz steht im Schatten der Mutter, die für die Wahrung der traditionellen Werte (einschließlich derjenigen, die den Familienverband zusammenhalten) steht. Er weiß, dass sie niemanden neben sich erdulden wird: „’Vergiß es nicht, dass du noch immer unter meinem Herzen liegst!’“(S. 337). Sie erreicht damit den Grund seiner Unruhe, wenn er an sein befreiendes Kunstverständnis denkt. Sein „Herzklopfen“ verrät ihm, wie fest sie ihn über die Mutterbindung im Griff hält, weiß er doch, dass „die großen Kinder, ja, auch die allerbesten, sich von dem Mutterherzen“ (S. 344) lösen müssen10. Als die Mutter das Mädchen in ihre Arme nimmt, versteht er, dass er von nun an von dem Bann der erstarrenden Tradition endlich erlöst ist. Solange dieser Bann wirkte, wusste er, dass Innovation ihm unmöglich war und er ihr zusichern musste: „’Sorge nicht Mutter! Ich kann nichts Neues machen.’“ (S. 337). Die Autonomie des Künstlers entsteht hier durch die äußere Machtübergabe der Mutter an Psyche, seine Muse. Ein seelisches Abhängigkeitsverhältnis zur Mutter hätte die Gefahr einer künstlerischen Tätigkeit als Kopie der bürgerlichen Seele nach sich gezogen – sowie die Badefrau durch ihre Arbeit für ein Festhalten an den Konventionen im ersten Erzählstrang sorgte. Bedenkt man, dass die Mutter intime Genehmigungsinstanz ist, dann muss ihr in der Novelle die Rolle zufallen, ihre Zustimmung zur Ehe zu geben, indem sie ihren Sohn loslässt. Der Künstler, der wie ein Adonis beschrieben wird und der sich durch diese Makellosigkeit als der Psyche ebenbürtig erweist, kann sich nun in aller Unschuld und ohne Schuldgefühle ausdrücken. Als mythischer Held ist er bei der Suche nach der Wahrheit jenseits der Schuldfrage und kann sich unbestraft am Baum der Erkenntnis bedienen. Die Schuldfrage taucht erst im sozialen Feld auf. 47

Ein neues Werk gibt es erst, wenn der Künstler sich ganz von der Zensur der Mutterfigur loslöst. Nun ist er in der Lage zuzugeben, dass es sich um die Psyche handelt, „die lebendige Psyche, (s)eine Psyche, durch die nun (er) und (s)eine Werke leben werden!’“ (S. 344). Die zu Beginn des Aufsatzes angeführte zweifache Bedeutung des Wortes „Psyche“ wird in dieser zweideutigen Formulierung wieder aufgegriffen, um zu verdeutlichen, dass ohne Einbeziehung seiner unbewussten Kräfte keine authentischen Kunstwerke möglich sind. In seinem Brief an Storm vom 21. Oktober 1875 zu „Psyche“ übersieht Paul Heyse die innere Dimension der Kunst. Seine Verschlossenheit gegenüber „Psyche“ geht auf seine ausschließliche Beachtung der äußeren Nacktheit zurück. Seine Rückfrage verdeutlicht den Grund seiner Ablehnung des Werkes: „Baden denn Mädchen splitterfasernackt? Und wenn nicht, wie kann ein im Strandkostüm ohnmächtig den Wellen entrissenes junges Ding gerade eine Bildhauerseele so mächtig entzünden, die ja mit ganzer Nacktheit vertraut ist?“11 Heyses Vorwurf bezieht sich auf die Auseinandersetzung mit dem nackten Körper allein, weil er übersieht, dass Storm eine weitere Dimension unter der Oberfläche des Textes versteckt – und versteckt halten will. In seiner Antwort bittet ihn Storm zu dem Thema zu schweigen und die schriftliche Diskussion darüber abzubrechen. Wie in der Novelle soll eine klärende Erläuterung nicht offen, sondern später, unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und zwar mündlich erfolgen: „Schreiben Sie mir nun nicht zurück auf all das Geplauder; wir können das Hier im Sommer an unserm Deiche liegend besprechen.“12 Zur Hochzeit von Franz und Psyche, deren Datum offen steht, wohl um deplatzierten Kommentaren vorzubeugen, die die befürchtete Fama ins Leben ruft, wird u.a. die alte Badefrau eingeladen, die weiterhin als Behüterin der sittlichen Korrektheit fungiert. Das Mädchen spricht jetzt aber liebevoll von der „BadeKathi“, denn ihre Rolle wird in einem Kontext der unauffälligen Befreiung von der Norm nicht mehr als störend empfunden. Es ist untypisch für Storm, wenn diese Novelle gut endet, aber der Schein kann trügen. Ob die Mutter weiterhin zwischen ihrem Sohn Franz und Psyche steht, die er als seine Muse liebt, erfahren wir nicht. Von der Anbahnung einer großen Liebe wird kein Wort gesprochen. Intimes soll wie in dem errungenen Kunstverständnis unter dem Schleier des Schweigens unberührt bleiben. Auf der Textoberfläche des Erzählers wird statt einer zu erwartenden Hochzeitsanzeige nur „ein kurzer jubelnder Brief“ (S. 345) erwähnt. Dessen Inhalt preiszugeben würde im Widerspruch zur Struktur der Novelle stehen. *** *** *** Die bewusste Befreiung von erstarrenden Kräften, die man nicht ansprechen darf, geschieht in paradoxer Form. Sie lässt sich in der Formel zusammenfassen: sich schweigend äußern. Die private, ja die intime Sphäre des Künstlers soll im Werk ihren Platz finden, aber es darf nicht anstößig auf das Publikum wirken. Wie schafft es ein Dichter, intime Bereiche aus seiner Autobiografie in seinen Werken hoffähig zu machen? Zwei Faktoren gilt es zu berücksichtigen: Der eine betrifft die autobiografischen Elemente, der andere die literarische Verarbeitung. Gerade wenn der Künstler seine Seele bloßlegt, muss er sich und sein familiäres Umfeld, aber auch die Intimsphäre des Lesepublikums schützen; die literarische Qualität hängt von der sozialen Akzeptanz der verwendeten Motive ab. Die Initialzündung zu „Psyche“ ist bekannt. Storm teilt in einem Brief am 5. Mai 1875 an Rodenberg mit, wie er auf die Idee von „Psyche“ gekommen ist. 48

Dort behauptet er, er habe einen Zeitungsartikel gelesen, in dem ein Sekundaner ein Mädchen aus dem Wasser geholt und eine Rettungsmedaille erhalten habe13. Storm wäre schlecht beraten, würde er unmittelbar die Wahrheit darüber preisgeben, was ihn in Wirklichkeit bewegt hat, gerade diese Geschichte über die Rettung eines nackten Mädchens durch einen Mann, muskulös wie Herkules, zu erzählen. Wie bei Heyse verschweigt Storm in diesem Brief, dass er in seiner Novelle sich selbst und seine schriftstellerische Arbeit thematisiert. Es besteht allenfalls ein äußerlicher Zusammenhang zwischen diesem Vorfall und dem Inhalt der Novelle. Diese verharmlosende Nennung einer reellen Erfahrung als Anlass der Novelle gehört zur literarischen Tarnungsstrategie. Der Hinweis auf den Zeitungsartikel soll nur einen Augenblick das Bedürfnis des Lesers nach positivistischen Erklärungen stillen. Das Verschweigen gehört strukturgemäß zur Novelle. Redeverbote werden insbesondere eingehalten, wenn sie Tabus berühren. Die Zensur vollzieht sich als Selbstzensur. Als Ernst sich anschickt, zur Badefrau zu laufen, um mitzuteilen, dass sie sich auf die Rettung des nackten Mädchens einstellen solle, gibt ihm der Künstler folgenden Rat: „,Sag ihr, was zu sagen ist!‘“ (S. 322). Diese die Wahrheit verschleiernden Worte unterstreichen, wie fest das Schamgefühl zur Wahrung der geltenden Werte bei beiden Männern beiträgt. Sie baden zwar selbst nackt, aber gegenüber Dritten wird es nicht zum offenen Thema. So ist auch Storms Novelle inhaltlich konzipiert. Dieses Bedürfnis, Nacktheit nicht öffentlich zu erwähnen, wird auch in der Novelle offen formuliert, wenn die junge Psyche, von der wir dachten, dass sie die Grenzen selbst bestimmt, damit konfrontiert wird. Sie reagiert heftig, als sie nach der Rettung wieder zu Bewusstsein kommt. Sie weiß, dass sie diese Grenze überschritten hat, und verlangt von ihrer alten Freundin, die Rettungsumstände geheim zu halten, damit niemand erfährt, dass ein fremder Blick ihre Nacktheit entweiht hat, und sie weigert sich, über die Namensnennung an ihren Retterpersönlich gebunden zu sein: „,Um Gottes Willen, Kathi, schweig’! Ich will seinen Namen nicht wissen, nie!‘“ (S. 324). Es geht um eine die Existenz bedrohende Wahrheit: „,Kathi, – ich wollte, er wäre tot.‘“ (S. 324). Nur schweigend kann sie seine Zuneigung zulassen: „Und sie schloß wie im Traum die Augen; aber dennoch sah sie ein schönes blasses Jünglingsantlitz, das in Angst und Zärtlichkeit auf sie hernieder blickte“ (S. 325). Die unmögliche Kommunikation wirkt sich auf das Mädchen belastend aus: „,Kathi! Ich kann ihm nicht danken! Nie, niemals! O, wie unglücklich bin ich!‘“ (S. 325). Ein weiteres Beispiel für die Einhaltung der Lebensgeheimnisse durch das Schweigen liefern die beiden Freunde, der Jurist Ernst und Franz, der Bildhauer. Sie unterhalten sich über die Dauer ihrer zu kurzen Begegnung. Das Treffen an der Nordsee kann aber auch nicht fortgesetzt werden, weil der Künstler unwiderruflich seiner Mutter versprochen hat, bald zu ihr zurückzukehren. Den Grund erfährt Ernst nicht: „,Ich muss, Ernst!‘“ (S. 319), sagt er lakonisch. Die Verbin­ dung zwischen dem Künstler und dem Mädchen hätte wegen der Rettungsaktion ein jähes Ende gehabt, sie sind beide wegen ihrer Sozialisierung zum gegenseitigen Ignorieren verurteilt. Es obliegt zwar der Verantwortung der Kultur, im Namen einer bürgerlichen Ideologie unerwünschte Impulse zu kanalisieren, aber wenn sie doch zur Sprache kommen, dann darf ihre Erwähnung nicht dem Selbstverständnis des gebildeten Lesers im Wege stehen. Durch Rückgriffe auf anerkannte Kunstwerke geläutert, kann die preisgegebene Nacktheit wieder ihren akzeptierten Platz im sozialen Diskurs finden: Direkte oder indirekte Anspielungen auf die Mythologie oder auf 49

Kunstprodukte, Literatur und Malerei insbesondere, werden nicht zweckfrei verwendet. Kunst ist ein fremder Raum, in dem das Eigene verhandelt werden kann, insofern es durch die Form fremdgestellt ist. Vermittelt über sich selbst Auskunft zu geben, schützt vor Selbstentblößungen und bildet taktvolle Rede14.

Die einzelnen die Handlung widerspiegelnden Binnenerzählungen, deren Quellen zum bürgerlichen Bildungskanon dieser Zeit gehören, entkräften die Brisanz der persönlichen Thematik. In der Novelle „Eine Malerarbeit“15 erzählt die Hauptfigur das Märchen „Die Schöne und das Biest“ nach, das auf die Erzählung „Amor und Psyche“ aus Apulejus’ „Der goldene Esel“ zurückgeht. In diesem Identifikationsakt äußert sich die Diskrepanz zwischen zwei äußerlich nicht zusammenpassenden Figuren stillschweigend. Das antike Märchen findet nicht nur da Verwendung, auch in „Psyche“ greift Storm darauf zurück, um die heimliche Entdeckung des nackten Körpers kulturell zu rechtfertigen. Die künstlerische Arbeit des Bildhauers Franz entsteht trotz des von der Mutter ausgesprochenen Verbots. Diese Übertretung ist als überhöhte Wiederholung der biografischen Ereignisse im Garten des Bürgermeisters konzipiert, von denen die Badefrau im ersten Novellenteil erzählt. In beiden wird vorgeführt, wie sich Authentisches normwidrig durchsetzt. Die Erzählung und die Marmorstatue wirken oberflächlich harmlos, die erste, weil sie zur Biographie eines Kindes gehört, die zweite, weil sie als Mythos entschärft ist. Der Rückgriff auf erotische Motive aus mythischen Zeiten schützt Storm, dem man so nichts Anstößiges vorwerfen kann. Deshalb zieht der Dichter es vor, wenn er von der Rettung des Mädchens aus dem kalten Nordseewasser spricht, auf die aus dem Schaum geborene Venus anzuspielen, die durch ein seit Ende des 15. Jahrhunderts mit Botticellis Gemälde „Die Geburt der Venus“, das die Göttin auf einer Muschel darstellt (s. S. 340 oben), in die bürgerliche Bildung eingegangen ist. Das Gemälde verweist auf den göttlichen Ursprung der Schönheit. Auch die Anspielung auf „Fama“, die Personifikation des Gerüchts, die Ovid im 12. Buch seiner „Metamorphosen“ beschreibt, veranschaulicht den Kommunikationsdrang unter Menschen, wenn es um Tabuthemen geht, ohne verletzend zu wirken. Diese Binnenerzählungen gehören zum Allgemeinwissen des Bildungsbürgertums, das sich erkennen und, durch diese literarische Tarnkappe geschützt, über die Novelle sprechen kann, ohne sich persönlich in die Diskussion zu involvieren. Erst durch derlei Enkulturationsvorgänge wird das Werk vorzeigbar. Diese unbewussten Kräfte, die im Menschen latent sind, spricht Storm bildlich und metaphorisch an. Die Struktur Oberfläche vs. Tiefe wird in einer anderen Novelle aus dieser Zeit in Betracht gezogen. In „Eine Halligfahrt“ spricht der Erzähler von versteckten Ebenen des Menschen, indem er die unterhalb der Oberfläche sich befindende Stadt Rungholt erwähnt, die sich nur dem erschließt, der die entsprechende Sensibilität für die Tiefe mitbringt16. Ähnlich wird es in „Psyche“ formuliert, als Franz mit Ernst über seine Kunstvorstellung am Deich theoretisiert: „Freilich, aus dem Himmel, der über uns Lebenden ist, muss der zündende Blitz fallen; aber was er beleuchtet, das wird lebendig für den, der sehen kann, und läge es versteinert in dem tiefsten Grabe der Vergangenheit.‘“ (S. 320). Der Camouflagevorgang geht auf eine doppelte Erinnerungsstrategie zurück. Storm verflicht persönlich Erinnertes mit literarischen Vorlagen, die zum soziokulturellen Gedächtnis gehören. Damaliges und Gegenwärtiges heben sich in einer mythischen Zeit auf. Storm, dem es nicht darum geht, eine weitere Psyche50

Geschichte zu schreiben, kann so aus intimen Erfahrungen allgemeingültige Weltliteratur schaffen. Das funktioniert deshalb, weil Kunst durch die brechende Distanz enttabuisiert: „Die antikisierenden Elemente geben dem Dichter die am wenigsten anfechtbare Möglichkeit dieses Problem zur Sprache zu bringen, ohne daß er unsittlich wirkt“17. Dank seiner fundierten Kenntnisse aus der Antike wusste Storm seit seiner Husumer Schulzeit18, dass Griechenland mit der Nacktheit ungeniert umging, ja sie im Sportunterricht praktizierte. Die Akzeptanz der Nacktheit bei den Griechen kann er auch bei seinen Lesern als bekannt voraussetzen und zu Beginn der Novelle offen darauf anspielen, wenn die jungen Männer, die ebenso ein natürliches Verhältnis zur Nacktheit haben, sich ohne Kleidung zu baden anschicken. Es ist nachvollziehbar, dass der Künstler Franz seine nördliche Heimat in der Absicht verlässt, um fernab von protestantisch geprägten, norddeutsch-kühlen Einflüssen eine neue Kunstvorstellung durchzusetzen. Brunhilde, als Synonym für eine strenge Kultur, kann weder Trägerin einer neuen Moral noch einer neuen Kunstauffassung sein. Vorausschauend hatte Ernst am Anfang der Novelle auf dem Deich seinen Freund Franz auf diesen Paradigmenwechsel hingewiesen, er unterstreicht den Übergang von der Strenge der nordischen Kultur auf die Natürlichkeit der Antike in ihrem Umgang mit der Nacktheit. Der bewertende Kontrast in der Wortwahl ist eindeutig: „Die furchtbare Walküre des Nordens verschwindet mir noch immer vor dem heiteren Gedränge der antiken Welt“ (S. 320). Weil die geltenden Werte nicht offen im Kunstwerk angegriffen werden, kann sich die Seele über die Kunst frei äußern. Zu ihrer Beruhigung stellt die Mutter an diesem Marmorbild fest, dass ihr Sohn es schafft, die Schamgrenze der offenen Selbstdarstellung nicht zu über­ schreiten, wie sie es befürchtete. Nun kann sie bedenkenlos ihr einstiges Verbot, schöpferisch zu sein, aufheben. Dass Psyche-Venus (Storm differenziert nicht) sich als Maria entpuppt19, unterstreicht die Funktion der Camouflage: Die subversive Psyche – als Movens – kann sich jederzeit hinter der unbefleckten Mutter Gottes – als Bewahrerin der moralischen Tradition – ebenso erfolgreich tarnen, wie die Seele des Dichters sich hinter seinem von Anstößigem gereinigten Werk verstecken kann. Auch wenn sich diese neue Identität als Wunschtraum auffassen lassen kann, verdient diese Novelle nicht den Vorwurf, sie sei nichts als eine „edelkitschige Jungmädchengeschichte“20. *** *** *** Dem in der Novelle dargestellten Weltbild liegt eine diesseitsbetonte Moral zugrunde, die Storms humanistischem Weltbild entspricht – aber dem der religiös geprägten vorherrschenden Moral seiner Zeit zuwiderläuft. Die Reflexionsbasis liefern Motive aus „Paul et Virginie“ von Bernardin de Saint-Pierre21, erschienen 1788. Seit „Pole Poppenspäler“, „Immensee“, „Auf dem Staatshof“ und „Drüben am Markt“ ist das französische Werk seiner Leserschaft bekannt. Storm besaß das französische Werk, sowohl im Original als auch in zwei Übersetzungen, die eine, die Leinburg-Übersetzung, ist sorgfältiger und wortgetreuer als die Finks. Leinburg scheut sich nicht, das Wortfeld „Nacktheit“ zu verwenden, wenn die Vorlage es verlangt. Auf den Einfluss Saint-Pierres auf Storms Werk machte Hinrich Hudde bereits 1976 die Storm-Forschung aufmerksam22. In „Psyche“ bewertet Storm den Umgang mit Nacktheit anders als der französische Dichter und leistet dabei einen folgenreichen Paradigmenwechsel: Er verschiebt eine für alle geltende Moral des strengen Gesetzes auf eine selbst bestimmte, vom Individuum 51

verantwortete Lebensführung. „Psyche“ ist nicht nur als ein Werk im Schlepptau des französischen Werkes, sondern als sein Gegenstück zu verstehen. Was fand Storm an dieser erbaulichen Erzählung, deren Wert die Romanistik nicht besonders hoch einschätzt? Vier Themenkreise muss Storm mindestens mit seinen eigenen narrativen und persönlichen Schwerpunkten verknüpft haben: Das Meer, die Kinderliebe, die Aufdeckung der aristokratischen Vorrechte und viertens das Vorleben einer Moral, die das Erreichen des Jenseits als Ziel hat. In der Tat nehmen das Meer und die Stürme in der zweiten Hälfte der französischen Erzählung einen besonderen Platz ein, so dass Storm hier ein Modell für eigene Stimmungsbilder und deren verbale Wiedergabe gefunden haben mag. Die zweite Parallele ergibt sich aus der Biografie des jungen Liebespaares Paul und Virginie, das Ähnlichkeit mit der von einzelnen Protagonisten im Werk Storms hat: Sie stammen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und lernen sich als Kinder kennen– bei de Saint Pierre leiden auch schon ihre Eltern unter einer rigorosen gesellschaftlichen Abgrenzung – und ihre langjährige Liebe droht auch daran zu scheitern. Der Konflikt zwischen Adel und Bürgertum ist die dritte Parallelsäule. Die Biografie der Eltern verdeutlicht es: Madame de la Tour, die Mutter des Mädchens Virginie, ist zwar selbst adeliger Herkunft, aber sie büßt ihre Privilegien ein, als sie gegen den Widerstand ihrer Familie einen jungen Mann bürgerlicher Herkunft heiratet. Das Standesdenken lehnt die Liebe als Heiratsgrund strikt ab. Der junge Mann erwirbt rasch eine Plantage auf der Insel Mauritius und das junge Paar zieht hin, in der Hoffnung, dort ein einfaches und modellhaftes Leben nach ihrer Vorstellung zu führen. Als ihr Mann am Tropenfieber stirbt, bleibt die junge Frau mittellos und schwanger zurück. Bald darauf trifft sie Pauls Mutter, eine Bauerntochter, die durch aristokratische Skrupellosigkeit ins soziale Abseits gestoßen wurde. Ein Adliger hat sie verführt und im Stich gelassen, als er erfährt, dass sie schwanger geworden ist. Fernab von allen widrigen Einflüssen versuchen wiederum die Kinder der beiden Frauen auf der Insel eine unbelastete Liebesbeziehung zu entwickeln und ein moralisch exemplarisches Leben zu führen, das bestimmt ist durch Nächstenliebe und Frömmigkeit, durch Fleiß und Bescheidenheit, aber auch durch Keuschheit. Bis dahin dürfte Storm mit dem Inhalt dieser Erzählung einverstanden gewesen sein, die bürgerliche Wertvorstellungen preist, unversteckte Angriffe gegen die adlige Oberschicht enthält, die für sich Vorrechte beansprucht, und ein glück­ liches Leben nach dem kulturkritischen Rousseauschen Modell verspricht. Problematisch wird diese Vision, sobald sich die Umsetzung der bürgerlichen Moral – die vierte Parallele – als Utopie erweist. Als Virginies Schiff, das sie von einem Aufenthalt in Frankreich auf ihre Insel zurückbringt, vor Mauritius in einen Orkan gerät, springen alle Schiffspassagiere über Bord, um das rettende Ufer zu erreichen. Virginie hingegen steht vor der Entscheidung, sich entweder auszuziehen, um dem jungen Matrosen, der sich bereits seiner Kleider entledigt hat und als muskulös wie Herkules beschrieben wird, die Rettung zu erleichtern, oder aber zu sterben. Letzten Endes weigert sie sich vehement, sich ihm nackt auszuliefern und zieht es vor zu ertrinken, statt sich ihm in ihrer Nacktheit zu zeigen und ihre christlich-prüde Erziehung zu widerrufen. Konnte bis dahin ihre Biografie unter Beweis stellen, es sei möglich, in einer herrschaftsfreien Zone glücklich in die Zukunft zu schauen, hat ihre Moral, die von einer christlich geprägten Verachtung des Triebes geprägt ist, ihrem Leben ein allzu frühes Ende bereitet. Dem verzweifelten Paul fällt es schwer, sein einsames Leben zu akzeptieren, und er bittet den befreundeten alten Mann – den Erzähler dieser Ge­ 52

schichte und wohl das Sprachrohr des Autors – um eine tröstende Erklärung für diesen schicksalhaften Tod. Aus Virginies fiktiver Antwort aus dem Jenseits hört man eine Rechtfertigung, die ihre uneingeschränkte Abhängigkeit – vom himmlischen Herrn diesmal – und die in der bürgerlichen Gesellschaft verankerte Moral beweist: ‚O Paul! unser Leben ist nur eine Prüfung! – […]; Ich wollte lieber das Leben verlieren, als die Schamhaftigkeit beleidigen. Der Himmel fand, daß ich hinlänglich meiner Bestimmung Genüge geleistet habe.‘23

Virginie entzieht sich durch den freiwilligen Tod der eindeutig erotischen Anziehungskraft ihres Retters und so bleibt Virginie damit dem moralischen Programm der Keuschheit24, das in ihrem Vornamen anklingt, treu. Sie zieht dem Glück im diesseitigen Leben mit Paul die sexuelle Reinheit vor und stirbt, weil sie die Vorstellung, ihre gottbezogenen Erziehungsprinzipien zu verraten, mit ihrem Selbstverständnis für unvereinbar hält. Die französische Virginie ist weit davon entfernt den Individualismusgeist, die Wachsamkeit und das Durchsetzungsvermögen von Psyche aufzuweisen. Virginie kann nur im Ausleben der traditionellen Tugendvorstellung servil Selbst­ achtung entfalten. Auf Pauls Frage, was Tugend sei, antwortet der alte Mann in der französischen Novelle: „Die Tugend ist eine Anstrengung, die man sich selbst zum Besten eines Andern, und in der Absicht, Gott allein zu gefallen, auferlegt.“25

Diese Definition birgt eine soziale Konnotation in sich. In seiner Paul-und-Virginie-Studie weist Pirkinell (1975) auf die Kluft zwischen Adel und Bürgertum mit ihrer jeweiligen Moralvorstellung hin: Der herrschenden Aristokratie unterstellt man die drei Richtlinien – „vermeintliche Pflichtvergessenheit, Selbstsucht und Gottlosigkeit“ –, während das Bürgertum drei Grundwerte pflegt – „Pflichtbewusstsein, Altruismus und Gottgefälligkeit“.26 Als Nicht-Aristokratin kann Virginie nur auf Erfüllung im gerechten Lohn Gottes hoffen. Der französische Roman will die aristokratische Haltung anklagen und die bürgerliche durchsetzen27. Durch die Rettung Psyches aus dem Wasser unterstreicht Storm, wie er sich von dieser traditionellen Tugendauffassung entfernt, die in der deutschsprachigen Kultur von der philanthropischen Anstandsliteratur transportiert wurde. Storm, der dabei an Campe denkt, argumentiert in einem Akt der Umwertung der Werte gegen Saint-Pierres Moral und entlarvt Virginies Tod geradezu als Versagen und als Sünde, plädiert uneingeschränkt für eine Öffnung zum Leben. Wohl empört darüber, dass sich Virginies Selbstachtung im Praktizieren der Tugend bis in den Tod äußert, warnt Storm hier vor einer bedingungslosen Moral. Selbst tot am Strand wird Virginie als stolze Märtyrerin beschrieben: Noch im Tode züchtig und sittsam hält sie ihre Kleidung fest zusammen. Diese Geste der Vollendung bürgerlicher Frauentugend erinnert an die der Badefrau, die zu Beginn von „Psyche“ ängstlich aufs Meer schaut, dem Wind trotzt und ihrer jungen Freundin beim Baden besorgt zuschaut – ihren Rock dabei festhaltend. Am Strand heil angekommen, betont und bewundert der Matrose in einem inständigen Gebet Virginies nachahmenswerte moralische Größe: Mein Gott, Du hast mir das Leben geschenkt; Allein ich würde es gerne für das würdige Frauenzimmer dahingegeben haben, das sich schämte, sich mir nackt zu zeigen.28

Die Identitätskrise, die für Virginie aus einer spontanen Moral folgen würde, die ihr das Leben gerettet hätte, erlebt Psyche zwar auch nach ihrer Rettung aus der 53

Nordsee, aber sie überwindet sie erst in dem Moment, wo die künstlerische Produktion ihres Retters ihre Existenz sinnfällig macht. Durch diesen Reifungsprozess verabschiedet sich Psyche von ihrer Erziehung, von ihrer Vergangenheit und von ihrem Vornamen „Maria“, der die Unschuld in der Jungfräulichkeit ebenso betont wie der Vorname „Virginie“. Mit dem Ablegen des christlichen Taufvornamens befreit sie sich von ihrer Körper- und Sexualangst, um sich zu ihrem Retter zu bekennen, der eine individualistische Moral vertritt. Sie überwindet damit die christliche Moral, die sklavisches Festhalten an Ritualen kennt, und entscheidet sich für eine humanistische, die im Sinne der Selbstverantwortung definiert wird. Virginies Tod geschieht im Sinne einer Werkserrettung, die für das Seelenheil statt Gnade lediglich die Erfüllung äußerlicher Vorschriften in Betracht zieht. Auf den Märtyrertod Virginies29 gilt es für Storm aufmerksam zu machen – und in seiner Warnung verknüpft er auch politische Gründe. Wenn die Moral zur Abgrenzung von der Aristokratie instrumentalisiert wird, dann kann es nicht der richtige Weg sein, Autonomie zu erlangen. In beiden Werken liegt eine konträre Interpretation der biblisch geprägten Moral vor. Das Leben und nicht das Gesetz soll in den Vordergrund gerückt werden. Die Diskussion wird in Markus 2,27 geführt, wenn der richtige Platz des Sabbats im Leben erörtert wird: „Der Sabbat ist um des Menschen willen da und nicht der Mensch um des Sabbats willen“. Die Frage nach dem Stellenwert der Sinnlichkeit in Werk und Leben versteht sich als Hinwendung zu einer leibfreundlicheren Moralauffassung, die auch den schönen Körper nicht verteufelt. Diese humanistisch geprägte Moral – die Anspielung auf die griechische Antike belegt das – und ein Überdenken der biblischen Botschaft sollen über den literarischen Diskurs hinaus Anerkennung finden. Storm appelliert an eine kultivierte Haltung gegenüber Gefühlen und Emotionen. Umso mehr geraten die rigoristische Moral der Badehexe in der Novelle und die Weisheit des alten Mannes im französischen Roman, wenn er über Tugend spricht, in Diskredit. Die Sterilität eines Künstlerlebens in der „alten Stadt an der Meeresküste“ (S. 345) gilt somit als überwunden. Die Errichtung einer „neuen“ Stadt kann beginnen.

Anmerkungen   1 Als Quelle dürfte die von Karl Wilhelm Ramler herausgegebene Mythologie-Ausgabe gedient haben, die Storm in seiner Bibliothek seit seiner Schulzeit besaß und bereits 1835 für frühe Gedichte benutzte. Kurzgefaßte Mythologie oder Lehre von den fabelhaften Göttern, Halbgöttern und Helden des Alterthums. Berlin 1790, S. 346-355. (s. G. Eversberg: Theodor Storms Schulzeit. Heide 2006). Eine deutsche Ausgabe von Andersens „Psyche“ (Originalausgabe: 1861) ist vor Storms Werk erschienen. Beide zeigen dennoch kaum inhaltliche Bezüge zueinander. Vielleicht wurde Storm durch diese Lektüre zu einer motivgleichen Novelle angeregt. Es ist zudem daran zu erinnern, dass „Amor und Psyche“ zu den beliebten Motiven seiner Zeit gehörte. Die „Psyche“ des dänischen Bildhauers Thorvaldsens ist ein berühmtes Beispiel dafür. (s. LL 2, Kommentar, S. 891).   2 Briefwechsel Theodor Storm – Paul Heyse, Bd.1, S. 94.   3 Winfried Freund: Die Versöhnung von Stoff und Sinn. Theodor Storms Programm-Novelle Psyche (1875). In: Walter Zimorski. Theodor Storm. Studien zur Kunst- und Künstlerproblematik. Bonn 1988, S. 120. Dazu auch Christine Anton: Selbstreflexivität der Kunsttheorie in den Künstlernovellen des Realismus. New York 1998. S. 116-128.   4 Harro Müller-Michaels: Tabus in Lebenswelt und Literatur. In: Deutschunterricht. Braunschweig (Westermann) Heft 5/2004, S. 5. Zum Versteckspiel von Tabus in der Literatur und über die Techniken der Camouflage s. H. Detering: Das offene Geständnis. Zur literarischen Produktivität eines Tabus von Winckelmann bis zu Thomas Mann. Göttingen (Wallstein) 2002.

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 5 Die Seitenzahlen in Klammern verweisen auf die Seitenzahlen in: Theodor Storm: Sämtliche Werke in 4 Bänden, hg. von Karl Ernst Laage und Dieter Lohmeier, Frankfurt/Main 1987, Bd. 2 (= LL 2).   6 Zum Pygmalion-Mythos, s. Hans-Sievert Hansen: Narzissmus in Storms Märchen. Eine psychologische Interpretation. In: STSG 26 (1977), S. 52-54.   7 Die strengen Badevorschriften wurden 1902 aufgehoben, Paul Heyse fragt also Storm zu Recht: „Baden denn Mädchen splitterfasernackt?“ (Brief Heyses an Storm, München, 21. Oct. 75, S. 94)   8 In Richard Wagners romantischer Oper „Tannhäuser“ (1845) übernimmt bisweilen dieselbe Sängerin den Part von Venus und von Elisabeth (einer Variante von Elsabe) zur Verdeutlichung ihrer Wesensverwandtheit. Möglicherweise hat sich Storm bei der Wahl des Vornamens nicht nur an den Vornamen innerhalb seiner Familie orientiert. Zu der Rolle der Venus in der Novelle, s. Fußnote 19.   9 Winfried Freund: ebd., S. 112. 10 Zur hemmenden Rolle der Mutter bei der Autonomiefindung s. Christian Neumann: „Fallen Sie nicht, Mamsell!“ Verhinderte Ehen in Theodor Storms Heiligenstädter Novellen „Drüben am Markt“ und „Abseits“. In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt 13 (2007), S. 6-28. 11 Briefwechsel Theodor Storm – Paul Heyse, Bd.1, S. 94. 12 ebd. S. 97. 13 s. Kommentar zu „Psyche“ in: LL 2, S. 887. 14 Harro Müller-Michaels: Tabus in Lebenswelt und Literatur, ebd., S. 4. 15 Zu „Eine Malerarbeit“, s. J. Lefebvre: Von der Identifikation mit Tierbräutigam-Märchen zur autonomen Existenz. Gedanken zu Storms Novelle „Eine Malerarbeit“. In: STSG 51 (2002), S.73-85. 16 Theodor Storm: Eine Halligfahrt. In: LL 2, S. 42-43. Zur Interpretation von „Eine Halligfahrt“ s. Regina Fasold: „Wenn ich nur dort hinüber könnte, / Wer weiß! – Vielleicht noch fänd’ ich’s dort“ – Orte der Heimkehr bei Theodor Storm. In: STSG 54 (2005), S. 9-25 und J. Lefebvre: Schuld und Scheitern in Theodor Storms Novelle „Eine Halligfahrt“. In: STSG 53 (2004), S. 63-80. 17 s. Kommentar zu „Psyche“ in: LL 2, S. 890. 18 Zur Schulbildung Storms, s. G. Eversberg: Theodor Storm als Schüler. Mit Prosatexten und Gedichten aus der Schulzeit. Heide (Boyens), 2006, insbes. S. 36 ff. 19 Zum Janusgesicht der Frauengestalten in der Literatur, insbesondere zu Eichendorffs „Marmorbild“, s. Volker Klotz: Venus Maria. Auflebende Frauenstatuen in der Novellistik. Bielefeld (Aesthesis), 2000. 20 Volker Klotz: ebd., S. 44. 21 J. H. Bernardin de Saint-Pierre: „Paul et Virginie“, illustré de 100 vignettes par Bertall, précédé d’un essai philosophique et littéraire par d’Albanès, Paris (Havard) 1845; „Paul und Virginie“ und die „Indische Hütte“. (Neue Übertragung durch G. Fink) Pforzheim (Finck) 1840; „Paul und Virginie“, ein Roman aus der Südsee. Als Anhang die kleine Erzählung „Die indische Bananenhütte“, (Deutsch von Gottfried von Leinburg), Berlin (Hofmann und Comp.) 1855. Die Zitate entstammen letzterer Ausgabe. 22 Hinrich Hudde: Theodor Storm und Bernardin de Saint-Pierre. Zum Einfluss von „Paul und Virginie“ auf „Drüben am Markt“, „Pole Poppenspäler“ und „Psyche“. In: Arcadia. Zeitschrift für vergleichende Literaturwissenschaft. 11 (1976), H. 2. 23 Bernardin de Saint-Pierre: „Paul und Virginie “, ebd., S.124. 24 Hudde unterstreicht in seiner Untersuchung des französischen Romans die betont erotische Atmosphäre, die Virginies Rettungsversuch begleitet: „So ist der nackte, muskulöse Matrose eigentlich nur eine Konkretisierung der gesamten Atmosphäre, die einem Generalangriff auf Virginies Unschuld gleichkommt.“ In: Bernardin de Saint-Pierre: Paul et Virginie. München (Fink) 1975, S.65. In seinem Brief vom 1.11.1875 an Heyse verweist Storm auf dieselbe erotische Komponente, die die Rettung der Psyche begleitet: „ – Der Conflict selbst – der jungfräulichen Schaam mit der Dankbarkeit und der keimenden Liebe zu dem schönen Männerantlitz, das sie über sich gesehen – ist, meine ich, so ziemlich ausgetragen“ (ebd., S. 96). 25 Bernardin de Saint-Pierre: „Paul und Virginie“, ebd., S. 97. 26 Gert Pinkernell: Die Aristokratie als oppressive und destruktive Macht in Bernardin de Saint-Pierres Paul und Virginie. Erstveröffentlichung 1975. In: Interpretationen. Gesammelte Studien zum romanischen Mittelalter und zur französischen Literatur des 18. und 20. Jahrhunderts. Heidelberg (Winter) 1997. S. 135. 27 ebd., S. 136. 28 Bernardin de Saint-Pierre: „Paul und Virginie“, S. 110. 29 Auch wenn die Alternative Tod oder Rettung bei Storm anders motiviert ist, ist Hudde zuzustimmen, wenn er „Psyche“ als „Anti-Virginie“ bezeichnet. s. H. Hudde: ebd., 1976, S. 184.

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Von Bukolik und Liebe: Storms Rückgriff auf Vergil und Goethe in „Immensee“ Von Louis Gerrekens, Liège

1. Funktion von Intertexten in „Immensee“ Theodor Storms frühe Erzählung „Immensee“ (1849), die ihm einen ersten literarischen Durchbruch bescherte, enthält eine ganze „Reihe kurzer ‚Situationen‘“1, die durch „Themen und Leitmotive“ „zu einem dichtgewobenen künstlerischen Ganzen“2 verknüpft werden. Im Gegensatz zu vielen späteren Erzählwerken des Autors – etwa seit „Auf dem Staatshof“ (1856) – hat der Leser es in „Immensee“ andererseits noch nicht mit einem am Erzählten Beteiligten zu tun, sondern mit einer nicht näher definierten Erzählinstanz, über deren Schreibgründe sich nichts aussagen lässt. Somit widersetzt sich die Novelle großenteils auf zweifache Weise einer unmittelbar psychologisch orientierten Deutung, tritt die innere Motivierung der Figuren doch in mancher Hinsicht zurück zugunsten eines „metaphorischen Verweisungszusammenhangs“3, dem der aufmerksame Leser durch eine vom Text nahe gelegte, ja sogar verlangte kombinatorische Arbeit nachzugehen hat. Mit anderen Worten: Während Fragen nach den inneren psychischen Vorgängen zunächst oft unbeantwortet bleiben, lassen sich indirekt Rückschlüsse darauf sowohl durch die Analyse der besagten ‚Themen und Leitmotive‘ als auch durch die Entdeckung und Interpretation von literarischen Anspielungen innerhalb des Textes erreichen. Letzteres wiederum kann entweder in der Form der Auslegung unmittelbar markierter Anspielungen erfolgen – man denke etwa an das Märchen von den drei Spinnfrauen oder an die Geschichte Daniels4 – oder aber in der Herausarbeitung von diskret bzw. versteckt eingefügten literarischen Reminiszenzen – man vergegenwärtige sich nur die zahlreichen „Anklänge“5 an Märchen in dem Teil, der auf Erichs Hof Immensee spielt; darin übernimmt Elisabeth bildlich, d.h. zugleich ohne sich dessen bewusst zu werden, die Rolle von „Dornröschen, das Reinhard nicht erwecken kann“6. Oder aber das „Eigenzitat“7 Storms in der Szene, wo Elisabeths „blasse Hand“ (325)8 über den Zustand ihres Herzens Auskunft gibt – eine Szene, die unmittelbar auf dem früheren Gedicht Storms „Frauenhand“ (24) aufbaut. Auch wenn die Interpretation der Novelle auf diese Art und Weise oft nur am Rande verändert wird, so erweitert und vertieft die Entdeckung der jeweiligen Intertexte das Verständnis vom Literaturwerk als solchem, indem es auf die Gesetzmäßigkeiten des Schreibens aufmerksam macht. Ferner lässt sich an der besonders raffinierten Schreibweise des Autors darlegen, wie er durch solche Einschübe die Rezeptionshaltung des Lesers antizipiert, mithin steuert. Diese unterschwellige Form von Intertextualität will ich im Folgenden an zwei sehr aufschlussreichen Beispielen erörtern, die der Forschung bislang entgangen zu sein scheinen.

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2. „Im Walde“ versus „Tityre, tu patulae …“ In dem „Im Walde“ betitelten dritten Erzählabschnitt von „Immensee“ wird berichtet, wie der junge, etwa siebzehnjährige Reinhard zu seiner weiteren Ausbildung „die Stadt verlassen“ (299) und sich an die Universität begeben muss. Der Tag vor der Abreise wird zu einem „festlichen Tag“ (300), an dem eine „Landpartie“ (300) organisiert wird. Die „größere […] Gesellschaft“ lässt sich unfern der Stadt in einer „Buchenwaldung“ (300) nieder, und ein älterer Herr, der sich eigenmächtig zum Festleiter aufwirft, schickt die Jugendlichen aus, „Erdbeeren“ zu suchen, deren es „genug […] im Walde“ (300) gebe. Die „Alten“ hingegen würden währenddessen gemächlich unter den „breiten Bäumen“ (300) sitzen bleiben, Kartoffeln schälen und Feuer machen, kurz: sich um das Essen kümmern. Vor den Augen des Lesers wird hier abseits des alltäglichen Lebens eine bukolische ‚Situation‘ inszeniert, die den Rahmen bildet zu der – inzwischen berühmt gewordenen – vergeblichen Erdbeerensuche durch Reinhard und Elisabeth, die sich als erste deutliche Vorwegnahme der letztlich gescheiterten, oder besser: nie zustande gekommenen Liebesbeziehung deuten lässt. Dieser Rahmen erinnert überdeutlich an einen der wohl berühmtesten Gedichttexte aus der Antike, und zwar an Vergils erste Ekloge (vermutlich 41 v. Chr.), an einen Text und einen Autor also, die als Gründer des Genres ‚Bucolica‘ oder Hirtendichtung in lateinischer Sprache schlechthin gelten.9 Worum aber handelt es sich in Vergils Dichtung? Vergils erste Ekloge hebt an mit der Klage eines jüngeren Hirten, Meliboeus. Sie richtet sich an seinen Gesprächspartner, den älteren Tityrus. Dieser, so Meliboeus, lehne sich ruhig zurück, „beschirmt von der weitverzweigten Buche“10, liege sogar „seelenruhig im Schatten“11 der Wälder und übe sich in der Kunst des Musizierens, während er selber aus dem Land vertrieben sei und „den Heimatboden verlassen“12 müsse, um sich in ferne, später als barbarisch bezeichnete Gegenden zu begeben. In den fünf konzisen Anfangszeilen sind so gut wie alle Elemente enthalten, die die „Landpartie“ in „Immensee“ charakterisieren: Thema: Weggang aus der Heimat – Szenerie: breite Buchen, Schatten, Wald – Opposition zwischen Alt und Jung. Auf diese vorwurfsvolle Einlage folgt ein längeres Streitgespräch der beiden Hirten über Politik, Kunst, usw., am Ende dessen – auch dies eine Parallele zu Reinhard – der als „[g]lücklicher Alter“13 apostrophierte Tityrus den armen vertriebenen Meliboeus einlädt, erst am folgenden Tag zu verreisen, denn [w]ir haben reifes Obst, weiche Kastanien und einen Vorrat gepreßter Milch. Und schon steigt in der Ferne von den Dächern der Gehöfte Rauch auf, und länger fallen von den hohen Bergen die Schatten.14

Die Heimat, die Meliboeus verlassen muss, wird in den Schlusszeilen ein letztes Mal vom alten Tityrus als Ort der Geborgenheit gepriesen, in dem Nahrung reichlich vorhanden ist und es sich angenehm leben lässt, was durch das Bild des aufsteigenden Rauchs evoziert wird, der häusliche Wärme verspricht. Ganz ähnlich sorgt der ebenfalls alte „Proviantmeister“ – freilich ohne sich je der intertextuellen Komponente seines Handelns bewusst zu werden – dafür, dass alle Requisiten der bukolischen Szene vorhanden sind, wenn er Kartoffeln, Eier, Tafel und Erdbeeren erwähnt, sowie das „Feuer“, das im Anschluss u. a. an Vergil seit Jahrhunderten zur Metapher schlechthin für die Form von Geborgenheit steht, die den Menschen vor dem Fremden bewahrt; man denke nur an ein anderes Gedicht der Weltliteratur, das den Verlust der Heimat beklagt, Joachim Du Bellays ele58

gisches Sonett „Heureux qui, comme Ulysse …“, in dem das lyrische Ich die Hoffnung auf eine mögliche Rückkehr so beschreibt: Quand reverray-je, helas, de mon petit village Fumer la cheminee […] ? (Z. 5 f.)15

Die Stimmungselemente, die die bukolische Situation in Vergils erster Ekloge ausmachen und die darin in der allerersten und allerletzten Replik auftauchen, sind in „Im Walde“ sämtlich vorhanden. Zwar ist dies dem gebildeten Leser des 19. Jahrhunderts wahrscheinlich nicht bewusst geworden, aber es muss ihn schon in eine Lage versetzt haben, die ihm irgendwie bekannt war, gehörte der Vergilsche Text doch zu dem Kanon der im Lateinunterricht zu erlernenden Texte. Die Ähnlichkeit führt zu einem Einfühlen, aber doch nur bis zu einem bestimmten Punkt, da es einen gravierenden Unterschied zu der literarischen Vorlage gibt. Ausgerechnet der Scheidende, Reinhard, und mit ihm Elisabeth, ist ausgeschlossen aus der als locus amoenus künstlich hergestellten, oder besser: nachgestellten ‚Hirtenszene‘ moderner Prägung, indem er als einziger es nicht schafft, „mitia poma“ (reifes Obst) – hier Erdbeeren – zu finden. Besonders krass tritt dieser Unterschied dann hervor, als Reinhard die Vergilsche Situation ein zweites Mal entstehen lässt, allerdings ohne dass auch er sich des Nacherlebens von Vorerzähltem bewusst wird. Als Elisabeth des vergeblichen Suchens nach Erdbeeren „müde“ (303) geworden ist und sich allmählich zu fürchten anfängt („Hier ist es einsam“ 302), versucht Reinhard, ihr die grauenvolle Wirklichkeit („Mir graut!“ 302) auszureden, indem er die Idylle – das griechische Pendant zu der ‚Bucolica‘ – sprachlich wiederherstellt: „Nein“, sagte Reinhard, „das muß es nicht. Hier ist es prächtig. Setz Dich dort in den Schatten zwischen die Kräuter. Laß uns eine Weile ausruhen; wir finden die Andern schon.“ Elisabeth setzte sich unter eine überhängende Buche und lauschte aufmerksam nach allen Seiten; Reinhard saß einige Schritte davon auf einem Baumstumpf und sah schweigend nach ihr hinüber. (303)

Dass Reinhards Bemühung aber sowohl auf wörtlicher als auf bildlicher Ebene zum Scheitern verurteilt ist, liegt auf der Hand. Unter dieser ‚überhängenden Buche‘ wird weder die Liebe besungen noch über allerlei gesprochen, sondern geschwiegen; der ‚Schatten‘ schützt nicht vor der „glühende[n] Mittagshitze“ (303), und Elisabeths Lauschen ‚nach allen Seiten‘ ist alles andere als seelenruhig. Somit lässt Reinhards die unschöne Wirklichkeit schlichtweg leugnende Bemühung bereits erahnen, wie er nachher in seinem „alten Pergamentband“ (304) in Gedichtform das vorgebliche ‚Prächtige‘ der Szene festhalten wird. Über dieses Gedicht, eine der wenigen Eigenproduktionen Reinhards, hat als erster E. Pastor in aller Deutlichkeit geschrieben, dass dort „einfach an der Welt vorbeigedichtet“16 wird. Die intertextuelle Lektüre bestätigt Pastors Urteil: „Die idyllische GedichtSzenerie, in der ‚das Kind’ geborgen unter Zweigen dasitzt, verschweigt, wie sich das Mädchen Elisabeth durch ‚dichtes Gestrüpp‘ und ‚durch das Wirrnis der Kräuter und Stauden‘ hat vorkämpfen müssen.“17 Ob Reinhard es „vorzieht, in einer idealen Ersatzwelt zu leben“18, oder ob er nicht anders kann, das lässt sich nicht leicht entscheiden. Außer Zweifel steht hingegen, dass er den realen Verhältnissen seiner Zeit nicht gerecht wird, die die Worte des Proviantmeisters vor der Erdbeerensuche deutlich charakterisieren: „Wer ungeschickt ist, muß sein Brot trocken essen; so geht es überall im 59

Leben.“(300) Nach der Rückkehr der beiden heißt es dann: „Ihr kennt die Abrede; hier werden keine Müßiggänger gefüttert“ (303). In Reinhards Zeit gelten die ökonomischen Zwänge auch während der „Landpartie“, und der idyllische Kontext ist nur eine Inszenierung, was allen anderen Teilnehmern daran durchaus bewusst ist. Von dieser Regel nimmt der ‚Meister’ keinen aus – und ausgerechnet dies unterscheidet die Lage Reinhards noch mehr von derjenigen bei Vergil. Denn Tityrus’ erster Satz erklärt, dass er als Einziger nicht unter dem allgemeinen Gesetz steht: „O Meliboeus, ein Gott hat uns diese Muße beschert.“19 Akzeptiert man die Prämisse, dass Vergils Gedicht bei der Abfassung des Abschnitts „Im Walde“ Pate gestanden hat, so kann das Urteil des Proviantmeisters nur noch wie ein verneinender Widerhall auf die Rede des Tityrus gelesen werden: Hat dieser von einem „Gott“, d. h. eigentlich von einem „Lebensspender und Befreier“20 „die Muße“ geschenkt bekommen, so lautet das Verdikt des selbsternannten „Proviantmeisters“ – als potenzieller Gott – hier, er dulde keine Müßiggänger, weil die Zeit produktive Mitbürger fordere und keine Privilegien akzeptieren könne. So kann man nicht umhin, die Aussage auch als metasprachliche Kommunikation zu lesen, nämlich dass jetzt, entgegen dem Anschein der Inszenierung, nicht die Zeit für Bukolik oder Idylle sei. Bei allen äußeren Parallelen zwischen beiden Texten scheint Storm die verschiedenen Elemente der Vergilschen Ekloge genau so eingesetzt zu haben, um im Rückgriff auf sie zu zeigen, dass seine Epoche sich für derartige Kunst nicht eignet. Auch wenn der Proviantmeister sich letztlich „erbitten“ (303) lässt, so ändert das nichts an der allgemeinen Regel, und das, was bei Vergil als Komplementarität erscheint, erlebt Reinhard nur noch unter Verleugnung der Realität: Der Müßiggänger Tityrus erfreut sich insgesamt eines angenehmen Lebens in Freiheit und kann „auf ländlichem Rohr spielen […], was [er] will“21, was er tut, indem er „die Wälder, ‚Schöne Amaryllis‘ zu antworten“ lehrt22; Reinhard, der wohl gern so leben möchte, bekommt nicht einmal ausnahmsweise an einem Tag außerhalb des normalen Stadtlebens die ‚Muße‘ geschenkt, und sein Lied auf Elisabeth als „Waldeskönigin“ (304) entpuppt sich als realitätsfernes, das Vorgefallene entstellendes Gedicht. Jahre später hält Reinhard sich auf Erichs Gehöft am Immensee auf. Als Elisabeth ihm im Auftrag ihres Mannes die Umgebung zeigt, flackert die Erinnerung an die Erdbeerensuche ein letztes Mal auf: Endlich wurde Elisabeth müde und setzte sich in den Schatten überhängender Zweige, Reinhard stand ihr gegenüber an einen Baumstamm gelehnt; da hörte er tiefer im Walde den Kuckuck rufen, und es kam ihm plötzlich, dies Alles sei schon einmal ebenso gewesen. Er sah sie seltsam lächelnd an. „Wollen wir Erdbeeren suchen?“ fragte er. „Es ist keine Erdbeerenzeit“, sagte sie. „Sie wird aber bald kommen.“ Elisabeth schüttelte schweigend den Kopf […] (324)

Auf textimmanenter Ebene ist die Szene dahingehend zu interpretieren, dass Elisabeth nun illusionslos-resigniert den Standpunkt der Gesellschaft übernommen und also auf jede Erfüllung erotischer und sentimentaler Wünsche verzichtet hat; Reinhard seinerseits hat noch immer nichts verstanden und klammert sich weiterhin an seinen unrealistischen Vorstellungen fest – wobei er nur die Analogien und nicht die Unterschiede zu der damaligen Szene wahrnimmt. Denn Elisabeth ist „müde“ – aber wie sie es damals nach und nicht vor der Erdbeerensuche war; „schweigend“ war er damals, diesmal schweigt sie – und, wichtiger 60

wohl noch, er verwechselt auch in der Erinnerung Wirklichkeit und Idealvorstellung: Den „Kuckuck“ gab es in der Jugendzeit nicht im Wald selber, sondern erst in seinem eigenen idealisierenden Gedicht. Dass der Ruf des Vogels dennoch dazu beiträgt, die Erinnerung an das Erlebte wachzurufen, zeigt, wie inakkurat seine Frage Elisabeth vorkommen muss. Auf intertextueller Ebene entspricht dem das Fehlen so gut wie all der Elemente, die damals im Walde eine bukolische Stimmung evozierten. In der Szene, in der Reinhard die Vergangenheit wieder heraufbeschwören zu können meint, ist keine Spur von den Prämissen der Szene im Walde zu entdecken: festliche Stimmung, locus amoenus, Mahlzeit, Hoffnung auf eine erfolgreiche Suche, selbst die Buche wird nicht erwähnt – nicht zu reden von den „mitia poma“ deren Zeit jetzt nicht ist, genauso wenig wie damals diejenige für Müßiggänger. Hartnäckiger lässt sich die Wirklichkeit kaum leugnen.

3. Die Absage an eine literarische Tradition In seinem kürzlich erschienenen Buch „Theodor Storm als Schüler“23 zeigt Gerd Eversberg bis ins Detail, wie sehr der junge Storm von der antiken Kultur geprägt war. Wie üblich im 19. Jahrhundert nehmen Latein- und Griechischunterricht einen Großteil seiner Schulzeit in Anspruch, und die Auflistung der Autoren, die auf dem Husumer Schulprogramm standen, bezeugt zur Genüge, dass er bestens mit der antiken Literatur vertraut war, hat er sich später doch „darüber beklagt, dass er in der Husumer Gelehrtenschule nicht mit der zeitgenössischen Literatur bekannt gemacht worden sei“24. Auch wenn Vergil nicht unter den von Eversberg erwähnten Autoren steht, – ebenso wenig wie z. B. „Hesiod“, den er laut Eversberg dennoch „gekannt haben“25 muss –, so lassen die allgemeine Berühmtheit des Autors einerseits und die Dichte der im Vorangehenden herausgearbeiteten Stellen, die sich als intertextuelle Bezüge lesen lassen, kaum einen Zweifel daran, dass die erste Ekloge tatsächlich einer der Bezugstexte bei der Niederschrift der ‚Situationen’ in „Immensee“ gewesen ist. Die Wahrscheinlichkeit einer direkten Beeinflussung steigt noch, wenn man bedenkt, dass Storm neben der Schule auch noch an einem „privaten Lesekreis teilgenommen hat“26, den Friedrich Jacob im Winter einmal wöchentlich mit seinen Primanern abhielt; man las Theokrits „Idyllen“ und disputierte in lateinischer Sprache. Theokritos war ein griechischer Dichter des 3. vorchristlichen Jahrhunderts, der mit seinen Gedichten, die als „Eidyllia“ bezeichnet wurden, die Hirtendichtung begründete.27

Bekanntlich ist es die Lektüre Theokrits, die Vergil veranlasste, seine „Bucolica“ zu verfassen, die denn auch deutlich „in der Nachfolge des hellenistischen Dichters“28 stehen. Bei der profunden und vielseitigen Kenntnis antiker Texte im 19. Jahrhundert wäre es doch sehr erstaunlich, wenn solche Phänomene nicht besprochen worden wären, zumal das Gespräch über die griechischen Autoren „in lateinischer Sprache“ vor sich ging und die Texte von den Schülern auch ins Lateinische zu übersetzen waren.29 Dass Theodor Storm in „Immensee“ sich nicht auf den griechischen, sondern auf den lateinischen Autor stützt, lässt sich sehr leicht belegen. So z. B. liegt der musizierende Hirte bei Theokrit unter einer Pinie oder einer Eiche, bei Vergil dafür unter einer Buche; „die Verbindung mit der Situation der Vertreibung“30, die mutatis mutandis eine wesentliche Rolle bei Storm spielt, ist bei Theokrit noch nicht vorhanden, usw. 61

In späteren Jahren hat Theodor Storm offen ausgesprochen, „daß viele seiner Prosawerke einer lyrischen Diktion folgen und sich erst eigentlich aus seiner Lyrik entwickelt haben“31, wie Christine Anton unter Berufung auf einen Brief Storms an das Ehepaar Brinkmann aus dem Jahr 1868 schreibt, in dem der Husumer Autor interessanterweise „Immensee“ als ein Beispiel für sein Verfahren erwähnt. Ohne jetzt in den Biographismus verfallen zu wollen, könnte man aus dem Vorangehenden schließen, dass der Autor Theodor Storm seine Figur Reinhard auf der intertextuellen Ebene mit siebzehn Jahren eine Wirklichkeit erfahren lässt, mit der er selber als Primaner, also im gleichen Alter, konfrontiert wurde. Wie Eversberg schreibt, verfasst Storm 1835 nämlich ein Schülergedicht mit dem viel sagenden Titel „Elegie“32; darin verabschiedet er sich von der Vorstellung, dass lyrische Dichtung göttlichen Ursprungs sei, und vollzieht programmatisch eine Hinwendung zur Subjektivierung des Lyrischen.33

Reinhard ist und bleibt unfähig, eine ähnliche ‚Hinwendung zur Subjektivierung‘ zu vollziehen. Ihm misslingen alle noch so bescheidenen Versuche, „etwas von seinen eigenen Gedanken hineinzudichten […] er wußte nicht weshalb, er konnte immer nicht dazu gelangen.“ (299) Überspitzt formuliert, lässt sich sein unbewusstes Festhalten an der Ekloge als einem Text, der sich explizit auf eine PoesieVorstellung beruft, nach der ein von einem ‚Gott‘ auserwählter ‚Fortunatus‘ über eine Freiheit verfügt, die den anderen verwehrt bleibt, literarhistorisch dahingehend interpretieren, dass er – um es mit Antons Worten zu sagen – „ein im wahrsten Sinne ‚zu spät Geborener‘“34 ist. Storm hingegen distanziert sich in der „Elegie“ von diesem Programm, das ihm aus Hesiods Werken bekannt war:35 Storms letztes in Husum entstandenes Gedicht [Elegie] weist also darauf hin, dass die hohe Form der Dichtung, wie sie aus der Antike bis in die Zeit des späten 18. Jahrhunderts hinein […] aber auch in seinen eigenen Versuchen der „imitatio“ antiker Formen noch einmal aufgegriffen wurde, nun nicht mehr trägt.36

Die Wandlung in der Vorstellung von Kunst kommt beim jungen Storm als dichterische Absage an das Programm eines antiken Schriftstellers – Hesiod – zum Ausdruck; bei Reinhard ist das trotz gravierender objektiver Unterschiede zum Prätext wiederholte Evozieren einer Lage, wie sie bei einem antiken Autor – Vergil – besungen wird, ein Zeichen mehr dafür, dass er ein Leben lang ein Möchtegern-Dichter bleiben wird. Hat Pastor gezeigt, wie diese Form der Entlarvung des öfteren („Maler Nolten“, „Heinrich von Ofterdingen“) „in kontrapunktischer Anspielung auf die Initiation eines Künstlers“37 geschieht, so könnte man am Beispiel der Ekloge sagen, dass der Autor Reinhard hier ‚in kontrapunktischer Anspielung auf seine [Storms] eigene Initiation‘ bloß stellt. Dass Reinhard „zum schöpferischen Dichter […] nie geworden“38 ist, zeigt wohl auch wie sehr Storm um die eigene Gefährdung wusste.

4. „Immensee“: Die prekäre Lage des Lesers In dem „Im Walde“ betitelten Erzählabschnitt ist, wie wir sahen, eine ganze Reihe von Vergil-Reminiszenzen enthalten, die auf intertextueller Ebene bestätigt, dass Reinhard sich unbewusst nach einem Programm richtet, das nicht mehr zeitgemäß ist. Ist man einmal auf diese Vernetzung beider Texte – „Immensee“ und erste Ekloge als Prätext – aufmerksam geworden, dann können auch andere in Storms Novelle unternommene Versuche, eine idyllische Situation aufzu62

bauen, noch mit der Ekloge in Verbindung gebracht werden. So bereits ganz am Anfang der Binnengeschichte („Die Kinder“), als Reinhard und Elisabeth in den Genuss von „unverhofften Ferien“ (296) kommen. Dort heißt es dann: Reinhard hatte hier mit Elisabeths Hülfe ein Haus aus Rasenstücken aufgeführt; darin wollten sie die Sommerabende wohnen; aber es fehlte noch die Bank. (296)

Die Kinderidylle, die sich hier anzubahnen scheint, entspricht in auffälliger Weise der Vorstellung des Meliboeus, wie es wäre, wenn er denn aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz eines Tages nach Hause kehren sollte: Werde ich denn jemals nach langer Zeit das heimatliche Gebiet und das mit Rasen bedeckte Dach der armen Hütte, mein Königreich, wieder sehen […]?39

Freilich ohne sich je des literarisch Tradierten an ihrem Spiel bewusst zu werden, das sogar dem Erzähler gänzlich zu entgehen scheint, schaffen sich die Kinder für die schönen Stunden des Lebens („Sommerabende“) eine Heimat, die bis in den Wortlaut an das im elegischen Ausbruch von Meliboeus verherrlichte „Königreich“ erinnert. Dass bereits dieser erste Versuch der Zweisamkeit an geschütztem Ort nicht ganz so positiv verläuft, ist sinnfällig. Nachdem es Reinhard gelungen ist, die fehlende Bank „trotz manches krumm geschlagenen Nagels“ (297) zu Stande zu bringen, ist Elisabeth schon weit weg; als sie dann doch noch zusammen in ihr „Haus“ (297) gehen und sich auf „die neue Bank setzen“ (297), mündet ihr Gespräch über Erzählen und Fiktion schnell in ein Streitgespräch, das die unterschiedlichen Lebensvorstellungen der beiden Kinder zum Ausdruck bringt.40 Ähnlich scheint sich auch in dem Abschnitt „Immensee“ eine ungetrübte bukolische Situation anzubahnen. Wie schreibt Pastor doch: „Immensee, ein idyllenseliger Name“,41 der sich allerdings nicht mit der beschriebenen Realität decke­. Wie aber beginnt der Abschnitt? „Auf einem abwärts führenden schattigen Waldwege“ (314) kommt ein zunächst nicht näher beschriebener junger Mann in eine Gegend mit „dichtbelaubte[n] Weinhügel[n]“ und „blühende[n] Obstbäume[n] voll summender wühlender Bienen“ (315) An diesem so schönen Ort – Immensee, eben – verdecken „Pfirsich- und Aprikosenbäume […]“ (316) das Gemäuer, und die arbeitenden „Männer“ (317) erledigen ihr „Tagewerk“ (317) auf dem Feld. Kurz: Der Spaziergang in Erichs Welt hinein ruft eindeutig eine bukolische Stimmung auf; interessant für die hier unternommene intertextuelle Analyse ist die Tatsache, dass Reinhards Wanderung großenteils aus Elementen zusammengesetzt ist, wie sie auch in Meliboeus’ neiderfüllten Beschreibungen von Tityrus’ zukünftigem schönen Leben in der Heimat auftauchen. Meliboeus beneidet Tityrus nämlich darum, dass dieser die „schattige Kühle“ zwischen den „vertrauten Flüssen und den heiligen Quellen“42 wird genießen können. Ganz in der Nähe werden – ein rekurrierender Topos bereits seit Theokrit – „Bienen von Hybla“ der Hecken „blühendes Weidengebüsch“43 abgrasen. Er hingegen werde die „Reben­“ und die „Birnbäume“ für andere versorgt haben.44 Die Topoi, die sowohl in der Beschreibung von Reinhards Ankunft auf Immensee als auch in Meliboeus’ Ausbrüchen am Ende der Ekloge begegnen, sind so zahlreich, dass eine zufällige, etwa von dem Genre ‚Idylle‘ eher als von einem bestimmten Text geforderte Ähnlichkeit wohl auch hier ausgeschlossen werden kann. Zumal im nächsten Erzählabschnitt von „Immensee“ („Meine Mutter hat’s gewollt“) ein anderer, wie mir scheint: entscheidender Vergleichspunkt sich noch anbietet. Während des Abendgesprächs über Volkslieder kommt es zu folgendem Austausch: 63

Wer hat doch aber die schönen Lieder gemacht?“ fragte Elisabeth. „Ei“, sagte Erich, „das hört man den Dingern schon an; Schneidergesellen und Friseure, und derlei luftiges Gesindel.“ Reinhard sagte: „Sie werden gar nicht gemacht; sie wachsen, sie fallen aus der Luft […].“ (320)

Die „schönen Lieder“ führt Erich verächtlich auf Schneidergesellen und Friseure zurück – zwei Berufskategorien, die mit einer Schere zu tun haben. Kurz darauf kommt vom „Ufer des See’s herauf“ (320) das „Geläute der Herdenglocken“ (320), und ein Lied ertönt, das von einem Knaben gesungen wird, den Erich gleich als den „Hirtenkaspar“ (321) identifiziert. Sowohl durch die angenehme Abendstimmung als durch die Wortwahl (Herde; Hirte) wird hier Bukolisches evoziert. Dabei entspricht die Szene einer anderen Verszeile aus dem oben erwähnten Passus, in dem Meliboeus Tityrus um sein zukünftiges Glück beneidet: „Von drüben aber, vom Fuß des hohen Felsens, füllt dann der Laubscherer die Luft mit Liedern“45. Der ‚frondator‘ oder Laubscherer ist ein „Winzer, der das Laub der Reben beschneidet“,46 in auffälliger Ähnlichkeit zu Schneidergesellen oder Friseuren – und das Wort ‚Hirtenkaspar‘ verdichtet noch die allusive Komponente der ganzen Szene. Aber auch in diesem Fall ist die idyllisch-ungetrübte Stimmung, die „allgemeine Heiterkeit“ (320), nur von kurzer Dauer, da die Abendgesellschaft nach einer „Weile“ (321) wieder – wie schon in „Die Kinder“ – über den Umweg von Geschichten, hier dem Gedicht: „Meine Mutter hat’s gewollt“, von der Realität eingeholt werden. Diese aber ist ganz und gar unvereinbar mit der Situation bei Vergil. Im Gegensatz zu Tityrus, der in Amaryllis Liebe und Wirtschaftlichkeit zugleich gefunden hat, hat Erich in Elisabeth zwar eine tüchtige Frau bekommen, die ihn aber nur „mit schwesterlichen Augen“ (318) ansieht; Reinhard seinerseits lebt allein weiter. Wie bereits an anderen Beispielen für Intertextualität nachgewiesen werden konnte, verarbeitet Theodor Storm wiederholt Gelesenes in seinem Schreibprozess, und zwar bewusst. Genau wie er es später systematisch zum Beispiel mit Werken Kleists tun wird,47 übernimmt er in „Immensee“ Stellen aus Vergils Bucolica, allerdings so, dass verschiedentlich der Eindruck hervorgerufen wird, man habe es mit einer bukolisch-idyllischen Situation zu tun, die dann sofort dementiert wird. Diese Doppeldeutigkeit kann jedoch nur der Leser richtig feststellen, der sich von seinem ersten Eindruck zu distanzieren vermag. Solche Verfahrensweise bezeichnet Jackson sehr treffend als „doppelspurig […]“48; er erklärt sie mit der Notwendigkeit für Theodor Storm, sich vorsichtig zu äußern, wenn es um Sozialkritik gehe. Zugleich aber macht Jackson auch sehr deutlich auf die Gefahren aufmerksam, die mit einer so raffinierten Schreibweise verbunden sind: Aber indem [Storm] seine Botschaft tarnte, lief er Gefahr, sie zu neutralisieren oder durch diese Tarnung seinen Lesern sogar die Möglichkeit zu bieten, ihre eigenen vorgefassten Meinungen auf seine Erzählung zu projizieren.49

Genau so haben die scheinbar vorhandenen bukolischen Szenen immer wieder dazu beigetragen, dass die Leser den Text insgesamt undistanziert rezipieren – zumal der sehr positiv klingende Titel der Novelle den ersten Leseeindruck bestätigt. Dennoch enthält die Novelle immer wieder Elemente, die vor der Lektüre als Identifikation mit den Protagonisten warnt. Auf dem Gebiet des intertextuellen Vergleichs mit Vergil ließe sich da zum Beispiel anführen, dass die positiven Vergleichspunkte von vornherein dadurch aufgewogen werden, dass „Der Alte“ 64

im Rahmen sorgfältig als jemand beschrieben wird, der seine Heimat endgültig verloren hat. In fortgeschrittenem Alter scheint er „fast ein Fremder“ (295) zu sein, dessen Aussprache einen „etwas südlichen Akzent“ (295) verrät. Kurz: Reinhard, der wohl „nie wieder“ (327) nach Immensee oder nach Hause gekommen ist, ist und bleibt letztlich ein einsamer Vertriebener des Lebens, wie Meliboeus es zu werden befürchtete, als er seine Heimat „nie mehr“50 wieder sehen zu können beklagte. Somit bestätigt der Rahmen die Deutung der verschiedenen Vergil-Reminiszenzen in der Binnenerzählung: Reinhards unzeitgemäßes Festhalten an einer Vorstellung, wie sie in der Ekloge besprochen wird, mündet in tiefe Einsamkeit und ist mithin nicht positiv aufzunehmen. 5. Die Leiden des jungen Herrn Werner In den letzten Jahrzehnten hat die Forschung überzeugend dargelegt, wie sehr eine empathische Lektüre von „Immensee“ als einfacher, trauriger Liebesgeschichte der Novelle nicht gerecht wird. Diesen Schluss untermauert die im Vorangehenden herausgearbeitete intertextuelle Vernetzung von „Immensee“ und Vergils erster Ekloge: Die Art und Weise, wie auf Vergils Gedichttext rekurriert wird, entlarvt Reinhards Haltung als inadäquat. Dabei scheint Storm ganz ähnlich Elemente aus einem anderen ‚Klassiker‘ noch eingesetzt zu haben, die die Figuren Reinhard und Elisabeth und ihr Verhältnis zueinander besser einzuschätzen helfen. Elisabeth, die den tüchtigen Erich allem Anschein nach auf Wunsch ihrer Mutter heiratet, wird wiederholt mit der Farbe Weiß assoziiert, so z.B. im Abschnitt „Immensee“: Auf einer Terrasse vor der Gartentür saß eine weiße, mädchenhafte Frauengestalt. (317; meine Unterstreichungen)

Situation und Beschreibung erinnern an die Lage Lottes in Goethes „Werther“. Lotte heiratet den tüchtigen Albert auf Wunsch ihrer (allerdings sterbenden) Mutter und wird ebenfalls des Öfteren mit ‚Weiß‘ in Verbindung gebracht. So ganz am Ende des ersten Buchs, in auffälliger Wortähnlichkeit zu dem oben zitierten Satz. Lotte und Albert gingen die Allee hinaus, ich stand, sah ihnen nach im Mondscheine und warf mich an die Erde und weinte mich aus und sprang auf und lief auf die Terrasse hervor und sah noch dort unten im Schatten der hohen Lindenbäume ihr weißes Kleid nach der Gartentür schimmern; ich streckte meine Arme aus, und es verschwand. (S. 177; meine Unterstrei­chun­ gen)51

Dabei erinnert der Verlauf der Szene bis in den Wortlaut an das Ende des „Immensee“-Abschnitts, das in dem besagten Garten spielt. Statt des Mondscheins herrscht zwar Regenwetter an jenem Abend, aber Reinhard sucht ausgerechnet „Schutz unter einer am Wasser stehenden Linde“ (319; meine Unterstreichung); plötzlich glaubte er zwischen den schimmernden Birkenstämmen eine weiße Frauengestalt zu unterscheiden. […] Er glaubte, es sei Elisabeth. Als er aber rascher zuschritt, um sie zu erreichen und dann mit ihr zusammen durch den Garten in’s Haus zurückzukehren, wandte sie sich langsam ab und verschwand in die dunkeln Seitengänge. (319; meine Unterstreichungen)

Der Unterschied zwischen beiden Szenen ist ebenso eklatant wie die äußeren Parallelen. Während Werther sich wild gebärdet und leidenschaftlich die Arme 65

ausstreckt nach der entschwindenden weißen Figur, weiß Reinhard nicht einmal mit Sicherheit, ob es sich bei der erblickten Gestalt denn auch tatsächlich um Elisabeth handelt. Nachdem die Gesehene wörtlich wie Lotte „verschwand“, wagt er es nicht einmal, sich zu vergewissern: „aber er scheute sich, sie danach zu fragen; ja, er ging bei seiner Rückkehr nicht in den Gartensaal, nur um Elisabeth nicht etwa durch die Gartentür hereintreten zu sehen.“ (319) Wahrlich, Welten trennen beide Liebhaber-Figuren! Ein anderes Detail noch verbindet Lotte und Elisabeth. Als sie zum ersten Mal auftritt, trägt die fünfjährige Elisabeth ein „rotseidenes Tüchelchen“ (296), und in der letzten erzählten Nacht auf Immensee wird erneut ein solches Kleidungsstück erwähnt: „Auf Elisabeths Nähtisch lag ein rotes Band, das sie am Nachmittag am Hals getragen hatte.“ (326) Im „Werther“ trägt Lotte bei der ersten Begegnung mit dem Titelhelden „ein simples weißes Kleid mit blaßroten Schleifen an Arm und Brust“ [136]. Eine dieser „blaßroten Schleifen,“ die die auch hier in Weiß gekleidete Lotte anhat und auf deren symbolische Bedeutung wohl kaum eingegangen zu werden braucht, wird Werther später zum Geburtstag geschenkt [171]. Dieser bewahrt sie anschließend als heiliges Andenken auf, und er bittet Lotte in seinem Abschiedsbrief, sie möchte mit ihm „begraben werden“ [246]. Was jedoch tut der junge Reinhard Werner in ähnlicher Situation, vor seinem endgültigen Weggang nämlich? „Er nahm [das rote Band] in die Hand, aber es tat ihm weh, und er legte es wieder hin.“ (326) Wie bereits im ersten Fall lässt Angst vor einer möglichen Enttäuschung bzw. Verwundung ihn im Voraus auf etwas verzichten, was Werther selbst im Tod noch nicht preisgeben will. An beiden hier angeführten Beispielen lässt sich symptomatisch aufzeigen, wie weit Reinhard von einem stürmischen Liebhaber à la Werther entfernt ist, und sein Versunkensein in Bücher sowohl am Ende der Erzählung als auch u. a. am Anfang des Abschnitts „Ein Brief“ („zwischen Büchern und Papieren“ 313) rückt ihn eher in die Nähe des immer wieder „über die Ohren in Akten begraben[en]“ [171] Albert als in diejenige Werthers. Auch wenn die Konstellation äußerlich in mancher Hinsicht an diejenige im „Werther“ erinnert, verrät der Vergleich ähnlicher Passagen in beiden Werken auf sehr krude Art und Weise die Angst Reinhards, sich seine Gefühle auch nur einzugestehen. Schlägt Werthers Herz „sympathetisch“ mit demjenigen Lottes „bei der Stelle eines lieben Buches“ [194], so gibt es auch eine bestimmte Affinität zwischen Reinhard und Elisabeth z. B. bei dem Singen von Liedern, aber sie führt die beiden an keiner Stelle näher aneinander, im Gegenteil: Die Gespräche über Kunst enden immer wieder in Uneinigkeit. Daher kann der endgültige Weggang aus Immensee, der Elisabeth „mit toten Augen“ (327) zurücklässt, durchaus als eine Art Selbstmord – in übertragener Bedeutung natürlich – aufgefasst werden. Denn auch für diese Szene gibt es Analogien in Goethes Briefroman. Nachdem er seine Abschiedsworte an Lotte aufgeschrieben hat, bringt Werther sich im „Sessel[]“, „sitzend vor dem Schreibtische“ [246] um, wobei „Emilia Galotti […] auf dem Pulte aufgeschlagen“ [247] lag. Ähnlich will Reinhard sich mit „einige[n] Zeilen“ (327) verabschieden, aber Elisabeth lässt ihn nicht gewähren. Im Novellenrahmen dann hat man den Eindruck, Reinhard lebe nun als der Alte die Werthersche Sterbeszene bildlich ewig weiter: Er lebt in einem Zimmer, in dem auf einem Tisch „einzelne aufgeschlagene Bücher“ (296) umherliegen und „ein schwerfälliger Lehnstuhl“ (296) steht. Diesen „rückt […]“ er im letzten Satz der Novelle „zum Tisch“, nimmt „eins der aufgeschlagenen Bücher und vertieft […] sich in Studien, an denen er einst die Kraft seiner Jugend geübt“ (328) hat – bei aller Ähnlichkeit der Formulierungen eine etwas andere Art, nicht richtig weiterzuleben. 66

Wie u.a. Vergils Ekloge hat der „Werther“ Storm allem Anschein nach als Folie für bestimmte ‚Situationen‘ in seiner Novelle gedient, wobei der Vergleich hier ein relativ einfaches Schema hergibt: Die Stellen bei Goethe, an die „Immensee“ anknüpft, werden jeweils dahingehend transformiert, dass zwar äußerlich die Liebeskonstellation beibehalten, ihr aber systematisch alles Leidenschaftliche abgesprochen wird – also gerade das, was Goethes Jugendroman so berühmt werden ließ. Zwar ist hier nicht der Ort, alle derartigen Stellen anzuführen, aber es sei noch auf zwei andere Passagen eingegangen, um darzulegen, wie Storm Goethes Roman eingeblendet hat, um das Fehlen jeglicher Sinnlichkeit in seiner fiktiven Welt kontrastiv zu betonen. Der tüchtige Erich lässt sich zweifelsohne sowohl als Freund als auch als Ehemann mit Albert vergleichen, der von Werther selbst als „braver, lieber Mann, dem man gut sein muß“ [158] eingeführt wird. Auch die Bemerkung, Albert habe eine „gelassene Außenseite“ [158] und wisse „was er an Lotten hat“ [158], lässt sich uneingeschränkt auf Erich und seine Beziehung zu Elisabeth übertragen. Und sogar die Tatsache, dass Albert und Werther einander öfter nicht zu verstehen vermögen („Und wir gingen auseinander, ohne einander verstanden zu haben.“ [167]), entspricht dem Verhältnis der Freunde in „Immensee“, die oft nicht übereinkommen, wie noch aus Erichs allerletzter Aussage hervorgeht: „Das versteht wieder einmal kein Mensch!“ (323). Die Ähnlichkeiten in der Konstellation sind also auch hier nicht zu übersehen. Dennoch verraten vergleichbare Episoden erneut abgrundtiefe Differenzen zwischen den beiden Welten. Als Erich zum ersten Mal von Elisabeth in einem Brief erwähnt wird, bescheinigt sie ihm eine bestimmte Kunstfertigkeit: „Der Erich zeichnet mich in schwarzer Kreide“ (307) heißt es, wofür Elisabeth ihm schon „dreimal [habe] sitzen müssen“ (307). Ähnlich zeichnet Werther Lottes „Schattenriß“ [157], nachdem er ihr Porträt „dreimal“ [157] vergebens angefangen hat. Aber hiermit endet die Ähnlichkeit. Denn Werther behält dieses „[g]eliebte […] Schattenbild“, auf das er „tausend Küsse“ [245] gedrückt hat, bevor er es schließlich Lotte vermacht; Erich hingegen verwendet seine ‚Kunst’ als Mittel zum Zweck. Gegen Elisabeths Willen („Ich wollte auch nicht“ 307) – dafür aber mit der Unterstützung ihrer Mutter – nähert er sich ihr so, noch dazu mit der an Perfidie grenzenden Begründung, Reinhards Mutter damit „eine gar große Freude“ (308) zu machen: Elisabeth soll „der guten Frau Werner“ (308) nämlich in effigie zu Weihnachten geschenkt werden. Eine erfolgreiche Strategie also, von Kunst und Ergriffenheit aber keine Spur. Auch der Kontext, in dem Erich zum zweiten Mal erwähnt wird, lädt zum Vergleich mit einer Stelle aus dem „Werther“ ein. Als Reinhard „eines Nachmittags in’s Zimmer“ (310) von Elisabeth tritt, erblickt er in einem Bauer einen „Kanarienvogel“ (310), von dem er gleich erfährt, dass Erich ihn Elisabeth als Ersatz für den Hänfling gegeben hat, den er selber ihr einmal geschenkt hatte und der inzwischen verstorben ist. Reinhard „kann den gelben Vogel nicht leiden“ (311), was um so verständlicher ist, als Kanarienvogel und „vergoldetes Vogelbauer“ (310) sein eigenes Geschenk um einiges überbietet; Elisabeth aber, die sich in ihrer Eigenschaft als fleißige junge Frau sinnigerweise „mit dem Bau ihrer kleinen Laube beschäftigt“ (311), versteht seine Reaktion nicht einmal, was sie mit dem Urteil quittiert: „Du bist so sonderbar“ (311). Wie anders doch verläuft die Kanarienvogel-Szene im „Werther“! Als Werther am 12. September „in ihre Stube“ [199] tritt, fliegt ein – wohlgemerkt: nicht eingesperrter –„Kanarienvogel“, den sie offensichtlich von einer Reise, um Albert abzuholen, mitgebracht hat, „von dem Spiegel [Lotte] auf die Schulter“ [199]. Während es über den Vogel 67

in „Immensee“ lediglich heißt, dass der Vogel „mit den Flügeln schlug und kreischend nach Elisabeths Finger pickte“ (310), ist hier alles am Kanarienvogel positiv konnotiert: „Er tut gar zu lieb! Sehen Sie ihn! Wenn ich ihm Brot gebe, flattert er mit den Flügeln und pickt so artig. Er küsst mich auch, sehen Sie! “ [199] Daraus entwickelt sich dann in frappantem Gegensatz zu der Passage in „Immensee“ eine sehr sinnliche, ja erotische Szene zwischen Lotte und Werther mit dem Vogel als Übermittler: Er küsst zunächst Lotte, dann Werther auf den Mund, „und die pickende Berührung war wie ein Hauch, eine Ahnung liebevollen Genusses“ [199]. Kurz: Da wo Lotte sich mit Werther dank des Kanarienvogels auf ein Liebesspiel einlässt, das beide einander so nahe wie nie bringt, fungiert der gelbe Vogel im Goldkäfig in „Immensee“ nur als Statussymbol, das die unterschiedlichen Lebensvorstellungen der Figuren einmal mehr unter­ streicht. Zusammenfassend wäre festzuhalten, dass Theodor Storm durch die Art und Weise, wie er Motive aus dem „Werther“ übernimmt, vor allem die Unterschiede zu dem Roman des Sturm und Drang zeigt: Der scheue Reinhard ist kein neuer Werther, die fleißige Elisabeth hat nur wenig mit Lotte gemeinsam. So sehr Storm sich aber bemüht hat, seinen Text von der Liebesgeschichte schlechthin in deutscher Literatur – wie auch von der Ekloge – abzugrenzen, es ist ihm nicht gelungen, die Rezipienten von einer Identifikation mit den Protagonisten abzuhalten, ebenso wenig eigentlich, wie Goethe mit seinem ‚Helden‘. Dabei wäre eine letzte Ähnlichkeit zwischen Reinhard und Werther zu nennen: Beide sind in ihren eigenen Augen Künstler52, sie schaffen es jedoch beide nicht, produktiv zu werden. Während Goethe dieses Unvermögen jedoch künstlerisch in der Form eines Briefromans zum Ausdruck kommen lässt, d. h. den Unproduktiven doch noch etwas zustande bringen lässt, ist Storm radikaler noch: Der „Dilettant“53 Reinhard, von dem wir eigentlich nur ein Gedicht zu lesen bekommen und der auch im Briefeschreiben säumig ist, wird erzählt, d. h. er produziert auch seine eigene Geschichte nicht. Die Künstlernovelle handelt zwar von einem Menschen, der eine Künstlerexistenz erwägt, lässt ihn aber kaum noch zu Wort kommen.

6. Intertextualität als Selbstreflexivität Im Vorangehenden hat sich gezeigt, wie Theodor Storm durch den den jeweiligen Protagonisten und dem Erzähler verborgen bleibenden Rückgriff auf verschiedene Klassiker der Literatur in seiner frühen Novelle einerseits Leseerwartungen schürt und sich andererseits zugleich umgehend wieder von diesen distanziert. Diese ‚doppelspurige Vorgehensweise‘ erfolgt in einem gewagten Balanceakt, von dem die Rezeptionsgeschichte von „Immensee“ hinlänglich belegt, dass er nicht immer durchschaut worden ist. Es sei hier abschließend noch einmal betont: Einem verständlicherweise empathischen ersten Leseeindruck zum Trotz ist die Novelle keine gescheiterte Werthersche Liebesgeschichte, dafür fehlen den Figuren schlicht und einfach die erforderlichen Eigenschaften. Ebenso wenig wird eine am Bukolisch-Idyllischen orientierte Lektüre „Immensee“ gerecht, zeigt und erklärt die Novelle doch ausgerechnet durch die Art des Rückgriffs auf Vergils Ekloge, dass sich die Mitte des 19. Jahrhunderts und ihre ökonomischen Zwänge mit einer als eskapistisch und am Leben vorbeigehend denunzierte Vorstellung des Lebens im imaginären Schönen nicht verträgt. Storm bringt diese Inhalte nicht nur auf textimmanenter Ebene zum Ausdruck, sondern er vernetzt seine Geschichte zugleich allusiv mit früheren Werken. Aus diesen übernimmt 68

er aber nicht einfach Elemente, sondern er transformiert und modernisiert sie so, dass dadurch die Bedingungen seines eigenen Schreibens und die Gefahren, denen auch er als junger Autor ausgesetzt ist, reflektiert werden. Mit anderen Worten: Im Gegensatz zu seiner Figur, die ein ewiger Möchtegern-Schriftsteller bleibt, weiß Storm um die Notwendigkeit, die „aufgeschlagenen Bücher“ für sein eigenes Leben und Dichten produktiv umzusetzen. Dass ihm dies in „Immensee“ auf faszinierende Art und Weise gelungen ist, belegt das weiterhin weit verbreitete Interesse für diesen nur scheinbar so einfachen Text. Anmerkungen   1 David A. Jackson: Theodor Storm: Dichter und demokratischer Humanist; eine Biographie. Berlin 2001 (Husumer Beiträge zur Storm-Forschung Bd.2), S. 80. Der Begriff „Situationen“ im Kontext der Novelle wird öfter von Storm selber verwendet. Siehe hierzu: Adriana Andreotti und Hedwig Bärtsch: „Theodor Storm: Immensee (1850)“. In: Erzählkunst der Vormoderne. Hg. v. Rolf Tarot unter Mitarbeit von Gabriela Scherer. Bern 1996, S. 199-208. Hier besonders S.199 f.   2 Jackson (wie Anm. 1), S. 80.   3 Eckart Pastor: Die Sprache der Erinnerung: Zu den Novellen Theodor Storms. Frankfurt am Main 1988, S. 56.   4 Ebd., S. 53-57.   5 Jackson (wie Anm. 1), S. 83.  6 Ebd.   7 Robert Leroy und Eckart Pastor: Von Storm und anderen Erinnerungen. Frühe Texte von Thomas Mann und Arthur Schnitzler. In: Deutsche Dichtung um 1890. Hg. von R. Leroy und E. Pastor. Bern 1991, S. 333-354. Hier S. 339 f.   8 Hier und im Folgenden verweisen die Zahlen in runden Klammern auf die Seitenzahlen in LL 1.  9 Vergil seinerseits schloss sich an den griechischen Dichter Theokrit an, der der eigentliche Begründer des Genres ist – allerdings unter dem griechischen Namen für Bukolik: Idyll. 10 Hier und im Folgenden wird zitiert nach: Vergil:Bucolica-Hirtengedichte. Lateinisch-Deutsch. Übersetzung, Anm.,interpretierender Kommentar und Nachwort von Michael von Albrecht. Stuttgart 2001 (RUB 18133). Erste Ekloge: S. 6-15. Um die Lektüre nicht unnötig zu erschweren, wird nur die Verszeile angegeben, und der lateinische Text wird jeweils in der Fußnote zitiert. Hier: „patulae recubans sub tegmine fagi“ (Z. 1) 11 „lentus in umbra“ (Z.4) 12 „nos patriae finis […] linquimus“ (Z.3) 13 „Fortunate senex“ (Z.46) 14 „ […] sunt nobis mitia poma, castaneae molles et pressi copia lactis. Et iam summa procul villarum culmina fumant Maioresque cadunt altis de montibus umbrae.“ (Z. 80-3) 15 Zitiert nach: Œuvres complètes de Joachim Du Bellay. Hg. und mit einem Kommentar versehen von Léon Séché. Bd. 3. Hier Sonett XXXI der Sammlung „Les Regrets“, S. 44. 16 Pastor (wie Anm. 3), S. 58. 17 Ebd., S. 59. 18 Christine Anton: Theodor Storm : Immensee. In : Dies. : Selbstreflexivität der Kunsttheorie in den Künstlernovellen des Realismus. New York 1998, S. 44- 63, hier S. 49. 19 „O Meliboee, deus nobis haec otia fecit.“ (Z. 6) 20 Vergil:Bucolica-Hirtengedichte (wie Anm.10), S. 7, Anm. 4. 21 „et ipsum ludere quae vellem calamo permisit agresti“ (Z. 9 f.) 22 „formosam resonare doces Amaryllida silvas“ (Z. 5) 23 Gerd Eversberg: Theodor Storm als Schüler. Mit Prosatexten und Gedichten aus der Schulzeit. Heide 2006. Vgl. auch den Beitrag über Storms Schulzeit in diesem Band der „Schriften“. 24 Ebd., S. 44. 25 Ebd., S. 49. 26 Ebd., S. 92. 27 Ebd. 28 Vergil: Bucolica-Hirtengedichte (wie Anm.10), Nachwort, S. 265. 29 Eversberg (wie Anm. 23), S. 92, Anm. 113. 30 Vergil: Bucolica-Hirtengedichte (wie Anm. 10), Kommentar, S. 103. 31 Anton (wie Anm. 18), S. 44.

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Nachzulesen bei Eversberg (wie Anm. 23), S. 162. Ebd., S. 51. Anton (wie Anm. 18), S. 60. Eversberg (wie Anm. 23), S. 50. Ebd., S. 51. Pastor (wie Anm. 3), S. 68. Jackson (wie Anm. 1), S. 85. „en umquam patrios longo post tempore finis Pauperis et tuguri congestum caespite culmen, post aliquot, mea regna videns, mirabor aristas ?“ (Z. 67-69) Diese Passage und vor allem die Künstlerproblematik darin analysiert Pastor im Detail. Siehe Pastor (wie Anm. 3), S. 53 ff. 41 Ebd., S. 49. 42 „hic inter flumina nota Et fontis sacros frigus captabis opacum“ (Z. 51-2) 43 „hinc tibi, quae semper, vicino ab limite saepes Hyblaeis apibus florem depasta salicti […]“ (Z. 53-54) 44 „insere nunc, Meliboe, piros, pone ordine vitis“ (Z. 73) 45 „hinc alta sub rupe canet frondator ad auras“ (Z.56) 46 Vergil: Bucolica-Hirtengedichte (wie Anm.10), S. 11, Anm. 8. 47 Siehe z. B. Louis Gerrekens : Storm liest Kleist – Spiel und Ernst im Umgang mit Angelesenem. In: STSG 53 (2004), S. 93–107. 48 Jackson (wie Anm. 1), S. 86. 49 Ebd. 50 „Non ego vos posthac […] videbo“ (Z.75-76) 51 Hier und im Folgenden verweisen die Zahlen in eckigen Klammern auf: Goethe: Poetische Werke. 16 Bde. Berlin 1961-68. Hier Bd. 9. Zitiert wird nach der Seitenzahl. 52 So Werther z. B.: „Ich könnte jetzt nicht zeichnen, nicht einen Strich, und bin nie ein größerer Maler gewesen als in diesen Augenblicken“ (S. 123.) 53 Pastor (wie Anm. 3), S. 67.

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Liebe – Ehe – Scheitern Zur Rezeption Immermanns durch Theodor Storm Von Peter Hasubek, Braunschweig In den Jahrzehnten nach Immermanns Tod im Jahre 1840 ist sein Werk, besonders sein Spätwerk, der „Münchhausen. Eine Geschichte in Arabesken“ (1838/39), beim Publikum und insbesondere bei den deutschen Schriftstellerkollegen lebendige Gegenwart. Das gilt sowohl für die nach-jungdeutsche Dichtergruppe als auch für die Autoren des Realismus nach 1850. Während Karl Gutzkow „Die Epigonen“ und den „Münchhausen“ wiederholt positiv wertet und die mit Immermann fast gleichaltrige Annette von Droste-Hülshoff (*1797) mit Hochachtung zu dem „Münchhausen“ aufschaut und sich glücklich schätzen würde, wenn ihre Erzählungen die gleiche Rangstufe wie Immermanns Roman einnähmen,1 äußert sich Gottfried Keller eher verhalten und kritisch. Durch seine Bekanntschaft mit Ludmilla Assing, der Verfasserin der Biographie von Elisa von Ahlefeldt, der langjährigen Lebensgefährtin Immermanns, ist sein Standpunkt voreingenommen und parteigebunden: Er beurteilt und verurteilt Immermanns Verhalten der Gräfin gegenüber moralisch und verstellt sich somit zugleich den Zugang zur Person Immermanns wie zu seinem Werk.2 Eine vorurteilsfreie Rezeption Immermanns durch Keller und eine Verarbeitung des Werkes von Immermann im eigenen Schaffen ist damit ausgeschlossen. Theodor Fontane hat offenbar 1858 Immermanns „Münchhausen“ sehr positiv, aber auch differenzierend zur Kenntnis genommen.3 Er bittet Wilhelm von Merckel, der in der literarischen „Sonntagsgesellschaft“ „Tunnel über der Spree“ den Namen „Immermann“ trug, wiederholt um den Roman und schreibt in dem Brief vom 18. Februar 1858 wörtlich: Auch in Bezug auf den „Münchhausen“ Ihres Namensvetters, bin ich um ein paar Grade milder als Sie. Es ist wahr (über die Vortrefflichkeit der Dorf-Schilderungen kann kein Zweifel sein) daß sein Witz oft gesucht ist, aber es will mich bedünken, daß es mit den größten und berühmtesten Humoristen aller Völker so ziemlich dasselbe ist. […] Was Immermann […] angeht, so kann ich nicht leugnen, dass er in der Sache gewöhnlich den Nagel auf den Kopf trifft und nur dadurch von Zeit zu Zeit langweilig wird, daß er auf den Nagel, bloß zu seiner eigenen Erbauung, noch los klopft, während dieser schon lange so tief sitzt wie er nur irgend sitzen kann. Es ist alles zu breit.4

Das gesamte 19. Jahrhundert hat Immermanns „Dorf-Schilderungen“, den sog. „Oberhof“-Teil des „Münchhausen“ lobend immer wieder hervorgehoben. Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass Fontane auch den Humoristen (und Satiriker) Immermann schätzt, wenngleich er dabei kritische Einschränkungen vornimmt. Wie stark die Nachwirkung von Fontanes „Münchhausen“-Lektüre nach der ersten Kenntnisnahme von 1858 gewesen sein muss, ist dadurch dokumentiert, dass er in den siebziger Jahren bei der Niederschrift von „Vor dem Sturm“ auf eine Partie des Romans von Immermann direkt zurückgreift, wie Walter Hettche nachgewiesen hat.5 Es handelt sich um das 14. Kapitel des vierten Bandes von „Vor dem Sturm“ mit dem Titel „Eingeschlossen“. Als Marie ihr Gesangbuch vermisst und dieses in der Kirche sucht, findet sie sich mit Tubal 71

plötzlich in der Kirche eingeschlossen. Marie ist über dieses Vorkommnis höchst beunruhigt, ja verstört, während Tubal die Situation als eine willkommene Gelegenheit betrachtet und sie zu nutzen versucht, sich Marie zu nähern. Marie versucht durch Ablenkungen die Situation zu entschärfen, was ihr nur bedingt gelingt; Tubal deutet jede Einzelheit um im Sinne des von ihm erwünschten Zieles. Im Moment des Höhepunktes („,ich lasse dich nicht, Marie … ich will es …‘“6, ruft er aus) wird Marie erlöst, indem der alte Kubalke zurückkehrt und sie aus der Kirche befreit. – Bei Fontane entspricht diese Situation bis in Teile des Wortlautes hinein einer entsprechenden Szene in Immermanns „Münchhausen“. Durch ein Versehen sind hier Lisbeth und Oswald ebenfalls in der Kirche eingeschlossen. Der Erzähler kommentiert Lisbeths Überraschung: „,Eingeschlossen?‘ fragte sie voll s ü ß e m Schreck.“7 In der Folge findet die endgültige Annäherung beider statt, und sie vollziehen zunächst eine ganz private ‚Verlobung‘, die dann von dem Diakonus, der sie aus der Kirche befreit, legalisiert wird. Lisbeth widerstrebt der Annäherung Oswalds keineswegs („voll süßem Schreck“!), liebt sie doch Oswald, der seinerseits eher derjenige ist, der aus Verlegenheit zunächst Ausflüchte sucht: „,Ich ertrag’s nicht so still zu sitzen! Lassen Sie uns die Kirche besehen!‘ rief er“8 – bis er schließlich Lisbeth ergreift und vor den Altar trägt. Die Rollen der Frauen und Männer sind bei Fontane und Immermann nahezu vertauscht: Während Marie sich gegen die Annäherungsversuche Tubals mit allen Mitteln wehrt, erkennt man bei Lisbeth ein stilles Einverständnis. Tubal ist in Fontanes Roman der Drängende, Fordernde, um welchen Zieles willen auch immer, Oswald hält sich zunächst zurück, obwohl er Lisbeth liebt. Er will die Situation nicht zu seinen Gunsten ausnutzen.9 Die Szene bei Immermann hat offenbar auf Fontane einen großen Reiz ausgeübt. Er benutzt sie zwar bis in kleine Details hinein, verkehrt die Figurenkonstellation aber ins Gegenteil, um sie seinem gewünschten Erzählablauf sinnvoll zu integrieren. Wilhelm Raabe dürfte im 19. Jahrhundert derjenige Autor gewesen sein, in dessen literarischem Werk Immermann die breiteste Rezeption erfuhr. Raabe besaß Immermanns „Münchhausen“ und bezeichnete den Roman als sein Lieblingsbuch. Er las den Roman um 1865 und später in den letzten Lebensjahren erneut („[…] ich war gerade dabei, Immermanns ‚Münchhausen‘ nochmals zu lesen“10). Außerdem ist die Lektüre von Immermanns „Memorabilien“ (18401843) sowie der „Mythe“ „Merlin“ (1832) belegt. Raabe wandte sich vehement gegen die Herauslösung der „Oberhof“-Erzählung aus dem „Münchhausen“, schlug aber andererseits dem Verleger Ernst Eckstein die Erzählung „Ich. Fragment einer Bildungsgeschichte“ als Gegenstand einer Teilveröffentlichung des „Münchhausen“ vor. Man hat in der Forschung von der „produktiven Rezeption“11 Immermanns durch Raabe gesprochen, die in einer Vielzahl von Texten Raabes zu beobachten sei, so etwa in „Die Leute aus dem Walde“ (1863), „Meister Autor“ (1874), „Wunnigel“ (1878), „Alte Nester“ (1879), „Stopfkuchen“ (1891), „Die Akten des Vogelsangs“ (1896) und in dem Fragment gebliebenen Roman „Altershausen“. Nach Gabriele Henkel variiert die Form der literarischen Verarbeitung von „scherzhaften Anspielungen“ und „parodistischen Textmontagen“ bis hin zu „erzählstrukturellen Parallelen“.12 Obwohl „Wunnigel“ als Hauptzeuge für die Verarbeitung Immermanns durch Raabe gelten kann, beschränke ich mich hier auf zwei andere Beispiele, auf „Alte Nester“ und „Stopfkuchen“. Die wiederholten Anspielungen auf Immermann und Zitate aus dem „Münchhausen“ erwecken den Eindruck, dass in „Alte Nester“ der „Dichter Immermann […] dem Schriftsteller Raabe fortwährend als Bezugsperson zur Seite stand und maßgeblich am Produktionsprozeß beteiligt war“13. Kritik an dem zeitgenös72

sischen Literaturbetrieb übt Raabe zum Beispiel mit jenem in den Roman montierten Satz: „[…] Karl Leberecht Immermann […] hat wieder einmal vergeblich am Wege gestanden und warnend die Hand erhoben. Wir haben uns ein Unterhaltungsstücklein aus seinem weisen, bitterernsten Buche zurechtgemacht.“14 An den Ortsnamen „Oberhof“ im „Münchhausen“ klingt der Name „Steinhof“ in der Nähe von Bodenwerder in den „Alten Nestern“ an. Seit Immermanns zeitkritischen und satirischen Tiraden von 1838 habe sich bis zu dem Zeitpunkt des Erscheinens der „Alten Nester“ nicht viel geändert, konstatiert der Erzähler und mit ihm Wilhelm Raabe: Es hat seit dem Jahre 1838, in welchem Jahre der Freiherr von Münchhausen seinen Gastfreund, den Baron Schnuck-Puckelig-Erbsenscheucher in der Boccage zum Warzentrost als Syndikus bei seiner Luftverdichtungs-Aktienkompagnie anstellte, manch liebes Mal mehr voll, ein Viertel, halb und drei Viertel auf dem Kirchturme von Bodenwerder geschlagen. Der Fortschritt ist wieder ungeheuer gewesen; unsere Bauern sind die „Herren Ökonomen“ geworden und gründen längst selber Zuckerfabriken und Luftverdichtungs-Aktiengesellschaften. Ihre Jungfern haben sich „mamsellen“ lassen und werden Fräuleins genannt. Fräulein Emerentia von Schnuck-Puckelig ist eine Wahrheit geblieben; aber die Tochter vom Oberhofe ist zu einem schönen Phantasiebild geworden […].15

Die Struktur der „Alten Nester“ weist eine ähnliche lockere Reihung von Szenen auf, wie man sie im „Münchhausen“ beobachten kann, und so wie Immermann selbst als Figur im Roman auftritt, als Erzähler und deus ex machina agiert, um seiner in Schwierigkeiten geratenen Figur beizustehen, begegnet der Erzähler Langreuther dem Stadtrat Bösenberg, dem Erzähler in Raabes Roman „Die Kinder von Finkenrode“, worüber Raabe im Tagebuch notiert: „Herrn Max Bösenberg aus Finkenrode wieder in die ‚Litteratur‘ eingeführt.“16 Hinsichtlich des „Stopfkuchen“ stellen Johannes Graf und Gunnar Kwisinski die Frage „Heinrich Schaumann, ein Lügenbaron?“17 (wie Immermanns Münchhausen etwa) und bejahen sie. Abgesehen davon, dass Schaumann Valentine mit „Emerentia“ tituliert – so heißt die weibliche Hauptgestalt der „Münchhausen“Erzählung und Geliebte der Titelfigur –, er versteht sich selbst als Lügenbaron. Dies wird von den Verfassern damit begründet, dass Schaumanns Beweisführung, Störzer sei der Mörder von Kienbaum, nur auf subjektiven Indizien Schaumanns beruht, stichhaltige Beweise und Geständnisse existieren nicht, da alle Beteilig­ ten bereits tot sind und Schaumann deshalb auch keine Widerlegung seiner These zu befürchten habe. Zudem besitze der Mord an dem Sohn des Hofschulzen im „Münchhausen“ durch den Patriotenkaspar „inhaltliche Parallelen“18 zu der Mordgeschichte im „Stopfkuchen“.19 Über diesen thematischen Zusammenhang hinaus beobachten Graf und Kwisinski auch strukturelle Analogien zwischen den beiden Romanen. Den zwei Erzählbereichen in Immermanns Roman, die teils nebenher laufen, teils durch verschiedene integrierende Elemente miteinander verbunden seien, entspreche in Raabes Roman ein „Übereinander“ von Erzählebenen, die auf die Erzählfiguren Schaumann und Eduard bezogen sind. Fasst man die Rezeption Immermanns durch die beispielhaft ausgewählten Autoren des Realismus zusammen, so zeigt sich der Befund, dass sich die Rezeption im wesentlichen auf die späten Werke Immermanns, vorweg „Münchhausen“, konzentriert. Die Rezeptionsgeschichte der Werke Immermanns lehrt, dass sein frühes und mittleres Werk, die Dramatik und auch der Roman „Die Epigonen“, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits weitgehend – mit Ausnahme in der literaturwissenschaftlichen Forschung – der Vergessenheit und Unbekanntheit anheim gefallen sind. Dass der „Münchhausen“ noch eine gewisse Popularität genießt, ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass seit 73

1863 die Reihe der Veröffentlichungen eines Teils des Romans, des so genannten „Oberhof“, beginnt. Wie ist nun Storms Immermann-Rezeption beschaffen? * Immermann starb 1840, als Storm 23 Jahre alt war. Einen brieflichen oder persönlichen Kontakt konnte es bei diesen Altersverhältnissen bis zum Jahre 1840 schwerlich geben. Deshalb muss sich die Untersuchung der Nachwirkung Immermanns auf Storm einseitig auf überwiegend schriftliche Quellen Storms beschränken. Die Frage nach der Rezeption Immermanns durch Storm gliedert sich in zwei Teilfragen: 1. Welche Einstellungen Storms zu Immermann treffen wir an und wie äußert er sie; 2. welche Nachwirkungen zeitigt das Werk Immermanns möglicherweise im Werk Theodor Storms? Zunächst sei Storms persönliche Einstellung zu Immermann und seinem Werk an Hand biographischer Zeugnisse erläutert. Im Jahre 1883 findet ein ‚indirekter‘ Kontakt mit Immermann statt, genauer gesagt, mit dessen Frau Marianne, mit der er weniger als ein Jahr verheiratet war, und seiner Tochter Karoline, die wenige Tage vor seinem Tod geboren wurde. Am 13. Dezember 1883 schreibt Theodor Storm an Erich Schmidt: Ich hörte das Erstere [dass Schmidt nach Hamburg kommen wolle] schon dort, in einer Gesellschaft der Frau Rath Wolf, vordem Immermanns Wittwe, die Lisbeth seines ‚Münchhausen’; eine alte Dame, die ich, oder richtiger, die mich zu Tisch führte. Aber ich lernte auch Immermann’s einziges Kind kennen, die Geheimräthin Geffken, eine vierzigjährige Frau mit jungem Gesicht u. weißen Haaren; kluge Frauenzimmer.20

Das ist gleichsam der Schlusspunkt, zumindest das letzte schriftliche Zeugnis Storms21 über Immermann. Dass es „kluge Frauenzimmer“ gewesen sein müssen, wenigstens was das Leben Immermanns anbetrifft, resultiert aus dem Umstand, dass Marianne, damalige verehelichte Wolf, die erste Biographie über Immermann verfasste, die unter dem Namen Gustav zu Putlitz 1870 in zwei Bänden erschien. Der Umgang Storms mit den Personen aus dem intimsten Umfeld Immermanns zeigt, dass dieser und sein Werk ihm zeitlebens präsent gewesen sein müssen. Was geht voraus? Eine wichtige Quelle zur Beantwortung dieser Frage stellen die Briefe an Constanze Esmarch aus dem Zeitraum von 1844 bis 1846 dar. Wir erfahren, dass Storm in erster Linie den Roman „Münchhausen“ schätzte, dessen Lektüre er laut einem Briefzeugnis am 26. Juli 1845 beendet hat. Im Jahr 1846 ist die erneute Lektüre des Romans belegt, was für das fortdauernde Interesse Storms an Immermann zeugt, verbunden hier mit der Bemerkung, dass er den Roman als eine seiner „Lieblingsdichtungen“ „in abendlicher Musse oder an Sonn- und Fest­ tagen“22 gern mit Constanze zusammen lesen möchte. Die ‚Lieblingsdichtung‘ „an Sonn- und Festtagen“ der Geliebten vorzulesen, das zeigt die große Bedeutung des „Münchhausen“ für Storm und sein Verhältnis zu Constanze. Die Lektüre des „Münchhausen“ motiviert Storm, weitere Werke von Immermann zu lesen. So teilt er im August 1845 mit, dass er Immermanns „Memorabilien“ gelesen habe, gemeint ist deren erster Teil „Die Jugend vor fünfundzwanzig Jahren“ (1840), und sich an dem Kapitel über Onkel Yorick erheitert und den Abschnitt über die Familie mit großer Zustimmung aufgenommen habe. Im Jahr 1846 folgt dann die Lektüre des 1841 erschienenen Versepos „Tristan und Isolde“23 von Immermann, das Storm wahrscheinlich schon 1842 erworben hat.24 Es wäre jedoch ein Irrtum, wollte man Storms Immermann-Rezeption auf die Jahre 1844 74

bis 1846 und die genannten Werke begrenzen. Für den tiefen Eindruck, den Immermanns „Münchhausen“ auf ihn gemacht hat, zeugt der Umstand, dass er seine am 10. Juni 1855 geborene Tochter auf den Namen „Lisbeth“, der weiblichen Hauptfigur des Romans taufen lässt, wie aus dem Brief an Fontane vom 16. Juni 1855 hervorgeht: „[…] der Name ist seit acht Jahren ausgemacht“25, wurde also offenbar schon im Umkreis der Lektüre des „Münchhausen“ für künftige Fälle notiert.26 – 1863 erschien die erste Ausgabe von „Der Oberhof“, also jenes Teils des „Münchhausen“, der die Liebesgeschichte zwischen Oswald und Lisbeth sowie andere Erzählpartien aus dem Gesamtroman herausschneidet und separat veröffentlicht, ein sehr umstrittenes Publikationsverfahren.27 Storm erwirbt sofort diese Ausgabe und begeistert sich für die Illustrationen von Benjamin Vautier28, hält er doch die „[…] Illustration werthvoller Dichtungen […] für eine herrliche Sache“29. – Es wäre paradox, hätte der Lyriker Storm nicht auch die Gedichte Immermanns rezipiert.30 Deutliche Spuren dieser Lektüre treffen wir bereits in der ersten Auflage des „Hausbuches“ von 1870 an, in welchem drei kurze Gedichte Immermanns aufgenommen sind.31 In der von Hans Speckter illustrierten Ausgabe des „Hausbuchs aus deutschen Dichtern seit Claudius“32 von 1875 nimmt er zusätzlich 16 Strophen aus dem Vorspiel von „Tristan und Isolde“ auf, einer „köstlichen Dichtung“, der er einen höheren Bekanntheitsgrad verschaffen möchte.33 – Aus den biographischen Quellen ist zu entnehmen, dass Storm für Immermann mehrere Jahrzehnte lang eine unverändert positive Wertschätzung hegte. Das Interesse gilt zwar überwiegend dem Spätwerk von 1838 bis 1840/41. Seine Immermann-Kenntnis erstreckt sich aber ebenso auf dessen Gedichte wie auch auf andere Werke.34 Warum rezipiert Storm Immermanns Werke? Was spricht ihn darin besonders an? Um die Frage zu beantworten, sei ein kleiner Umweg eingeschlagen. In dem Brief Nr. 5 vom 24.-27. April 1844 und in mehreren anderen Briefen an seine Braut Constanze Esmarch entwickelt Storm sein Bild von der Liebe, Ehe und nicht zuletzt auch von der Frau. Liebe ist für Storm eine ganz persönliche intensive Beziehung zwischen Mann und Frau, die lebenslang andauert und nur durch den Tod aufgelöst werden kann. „Aber, mein geliebtes Mädchen, unsre Liebe, wenn sie ein Theil unsrer selbst geworden, wenn sie nothwendig in unser Leben verzweigt und verwachsen ist, dann ist die glückliche Stimmung des Augenblicks nur die Blüthe einer tiefen festen Wurzel, aus der sie immer aufs Neue sich erzeugen muß.“35 Dieser intensiven dauernden Bindung eignet das Moment der unendlichen Regeneration, die durch nichts zu beeinträchtigen ist. Was für ihn gilt, gilt selbstverständlich auch für die Frau. „Du glaubst, Du frommes Herz, so fest an unsre ewige Fortdauer; wenn ich selbst nicht aufhöre, könntest Du dann jemals aufhören mich zu lieben?“36 Das Moment der ewigen Dauer ist bei Storm verbunden mit der Sakralisierung der Liebe und damit auch der Ehe. Die Liebe ist für ihn etwas Heiliges, ja Göttliches. „[…] Liebe ist unmittelbare Gottheit. Liebe ist Andacht, ja Liebe ist schon Religion.“37 Diese Liebesauffassung basiert bei Storm wie bei Constanze Esmarch auf Frömmigkeit als Element der christlichen Religion in säkularisierter Form, ja sie scheint in Storms Weltbild eine absolute Größe zu sein, die alle anderen Werte übertrifft. Dass in der Wirklichkeit bereits vor und besonders nach der Eheschließung das Verhältnis zwischen beiden diesem hohen Anspruch nicht entsprach, ist zur Genüge bekannt. Deshalb verzichte ich darauf, weitere Einzelheiten über Storms Liebes- und Eheverhältnisse hier auszubreiten. Wenn sich Storm auf Immermanns „Münchhausen“ bezieht, dann stets auf die Liebe zwischen dem Grafen Oswald und dem Findelkind Lisbeth – „worin [im 75

„Münchhausen“ nämlich] ich die lieblichsten Liebesscenen gefunden, die mir je vorgekommen“ –, eine Liebe, die für ihn paradigmatische Bedeutung für sein Bild von der Frau und der Beziehung zwischen Mann und Frau besitzt. Die humoristischen und zeitsatirischen Geschichten des Lügenbarons als eine wichtige Schicht des Romans bleiben dabei außer Betracht. Die Bezugspunkte in Immermanns Roman sind die erste Begegnung der Liebenden (2. Buch, 11. Kapitel), die Erklärung ihrer Liebe und Verlobung in der Kirche (5. Buch, 5. Kapitel), das Liebesidyll in Feld und Busch (5. Buch, 8. Kapitel) sowie Lisbeths Erklärungen über ihre Liebe zu Oswald (8. Buch, 7. Kapitel) und der zweite Brief des Anhangs. In dem Kapitel vier des 5. Buches findet mit romantisierendem, leicht trivialen Einschlag – Oswald sang ein Frühlingslied – eine Verklärung, eine quasi Entrückung aus der Wirklichkeit in eine andere Welt statt. „[…] seine Welt kam ihm verklärt, gelichtet, vergöttlicht zurück aus dem Lächeln Lisbeths und von ihren frischen Lippen. So wogte es zwischen ihnen hin und wider, ein Seliges, Unausgesprochenes, Unaussprechliches und war der Wonne kein Ende.“ Lisbeth ist Oswald in Gedanken stets gegenwärtig, wie wir dies ähnlich auch in nahezu jedem Brautbrief Storms an Constanze über ihr beider Verhältnis lesen. In der im Erzählablauf des „Münchhausen“ bald folgenden Szene in der Kirche – es ist dieselbe Szene, auf die sich Fontane in „Vor dem Sturm“ bezieht – gipfelt diese Entwicklung, indem Oswald zwei Ringe vom Sargschmuck nimmt und sie Lisbeth und sich selbst aufsteckt; mit den Worten „[…] denn das Leben ist stärker als der Tod“38 widmet er sie um. „Ihr Busen flog, daß das Mieder wild bewegt wurde. Aber schon hatten seine starken Arme sie umstrickt und aufgehoben und vor den Altar getragen. Dort ließ er sie nieder, die halb­ ohnmächtig an seiner Brust lag, und stammelte schluchzend vor Liebesweh und Liebeszorn […]. Ihr Herz schlug an seinem, sie schmiegte sich an ihn, als wollte sie mit ihm verwachsen. […] Nun hob er ihr Haupt empor, und die Lippen fanden sich. In diesem Kusse standen sie lange, lange. Dann zog er sie sanft neben sich auf die Kniee nieder, und beide erhoben vor dem Altar betend die Hände. Sie konnten aber nichts vorbringen als: „Vater! Lieber Vater im Himmel!“ Und das wurden sie nicht müde, mit wonnezitternder Stimme zu rufen. Sie riefen es so zutraulich, als ob der Vater, den sie meinten, ihnen die Hand reiche.39

Die sich im sakralen Raum der Kirche vollziehende Verlobung gibt dieser Partie einen stark religiösen Akzent. Das Religiöse bleibt indes nicht abstrakter Wert, sondern erhält durch das Gott-Vater-Bild persönliche, menschliche Züge. In dem Kapitel „Eine Idylle in Feld und Busch“ wird die Liebe zwischen Oswald und Lisbeth ins Idyllische gesteigert. Raum und Zeit werden angesichts ihres Glücks­ empfindens aufgehoben. Liebe und Ehe sind etwas Heiliges. Neben dem religiösen Moment ist für die Liebe bei Immermann ihre ewige Dauer charakteristisch.40 Im Unterschied zu den brieflichen Äußerungen Storms ist es in dem Roman Immermanns die weibliche Figur, an welcher das Liebesideal exemplifiziert wird, während Oswald eine passive Rolle dabei spielt. Dass die Liebes- und Eheauffassung Immermanns bei Storm starke Zustimmung erfuhr, dürfte kaum verwundern, ja mehr noch, das Liebesverhältnis zwischen Oswald und Lisbeth gewinnt Vorbildcharakter für Storms Verhältnis mit Constanze. Nun hat die Logik dieser Ausführung aber zwei Haken! Zum einen kann nicht allein Immermanns „Münchhausen“ als Quelle und Anregung für Storms Liebes­ auffassung gelten. Andere Einflüsse sind denkbar. Zum zweiten: Wir haben uns eingangs bewusst auf den Brief Nr. 5 von 1844 bezogen, während Storm entsprechend den brieflichen Äußerungen den „Münchhausen“ erst 1845 las. So wird der Einfluss Immermanns erst in der Folgezeit eine Rolle spielen und Storms 76

Auffassung allenfalls präzisiert und verstärkt haben. Ergo: Es gibt überzeugende Verbindungslinien von Storm zu Immermann, aber die Hinweise auf den „Münchhausen“ haben eher den Rang einer Bestätigung und Intensivierung für Storm als den einer Innovation. Er erkennt in der Liebesauffassung Immermanns sein eigenes Wunschbild ausformuliert wieder. In der Gegenüberstellung Lisbeths und Clelias, zweier ganz unterschiedlicher Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts im achten Buch des „Münchhausen“, wird Immermanns Frauenbild präzisiert, zumindest was eine gewisse Idealvorstellung von der Rolle der Frau in der Gesellschaft anbetrifft. Das einfache, natürliche Findelkind Lisbeth (das freilich die uneheliche Tochter Münchhausens und Emerentias ist) stellt sich mit der Adligen auf eine gesellschaftliche Stufe, empfindet sich auf Grund ihrer Menschlichkeit der Adligen als gleichberechtigt, ja sogar als überlegen: Als „Priesterin“ einer anderen sozialen Ordnung tritt sie der „Weltdame“ unter Berufung auf Gott entgegen und fügt ihr eine schmachvolle Niederlage bei. Und nun haben Sie Ihrem Gemahle Seele und Leib ergeben, Ihre Person haben Sie ihm hingegeben und Ihre jungfräuliche Ehre! Sind wir darin nicht gleich? Hat die Braut eines Kaisers etwas Höheres als die Majestät ihrer jungfräulichen Ehre? Ich bin eine Jungfrau, meine gnädige Baronesse. In der Ehre der Jungfrau fühle ich mich geadelt und der Braut des Kaisers gleich.“41

Das sind deutlich sozialkritische Töne, wenngleich die herkömmliche Gesellschaftsordnung nicht in Frage gestellt und kritisiert wird. Ob Storm dieses sozialkritische Potential im Verhalten der Frau in der Gesellschaft heraus gehört und gern gehört hat? Allerdings bleibt auch bei Immermann die Frau dem Mann ergeben („Demütig nehme ich alles an von Oswald, aber nicht gedemütigt […]“42), und strebt ihm gegenüber keine Gleichberechtigung oder gar Überordnung an. Der Altersunterschied zu seiner Braut und ihre in mancher Hinsicht lückenhafte Bildung bewirken, dass Storm in den Briefen an Constanze oftmals ein belehrendes Verhalten an den Tag legt. Er versucht, ihr neue Interessengebiete zu erschließen, diese verständlich zu machen und sie (aus seiner Sicht) vor falschen oder voreiligen Entscheidungen zu bewahren. Dieses Verhältnis entspricht weitgehend dem, das die Briefe Immermanns an seine fast 20 Jahre jüngere Braut Marianne Niemeyer von 1839 erkennen lassen. Der ältere Dichter unterrichtet seine künftige, für ihr Alter allerdings sehr gebildete Frau über die deutsche Literatur, über weltanschauliche Fragen über seine persönlichen Anschauungen von Gott, Liebe und Ehe. Hingegen fehlen den Briefen Immermanns an die Braut, soweit sie vollständig erhalten sind, Liebesgeständnisse und emotionale Äußerungen, wie wir sie in Storms Briefen häufig antreffen. Während hinsichtlich der Lektüre von Immermanns „Tristan und Isolde“ von Storm annähernd die gleichen Akzente bei der Rezeption artikuliert werden wie bei dem „Münchhausen“, betrifft die Lektüre von Immermanns „Memorabilien“ einen anderen Bereich. Storm las den ersten Teil von Immermanns „Memorabilien“, „Die Jugend vor fünfundzwanzig Jahren“, mit Begeisterung und mit großer Zustimmung („[…] das alles […] ist wie du weißt mir aus der Seele gesprochen“43). Was Storm vor allem interessiert, ist Immermanns Auffassung von der Familie und der Frau in der Gesellschaft.44 Mit den Worten „Ich habe heute Nachmittag wieder in Immermanns Memorabilien […] gelesen und mich an diesem gesunden und tüchtigen Sinn erquickt. Ich habe soeben den Abschnitt von der Familie gelesen“45 leitet Storm seine Ausführungen und Zitate aus Immermanns „Die Jugend vor fünfundzwanzig Jahren“ ein und bezieht das Gesagte anschließend auf 77

sein Verhältnis zu Constanze.46 Was hat ihn an Immermanns Familienauffassung so fasziniert? In Abgrenzung von anderen Nationalitäten (Italienern, Spaniern, Franzosen und Engländern) zeichnet Immermann ein Bild von der „höchsten Gestalt“47 der Familie, die so nur in Deutschland existiere. Aus ger-manischer Tradition leitet Immermann ein Bild der Frau her, das er mit dem Begriff des „Heiligen“ umschreibt. Die Ehe definiert er als ein Sakrament, das nicht im christlich-katholischen Sinn verstanden werden muss, das aber im säkularisierten Sinn etwas „Unbeschreibliches“, „Unaussprechliches“ bedeutet. Liebe und Ehe beruhen auf dem Begriff der „Person“48, die „das ganze, ewige, unberechenbare Wesen des Menschen“ bezeichne. Das Moment des Ewigen beinhalte das Moment der „Treue“49 als das eine Merkmal der deutschen Familie50. Das andere Moment der deutschen Ehe und Familie sei das „Kind“, das ebenfalls von Geburt an als eine „Person“ erkannt wird, als solche respektiert und erzogen wird, indem die Erziehung nicht auf das abziele, was ist, sondern auf das, was sein wird oder sein kann, auf Zukunft also, um dem Kind die bestmögliche Erziehung für sein Leben zu gewähren. Letztlich ist die Familie auch die Grundlage des Staates. Bis hierhin wird Storm Immermanns Ausführungen in „Die Jugend vor fünfundzwanzig Jahren“ zustimmend aufgenommen haben. Aber das ist nur die halbe Wahrheit von Immermanns Ausführungen über Ehe und Familie zu seiner Zeit. Hat Storm Immermanns Ausführungen wirklich aufmerksam und genau gelesen? Ehe und Familie, so wie sie Immermann bisher beschrieb, existieren in der „Jetztzeit“51 (1840) nicht mehr. Sie werden durch verschiedene Faktoren eingeschränkt und verändert. Zunächst stellt Immermann fest, dass die Familie in der Realität nach anderen Prinzipien funktioniert, als er sie definierte, er kenne sehr wohl „den deutschen geblümten Schlafrock, das Landesprodukt, die gelben Pantoffeln, die weiße baumwollene Nachtmütze; den Born vaterländischen Tiefsinns, den Bierkrug und die Stütze des Charakters, die Tabakspfeife“52 und er kenne ebenso den „ganzen Zettel- und Bettelkram der deutschen Familie, ihren blühenden Jammer und die empfindsame Hausheuchelei“53. Die Idee, das Postulat Immermanns von der deutschen Familie, das so allenfalls bis zur Zeitenwende durch Napoleon existierte, wenn überhaupt, wird durch das triviale Alltagsbild ihrer Erscheinungsform, einschließlich der von Immermann gezeichneten Karikaturen der Familie, eingeschränkt, relativiert. Ferner unterwirft Immermann sein Bild von der Familie einer historisierenden Betrachtungsweise, indem er feststellt, dass zwar die Herrschaft Napoleons über Deutschland seit 25 Jahren beendet sei, die Nachwirkungen des Napoleonischen Systems aber viele Bereiche der Gesellschaft beeinflusst, ja verändert hätten einschließlich der Bereiche Ehe und Familie. Dazu kommen weitere, ‚moderne‘ Faktoren wie der Einfluss der Journale, der Vereine (besonders der Frauenvereine), das Reisen, die Geselligkeit allgemein. Alles in allem sei dadurch auch die Familie eine andere geworden als im 18. Jahrhundert, und diejenigen, die in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts eine Familie gründeten, seien „Zweifelnde“, „Hamlete“, weil ihnen die alten Fundamente der Ehe und Familie nicht mehr selbstverständlich seien.54 Nicht etwas Ewiges oder gar Heiliges, nichts „Unbeschreibliches“ oder „Unaussprechliches“, nicht Treue und das Kind als Zukunftshoffnung, sondern die Frage des gegenseitigen ‚Verstehens‘ bilde nun Ausgangspunkt und Inhalt von Liebe und Ehe: „Jetzt pflegt der Mann von dem Mädchen seiner Wahl zu rühmen, dass sie ihn verstehe. Und so spricht umgekehrt das Mädchen auch.“55 Das genüge aber nach Immermann nicht als Basis für Ehe und Familie, sondern allenfalls für ein freundschaftliches Verhältnis, weil es nicht den ganzen Menschen erfasse. 78

Ein für Immermann wichtiges gesellschaftliches Problem ist die Frage der Mädchenerziehung, Gedanken, die Storm als Zitat nahezu wörtlich von Immermann übernimmt. Immermann kritisiert die Dressur und die Oberflächlichkeit in der Erziehung und fordert, dass, wenn die Lehrer schon versagten, es Aufgabe der Männer sei, ihre Frauen über das „Wissenswürdige“ und die „großen Gestalten der Geschichte und Literatur“, kurz über die eigentlichen Werte einer geistigen Bildung zu unterrichten, was voraussetzt, dass die Männer eine bessere Erziehung genossen haben als die Frauen. Genau dieses Prinzip wandte Immermann gegenüber seiner Braut Marianne Niemeyer an, wie es die überlieferten Briefe von 1839 an sie belegen. An Constanze schreibt Storm: ihre Erziehung sei zwar nicht „jämmerlich“, aber „mangelhaft“ gewesen, ihr fehle genau das, was Immermann an der Bildung der Frauen seiner Zeit moniere: „[…] aber mangelhaft ist Deine Erziehung gewesen; man hat Dich nicht mit dem Marke des Wissenswürdigen erfüllt, damit Du für alles geistig Tüchtige und Schöne ein Maaß in Dir trügest und einen Schutz gegen das Schlechte und Mittelmäßige.“56 Storm, den Thomas Mann einen „großen Erzieher und Schulmeister [nennt], der durchaus ihrer [Constanzes] Segeberger Mädchenschulbildung aufhelfen wollte“57, praktiziert ihr gegenüber die gleiche Rolle wie Immermann hinsichtlich seiner Braut Marianne, die Storm, wie wir sahen, als gealterte Frau kennen lernte. Die zweite, wesentlich schwerer zu beantwortende Frage betrifft die Verarbeitung literarischer und weltanschaulicher Aspekte Immermanns im Werk Theodor Storms. Hier können nur einige Ausblicke und Hinweise gegeben werden. Bereits sein erster Versuch einer Erzählung „Marthe und ihre Uhr“ (entstanden schon 1847), die Fritz Martini als „biedermeierliches Miniaturbild“58 charakterisierte, weist die meisten Erzählelemente der künftigen Novellen Storms auf. Ein Ich-Erzähler erzählt eine Geschichte, an der er zu einem gewissen Grad beteiligt war (oder die er gehört bzw. Quellen entnommen hat). Zweitens findet die für Storm so charakteristische in vielen Varianten begegnende Erinnerungsstruktur hier bereits Anwendung und zwar in doppelter Form: Die erzählte Figur (hier: Marthe) erinnert sich an einem Weihnachtsabend mit bestimmten Begebenheiten zweier früherer Weihnachtsabende, erinnerte Begebenheiten, die in einem Kontrastverhältnis zueinander stehen. Außerdem erinnert sich der Ich-Erzähler wiederum an das, was ihn mit der alten Marthe in der Vergangenheit verband. Durch den Ich-Erzähler, der zu Marthe in dem Zeitraum jenes als gegenwärtig erzählten Weihnachtsabend in Beziehung stand, wird drittens ein, wenn auch nicht ganz geschlossener Rahmen um die zwei Erinnerungsbilder Marthes als Binnenerzählung gelegt. Auf diese Weise entsteht bereits in Storms erster Erzählung ein sehr kompliziertes Erzählkonstrukt. Und letztlich wird der „Uhr“ mit ihrem Symbolwert für die verrinnende und verronnene Zeit die Bedeutung eines um die Ereignisse ‚Wissenden‘ und an ihnen ‚Mithandelnden‘, ja in sie ‚Eingreifenden‘ zugeschrieben. Doch zurück zur Thematik Storm und Immermann. Die Erstveröffentlichung dieser Erzählung in dem von Karl Leonhard Biernatzki herausgegebenen „Volksbuch auf das Schalt-Jahr 1848 für Schleswig, Holstein und Lauenburg“ enthält folgenden Passus: Unter den Werken der neueren Dichter war Mörike’s Maler Nolten ihr Lieblingsbuch; an Immermann’s Münchhausen hatte sie eine innige Freude, und manche Stunde hat sie sich mit mir [Ich-Erzähler] über seinen humoristischen Kampf gegen die sociale Lüge unterhalten. Dadurch unterschied sie sich von den gebildeten Damen der höheren Stände, welche

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gemeiniglich nur von Frau von Paalzov’s van der Nees oder dem französischen Grafen von Monte Christo entzückt zu sein pflegen.59

Den genannten Werken liegt eine Werteskala zugrunde, die zu diesem Zeitpunkt Storms eigener literarischer Wertung entspricht, wenn der „Maler Nolten“ an erster Stelle rangiert. Wichtiger als diese Einschätzung ist jedoch die Feststellung, dass wir es hier mit einer einfachen Frau zu tun haben, die liest, und zwar dichterische Werke. Die für Marthe „ungewöhnlich hohe Bildungsstufe“60 hat sich diese aufbauend auf der „gewöhnlichen Schulbildung“ durch eigenes Bildungsstreben und mit „dem sittlichen Ernst ihres Charakters“ erworben. Durch diese Qualifikation wird sie von dem Erzähler ausdrücklich über diejenigen Damen der Gesellschaft gestellt, denen Unterhaltungsliteratur als Lektüre genügt. Richtet man den Blick auf Immermanns „Münchhausen“, so sind es hier offenbar die kritischen und satirischen Teile des Romans, nicht die Liebesgeschichte zwischen Oswald und Lisbeth, die ihr Interesse finden: der „humoristische Kampf gegen die sociale Lüge“. Damit ist ein weiterer Aspekt der Immermann-Rezeption durch Storm angesprochen, der im Rahmen der beschriebenen biographischen Rezeption keine Rolle spielte. Wer heute in den gängigen Ausgaben von Storms Werken die frühe Erzählung „Marthe und ihre Uhr“ liest, wird überrascht sein, einen anderen Text vorzufinden. In den späteren Veröffentlichungen hat Storm diese Passage gekürzt und insbesondere auch die zeitkritische Bemerkung anlässlich des „Münchhausen“ getilgt: „Mörikes ‚Maler Nolten‘, welcher damals erschien, machte großen Eindruck auf sie, so daß sie ihn immer wieder las; erst das Ganze, dann diese oder jene Partie, wie sie ihr eben zusagte“61, lautet später der Satz, gefolgt von theoretisierenden Bemerkungen. Dass Storm neben den Bemerkungen über die Lektüre der Romane von Henriette Paalzow und Alexandre Dumas (dem Älteren) auch die Äußerung über Immermanns „Münchhausen“ tilgt, hat zur Folge, dass das Bild der Frau Marthe verändert wird. Der mit dem „Münchhausen“ artikulierte humoristisch-kritische Aspekt wird getilgt, das Lektüreinteresse an Mörikes Roman dagegen vertieft. Diese Akzentsetzung mag einer veränderten Wertschätzung Storms diesen Werken gegenüber entspringen. Sie mag aber auch einem Wandel von Storms zeitkritischer Einstellung dokumentieren. Hinweise auf Immermanns Werke sind in Storms Erzählungen selten oder nur sehr versteckt anzutreffen. Als Beispiel sei auf die Erzählung „Psyche“ verwiesen, in welcher ein „großer Kritikus über Immermanns ‚Tristan und Isolde‘“62 erwähnt wird. Gemeint ist David Friedrich Strauß, der 1862 in einer Rezension der Nachdichtung des mittelalterlichen Epos durch Immermann das „Mißliche“ einer Nachdichtung eines alten Stoffes in der Gegenwart kritisierte, weil Nachdichtungen durch moderne Dichter „mitunter notwendig in Parodie“ umschlagen.63 Das ist in der Tat bei Immermanns „Tristan“ der Fall, der beabsichtigte, einen „herrlichen T r i s t a n in zeitgemäßem Gewande“64 „mit ganz freien Abweichungen und Ausschreitungen“65, einen „Liebesjungen“66 gleichsam, zu gestalten. Erfolg verspricht am ehesten die Suche nach Spuren in den frühen Erzählungen Storms, wobei die Aspekte der Liebe und der Familie wie im biographischen Bereich aufschlussreich sein könnten. In der mit autobiographischem Gehalt angereicherten von Storm sehr geschätzten, von Theodor Fontane aber kritisch gesehenen Erzählung „Späte Rosen“ (1860) aus der Heiligenstädter Zeit entdeckt Rudolf, der seine Geschichte seinem Freund erzählt, wieder die Liebe zu seiner Frau, die er über viele Jahre hin vernachlässigt hat, durch die Lektüre derjenigen Partien des „Tristan“, die besonders das sinnlich-erotische Erleben zwischen 80

Tristan und Isolde betreffen, sowie durch ein Bildnis seiner Frau aus ihrer Jugend, das er zum 40. Geburtstag erhalten soll: Ein positives Ende also, das freilich sekundär durch die Literatur und die Kunst, nicht durch unmittelbares Erleben herbeigeführt wird. Und nicht nur das: Mit dem „Tristan“, von dem in der Erzählung die Rede ist, meint Storm leider nicht das Versepos von Immermann, sondern dessen Archetypus, das Epos „Tristan“ Gottfrieds von Straßburg zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Die Suche nach direkten Immermann-Bezügen führt hier also in die Irre. Der positive Ausgang der Erzählung einer Liebesgeschichte, wie er uns in „Späte Rosen“ und „Im Schloß“ etwa begegnet, ist freilich noch kein Indiz einer bestimmten Liebes- und Eheauffassung, die sich möglicherweise von Storms Immermann-Rezeption herleitet. Storm neigte viel mehr dazu, die Liebesgeschichten der ersten Schreibphase und auch später unerfüllt, trist und herzrührend enden zu lassen. Das Dilemma der Suche nach intertextuellen Bezügen zwischen Immermanns und Storms Werk besteht darin, dass eindeutige Belegstellen kaum nachzuweisen sind. Was auf den ersten Blick wie eine Reminiszenz an Immermann erscheinen mag, erweist sich bei genauerer Prüfung meist als ein neutrales Detail, das allgemeinen oder zufälligen Charakter besitzt und nicht zwanghaft mit Immermann in Verbindung gebracht werden kann. Aus der Sicht Storms ist dieser Sachverhalt so zu beurteilen, dass er möglicherweise daran interessiert war, auf der Werkebene Spuren, die auf andere Autoren verweisen könnten, zu vermeiden oder zu verwischen, um derart die Authentizität seines Werkes zu sichern. Auf die mögliche Nähe zu bzw. die Beeinflussung der Erzählung „Immensee“ durch Immermanns „Münchhausen“ hat Regina Fasold hingewiesen. Sie bezieht sich dabei auf den Abschnitt „Im Walde“, der „intertextuelle Bezüge“ zum „Münchhausen“ (3. Teil, 8. Kapitel) aufweise.67 Bemerkenswert ist, dass die Hauptfigur der Novelle bekanntlich den Namen Elisabeth trägt, was für Storm nur eine Variante zu der „Lisbeth“ des „Münchhausen“ bei Immermann darstellt. Versucht man diesem Hinweis zu folgen, so beobachtet man eine geringe Zahl von Details, die auf Immermann verweisen könnten: der Strohhut Elisa­ beths, der Bach in der Waldszene, über welchen Reinhard der Freundin hilft. Aber reicht das aus, um von einer Beeinflussung Storms durch Immermann zu sprechen? Erkennt man einen Sinn hinter der Verwendung der Details wie bei Fontane oder Raabe? Oder handelt es sich um äußerliche Ähnlichkeiten, die Storm noch zufällig im Gedächtnis hatte? Das Letztere scheint mir der Fall zu sein, da eine bewusste gestalterische Funktion bei der Aufnahme der Details wie bei Fontane etwa nicht zu erkennen ist. Die Waldszene bei Storm hat wenig Ähnlichkeit mit der Erkennungsszene zwischen Oswald und Lisbeth im „Münchhausen“. Die Geschichten von Reinhard und Elisabeth und Oswald und Lisbeth verlaufen konträr. Während es sich zwischen Oswald und Lisbeth um das plötzliche Erkennen ihrer Liebe zueinander als erwachsene Menschen handelt, wird die Zuneigung zwischen Elisabeth und Reinhard als eine über Jahre hin seit der Kindheit sich erstreckende Entwicklung geschildert, die sich eher verhalten als leidenschaftlich vollzieht. Ganz anders auch das Ende: Bei Immermann kommt es zu einem positiven Schluss mit der glücklichen Vereinigung der Liebenden; bei Storm ist der Ausgang aus der Sicht Reinhards und Elisabeths negativ und resignativ, sie können das gemeinsame Glück nicht verwirklichen, sie scheitern. Also eher Distanz zu Immermanns Werk als Nähe. In ähnlicher Weise sind auch die Ausgänge von „Ein grünes Blatt“, „Angelica“ und „Auf der Universität“ beschaffen: Das Liebesglück ist den scheinbar fürei81

nander bestimmten Protagonisten durch verschiedene innere oder äußere Gegebenheiten und Einwirkungen verwehrt. Auf der Ebene seines literarischen Werkes, in den Novellen Storms, beobachten wir in vielen Fällen geradezu eine Umkehrung von Immermanns Erzähl- und Wertekonzepts im „Münchhausen“ und in den „Memorabilien“, das andererseits Storms privates Erleben und Denken so stark mitgeprägt hatte. In die Novelle „Viola tricolor“ von 1874 sind möglicherweise Elemente von Immermanns ‚traditioneller‘ Vorstellung von der Familie eingegangen. Ehe und Familie haben für den Altertumsforschers Rudolf einen hohen Wert, und die zehnjährige Tochter Agnes, deren Mutter früh verstorben ist, hält in der Erinnerung an dieser frühkindlich erlebten Familiengemeinschaft und vor allem an der Mutter fest. Sie wird von Storm durchaus als „Person“ im Sinne Immermanns erfasst und dargestellt, als Person, deren „Würde“68 verletzlich ist. Der Raum des Hauses, der realistisch genau gezeichnet ist, wird als Spiegel der Ehe und Familie mit sakralen Zügen ausgestattet, die in dem Bildnis der Mutter, auf dem sie stilisiert und idealisiert erscheint, ihren zentralen Ausdruck findet: „Darüber aber, wie aus blauen Frühlingslüften heraustretend, hing das lebensgroße Brustbild einer jungen Frau; gleich einer Krone lagen die goldblonden Flechten über einer klaren Stirn. – ‚Holdselig‘“69. In feierlicher Andacht verweilt das Kind vor dem Bild, und besonders der verschlossene Garten der Großmutter, die „Garten­wild­ nis“70, hat symbolischen Verweisungscharakter auf eine Vergangenheit, die sich der Erinnerung des Mädchens tief eingeprägt hat, für Ines jedoch das Trennende und Böse in ihrer noch jungen Ehe verkörpert. Die vergangene, wenngleich von Agnes und Rudolf schmerzlich erinnerte Familienidylle wird zerstört, als der Vater eben Ines als Frau (und Stiefmutter von Agnes) in das Haus einführt. Der weitere Erzählverlauf ist bekannt, so dass nur Weniges erinnernd angedeutet werden muss. Die Widerstände, die die Familie gefährden, bestehen gleichermaßen auf der Seite von Ines, wie auf der Ebene von Agnes und Rudolf, teils im offenen Handeln, teils im Verborgenen, Inneren. Den Höhepunkt der Krise bildet Ines’ Flucht in Traum und Wirklichkeit, nachdem sie Rudolf der Untreue bezichtigt hat: „Das ist der Ort [der „Garten der Vergangenheit“ als das Böse aus ihrer Sicht] wo du bei ihr bist; dort auf dem weißen Steige wandelt ihr zusammen; denn sie ist nicht tot; noch eben, jetzt in dieser Stunde warst du bei ihr und hast mich, dein Weib, bei ihr verklagt. Das ist Untreue, Rudolf, mit einem Schatten brichst du mir die Ehe.“71 Das Scheitern der jungen Familie scheint unausweichlich. Die Lösung des schweren Konfliktes vollzieht sich indes in mehreren Schritten. Die Geburt des Kindes von Ines und Rudolf als heilendes Element verpflichtet Ines zu leben, die Annäherung zwischen Agnes und Ines beseitigt ein bedeutendes Hindernis und schließlich führt die Öffnung des Gartens der Vergangenheit zur Überwindung der Trennung durch die Vergangenheit und ihrer Schemen und zur Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses mit Rudolf. Die Genesung von Ines von ihrer Krankheit ist nur das äußere Zeichen der Wiedergewinnung der intakten, harmonischen Familiengemeinschaft. Der Schluss der Novelle zeigt, dass Ehe und Familie von Storm hier nach einer krisenhaften Entwicklung wieder erneuert werden. Als letztes Beispiel sei auf die in der Forschung schon wiederholt interpretierte Erzählung72 „Auf dem Staatshof“ von 1858 kurz eingegangen. Liebe und Ehe werden hier eher peripher behandelt, im Mittelpunkt steht vielmehr der Verfall der reichen Patrizierfamilie von der Roden, ein Thema, das von Thomas Mann in den „Buddenbrooks“ knapp 50 Jahre später in großem Stil gestaltet wurde. Der 82

Ich-Erzähler Marx, der nur über ein begrenztes Wissen und eine lückenhafte Erinnerung verfügt, hat an dem Schicksal der Hauptfigur Anna Lene, an der die letzte Phase des Niedergangs der Familie veranschaulicht wird, größtes Interesse und lässt höchsten Anteil an ihr erkennen. Die Familie von der Roden verliert auch noch das letzte Besitztum von ursprünglich vermutlich mehr als hundert Höfen, bedingt durch die wirtschaftliche Entwicklung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und durch gesellschaftliche Veränderungen: Der Adel büßt seine führende Position ein, die von dem Bürgertum Schritt für Schritt okkupiert wird. Anna Lene hat die Hoffnung, durch Heirat eines besser situierten Junkers ihre eigene Zukunft und den Rest ihres Besitzes zu erhalten und zu sichern, obwohl sie weiß, dass von einer Liebe zum ihm, der vom Erzähler eindeutig negativ geschildert wird, keine Rede sein kann. Als der Junker erfährt, wie es um den Besitz von Anna Lene tatsächlich bestellt ist, lässt er sie fallen, wodurch ihr die letzte Hoffnung genommen wird. Aber auch die andere Seite, das freundschaftliche Verhältnis zu dem inzwischen zum Mediziner avancierten Jugendfreund Marx, dem Ich-Erzähler, der Andeutungen von Liebe zu Anna Lene zu erkennen gibt („,Gib mir die Hand, ich weiß den Weg zur Welt zurück!‘“73), führt zu einem negativen Ausgang. Hier spielen vermutlich, wenn es auch nicht ausdrücklich artikuliert wird, die gesellschaftlichen Schranken zwischen Adel und Bürgertum eine Rolle. Anna Lene ist offenbar nicht in der Lage, den Sprung über ihre gesellschaftlichen Schranken zu vollziehen. Eher hätte sie offenbar noch einer Ehe mit dem Junker zustimmen können, wobei rein ökonomische Überlegungen die Triebfedern gewesen wären. Den Schlusspunkt bildet ihr Tod, wobei es in der Schwebe bleibt, ob es sich um einen Unglücksfall handelt oder ob Anna Lene den Tod gesucht hat, weil sie keinen anderen Ausweg mehr aus ihrer Situation sah. Der Großbauer Claus Peters erwirbt den Staatshof und führt ihn durch eine wirtschaftliche Umstrukturierung, wie man heute sagen würde, zu einem gewinnbringenden Betrieb. Liebe und Glück, auch die Sanierung und Erhaltung des Staatshofes, bleiben für Anna Lene auf der Strecke. Ihr Scheitern ist bedingt durch die gesellschaftlichen Zwänge, in welche sie gerät, Zwänge, die sie gleichsam auf allen Seiten umzingeln und aus denen sie sich nicht befreien kann („’Ich kann es nicht halten, Marx; sie haben mich ja ganz allein gelassen‘“74). Im „Münchhausen“ Immermanns gelingt es Lisbeth (und Oswald), die gesellschaftlichen Normen und Zwänge zu überwinden. Sie überspringen die gesellschaftlichen Schranken und bekennen sich zu einem reinen Menschentum, dem die anderen nichts anhaben können. Derart endet der Roman mit einer Zukunftsprojektion von einer neuen Gesellschaft, in welcher die gesellschaftlichen (und wirtschaftlichen) Gegebenheiten der Vergangenheit und Gegenwart in der Zukunft keine Bedeutung mehr haben. Von dieser Liebes- und Eheauffassung Immermanns im „Münchhausen“ hat sich Storms Erzählung weit entfernt. Sie bleibt auf dem Boden der vorhandenen gesellschaftlichen Realität, überspringt sie nicht im Sinne eines Zukunftsmodells, zeigt vielmehr die Folgen dieser sozialen Zustände für den Menschen der Zeit auf und kritisiert sie damit unüberhörbar. Das ist sicher ein Aspekt des Realismus Storms im Unterschied zu Immermanns zur Idylle neigenden Utopismus.

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Anmerkungen:   1 „Was Du aber sicher noch nicht weißt [schreibt sie am 12. September 1842 an Levin Schücking], […] ist, daß, wie ich in Münster gehört, eine Kritik über meine › J u d e n b u c h e ‹  in der › REVUE‹ stehn soll, wo sie dem Besten, was Immermann in seinem Münchhausen geleistet, an die Seite gestellt wird.“ (Annette von Droste-Hülshoff: Sämtliche Briefe. Hist.-krit. Ausgabe. Hg. von Winfried Woesler. Briefe 1839-1842. Tübingen 1993. Bd. IX, S. 355 f.) – Levin Schücking folgt indirekt der Einschätzung der Freundin, wenn er 1881 eine (natürlich problematische) Teilausgabe des „Münchhausen“ veranstaltet und ihr ein positiv wertendes Vorwort voranstellt (Der Oberhof von Karl Immermann. Mit einer Einleitung von Levin Schücking. Stuttgart [1881] (= Deutsche Hand- und Hausbibliothek 2)).   2 Vgl. Gottfried Keller: Gesammelte Briefe in vier Bänden. Hg. von Carl Helbling. Bern 1951, S. 61. Zwar kenne er „das Inmmermannsche Verhältnis nicht genug“, dennoch verteidigt er vehement das einseitige Buch der Assing gegen anders lautende Urteile.   3 Fontanes Randbemerkungen in seinem „Münchhausen“-Exemplar reichen von „vortrefflich“, „famos“, „gut“, „sehr gut“ bis hin zu „grässlich“ und „grausam miserabel“ (vgl. Walter Hettche: Fontane und Karl Immermann. Zu einem Kapitel in „Vor dem Sturm“, in: Fontane-Blätter, Heft 42, S. 440-446).  4 Theodor Fontane: Werke, Schriften und Briefe. Abteilung IV: Briefe: Erster Band 1833-1860. München 1976, S. 610 f.   5 Vgl. Anm. 3.   6 Theodor Fontane: Vor dem Sturm. Roman aus dem Winter 1812 auf 13. Mit einem Nachwort neu hg. von Helmuth Nürnberger. München 1990, S. 598.   7 Karl Immermann: Münchhausen. Eine Geschichte in Arabesken. Hg. von Peter Hasubek. München 1977, S. 448.  8 Ebd.   9 Walter Hettche: Fontane und Karl Immermann, weist noch darauf hin, dass in beiden Romanen ganz ähnliche Gegenstände (Taufstein, Totenkrone, Grabstein, Altartuch) eine Rolle in der Strategie der Figuren spielen, freilich mit unterschiedlicher Bedeutung und Intention (S. 443). 10 Wilhelm Raabe: Sämtliche Werke. Im Auftrag der Braunschweiger Wissenschaftlichen Gesellschaft […] besorgt von Jost Schillemeit. 2. durchgesehene Aufl. Göttingen 1966 ff. Ergänzungsband 4: Gespräche. Hg. von Rosemarie Schillemeit. Göttingen 1983, S 223. (künftig zitiert: BA Bandzahl, Seitenzahl) 11 Vgl. Gabriele Henkel: Produktive Rezeption – Raabe und Immermann, in: Immermann-Jahrbuch 1 ( 2000), S. 121-137. 12 Ebd., S. 130. 13 Ebd., S. 133. 14 BA 14, S. 52 f. 15 Ebd., S. 52. 16 Nach Gabriele Henkel: Produktive Rezeption, S. 134 und Fußnote 71. Vgl. dazu auch folgende Passage in den „Alten Nestern“: „Stadtrat zu Bodenwerder wurde ich mein Lebtage nicht und noch viel weniger Bürgermeister daselbst. Die den Ort sonst betreffenden historischen Studien hatten mir der Justizamtmann Bürger und der Obergerichtsrat Immermann in Düsseldorf schon längst vor der Nase weggefischt.“ (BA 14, S. 233). 17 Johannes Graf / Gunnar Kwisinski: Heinrich Schaumann, ein Lügenbaron? Zur Erzählstruktur in Raabes „Stopfkuchen“, in: Jahrbuch der Raabe-Gesellschaft 1992, S. 194-213. 18 Ebd., S. 208. 19 Während Schaumann Eduard gegenüber seine Geschichte von dem Mord an Kienbaum durch den Gebrauch des realistischen Erzählmusters der Geschichte des Patriotenkaspars im „Münchhausen“ als „wahren Bericht“ (ebd., S. 209) ausgeben kann, wird der Leser an seiner Variante zweifeln, sofern er die Erzählstrategie Schaumanns durchschaut. 20 Theodor Storm an Erich Schmidt, 13. Dezember 1883. 21 Im Jahre 1886 existiert noch ein Hinweis Storms auf den Tod von Marianne Wolff (vgl. Theodor Storm an Erich Schmidt, 13. Dezember 1883, II, S. 207). 22 Theodor Storm an Constanze Esmarch, 24.-26. April 1846. 23 In dem Brief an Constanze Esmarch vom 22.-24. Juni 1846 zitiert er sechs Zeilen aus dem „Tristan“, die er vor acht Tagen „mit Entzücken“ las. 24 So der Kommentar zu dem Brief an Theodor Mommsen vom 1. Dezember 1842. 25 Theodor Storm an Theodor Fontane, 16. Juni [1855]. Vgl. dazu auch Storms Gedicht „Zur Taufe“ (LL 1, S. 54 f.). Hier schlägt er dem Freund Tycho Mommsen auf dessen Frage den Namen Elisabeth für dessen am 20. September 1850 geborene Tochter vor: „Taufen Sie das bambinuccio übrigens immerhin Elisabeth; denn meine mit Nächstem, das heißt erst zu ander Jahr in Erwartung stehende Tochter soll Lisbeth heißen, da können wir sie doch auseinander halten.“ (Ebd., S. 816) Mit glei­

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chem Brief übersandte Storm das Gedicht „Zur Taufe“. Dass Namen nicht zufällig gewählt werden sollen, dafür ist „Zur Taufe“ ein beredtes Zeugnis. Der Gebrauch des Namens um 1850 ist ferner auffällig im Hinblick auf die Entstehung der Erzählung „Immensee“. 26 In einem Brief vom November 1854 an Eduard Mörike verweist Storm ebenfall auf den Roman „Münchhausen“ (vgl. Theodor Storm an Eduard Mörike, November 1854). 27 Vgl. Peter Hasubek: „Ein Lieblingsbuch des deutschen Volkes“. Immermanns „Münchhausen“ und der „Oberhof“. 150 Jahre Editions- und Rezeptionsgeschichte. Bielefeld 2004 (= Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen, Band 13). 28 Benjamin Vautier (1829-1898), Landschaftsmaler, der einen Teil seiner Ausbildung an der Kunst­ akademie in Düsseldorf erhielt, wo er durch die Maler sowie durch andere Personen aus dem Bekanntenkreis Immermanns an dessen Werk wird herangeführt worden sein. Seit Ende der fünfziger Jahre widmete er sich zunehmend der Gestaltung von Szenen aus dem Bauernleben, was ihn veranlasst haben wird, die „Oberhof“-Ausgabe von 1863 zu illustrieren (vgl. auch Thieme-Becker XXXIV, S. 141 f.). 29 Theodor Storm an Hans Speckter, 7. März 1874. In dem Brief an Hartmuth Brinkmann vom 7. April 1863 heißt es wörtlich: „Das Unvergleichlichste, was übrigens an Illustrationen erschienen, ist der Oberhof von Immermann (ausgelöst aus dem Münchhausen) illustr. von Vautier […] Ich habe mir das Buch sofort erworben.“ (Theodor Storm an Hartmuth und Laura Brinkmann, 7. April 1863). 30 Im Nachlass Storms sind zwei Ausgaben von Gedichten Immermanns vorhanden: Gedichte. Neue Folge. Hamburg 1830; Gedichte. Düsseldorf 1835 (= Karl Immermann’s Schriften. Erster Band: Gedichte. Düsseldorf 1835). 31 „Sehnsucht“, in: Karl Immermann: Gedichte (1835), S. 103, ’S ist vorüber“, ebd., S. 134, „GeisterElend“, ebd., S. 136). 32 Hausbuch aus deutschen Dichtern seit Claudius. Eine kritische Anthologie von Theodor Storm. Illustrirte Ausgabe mit Holzschnitten nach Original-Zeichnungen von Hans Speckter. Leipzig 1875, S. 183-187. Das Porträt von Immermann (S. 181) ist nicht besonders gut gelungen. Über den Entwurf äußerte Speckter Storm gegenüber: „Immermann gefällt mir noch nicht, u. bekommen Sie erst zu sehen, wenn ich selber zufrieden bin“ (Hans Speckter an Theodor Storm, 21. September 1874). Die hier von Immermann beigefügte Schwarz-Weiß-Abbildung basiert auf dem Bild von Wilhelm Schadow aus dem Jahre 1828. Der ornamentale Rahmen wurde offenbar von Speckter ergänzt. Außerdem fügte Speckter eine Zeichnung (S. 187) zu Immermanns Text bei, die wohl „sehr verschwommen, geister- u. nebelhaft“ (ebd. S. 85) Riwalin und Blancheflur darstellen soll. 33 Theodor Storm an Paul Heyse, März(?) 1874. Die Datierung ist unsicher. Vermutlich waren die Bemerkungen Storms als loses Blatt dem Brief vom 24. März 1874 angefügt. 34 Die überlieferten Bibliotheksbestände in Husum verzeichnen neben den Ausgaben der Gedichtbände, des „Münchhausen“, von „Tristan und Isolde“ und der „Memorabilien“, Teil I bis III (18401843), noch weitere Werke Immermanns: Tulifäntchen. Ein Heldengedicht in drei Gesängen. Hamburg 1830; Die Verkleidungen. Lustspiel in drei Aufzügen. Hamburg 1828: Der Oberhof. Aus Immermann’s „Münchhausen“. Mit Illustrationen von B. Vautier. Berlin [1863]; Der Oberhof. Mit einer Einleitung von Levin Schücking. Stuttgart 1881; Der Carneval und sie Somnambüle (Ausgabe?); Das Trauerspiel in Tyrol. Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen. Hamburg 1828; Ausgewählte Schriften. 2 Bände (?); Merlin. Eine Mythe. Düsseldorf 1832; Die Epigonen. FamilienMemoiren in neun Büchern. 2. Band (5.-9. Buch) Berlin 1865; Die Epigonen. Familienmemoiren in neun Bücher. Leipzig (Reclam) o. J. Ob Storm allerdinghs alle diese Werke gelesen hat, ist nicht bekannt. – Ein Hinweis auf die Erzählung „Der Carnaval und die Somnambüle“ findet sich in dem Brief an Paul Heyse vom 19. November 1871: „Die Immermannsche ‚Somnambule‘ habe ich mit einer Art anatomischen Interesse gelesen; es ist grausam anzusehen, wie es immer lebendig zu werden kämpft, u. immer wieder erstarrt“. Paul Heyse nahm die Novelle in den „Deutschen Novellenschatz“ auf (vgl. Deutscher Novellenschatz. Hg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Band 5. München o. J. [um 1871]. 35 Theodor Storm an Constanze Esmarch, 24.-27. April 1844. 36 Ebd. 37 Ebd. 38 Ebd., S. 450. 39 Ebd. 40 „Kennen Sie das Wort: ‚Ewig‘, Frau Baronesse?“, fragt Lisbeth die an äußeren Werten orientierte „Weltdame“ Clelia, die ihr die Heirat Oswalds ausreden will. Und Lisbeth fährt fort: „,Denn wer die wahre Liebe empfängt, der empfängt die Ewigkeit in seinem Herzen.‘“ (Ebd., S. 772) 41 Ebd., S. 771; Kursivierung von mir, P. H. 42 Ebd. 43 Ebd., S. 226. 44 Storm bezieht sich hier auf das Kapitel „Die Familie“ in der Schrift „Die Jugend vor fünfundzwanzig Jahren“ (vgl. Benno v. Wiese: Karl Immermann: Werke IV, S. 407-423). Storm zitiert Immer-

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mann wörtlich und ausführlich in dem vorliegenden Brief. Auf diese Teile des Briefes ihres „Herzenstheodor“ geht Constanze in ihrem Antwortschreiben vom 26.-28. August 1845 nicht ein, begründet vielmehr ihre wenig anspruchsvollen Briefinhalte mit ihren geringen „Geistesgaben“, was indirekt Storms Äußerungen über die Mädchenbildung bestätigt. 45 Theodor Storm an Constanze Esmarch, 21.-23. August 1845. 46 „O wie behaglich konnte ich das alles lesen in dem Gefühl eines Weibes Herz zu besitzen, das noch frisch und ganz ist, wie aus der Hand der Natur.“ (Ebd). 47 Karl Immermann: Die Jugend vor fünfundzwanzig Jahren, in: Benno v. Wiese: Immermann: Werke IV, S. 409. 48 Ebd., S. 411. 49 Ebd. 50 Die Treue, die ewig besteht, besagt nach Immermann, dass der Mensch in der Ehe den anderen trotz aller Schwächen und Mängel lebenslang „als ein ewiges und unberechenbares zu dem Ewigen und Unberechenbaren in mir gehöriges Wesen erkannt“ hat (ebd., S. 411). 51 Ebd., S. 418. 52 Ebd., S. 415. 53 Ebd., S. 416. 54 „Die Familie der Gegenwart [schreibt Immermann weiter] hat also von dem schönen Grundschema der Liebe, welches ich früher aufzeichnete, eine Ausbeugung nach der Rechts- und Verstandessphäre hin genommen. Gewisse Normen treten in ihr markierter hervor und bringen sie einem kontraktlichen oder verfassungsartigen Verhältnisse näher. Alles ist einfacher im Hause geworden; wenn man will, vernünftiger, aber auch nüchterner, kälter. […] Im ganzen fehlt es der deutschen Familie an dem früheren durchgehenden Genügen in sich selbst, sie wird eingeschränkter als sonst wie eine Freude empfunden, und steht wenigstens nahe daran, wie eine Notwendigkeit erkannt zu werden“ (Ebd., S. 430 f.). 55 Ebd., S. 421. 56 Theodor Storm an Constanze Esmarch, 21.-23. August 1845. 57 Thomas Mann: Theodor Storm, in: ders.: Leiden und Größe der Meister, hg. von Peter de Mendelssohn. Frankfurt 1982, S. 574 (= Gesammelte Werke in Einzelbänden. Frankfurter Ausgabe.) 58 Fritz Martini: Deutsche Literatur im bürgerlichen Realismus 1848-1898. Stuttgart 1962, S. 638. 59 LL 1, S. 1012. 60 Ebd., S. 281 61 Ebd., S. 281 f. 62 Ebd., 2, S. 320. 63 David Friedrich Strauß: Kleine Schriften. Leipzig 1862, S. 239. 64 Karl Leberecht Immermann: Briefe. Erster bis dritter Band. Hg. unter Mitarbeit von Marianne Kreutzer von Peter Hasubek. München 1978-1987. Band I, S. 995. 65 Ebd., 2, S. 959. 66 Ebd., 2, S. 1065. 67 Vgl. Theodor Storm an Constanze Esmarch, Brief vom 24.-26. Juli 1845 (I, S. 423). 68 LL I, 154. 69 Ebd., S. 133. 70 Ebd., S. 134. 71 Ebd., S. 148. 72 Dieter Lohmeier: Erzählprobleme des poetischen Realismus. Am Beispiel von Storms Novelle „Auf dem Staatshof“, in: STSG 28 (1979), S. 109-122; Ludwig Fischer: Lokalton. Sozialgeschichte und Macht des Schicksals. Etüde über Theodor Storms Novelle „Auf dem Staatshof“, in: Literatur in der Demokratie. Für Walter Jens zum 60. Geburtstag. München 1983, S. 390-400; Winfried Freund: Verfallselegie und phantastisches Verhängnis. „Auf dem Staatshof“ und „Bulemanns Haus“, in: ders.: Theodor Storm. Stuttgart 1987, S. 58-67. 73 LL I, S. 424. 74 Ebd.

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„Reicht zum frohen Tanze euch die Hände!“ Theodor Storm auf dem Tanzboden Von Walter Salmen, Freiburg/Kirchzarten Bald ist unsers Lebens Traum zu Ende, Schnell verfließt er in die Ewigkeit. Reicht zum frohen Tanze euch die Hände! Tuts geschwinde, sonst enteilt die Zeit!

Zeitlebens kursierte das Denken und Empfinden Theodor Storms um das Transitorische des Daseins, „das Gefühl der Vergänglichkeit“.1 1845 bat ihn seine Verlobte Constanze Esmarch eindringlich: „Herzenstheodor, sprich nicht immer so viel von Deinem Tod.“2 Unbeeindruckt erwiderte der angeflehte Geliebte 1846: „nur die Ewigkeit ist Existenz“.3 Angesichts dieser ständigen Bedrängnis durch die Vergänglichkeitsmotivik ist die Frage zu stellen, ob in einem derartigen, auf die christlichen Verheißungen gänzlich verzichtenden Weltbild für das lebensbejahende Tanzen ein Bedarf und Raum gegeben war. Eine Antwort enthält der eingangs zitierte Vierzeiler, den der Schüler der Husumer Gelehrtenschule bereits am 19. Juli 1833 abfaßte, wonach nichts Bestand hat, alles in der enteilenden Zeit verfließt, es aber während der kurzen Spanne des Lebens vonnöten ist, einander an den Händen zu fassen, um in harmonisch geregeltem Rhythmus als handelndes Paar den damit ermöglichten, temporär eingegrenzten Frohsinn zu genießen. Tanzende entgehen der Vereinsamung und sozialen Desintegration. Sie wenden sich einander zu und üben sich in den Normen der Kommunikation. Tanzen bedeutete für Storm mehr als ein Freizeitvergnügen, eine beliebige marginale Unterhaltung, ein kurzweilig sinnlicher Rausch. Der Jurist und Dichter tanzte im Wissen um die Vergänglichkeit bis kurz vor seinem Tode, bis zur Übersiedlung nach Hademarschen im Jahre 1880. Es war ihm eine geschätzte Lebenshilfe neben anderen, um „die Schatten der Zukunft“ zeitweise aus dem Bewusstsein zu verdrängen und am Geselligen teilzunehmen, um innerhalb der verfließenden Zeit kurze Abschnitte rhythmisch geregelter Abläufe gestalten zu können. Angesichts dieser Relevanz gilt es detaillierter als im vorliegenden Schrifttum zu erkunden, inwieweit neben dem Bedürfnis zu singen, zu dirigieren oder Konzerte zu besuchen, auch die Teilnahme an „ordinären“ Tänzen sowie formalisierten Bällen unerlässlich für ihn und seine Familie gewesen ist, warum und wie er in Versen sowie in Prosatexten das Tanzen thematisiert hat. Tanzen in der Jugend Storm, der Sohn des Justizrates Johann Casimir Storm, wuchs in einem wohl situierten Hause in der Hohlen Gasse 3 in Husum relativ ungezwungen auf. Das Elternhaus war im gesellschaftlichen Verkehr dieser Kleinstadt ein bevorzugter Treffpunkt. Zum Musizieren und Tanzen fand man sich im Zimmer der Großmutter, im Musikzimmer, in der „Kupferstube“ häufig zusammen. Man sang Lieder aus dem „Vossischen Musenalmanach“, in Gesellschaften von Honorati87

oren Rundgesänge bei Tisch und tanzte zuweilen „rasend“, wenn sich Jugend­ liche einfanden. Wann und wo der Dichter Unterricht in der „bildenden Tanzkunst“ erhielt, ist nicht bekannt.4 Zeit dazu war gewiss gegeben, denn Storm selbst anerkennt, dass ihm die Gelehrtenschule „nicht zu sehr den Geist verschnürte“. Früheste Hinweise auf tänzerisches Tun bietet ein Brief vom 28. April 1844 an Constanze Esmarch, wonach der Zehnjährige von seiner Großmutter ein Puppentheater geschenkt bekam. Er erzählt aus seinen Kindergeschichten: „Auch einen großen Zeitraum von mehreren Jahren habe ich meine ganze Freizeit außer der Schule mit der Direction eines Puppentheaters ausgefüllt, Krebs und anfänglich auch Ohlhues waren dabei meine Gehülfen; den ersten Anstoß dazu gab eine alte Jungfer, bei der O. als Quartaner im Hause logirte; sie half uns die Puppen, die freilich nur von Papier waren, ausschneiden und eiserne Dräthe daran befestigen, ließ bei den Aufführungen in den Zwischenacten den Papageno tanzen und sang dazu mit einer schönen Fistelstimme ‚Der Vogelfänger bin ich ja! Hops heisa, lustig, hopsasa!‘, was mir immer die ungemeinste Freude machte.“5

Einen weiteren Hinweis auf Kontakte mit Tanzenden und Tanzmusik enthält der Bericht der Tochter Gertrud über das Treiben auf den Straßen während des jährlichen Michaelis-Jahrmarktes, wenn eine Liebhaberkapelle „Walzer und Ekossaisen“ aufspielte.6 Bei solchen öffentlichen Lustbarkeiten blieb der Schüler nicht nur Zuschauer; er machte auch mit, so z. B. 1834 während einer Marktnacht in dem Dorf Süderstapel: „Schon hatten die rüstigen Treiber die Wege und Plätze des Dorfes von der lebendigen Ware befreit und die Inhaber der Krambuden packten eifrig redend ihre angepriesenen Siebensachen zusammen, als ich mit einigen meiner Freunde das Haus verließ, um den letzten Akt dieses für die Landleute so interessanten Tages mitzumachen. Hie und da produzierten bei den Honoratioren des Dorfes hochfrisierte Harfenspielerinnen ihre ausgesungene Stimme, in allen Kneipen kratzten die Bierfiedler den entzückten Bauern zum Tanze die Ohren voll und der Wirt strich sich selbstgefällig den Bart, wenn er von den jubelnden Gästen das Lob seiner wilden Musik erschallen hörte. Wir gingen sogleich in das erste beste Haus und drängten uns mit in den Schwarm der gaffenden Bauern, welche in gedrängtem Kreise die Tanzenden umstanden, die auf der Diele den wirbelnden Staub wölkten und durch ihre originellen und geräuschvollen Wendungen unsern Ohren und Augen Unterhaltung gewährten, während andre sich zechend und singend in der Schenkstube unterhielten. Im Hintergrunde des Tanzsalons war ein Gerüste für die Musikanten aufgeschlagen, an den Seiten saßen und standen die tanzlustigen Dirnen, vorne befand sich die junge Mannschaft; von einem Balken herab hing der Kronleuchter, der aus zwei kreuzweis übereinander befestigten Stöcken bestand, von deren Enden vier nicht gar zu dicke Talglichter ihre Strahlen herabsandten, die der aufmerksame Wirt von Zeit zu Zeit mit den Fingern schneuzte. Nachdem die jungen Bursche eine geraume Zeit schon sich des Jubelns und Springens erfreut hatten, sagte man uns, nun ginge es an’s Weinen, und auf die erbetne Erklärung erhielten wir zu Antwort, es sei da im Dorfe so der Brauch, einmal vom Tanzen abzubrechen und sich mit einer Schönen in ein anstoßendes Zimmer zu verfügen, wo man mit seiner Donna singe, scherze und weine, d. h. Wein trinke. Der Spaß mußte mitgemacht werden. Wir zogen demnächst einige handfeste Stapelholmerinnen halb mit Gutem, halb mit Gewalt in das mysteriöse Zimmer, von denen jedoch Einige bei den lockern Stadtleuten für ihren Ruf zu fürchten schienen, Andre aber mit großer Resignation sich in ihr Schicksal ergaben und ruhig unsern Wein und unsre Küsse hinnahmen, ja sogar mit lauter Stimme unsre Gesundheit ausbrachten – und die Bauern schmetterten die Gläser zusammen und reichten uns die Hände. – ‚Nichts für ungut, mein Herr‘, raunte meinem Freunde der Aufwärter ins Ohr, ‚sie küssen hier die Mädchen und lassen sie mit trockenem Munde sitzen!‘ ... Hast Recht, Peter, 2 Bouteillen Wein! – und mein Freund hatte keine Störung weiter zu befürchten.

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Wir gingen wieder auf die Diele hinaus. Wer einmal geweint hatte, genierte sich nun auch nicht, vor hunderten von Zuschauern sein Mädchen zu herzen, und so wurde denn getanzt und geküßt bis 4 Uhr und dann ein Punktum gesetzt, um am andern Morgen die Fortsetzung zu liefern. Übrigens lassen die Musikanten sich ihr Spiel nur am Hauptmarkttage bezahlen, am Tage vor und nach diesem hat man den Tanz gratis.“7

Erlebnisse wie diese befähigten den jungen Storm auch dazu, im elterlichen Hause am Klavier zum Tanz aufzuspielen und zu flirten. Letzteres mit der Pose eines überlegen sich wähnenden, flatterhaft „Gleichgültigen“8 deutet das frühest erhaltene, am 17. Juli 1833 geschriebene Gedicht „An Emma“ an: „Heute führ Miene, Morgen Line Ich zum Tanz.“9

Dass diese überheblich pubertäre Brüskierung sich auch schmerzlich gegen ihn selbst auswirken konnte, deutet das 1843 publizierte Gedicht „Nelken“ an, welches sich offensichtlich auf ein Erlebnis mit der aussichtslos umworbenen Bertha von Buchan bezieht: „Ich wand ein Sträußlein morgens früh, Das ich der Liebsten schickte; Nicht ließ ich sagen ihr, von wem, Und wer die Blumen pflückte. Doch als ich abends kam zum Tanz Und tat verstohlen und sachte, Da trug sie die Nelken am Busenlatz, Und schaute mich an und lachte.“

Auch für die Jahre 1837 bis 1842, in denen er in Kiel und Berlin das Jurastudium betrieb und mit dem Staatsexamen abschloss, sind Äußerungen oder Nachrichten über Storms Tanzpraxis spärlich. Da der Dichter 1868 seinem Freund Hartmuth Brinkmann bestätigte, dass u. a. die Novelle „Auf der Universität“ (1862) „überall ganz realistisch ausgeprägt“ sei,10 kann man davon ausgehen, dass der darin enthaltene Abschnitt „In der Tanzstunde“ Erlebtes vermittelt (dazu siehe unten S. 98). 1843 bis 1846 Im Februar 1843 eröffnete der approbierte Storm in Husum eine eigene Anwaltpraxis und begann eine 36jährige, bürgerlich geregelte Tätigkeit als Rechtsanwalt, Zivil- und Strafrichter sowie Verwaltungsbeamter. Zu Anfang des Jahres 1844 verlobte er sich mit seiner Cousine Constanze Esmarch, die als Tochter des Bürgermeisters in Segeberg lebte. Diese räumliche Trennung, die bis zur Eheschließung am 15. September 1846 andauerte, bescherte der Nachwelt einen intensiven Briefwechsel, der für die Frage nach der Tanzlust des Dichters gewichtige Aufschlüsse enthält, da beide Partner gesellschaftlich genötigt waren, gemäß ihrer sozialen Stellung an klassenspezifischen Tanzveranstaltungen getrennt teilzunehmen. Diese Trennung bot Anlass zu Auseinandersetzungen, da es für Storm unerträglich war, dass seiner Verlobten von anderen Männern die „Cour“ gemacht wurde. Wiederholt bat er sie, von Bällen fern zu bleiben, im Wissen darum, dass die Tochter eines Bürgermeisters sich den Anstandspflichten nicht 89

durch Absonderung entziehen konnte und den bürgerlichen Normen zu genügen hatte, um nicht sozial aus der Rolle zu fallen. Er verhielt sich – durch Eifersucht geblendet – ähnlich uneinsichtig in das Notwendige wie der tanzunlustige Friedrich Schiller, der seiner Verlobten Charlotte von Lengefeld in Rudolstadt 1788 ebenfalls die Teilnahme an Tänzen zu verbieten trachtete.11 Storm schrieb am 16. November 1845 an Constanze den Satz, er betrachte sie als „sein Eigenthum, worauf von allen einzig in der Welt [nur er] Anspruch machen“ dürfe.12 Diese Inbesitznahme und Einforderung von vermeintlicher „Liebeskeuschheit“ degradierte seine Partnerin zu einer willig Untergebenen mit der Erwartung, dass sie sich – trotz oftmaliger Beschwichtigungen – seinen Auflagen füge. Während er selbst in Husum an zahlreichen „Ballabenden“ unbedenklich teilnahm, Maskeraden arrangierte und diese „ein wenig tyrannisch“ beaufsich­ tigte,13 verlangte er in Segeberg zähmend, von Ängsten gepeinigt, den Verzicht auf Lustbarkeiten, wo Constanze auch über „gesellschaftliche Leiden“ zu klagen hatte.14 Die einseitigen, aus seiner Geschlechterrolle motivierten Bevormundungen reichten so weit, dass er am 25. Dezember 1845 ihr den Vorwurf nicht meinte ersparen zu können, sich über ein Ballkleid, welches sie als Weihnachtsgeschenk erhalten hatte, zu freuen. Er fragt: „Wie ist es möglich, daß Du zugleich mich lieben und Dich über Ballkleider freuen kannst?“ und verlangt insistierend, dass seine Partnerin ihm täglich gesteht, ob und mit wem sie „in Gesellschaft getanzt“ habe.15 Storm selbst unterzieht sich zwar auch diesem Mitteilungsgehorsam, allerdings mit der Einschränkung, dass er vorgibt, ohne Constanzes Begleitung uninteressiert daran zu sein. Montag, den 18. August 1845, schreibt er um 3 Uhr in der Frühe u. a.: „Du wunderst Dich, mein geliebtes Herz, wohl über die späte Stunde, aber ich kann nicht schlafen gehn ohne mich zuvor an mein treues Herz gelegt zu haben. – Mit Schrecken hörte ich heut von Helene [Storm], daß die vermuthete Spielparthie bei Kaups eigentlich eine Tanzpartie sei; Otto [Storm], Harro F. waren auch geladen, natürl[ich] auch das kleine Fräulein R. So ging ich denn ohne alles Interesse hin und befand mich dort wohl eben deßhalb recht wohl; ich half aus wo ich konnte, war durchaus gefällig und ohne Laune und wurde daher von unserer lieben Wirthin, der man übrigens den Austritt aus dem Singverein jetzt deutlich ansehn kann, außerordentlich belobt. Einem besuchenden Bruder von ihr zu Ehren war die Gesellschaft gegeben; erst hatte man Charadenaufführung angeordnet und mich ohne weiteres im Voraus verwandt. Die erste Charade war ‚Herz‘ – ich brachte Sophie Setzer ein Ständchen – ‚Klopfen‘ ich sang mit Laura, die einen Maurergesellen machte das Hammerduett aus dem Maurer ‚Keine Rast! angefaßt!‘ zum Ganzen sang Laura das dänische ‚Emiliens Hiertebanken‘. Dann wurde getanzt, ich spielte immer außer einer Francaise, die ich mit Sophie S. tanzte. Dann wurde gegessen und vorher noch eine Charade ‚Traum-bild‘ aufgeführt, wobei der Lieutnant, Otto u ich für die erste Silbe die Scene aus Lumpaci Vagabundus darstellten, wo das liederliche Kleeblatt den Traum von der Lotterienummer hat. Uebrigens fand man unsre Darstellung zu natürlich knotenhaft, und namentlich fielen alle Damen über den armen Lieutenant her, den sie überhaupt so behandelten, daß er gegen Helene äußerte, er würde das Tanzen lange aufgegeben haben, wenn es ihm allenthalben so ergangen. Uebrigens war ich die bewegende Triebfeder, ich hatte ihn vor einiger Zeit sagen hören, er habe schon drei Damen auf Sicht, die er leicht kriegen könne, wenn er wolle; das hatte ich unsern Jungfrauen mitgetheilt; Du siehst leicht, daß er so verloren war. Nach dem Essen (kalt) spielte ich zu einem Kotillon und tanzte einen Walzer mit Laura Setzer, die heut Abend durch die Huldigungen des jungen Kriechauf sehr hingenommen war; brauchst also nicht eifersüchtig zu sein.“16

Wiederholt redet er sich mit dem Argument heraus, dass er zwar unwillig zum Tanzen sei, jedoch „zu Tanz muß“17, oder dass er sich ungebilligt „die Freiheit zu Tanz zu gehen“ nehme18. Auch geriert er sich in der Rolle dessen, der sich 90

überwindet und aufopfert, um einer ihm Anvertrauten sittsam beizustehen, z. B. am 26. September 1845: „Gestern Vormittag unterbrach mich der Doctor, der grade nicht viel Fortüne bei Ernst machte. Desto besser gefiel K. sich bei Jensens , wo wir gestern Abend waren; des alten Jensens große Gastfreundlichkeit kennst Du ja. Es wurde natürlich auch von dem Ball gesprochen, Riecke freute sich sehr darauf; Doris [Jensen] war dagegen sehr bang und hatte gewaltiges Ballfieber; denn es würd ihr erster Ball sein; da dacht ich denn ein gut’s Werk zu thun und engagirte sie zum ersten Tanz, worauf sie wieder ganz vergnügt wurde; denn, sagte ihre Mutter, es sei für ein junges Mädchen immer ein großes Unglück auf ihrem ersten Ball den ersten Tanz sitzen zu müssen. So muß ich denn also wenigstens einmal tanzen.“19

Storm bemüht für seine aus „Argwohn und Mißtrauen“ ständig genährten, die Partnerin „quälenden“ Verhaltensvorschriften20 1846 als Exempel gar das warnende Vorleben von Gottfried August Bürger: „Ich las gestern, wie das Unglück in Bürgers dritter Ehe mit dem bekannten und nachher so übel berüchtigten Schwabenmädchen Elise damit angefangen, daß er wider seine Neigung habe Bälle besuchen müssen, wo sie denn getanzt, während er im Conversationszimmer gesessen. Du kennst ja zum Ueberdruß meine hoffentlich grundlose Angst, daß auch mir daraus Unglück entspringen werde, und ich muß Dir gestehen, daß mich diese Angst gestern bis in die Nacht verfolgte, mir war als hätt ich meine eigne Geschichte gelesen. Mein[e] allbereiten Reime flüsterten mir ins Ohr: Wolle außer süßen Worten Nur nichts mehr zu fodern wagen. Ewige Liebe wird sie schwören; Aber keinem Tanz entsagen.“21

Constanze beteuert unentwegt, dass alles, was er von ihr verlange, für sie „Gesetz“ sei,22 dass sie sich nicht umgarnen lasse und zu den Partnern in Distanz verbleibe, so etwa am 24. August 1845: „Am Abend wurde ein wenig herumgesprungen, da hab ich denn ein Mal mit Koch, zwei Mal mit dem Obergerichtsrath Thaden, Mine Matthiesen ihrem Mann u. eine Française mit Carl Rosen getanzt, aber es hat mir kein Mensch die Cour gemacht, das schwöre ich Dir zu, mein Theodor, sie können auch, glaube ich nicht so recht ankommen bei mir. Ich finde es ekelhaft und würde die Menschen mit Füßen treten die es wagten mir die Cour zu machen; sei ganz ruhig, mein Theodor, in dieser Hinsicht werd ich Dir gewiß keine Schande machen.“23

Am Ende dieser von Obsessionen, die u. a. durch Ballveranstaltungen ausgelöst wurden, negativ bestimmten Verlobungsphase einigte sich das verheiratete Paar dahingehend, dass das getrennt als „peinlich“24 empfundene Tanzen fortan in der Vereinigung vollzogen unabdingbar war. 1847 bis 1888 Nachdem der Ball zeitweise im Empfinden Storms zum Inbegriff von amouröser Entgleisung und der Gefährdung zwischenmenschlicher Beziehungen pervertiert war, schloss sich nach der Stabilisierung der Lebensverhältnisse durch die Ehe und Familie eine Phase der festen Einbindung des Tanzens in ein geregeltes bürgerliches Dasein mit den damals aufgegebenen Normen an. Die Verpflichtung zum Tanzen war ein Teil jener Auflagen, die Storm auf sich lud, als er im Frühjahr 1843 einen „Gesangverein“ begründete. Dieser gemischte Chor von Dilettanten 91

war keine politisch gemischte Liedertafel, sondern eine Vereinigung von Frauen und Männern, die in einer Kleinstadt Bildung durch Gesang, den Anschluss an das aufkommende öffentliche Konzertleben und Geselligkeit suchten. Präsentiert werden sollte das in Proben musikalisch Erarbeitete ab dem 21. August 1843 in Konzerten, die gekoppelt waren „mit nachfolgendem Tanzvergnügen“ (so am 18.3.1880). Das eine hing nach damaligem Usus noch in vielen Städten mit dem anderen zusammen, die „Stunden wahrer Andacht“ mit „Tanz, Spiel und Schmaus“; beides ergab ein Fest für Geist und Körper.25 Nachdem Storm 1843 den von ihm geleiteten Gesangsverein öffentlich vorgestellt hatte, wollte er sowohl gesellschaftlichen Konventionen genügen als auch zurückgezogen seiner selbst leben. Einerseits benötigte er die „Garteneinsamkeit“, die „Hausgesellschaft“ und das Glück in der Familie, daneben war er jedoch auch gefordert, Kontakte zu pflegen und den geselligen Umgang „außer Hause“ zu hegen. Da er „mit der Beamtenwelt gar nicht anstand“,26 in Übereinstimmung mit seiner ersten Frau Constanze um die „Hohlheit und Lügenhaftigkeit“ der damaligen, politisch mitbelasteten „gesellschaftlichen Zustände“ wusste,27 galt es abzuwägen, inwieweit es erträglich war, an Tanzveranstaltungen, Mittagsgesellschaften und anderen Zusammenkünften teilzunehmen. Ordinäre Tänze waren oft laut und ohne tolerierbare Manieren. In der Novelle „Im Saal“ lässt er die Großmutter (Magdalena Woldsen) rückblickend sagen: „Die Menschen waren damals noch höflicher gegeneinander.“ „Wüthender Galopp“ oder rasendes Walzen störte um 1850 den Ton „feiner Gesellschaften“. Formalisierte Bälle indessen boten die Gewähr, dass die dazu Eingeladenen sich an die Salonkonvenienzien hielten und nur selten aus der Rolle des Schicklichen fielen. Storm gibt in Briefen und anderen Texten Einiges kund von den Erwartungen, denen ein aufwendiger Ball zu genügen hatte. „Schönster Putz“, Gesellschaftsspiele, gute Verköstigung, der „Duft des Geistes und der Schönheit“,28 „harmonisch rhythmische Bewegung“,29 Tableaux, „Ballzettel“ zum Inskribieren,30 „Cotillonschleifen“,31 geregelte Abfolge der Tänze und Partner waren unerlässliche Merkmale solcher Veranstaltungen sozial unterschiedlicher „Requirenten“. Kleine Bälle setzte man ab von „einfachen Tanzvergnügen“, von Assemblees oder glänzenden Festen. Storm reagierte empfindlich auf unhöfliches Benehmen, wenn die Verabredungen oder Choreographien nicht eingehalten wurden, so z. B. am 12. Oktober 1845, worüber er seiner Braut indigniert berichtet: „Drüben klingt noch immer die Tanzmusick; – als ich wieder hinüber kam, tanzte ich noch eine Francoise mit Frau Postmeisterin, den Cotillon mit Riecke; dann ging ich zu Tisch mit J. J. Hansens Frau; das geschah um 11 Uhr. Nach Tisch führte ich mit Mad. Hansen die gewöhnliche Polonnoise auf, wo immer die Damen wechseln, Du weißt; oder vielmehr ich wollte sie aufführen; aber die animirten Leute machten alles verkehrt; ich wollte die Confusion redressiren; statt dessen redete und spectaculirte aber der Lieutenant dazwischen und Ernst fing ohne Weiters an zu walzen; ich empfand das augenblicklich als eine Unhöflichkeit gegen mich, führte meine Dame zu Platz und ging aus dem Ballsaal nach unten, wo ich mit dem Landvogt und andern guten Gesellen bis hieher geschwatzt habe ganz behaglich; auch sangen Hansen und ich aus besten Kräften; meine Empfindlichkeit dauerte auch nicht länger, als ich den Ballsaal verlassen hatte, und so habe ich diese letzte Hälfte des Balles ganz behaglich verbracht.“32

Verstöße gegen die tradierten Sitten nahm er nicht ohne Widerspruch hin. Exemplarisch dafür ist sein Eingreifen in die Vorbereitungen für die Silberhochzeit der Eltern von Constanze Esmarch im Januar 1846.33 Storm moniert die Festordnung und die unzureichenden Vorkehrungen: 92

„Polterabend gehört sich so, daß das Festpaar in zwei Lehnstühlen sitzt, um sie her die Verwandten und Freunde und nun eins nach dem andern Aufzüge, Tänze, einzelne Masken, Darstellungen, Schauspiele vor ihnen erscheinen. Wenn das vorbei ist, wird an kleinen Tischen servirt, und das Geschaute beplaudert. Am andern Tag folgt dann die Fête und meinetwegen Ball. Ich mache es Dir nun zur Pflicht, was ich hier geschrieben, Deinem Vater vorzulesen; denn es ist wirklich Gefahr im Verzuge, Gefahr für unsrer aller silberne Hochzeitsfeier; ich bin überzeugt er wird auf meine Seite treten. Mittagsgesellsch[a]ft und Ball muß an einem Tage sein; der Polterabend darf damit nicht verdorben werden.“34

Storm greift mahnend auch ein, wenn nach seiner Ansicht nicht tolerierbare Tanzpartner auf dem Parkett auftreten. Er, der 1851 die Besetzung Holsteins durch österreichische und preußische Truppen gedemütigt, „nur stumm die Faust geballt“, im Zorn als „Vergewaltigung“ seines Heimatlandes erlitt,35 konnte nicht widerspruchslos hinnehmen, dass man in Segeberg mit Österreichern tanzte. Empört schrieb er als Verfechter der freiheitlichen Rechte seiner Region am 7. Mai 1851 an seinen Freund Brinkmann: „Nach Briefen aus Segeberg, die wir eben erhielten, haben sie dort Concert u Ball mit den Oestr[eichischen] Offiziren gemacht. Die Unbefangenheit, mit der das von dorther erzählt wird, und die entschiedene Mißbilligung mit der die Frauen hier es aufnahmen zeigt mir, daß man in Holstein von unsern Zuständen keine Idee hat. Der allgemeine Zustand hier ist der, daß das Volk, die Bauern und der kleinere Bürgerstand vom Polizeidiener, oder Polizeimeister oder Commandanten, mit Stöcken und Fäusten geschlagen wird, wenn sie es für gut finden, d. h. wenn sie die Mütze nicht ziehen, wenn die Bauern ihre Wagen verkehrt gestellt haben, wenn sie sich nach der Polizeistunde auf der Straße betreffen lassen etc. etc. Das ist der Durchschnittszustand, der kommt immerfort vor; daneben die elendsten Denunciationen z. B. eines Handwerkers, weil er seine Tochter nicht habe mit dän[ischen] Soldaten, wohl aber mit Handwerksgesellen zu Tanze gehen lassen wollen etc. etc. Ich habe mich nie so sehr, wie jetzt als Theil meines Volkes gefühlt; jede solcher Schändlichkeiten geht mir bis auf den Knochen. Nein mit den Offiziren eines deutsch[en] Stammes der diesen Nothzustand aufrechterhalten hilft, statt uns davon zu befreien, sollen unsre Frauen nicht tanzen.“36

1868 fügt er, weiterhin verbittert über den „Gewalt-Staat“, konsequent hinzu: „man muß es diese Leute fühlen lassen, daß wir hier auf eignem Grund stehen“.37 Tänze und Bälle waren somit keine beiläufigen Unterhaltungen innerhalb eines jedermann offenen Vergnügungsbetriebs, sondern Gelegenheiten zur Selbstdarstellung im Rahmen eines Verhaltens- und Bewegungskodex, der freilich auch die Probleme der Polarisierung der ungleich gewerteten Geschlechter sowie den Triebverzicht der Damen nicht ausschloss. Entsprechend der im 19. Jahrhundert üblichen Befindlichkeit als Jugendlicher, Erwachsener oder Greis verabschiedete sich auch Storm nach 1860 von vielem. In einer „Widmung an Fritz Stuhr“ vom 14. Juni 1861 resümiert er: „[...] Doch wir reiten nicht mehr auf den Jahrmarkt jetzt. Wie wir in der Jugend taten“.

Offene Tänze waren ihm zum Mitmachen fern gerückt. Feste mit gediegenem Ballprogramm erfreuten ihn indessen weiterhin. Am 25. Februar 1875 teilte er beispielsweise Paul Heyse mit: „Wir geben [...] in diesen acht Tagen drei Gesellschaften mit je 18 Personen. Dabei mein Gesangverein von etwa 50 Personen beiderlei Geschlechts. Vorigen Winter wurde sogar in unserm großen und recht schönen Theatersalon Komödie gespielt, sogar Professoren des Gymnasiums spielten mit und zwar eminent. Nachher blieben Komödianten und Zuschauer, weit über 100 Personen, zusammen – Abendtafel und Tanz. Sie sehen, wir Husumer können nicht verderben.“38

93

Bälle „in Schaus großem Saal“ mit „langer Tafel“ waren ihm auch nach 1870 sehr willkommen.39 Als anteilnehmender Vater animierte er auch seine heranwachsenden Kinder, sich im Tanz zu üben und angemessen zu präsentieren. Er genoss es, wenn die 1868 geborene Tochter Friederike, genannt Dodo, um ihn herum „beständig tanzte“,40 wenn als Vorübung für spätere Auftritte „die drei Kleinen tanzen mit ihren Puppen“.41 Er ermunterte seine Kinder gemäß seiner Einschätzung des Lebens: „sei recht froh und genieße jede Stunde“.42 Storm berichtet in seinen Briefen an die Kinder wiederholt davon, dass etwa „die Jungen bei Kecks zur Tanzgesellschaft“ waren, die Töchter „auf einem feinen Ball gewesen“ sind, „wo sie bis 5 Uhr morgens seelenvergnügt getanzt haben“.43 Er war somit kein gestrenger Patriarch, der – wie viele seiner Zeitgenossen – einer die vitale Lust behindernden Sobrietät das Wort redete, welche das Tanzen als prinzipiell unsittlich, unschicklich oder gar unzüchtig verwarf. Er handelte nicht nach dem abstoßenden Muster jener „außgelasnen Kleinen“ in dem Gedicht „Zwischenreich“, die nur mit „Tanten und Pastoren“ verkehren darf, entsagend „nach dem Himmelreich schmachten“ soll und – statt der Jugendfrische sich zu erfreuen – „mit grauem Flor verhüllt“ ist. Vielmehr hat er den Inhalt des eingangs zitierten Vierzeilers, wonach man geschwinde zum frohen Tanze sich einfinden möge, „sonst enteilt die Zeit“, offensichtlich ohne Einschränkungen an seine Kinder weitergegeben. Tanzgelegenheiten und Standardtänze Storm tanzte zumeist in bürgerlichen Gesellschaften, in seiner Jugend auch – wie bereits angedeutet – bei Gelegenheiten auf dem Lande. Über letztere gibt er keine detaillierte Auskunft, auch nicht darüber, ob er sich etwa bei Jahrmärkten an Bewegungsformen anzupassen hatte, die von den urbanen Gepflogenheiten verschieden waren. Die Tänze des späten 18. Jahrhunderts (Menuett, Allemande, Contre) waren ihm nicht mehr vertraut. Er war eingeübt in: Galoppade Française Polonnoise Cotillon Walzer. Gelegentlich kennzeichnet er die Gangart dieser Standardtänze, indem er etwa 1845 brieflich darauf hinweist, er habe „einen sehr sehr raschen Walzer“ bis zur Erschöpfung getanzt oder dass auf der Straße Walzende „scharren“ würden.44 1846 verhielt er sich bei einer Française nicht vornehm zurückhaltend, vielmehr so vergnügt, dass er „vor Lachen keinen Pas machen“ konnte.45 1845 beschreibt er „die gewöhnliche Polonnoise, wo immer die Damen wechseln“. Auskunft über die „gewöhnlich“ zu beachtenden Choreographien lassen sich ob des Mangels an genaueren Beschreibungen lediglich aus zeitgenössischen „Tanz- und Bildungsschulen“ renommierter „Lehrer der Tanzkunst“ entnehmen, z. B. aus Eduard Friedrich David Helmke „Neue Tanz= und Bildungsschule“ (Leipzig 1829), aus Franz Anton Roller „Systematisches Lehrbuch der bildenden Tanzkunst“ (Weimar 1843) oder aus dem mehrmals verändert nachgedruckten „Katechismus der Tanzkunst“ von Bernhard Klemm (7. Auflage Leipzig 1901). 94

Zu Storms Lebzeiten ging zwar die Ära der höfischen Redouten zu Ende, das Spiel mit Masken zur Weihnachtszeit und während des Karnevals blieb im Mittelstande ein beliebtes Vergnügen. Die Tochter Gertrud berichtet, dass der Dichter „unermüdlich“ Programme für Maskeraden entwarf und sich um die „Kostüme für Freundinnen und Freunde“ besorgte.46 Diesen Einsatz für das Gelingen von maskierten Auftritten teilte er mit Goethe, der bis ins hohe Alter aufwendige Maskenzüge arrangierte.47 Storms Anteilnahme an Maskenfesten blieb ebenfalls bis in seine letzten Lebensjahre in Hademarschen lebendig, schrieb er doch z. B. am 19. Februar 1884 der Tochter Elsabe, die sich als Föhringerin verkleidete, fürsorglich ratend: „Du hast jetzt hoffentlich den Anzug und die 22 M. von mir erhalten, und hoffe ich, Dich somit äußerlich für die Maskerade instand gesetzt zu haben. Nun aber mußt Du dich auch sonst ein bißchen darauf bedenken, denn Du hast zu gewärtigen, daß allerlei Leute auf der Maskerade sein werden, die auf Föhr gebadet und die Dich auf allerlei anreden werden. Fragt man Dich danach, so sag’, Du heißest Franke Jensen, Deine Mutter sei eine Witwe mit Deinem 10. Jahr geworden; ihr Mann, Schiffskapitän, sei mit seinem Schiff im Englischen Kanal in den Grund gebohrt (es passiert dort nachts ja oft wegen der starken Nebel), Deine Mutter habe dann Heike Paulsen auf Süderoog geheiratet, dort seiest Du seit bald 10 Jahren gewesen, von der Föhrer Badewirtschaft wüßtest Du nicht viel; aber nach Süderoog können die Husumer im Sommer zu Schiffe; in Husum sei ja der gute Deichinspektor gestorben. Fürchtest Du dich dadurch kenntlich zu machen, so schweig von Husum […]“.48

Eine „Maskerade“, an der man nur mit „Einladungsbogen“ teilnehmen konnte, bringt Storm 1870 in seine Skizze „Der Amtschirurgus – Heimkehr“ ein. Tanzmusik in kammermusikalisch stilisierten Fassungen gab es bei Storm in Gestalt von Gavotten für Klavier, den „Liebesliederwalzern“ op. 52 und op. 65 von Johannes Brahms im Jahre 1873 in den Fassungen sowohl mit Klavier zu vier Händen als auch für Singstimmen. Sehr verwendet hat er sich für „Drei Frühlingsreigen aus J. V. Scheffels ‚Frau Aventiure’ für gemischten Chor mit Begleitung des Pianoforte“ (op. 16, Hamburg o. J.), die der Bankangestellte und entfernte Verwandte Ludwig Scherff ihm 1871 im Volkston komponiert (Nr. 3 „Dörpertanzweise“) zukommen ließ.49 Tanzlokalitäten Wenn Storm nicht daheim oder bei Freunden oder während des Pfingstmarktes sowie an Michaelis (29. September) im Freien tanzte, dann ging er allein oder mit einer Partnerin in die Lokale der Stadt, in denen ein Tanzsaal eingerichtet war. Angeboten wurden Tanzböden nach 1853 in der Gastwirtschaft „Schau“, deren Saal 1862 ausgebaut wurde. 1875 wurde diese in „Centralhalle“ umbenannt.50 Zudem konnte getanzt werden im Hotel „Stadt Hamburg“, nach 1870 auch in der Norderstraße 6 in der Gastwirtschaft von Fritz Jönck, später zudem in „Hensens Garten“.51 Tanzmusik Unter den im Storm-Archiv in Husum aufbewahrten Musikalien befindet sich keine Tanzmusik. Dies ist nicht verwunderlich, denn die zu Tänzen aufspielenden Musikanten taten dies noch extemporierend. In Husum standen traditionell der Stadtmusikus mit seinen Gesellen dazu bereit.52 Diese verfügten über 95

eine „Concession“ und waren zur „Aufwartung mit Musik“ nach alter Stadtmusikantentradition verpflichtet. „Taxen“ regelten die Entlohnung.53 Wie andernorts auch verpflichtete Storm, der „immer sehr gegen das Militär“ eingestellt war (siehe die Novelle „Im Sonnenschein“), 1878 ausnahmsweise die Kapelle des 84. Regiments für ein Konzert „nebst Tanzvergnügen“, das abends im Saale des Herrn Bydekarken, im Hotel „Stadt Hamburg“, stattfand.54 In den ländlichen Gemeinden warteten sozial deklassierte Bierfidler oder im Nebenerwerb tätige Handwerker auf, deren Spiel auf der Klarinette oder dem „Violon“ oft derb und belästigend laut ausfiel. Mit „eintöniger Trommel- und Pfeifenmusik“ warteten ambulante Spielleute auf, die auch den „grotesken Tanz“ von Bären auf der Straße begleiteten.55 Tanzmotive in Gedichten und Prosatexten Storm hat nicht nur der Musik, dem Musizieren und den Musizierenden in seiner Dichtung einen gewichtigen Platz eingeräumt,56 auch der Tanz und das Tanzen wurden in Handlungen von Novellen oder in Gedichte als Zeichen wider die Vergänglichkeit eingewoben. Beide Künste waren ständige Begleiter seines Lebens und halfen – nach Worten von W. H. Auden – „das Leben ein bißchen besser zu ertragen“. Im Tanz erfuhr man eine erfüllte, im Einklang mit den Partnern rhythmisch geordnete Gegenwärtigkeit von kurzer Dauer in einem Dasein, in dem „nichts Bestand hat“ (in: „Im Schloß“). Der Dichter stellt dar eine Vielfalt von Varianten menschlicher Beziehungen, der Bedrohung von Lebensentwürfen, von schmerzlicher Sehnsucht nach Vergangenheit und kulturellen Traditionen. Visionen – wie bei Goethe oder Eichendorff57 – vom ewigen Tanz der Gestirne oder der disharmonischen Tanzwut in der Unterwelt, gibt es bei ihm, dem durch Örtlichkeiten bestimmten Realisten, nicht. Er verweist auf Wahrnehmungen und Praktiken in der näheren Umwelt. Als Autor von Märchen schöpft er auch aus Traumbildern von tanzenden Hexen oder Nixen (in den frühen Gedichten „Nixenchor“ und „Walpurgisnacht“). Nur selten zieht er Motive aus antiken Mythen oder biblischer Tradition heran, so etwa in dem Gedicht „An Liseli“ („Bei Amors wildem Reigentanz / Die lockern Dirnen reiten“) oder metaphorisch in „An Klander“ („Nun, tanze nur los im homerischen Schuh“).58 Ereignisse in der Natur werden ebenfalls nur selten als tänzerisches Geschehen in Worte gefasst (so in dem Gedicht „Sturmnacht“). Da Storm in seinen Texten viele Geschehnisse aus der Wirklichkeit zur Sprache bringt, sind diese für den tanzhistorisch interessierten Leser auch Quellen für Einblicke in das Leben während des 19. Jahrhunderts, die ansonsten nicht oder nur spärlich erschließbar sind. Mehrmals bringt er seine eigene Befindlichkeit und egomane Außenseiterrolle ein, wenn er beispielsweise 1846 in „Nachts“ oder 1852 in „Hyazinthen“ sein Ringen um die befürchtete Doppelzüngigkeit geliebter Frauen und die Gefahr der Vereinsamung thematisiert. Die naive, von Ressentiments noch unbeeinflusste Freude von (seinen) Kindern am Reigen und Tanzen spricht er an in dem Gedicht „Weihnachtsabend“ („die Kinder alle tanzten und sangen um den brennenden Weihnachtsbaum“), in der Novelle „Immensee“ (Reinhard schwenkt sich unbeschwert mit Elisabeth auf der Wiese „im Kreise, daß ihr das rote Tüchelchen vom Halse flog“) sowie in dem Gedicht „In Bulemanns Haus“.59 In diesem erzählenden Werk verquickt Storm real Mögliches mit Fiktionalem, daß z. B. die „zierliche Kleine“ sich vor dem Spiegel „mit Stolze“ im Takte im „seidenen Röcklein“ unschuldig mit Gespenstischem be96

wegt. Theodor Fontane berichtet, wie der Dichter in einer Sitzung des „Tunnels über der Spree“ in Berlin dieses Gedicht vortrug: „Er war ganz bei der Sache, sang es mehr, als er es las […] Wir sollten von dem Halbgespenstischen gebannt, von dem Humoristischen erheitert, von dem Melodischen lächelnd eingewiegt werden – das alles wollte er auf unsern Gesichtern lesen, und ich glaube fast, daß ihm diese Genugtuung auch zuteil wurde.“60

Hauptthemen waren allerdings die mit Tänzen verbundenen sozialen Probleme sowie der Geschlechterkonflikt. Storm hat zu den ihn bedrängenden politischen Ereignissen in seiner näheren Umwelt stets sich eindeutig geäußert. Auch die sozialen Wandlungen, Vorurteile und Eingrenzungen haben ihn beschäftigt. Die Klassengesellschaft des ancien régime und der Adelsdünkel haben ihn abgestoßen. Da der galante Tanz zwar zur höfischen Gesellschaft von einst integral gehört hatte, in den bürgerlichen Verhältnissen indessen zu einem individuell zu adaptierenden Prestigemittel liberalisiert geworden war, die eigene Präsentation auf dem Tanzboden gewichtiger erschien als die Repräsentation eines exklusiven Standes, hat ihn auch dieser Konflikt von Pflicht und Neigung, sozialer Integration oder gesellschaftlichem Ausschluss bewegt. In der Novelle „Auf dem Staatshof“ von 1857/1858 schildert er die Verhältnisse von einst in der Aristokratie, als es noch den höfischen Tanzmeister gab, der – aus der Sicht des Dichters – „diese altfränkischen Künste“ mit den „Touren des alten Tanzes“ lehrte, wozu das Umgehen mit dem Fächer, das Noblesse ausstrahlende Tragen der Schärpe, das Aufheben des Kleides mit Fingerspitzen, die gestaffelten Reverenzen oder „die graziöse Gelassenheit der Touren“ gehörten. Im weiteren Verlaufe der Erzählung wird der Tanzsaal dieses Hauses als ein verblichenes Prunkgemach ins Auge gefasst, aus dem „eine dumpfe Luft entgegen“ kam mit „goldgeblümten Tapeten“ ausgestattet, die „zerrissen an den Wänden“ hangen. In dieses desaströse Ambiente wird ein Schneider vom Lande als Tanzmusikant eingesetzt, der im Nebenerwerb auf der Violine mit „festen, klingenden Geigenstrichen trinkfest, auf einem kleinen Faß sitzend“, aufspielt.61 Zu seinem und der eine Landpartie unternehmenden Gesellschaft Repertoire gehörte kein Menuett mehr. Dieser Tanz war nur mehr „dem Namen nach“ bekannt. Anstelle dessen intonierte der Landgeiger einen Walzer, der die sich drehenden Paare ohne Achtung gesellschaftlicher Schranken durcheinander wirbelt. Das ver­ klungene Menuett und der Jedermann zulassende und mitreißende Walzer markieren paradigmatisch einen gesellschaftlichen Wandel, den Storm auch meinte, als er die Strophe schrieb: „Der Junker muß lernen den schweren Satz, Daß der Adel in unsern Zeiten Zwar allenfalls ein Privatpläsier, Doch sonst nichts hat zu bedeuten. […].“62

Ständische Provokationen, Diskriminierungen und das Hervorheben sozialer Unterschiede prägen auch den Inhalt der Novellen „Draußen im Heidedorf“, „Im Nachbarhause links“, „Hans und Heinz Kirch“ sowie „Der Herr Etatsrat“. In dem 1875 geschriebenen Text „Im Nachbarhause links“ erzählt eine Majorstochter provokant: „Mama wolle noch eine große Tanzgesellschaft geben; einige Kaufmannstöchter würden dann natürlich auch mit eingeladen, aber das mache ja gar nichts. – O nun, das mache ja nichts, so in größerem Zirkel“, die jungen „Herren vom Degen“ hätten auch nichts dagegen, „so zum Tanzen und – was freilich nicht gesagt wurde – zum Heiraten, wenn sie reich seien“. Storm spricht 97

damit das Dilemma der Aristokratie an, wegen fehlender ökonomischer Ressourcen Kompromisse auch auf dem Tanzboden mit den Kaufleuten eingehen zu müssen, um wirtschaftlich zu überleben. In „Hans und Heinz Kirch“ von 1882 geht es Storm u. a. darum, die Not anzudeuten, die ein sozial Deklassierter hatte, wenn er an einem elitären „Ball in der Harmonie“ teilnehmen sollte, jedoch „dahin nicht paßte“ und einsichtig deswegen zu Hause blieb. In „Der Herr Etatsrat“ ist der Tanz dreifach thematisiert, als Fest, als Ball und in der Fantasie des Erzählers. Ins literarische Blickfeld gerückt werden Aspekte der Kleidung („Lackstiefel“), des Körperbaus, der „Ersatzbefriedigung für ein schnelles und vergängliches Glück“ im Tanz,63 aber auch das Problem der Ständehierarchie. Hierzu bedient sich in der Episode von Thias Fest Storm des Verweises auf die Ballszene im 1. Akt des „Don Juan“ von Mozart. Hierin ladet der Titelheld die ihre Hochzeit feiernden Landleute Masetto und Zerlina nebst Gästen zum Weiterfeiern in seine Villa ein. Hierbei wird getanzt „senza alcun ordine la danza sia, chi’l minuetto, chi la follia, chi l’allemana farai ballar“. Die adeligen Teilnehmer tanzen das Menuett, Zerlina mit Don Juan einen Kontretanz sowie Leporello und Masetto „teitsch“. Diese Szene gibt ein Abbild der gesellschaftlichen Klassen und der diesen zugewiesenen Tänze. Da die Hierarchie am Zerbrechen war und die intakte aristokratische Gesellschaftsordnung nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte, ließ Mozart die drei sozial determinierten Tänze „senza alcun ordine“ am Schluss der Szene gleichzeitig erklingen, um die Fragwürdigkeit akustisch zu demonstrieren. Storm verweist auf diesen singulären, seinen Intentionen entsprechenden Einfall als einen hintergründig zu assoziierenden.64 Auch in der autobiographische Hinweise enthaltende Novelle „Auf der Universität“ von 1862 wird das Problem der Diskriminierung deutlich ins Bewusstsein gehoben. Für die Tanzgeschichte ist dies der reichhaltigste Text. Storm hat mehrmals bekundet, dass ihm dieser als „poetische Darstellung“ einer Tanzstunde vollendet gelungen sei,65 dieser Text zu jenen Ausgewählten gehöre, „die kein Andrer außer mir“ mache, „ganz realistisch ausgeprägt“ und aus seiner „innersten Jugend heraus geschrieben“ sei.66 Zudem meinte er, diese Novelle müsse „aus Gründen der Moral jedem Studenten in die Hand gesteckt werden“.67 Den heutigen Leser affiziert freilich nicht nur das darin gebotene „Spiegelbild“ rohen studentischen Treibens, sondern auch die Problematik des Standesdünkels innerhalb des Bürgertums, das Außenseiterdasein einer armen Schneiderstochter, der die Anerkennung der „Ehrbarkeit“ verwehrt wird und die als Folge davon im Selbstmord endet, die Tätigkeit eines Tanzmeisters, der sich während des Unterrichts nach tradierter Weise selbst auf der Violine zum Tanze begleitet, die Schilderung des „Einstudierens“ der Touren einer Mazurka, eines Contretanzes sowie beim Debütantenball mit vier Musikanten die davon abgesetzte Ausführung von Walzer, Ecossaise, Galopp und Cotillon, die bezeichnenderweise nicht zum damaligen Curriculum der Tanzstunden gehörten. Das andere, mit dem Tanz assoziierte Thema der Gefährdung der Partnertreue, des Argwohns und des männlichen Anspruchs auf Besitz spricht Storm u. a. an in der Novelle „Waldwinkel“, 1842 auch in dem Gedicht „Junges Leid“, welches ein Erlebnis mit der umworbenen Bertha von Buchan reflektiert: „Und blieb dein Aug denn immer ohne Tränen? Ergriff dich denn im kerzenhellen Saal, Hinschleichend in des Tanzes Zaubertönen, Niemals ein dunkler Schauer meiner Qual? …

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O kehr zurück, und wandle, was vergangen, In dunkle Schmerzen der Erinnerung! Noch blüht dein Mund, noch glühen deine Wangen, Noch ist mein Herz wie deines stark und jung.“

Tanz und Tanzen sind somit im Leben und Werk Theodor Storms von früher Jugend an stets präsent gewesen. Der Musiker, der sich intensiv mit Kompositionen von Händel bis Brahms beschäftigte und Volkslieder schätzte, war auf dem Tanzboden auch mit den modischen Walzern, Cotillons oder Polonaisen seiner Zeit bestens vertraut. Im Tanz wurde manche Lebenskrise sowohl evoziert als auch überwunden. Tanzen beförderte das gesellige Miteinander, das Kommunizieren in rhythmisierter Bewegung als soziales Handeln zu Zweit sowie in der Gruppe. Anmerkungen   1 August Stahl (Hg.): Theodor Storm – Hartmuth und Laura Brinkmann. Briefwechsel, Berlin 1986, S. 153.   2 Regina Fasold (Hg.): Theodor Storm – Constanze Esmarch. Briefwechsel, Berlin 2002, Bd. I, S. 249.   3 Fasold (wie Anm. 2), Bd. II, S. 347.   4 Eine 1803 in Schleswig-Holstein durchgeführte Volkszählung ergab, dass damals lediglich drei, in Friedrichstadt, Itzehoe und Schleswig ansässige Tanzlehrer hier lebten. Meistenorts war man somit auf Schnellkurse ambulanter Lehrer angewiesen, die solche zumeist in Gaststätten offerierten.   5 Fasold (wie Anm. 2), I, S. 48 f. sowie Gertrud Storm: Theodor Storm. Ein Bild seines Lebens, Berlin 1912, RP Hildesheim 1991, S. 160. Mozarts „Zauberflöte“ wurde nach 1794 durch Aufführungen des Gottorfer Hoftheaters in Schleswig-Holstein bekannt gemacht, so dass die „alte Jungfer“ mit der populären Vertonung von „Der Vogelfänger bin ich ja!“ seit ihrer Jugend vertraut sein konnte.   6 Siehe die Skizze von 1870 „Der Amtschirurgus – Heimkehr“ sowie Storm (wie Anm. 5), S. 97.   7 Gerd Eversberg: Theodor Storm als Schüler, Heide 2006, S. 133 f. Das damals ländliche Milieu beim Tanze veranschaulicht eine Zeichnung aus dem Jahre 1831 bei Walter Salmen und Heinrich W. Schwab: Musikgeschichte Schleswig-Holsteins in Bildern, Neumünster 1971, Taf. 48, 2.   8 In dem Gedicht „Wechsellied zum Tanze“ kennzeichnet Goethe in diesem Zusammenhang der Werbung auf dem Tanzboden das Verhalten von „Gleichgültigen“, siehe Walter Salmen: Goethe und der Tanz, Hildesheim 2006, S. 2 ff.   9 LL, S. 131. Mit Emma Kühl ging Storm im Winter 1837 eine Verlobung ein. 10 Stahl (wie Anm. 1), S. 155. 11 Dazu Gabriele Busch-Salmen: „Naturfreiheit“ contra „Tanzmeisterzwang“ – Schillers ambivalentes Verhältnis zum Tanz, in: Musik in Baden-Württemberg. Jahrbuch 2005, S. 19. 12 Fasold (wie Anm. 2), I, S. 23. Storm literarisierte diese Einstellung 1841/42 auch in dem Gedicht „Damendienst“ mit der Bemerkung eines Schleppenträgers „... Doch leid ich in diesem Dienste / Keinen andern neben mir ...“. 13 Storm (wie Anm. 5), S. 161; Fasold (wie Anm. 2), I, S. 200. 14 Fasold (wie Anm.2), I, S. 52. 15 Ebenda, I, S. 154. 16 Fasold (wie Anm. 2), I, S. 213. 17 Z. B. Fasold (wie Anm. 2), I, S. 273 und S. 333 f. 18 Ebenda, S. 272. 19 Ebenda, S. 324. 20 Ebenda, II, S. 339. 21 Ebenda, II, S. 302. 22 Ebenda, S. 221. 23 Ebenda, S. 230. 24 Fasold (wie Anm. 2), II, S. 392. 25 Zum Thema „Chorkonzerte“ siehe Walter Salmen: Das Konzert, München 1988, S. 120 ff. 26 Stahl (wie Anm. 1), S. 56. 27 Fasold (wie Anm. 2), II, Brief Nr. 216. 28 Fasold, I, S. 360. 29 Ebenda, S. 233. 30 Ebenda, S. 325.

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Ebenda, S. 332. Fasold (wie Anm. 2), I, S. 334 f. Fasold, II, S. 172 ff. Ebenda, S. 179. Stahl (wie Anm. 1), S. 153. Ebenda, S. 38. Ebenda, S. 154. Hans-Jürgen Sievers: Zur Geschichte von Theodor Storms „Singverein“. Eine Chronik, in: STSG 18 (1969), S. 89 ff. Theodor Storm: Briefe an seine Kinder. Hg. von Gertrude Storm, Braunschweig 1916, S. 36 und S. 107. Ebenda, S. 115 und S. 151. Ebenda, S. 147. Ebenda, S. 112. Ebenda, S. 157 und S. 180. Fasold (wie Anm. 2), I, S. 322 f. Fasold, II, S. 370. Storm (wie Anm. 39), S. 161. Salmen (wie Anm. 8), S. 61 ff. Storm (wie Anm. 39), S. 257; siehe auch Fasold (wie Anm. 2), I, S. 220. Storm (wie Anm. 39), S. 143. Siehe Chronik. 150 Jahre Theodor Storms Chor, Husum 1993, Abb. S. 74 sowie S. 77. Dazu Hans-Jürgen Sievers: Husum um die Jahrhundertwende. Ein Rundgang nach alten Postkarten, Husum 1982, S. 21, 23, 73. Dazu siehe u. a. das Husumer Wochenblatt Nr. 32 vom 9.8.1829. Den „Stadtmusikus mit seinen Gesellen“ benennt Storm auch in „Pole Poppenspäler“, die an „Musikantenpulten“ zur Vorführung des Bühnenspiels und bei den anschließenden Tänzen aufwarten. Siehe Heinrich W. Schwab: Das Einnahmebuch des Schleswiger Stadtmusikanten Friedrich Adolph Berwald, Kassel 1972, S. 44 ff. Husumer Wochenblatt Nr. 32 vom 21.1.1879; siehe zudem Schwab (wie Anm. 53), S. 58. Fasold (wie Anm. 2), I, S. 347. Dazu siehe Chronik (wie Anm. 50), S. 26. Walter Salmen: Eichendorff auf dem Tanzboden, in: Joseph von Eichendorff. Tänzer, Sänger, Spielmann, hg. von Ute Jung-Kaiser und Matthias Kruse, Hildesheim 2007, S. 17 ff. Eversberg (wie Anm. 7), S. 152 f.; 1854 widmete Storm einige Strophen „Für meine Söhne“ mit dem mahnenden Hinweis: „Wenn der Pöbel aller Sorte / Tanzet um die goldnen Kälber, / Halte fest: du hast vom Leben / Doch am Ende nur dich selber.“ Dazu siehe Ernst Schlee: Illustrationen zu den Werken Theodor Storms, Heide 1987, Abb. auf S. 22. Karl Ernst Laage: Theodor Storm. Leben und Werk, Husum 2007, S. 31. In der Novelle „Eine Halligfahrt“ spielt auch lediglich ein Geiger zum Tanzen auf. Laage (wie Anm. 60), S. 47. Ein historisches Tanzfest auf dem Hradschin in Prag sucht Storm auch in seiner Novelle „Ein Fest auf Haderslevhuus“ damit zu kennzeichnen, dass der Sohn des Ritters zwar „die schönen Künste“, darunter das Tanzen erlernt, jedoch „die schweren den anderen ließ“. Louise Forssell: „Es ist nicht gut, so ganz allein zu sein …“. Männlichkeiten und Geschlechterbeziehungen in Theodor Storms später Novellistik, Stockholm 2006, S. 126. Walter Salmen (Hg.): Mozart in der Tanzkultur seiner Zeit, Innsbruck 1990, S. 118 f. Stahl (wie Anm. 1), S. 122. Ebenda, S. 155. Ebenda, S. 121 sowie G. H. Hertling: Theodor Storms Novelle „Auf der Universität“: Zur Funktion und Bedeutung von „Tanz“ und „Contretanz“, in: STSG 38 (1989), S. 83 ff. Zum Vergleich siehe zudem die im Norden von Schleswig-Holstein in das Jahr 1819 lokalisierte Novelle „Der Meister und der Maestro“ (1841) von Johann Peter Lyser, in: Walter Salmen: Der Tanzmeister, Hildesheim 1997, S. 236 ff.

Theodor Storm in neuer Sicht Aspekte der Stormforschung in den letzten 40 Jahren Von Karl Ernst Laage, Husum Das Storm-Bild – sowohl das Bild von der Persönlichkeit des Dichters wie auch die Beurteilung seiner Dichtung – hat sich in den letzten 40 Jahren, besonders aber auch gerade in den letzten 15 Jahren, stark gewandelt. Betrachten wir zunächst den jungen Storm. Ältere Biographien – und auch Storms Tochter Gertrud1 – vertreten die Ansicht, dass dem jungen Storm auf der Husumer Gelehrtenschule nur „geistige Hausmannskost“ vorgesetzt worden ist, dass dort noch „nach alter Art“ unterrichtet wurde und dass dem „werdenden Dichter“ nur „wenig echte Bildungsmöglichkeiten“ geboten worden sind2. Neueste Forschungen aber haben ergeben, dass der Unterricht auf der Husumer Schule den jungen Storm in stärkerem Maße gefördert hat, als bisher angenommen worden ist.3 Zwar hat der Dichter seine Schülergedichte am Ende seines Lebens eine „inhaltslose Spielerei“ genannt (IV 491), aber diese Bewertung ist aus der Perspektive des reifen Dichters verständlich, der erst mit dem „Lied des Harfenmädchens“ und dem „Oktoberlied“ Gedichte geschaffen hat, wie sie „bei Goethe, Uhland, Eichendorff, Heine und Eduard Mörike“ zu finden sind (so: IV 491). Storms Schülerlyrik – das hat man jetzt herausgefunden – war eine wichtige Voraussetzung für seine reife Lyrik. Auch sonst hat das Bild des jungen Storm neue Züge bekommen. Die Neuinterpretation des Kindermärchens „Der kleine Häwelmann“4 und die Neuedition der Brautbriefe5 haben ergeben, dass die Kindheit und Jugend des Dichters nicht so unkompliziert und harmlos verlaufen sind, wie man bisher geglaubt hat. Storm hat als ältestes Kind von insgesamt 11 Kindern (vier sind während oder kurz nach der Geburt gestorben) offenbar darunter gelitten, dass ihm sowohl von Mutter- wie von Vaterseite wenig Zärtlichkeit zuteil geworden ist. Das erklärt – wie die Jugendpsychologie bestätigt – Storms panische Angst vor dem Alleinsein, seine lebenslange Sehnsucht nach Geborgenheit, sein extremes Liebesbedürfnis. In diesem Zusammenhang konnte eine starke Reizempfindlichkeit und Sinnlichkeit des Dichters nachgewiesen werden, die Storms Biographen bisher nicht genügend berücksichtigt hatten. Storm spricht ja selbst von dem „sinnlichen Begehren“, von dem „Teufel“ in ihm (Briefe in die Heimat, 6.12.61). Von daher werden die leidenschaftlichen Gedichte seiner Frühzeit verständlich, die Rausch, Sinnlichkeit und sinnliches Begehren in eine dichterische Form gießen, die man bewundern muss. Ein Gedicht aus dieser Frühzeit, das Storm übrigens selbst nicht gewagt hat, zu veröffentlichen, und das erst nach seinem Tode bekannt geworden ist, mag das deutlich machen (I 254): Rote Rosen Wir haben nicht das Glück genossen In indischer Gelassenheit; In Qualen ist’s emporgeschossen, Wir wussten nichts von Seligkeit.

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Verzehrend kam’ s, in Sturm und Drange Ein Weh nur war es, keine Lust; Es bleichte deine zarte Wange, Es brach den Atem meiner Brust; Es schlang uns ein in wilde Fluten, Es riß uns in den jähen Schlund; Zerschmettert fast und im Verbluten Lag endlich trunken Mund auf Mund.

Auf eine ganz andere Seite Storms und seiner Dichtung ist zum ersten Mal 1967 anlässlich des Storm-Jubiläums6 und später durch eine Ausstellung in Husum im Storm-Haus und durch anschließende Untersuchungen bekannt geworden. Die Ausstellung trug den Titel: „Der kritische Storm. Zum politischen und gesellschaftlichen Engagement des Dichters.“ Und da zeigte sich eine – bis dahin wenig gewürdigte – politische Sympathie des Dichters für demokratische Strukturen, eine energische Kritik an dem Obrigkeitsstaat und – befördert durch die Französische Revolution –: ein lebenslanger Kampf gegen die Vorrechte des Adels und der Kirche. Das waren ganz neue Akzente, die Storms Leben und Werk in neuem Lichte erscheinen ließen. Auch Dänemark gegenüber hatte Storm – das wissen wir gerade auch seit dem Symposion anlässlich der Stormtagung im September des Jahres 20057 – ein viel differenzierteres Verhältnis, als lange angenommen wurde. Storm kannte und verehrte die dänische Dichtung. Er konnte selbst dänisch sprechen und Werke wie Andersens Märchen und Holbergs „Komödien“ im Original lesen. Als der dänische König jedoch Schleswig-Holstein seinem Königreich einverleiben und das reaktionäre (wie Storm meinte), auf der Herrschaft des Adels basierende dänische Herrschaftssystem in Schleswig-Holstein einführen wollte, ist Storm politisch gegen Dänemark aktiv geworden. Storm ist, um seine politischen Ideale durchzusetzen, zwar nicht auf die Barrikaden geklettert und hat gegen die Besetzung Schleswig-Holsteins durch Dänemark nicht zur Waffe gegriffen, aber er hat mit Gedichten und – wie es die dänische Staatsmacht ihm vorwarf8 – mit „illegalen Adressen“ und „Renitenz wider die dänische Obrigkeit“ lautstark gegen die Willkür von oben protestiert, ja sogar eine Petition unterschrieben, in der der dänische König aufgefordert wird, die Personalunion mit Schleswig-Holstein aufzulösen und vom Amt eines Herzogs von Schleswig-Holstein zurückzutreten! Dem Juristen Storm wurde daraufhin 1852 vom dänischen König die Bestallung als Rechtsanwalt entzogen; er musste ins „Ausland“ gehen (damals war Preußen für die Schleswig-Holsteiner „Ausland“) und sich im preußischen Justizdienst um eine neue Anstellung bemühen. Doch politisch kam Storm durch seine Emigration nach Preußen – um es salopp auszudrücken – vom Regen in die Traufe! Denn Preußen war in noch stärkerem Maße ein Obrigkeitsstaat als Dänemark, und die Vorrechte von Adel und Kirche waren in Preußen ebenso ausgeprägt wie im Königreich Dänemark. So entwickelte sich während der Emigrationsjahre in Potsdam und Heiligenstadt in Storm eine tiefe Abneigung gegen den preußischen Obrigkeitsstaat, gegen den „preußischen Menschenverbrauch im Staatsmechanismus“ (an die Eltern, 7.5.1854), gegen die Übermacht des „Militär-Etats“ (an Brinkmann, 18.12.1854) und gegen die preußische Gesellschaft, die „den Schwerpunkt nicht in der Persönlichkeit, sondern in Rang, Titel, Orden und dergleichen Nippes legt“ (Brief an Fontane, 27.03.1853). 102

Man kann sich unschwer vorstellen, wie Storm – nach 12 Jahren in der Emigration, nach 12 Jahren in Preußen – nach der Befreiung Schleswig-Holsteins und nach dem Sieg bei den Düppeler Schanzen – aufgeatmet hat, als er im Frühjahr 1864 in seine Heimat zurückkehren konnte. Und es ist bezeichnend, welche politischen Hoffnungen und Vorsätze er damit verband: Er wollte – wie er seinem Freund Brinkmann und seinen Eltern schrieb (21.12.1863 u. 18.01.1864) – den „unausweichlichen Kampf zwischen der alten und neuen Zeit“ „mitkämpfen“, d. h. die feudalistischen Strukturen beseitigen, die Vorrechte von Adel und Kirche abbauen, die Rechte der Bürger stärken. „Diesen sozialen Kampf“ wollte er „durch das begeisterte Wort mitkämpfen“, er wollte wie er sich ausdrückte – „in diesem Kampf der Tyrtäus Liederdichter der Demokratie“ sein. Aber – und das ist die eigentliche Tragik in Storms politischem Leben, die man erst in neuerer Zeit erkannt hat9 – es kam alles ganz anders: Schleswig-Holstein wurde kein freies selbständiges und demokratisches Herzogtum, wie Storm gehofft hatte, sondern preußische Provinz! Storms Enttäuschung war riesengroß! Trotzdem hat er – wenn auch nicht so deutlich und offen, wie er es sich vorgenommen hatte, seine politischen Ideale weiter vertreten. Gerade ausländische Stormforscher, die solche Tatbestände von außen oft viel deutlicher erkennen als die deutschen Stormforscher – haben darauf hingewiesen, dass Storm z. B. in den Chroniknovellen nicht – wie vielfach angenommen worden ist – aus der Gegenwart in die Vergangenheit flüchtet, sondern Gegenwartsprobleme ins 18. Jahrhundert verlegt10, weil er dort besonders anschaulich zeigen konnte, wie „Gewalt und Luxus die Menschenwürde in den Staub traten“ (an A. Christen, 30.1.1870). So stellt Storm z. B. in der Novelle „Renate“ dem engstirnigen orthodoxen Pastor Josias die modern denkende freigeistige Tochter des Altbauern gegenüber, und in der Novelle „Eekenhof“ geißelt er die Selbstherrlichkeit und Brutalität der adligen Gutsbesitzer. Wie freidenkend und demokratisch Storm auch als preußischer Amtsrichter geblieben ist, kommt 1870/71 während des Frankreichkrieges zum Ausdruck: „ Ich habe“, so schrieb er damals einem Freund (an Pyl 14.11.1870) – „mehr Begeisterung für den Kampf im Staate also für soziale Reformen als für den um seine Grenzen“. Während man in ganz Deutschland – auch in Husum – den Sieg bei Sedan und die Kapitulation von Metz feierte, dichtete Storm: „Hat erst der Sieg über fremde Gewalt Die Gewalt im Innern besiegt, Dann will ich rufen: Das Land ist frei! Bis dahin spar ich den Jubelschrei.“

So hat Storm zeit seines Lebens gegen „preußischen Gehorsam und subalternes Wesen“ (an Rodenberg 27.5.1868) und gegen die sogenannte „Junkersherrschaft“ gewettert (an Pietsch 27.12.1864). Seinen Freund, den Preußen-Verehrer Theodor Fontane hat er in diesem Zusammenhang einmal folgendermaßen kritisiert: „Möchten Sie der letzte Poet jener dem Tode verfallenen Zeit sein, worin die Tat des Volkes erst durch das Kopfnicken des Königs Weihe und Bedeutung erhält (19.12.1864).“ Am Ende dieses – dem politischen Storm gewidmeten - Kapitels mag das humorvoll-satirische Gedicht stehen, mit dem Storm die Verbürokratisierung durch die Preußen und ihren Obrigkeitsstaat verspottet. Hintergrund ist die Tatsache, dass es in Schleswig-Holstein (wie auch in anderen Bundesländern) früher keine staatlichen Standesämter gab: Wenn ein Kind geboren war, wurde es getauft und 103

im Taufregister der Kirche eingetragen; ebenso wurde die Eheschließung nur in das kirchliche, sogenannte „Copulationsregister“ eingetragen. Erst die Preußen richteten die staatlichen Standesämter ein. Storm spottete (I 35): Der Beamte Er reibt sich die Hände: „Wir kriegen’ s jetzt! Auch der frechste Bursche spüret Schon bis hinab in die Fingerspitz’, Daß von oben er wird regieret. Bei jeder Geburt ist künftig sofort Der Antrag zu formulieren, Daß die hohe Behörde dem lieben Kind Gestatte zu existieren!“

Aber nicht nur die politische Seite der Stormschen Dichtung und Persönlichkeit ist von der Forschung neu beleuchtet worden, auch die Bedeutung und der Rang der Stormschen Dichtung selbst. Lange hatte die Dichtung Storms mit Fontanes Vorwurf der „Husumerei“ zu kämpfen. Fontane meinte damit Storms ständige Kritik an dem von Fontane hochgeachteten „Preußentum“ und Storms aus echtem Heimweh entstandenes positives Hervorheben der Husumer ‚Gemütlichkeit‘. Über Storms Dichtung allerdings hat sich Fontane ganz anders geäußert: Schon am 8. März 1853 schrieb Fontane Storm in einem Brief: „Sie sind uns die Verkörperung von etwas ganz besonderem in der Poesie und leben neben vielem anderen auch als eine Art Gattungsbegriff bei uns fort.“ Was war damals (im damaligen Berlin) – so frage ich mich, so fragen wir uns – das „Besondere“ der Stormschen Dichtung? Ich versuche eine erste Antwort: Das Besondere an Storms Dichtung war die Verbindung von ‚Stimmung’ und Realitätsbezug, anders – mit Schlagworten – ausgedrückt: die Mischung von romantischen und realistischen Elementen. Diese Theorie wird bestätigt durch August von Viedert, einen Deutsch-Russen, den Storm 1854 in Potsdam kennengelernt hat und der später in den „St. Petersburger Nachrichten“, den „Petersburgskije Vedomosti“ vom 14.1.1856, in russischer Sprache eine Würdigung Storms veröffentlicht hat. Da heißt es (Übersetzung aus dem Russischen11): „Seine Storms Erzählungen „sind durchdrungen von einer tiefen Innigkeit, nur selten kommt ein sentimentaler Ton auf. Im Gegensatz zu dem Mondschein-Poeten Putlitz steht die Poesie Storms auf dem Boden der Wirklichkeit.“ Ähnlich wie der Russe hebt Fontane in seinem 1853 veröffentlichten Essay „Unsere lyrische und epische Poesie“ die Bedeutung des „wirklichen Lebens“ für die Poesie hervor und fasst das Besondere der frühen Stormschen Kunst in folgendem Satz zusammen: Storm ist (schreibt Fontane) „ein recht poetischer Dichter“. Wie kommt das von Viedert und Fontane entdeckte „Besondere“ und „Poetische“ der Stormschen frühen Dichtung in dieser Dichtung selbst zum Ausdruck? Einige Sätze aus dem Anfang der 1857 entstandenen Novelle „Auf dem Staatshof“ können das veranschaulichen. (Übrigens: als Vorbild für den Hintergrund der Novelle, für die konkrete Wirklichkeit, die er für seine Geschichte brauchte, benutzte Storm reale Details aus Friedrichstadt, Koldenbüttel und aus der Eiderstedter Marsch). Also: Am Anfang der Novelle heißt es (I 392): 104

„Die kleine Stadt, in der meine Eltern wohnten, lag hart an der Grenze der Marschlandschaft, die bis an’s Meer mehrere Meilen weit ihre grasreiche Ebene ausdehnt. Aus dem Nordertor führt die Landstraße eine Viertelstunde Wegs zu einem Kirchdorf, das mit seinen Bäumen und Strohdächern weithin auf der ungeheuren Wiesenfläche sichtbar ist. ... Hier bin ich in meiner Jugend oft gegangen; ich mit einer Anderen. Ich sehe noch das Gras im Sonnenscheine funkeln und fernab um uns her die zerstreuten Gehöfte mit ihren weißen Gebäuden in der klaren Sommerluft. Die schweren Rinder, welche wiederkäuend neben dem Fußsteige lagen, standen auf, wenn wir vorübergingen, und gaben uns das Geleite bis zum nächsten Heck; mitunter in den Trinkgruben erhob ein Ochse seine breite Stirn und brüllte weit in die Landschaft hinaus.“ Die Verknüpfung von Wirklichkeitsschilderung und Stimmung (oder sagen wir: Atmosphäre) macht den besonderen poetischen Reiz der Erzählung aus. Aber sie dient Storm darüber hinaus dazu, um eine überzeitliche Problematik, die auch für uns heute noch Gültigkeit hat, deutlich zu machen: Anne Lene, die Besitzerin des „Staatshofs“, ist – wie es in der Novelle heißt (I 393 und 400) – eine „kleine Patrizierin“ und der letzte Spross einer reichen Familie, der einst 90 Höfe gehört haben. Anne Lene hat nicht die Kraft, den letzten Familienhof, den „Staatshof“, zu bewirtschaften. Eines Tages bricht sie durch die morschen Bretter des – wie es heißt – „in patrizischem Luxus“ hergerichteten Gartenpavillons in die darunter liegende Graft und ertrinkt: Die alte Zeit also – das deutet Storm damit an – geht unter! Der neue Besitzer des Staatshofes – so hören wir am Schluss der Novelle –, lässt den alten Hof abreißen und ein „modernes Wohnhaus“ an die Stelle setzen. Er liefert „die größten Mastochsen“ nach England, und in seinem Zimmer stehen die „kostbarsten Möbel“: So wird deutlich, dass eine neue Zeit angebrochen ist. In den Stimmungsbildern spiegelt sich also ein realer Epochen-Umbruch, und diese Verknüpfung von Wirklichkeitsbild und Stimmungsbild ist das Besondere der frühen Stormschen Dichtung. Aber diese Verknüpfung von Wirklichkeits- und Stimmungsbildern war für den Dichter Theodor Storm im letzten Grunde verhängnisvoll. Storm wurde von der um 1900 entstehenden sogenannten „Heimatkunst“-Bewegung entdeckt, als „Heimatdichter“ bezeichnet und dann von den Literaturpäpsten der Nazizeit als „Blut- und Boden“-Dichter vereinnahmt. Gegen diese Verfälschung hat zwar Thomas Mann 1930 in seinem Storm-Essay mit den Worten protestiert „Storms Künstlertum hat nichts zu schaffen mit dem, was man ‚Heimatkunst’ nannte. Seine Sprache „besitzt die absolute Weltwürde der Dichtung“12. Aber das half nicht: Thomas Mann wurde 1933 aus Deutschland verjagt, seine Schriften geächtet und seine Charakterisierung der Stormschen Poesie als „deutsches Meistertum“ wurde nicht gehört. Erst in den letzten Jahren (also viele Jahrzehnte nach Thomas Manns Tod) hat Thomas Manns positives Urteil über Storm mitgeholfen, Storms Dichtung ins rechte Licht zu rücken, sie gegen die Heimat- und „Blut und Boden“-Dichtung abzugrenzen. In diesem Zu­ sammenhang hat man auch die Bedeutung Storms für Thomas Manns „Buddenbrooks“-Roman entdeckt13 – und festgestellt, dass das Thema der „Buddenbrooks“, das Thema „Verfall einer Familie“, bereits in Storms Novelle „Auf dem Staatshof“ angesprochen wird: Die Geschichte vom Untergang des Staatshofes und der Tod Anne Lenes hat also ganz und gar nichts mit Heimat­ tümelei oder Blut- und Boden-Ideologie zu tun, sondern nimmt im Gegenteil bereits 1857 die moderne Dekadenz-Problematik der „Buddenbrooks“ vorweg! – 105

Erst in den letzten Jahren ist auch die Entwicklung des späten Storm, des späten Lyrikers und des späten Novellendichters, untersucht worden. Zwar hat Storm in seiner Spätzeit nur wenige Gedichte geschrieben, darunter aber sind einige besonders schöne und bemerkenswerte. Ich zitiere als Beispiel für die Vergänglichkeitsproblematik, die ihn sein ganzes Leben gequält hat, das bekannte Gedicht „Über die Heide“ (I 93): Über die Heide Über die Heide hallet mein Schritt; Dumpf aus der Erde wandert es mit. Herbst ist gekommen, Frühling ist weit – Gab es denn einmal selige Zeit? Brauende Nebel geistern umher, Schwarz ist das Kraut und der Himmel so leer. Wär’ ich hier nur nicht gegangen im Mai! Leben und Liebe – wie flog es vorbei!

Das bedeutsamste Gedicht aus der Spätzeit ist jedoch das weniger bekannte Gedicht „Geh nicht hinein“. Vom Stil und vom Gedankengehalt her ist es Storms modernstes Gedicht14. Am Bild eines sterbenden jungen Menschen schildert er den Augenblick des Todes (ich zitiere die betreffenden Verse) (I 94): Da plötzlich losch es aus; er wußt’ es plötzlich, – Und ein Entsetzen schrie aus seiner Brust, Daß ratlos Mitleid, die am Lager saßen, In Stein verwandelte – er lag am Abgrund; Bodenlos, ganz ohne Boden. – „Hilf! Ach, Vater, lieber Vater!“ Taumelnd schlug Er um sich mit den Armen; ziellos griffen In leere Luft die Hände; noch ein Schrei – Und dann verschwand er.

In diesen Versen bringt Storm die Problematik des Menschen seiner Zeit und seine eigene Problematik zum Ausdruck: des Menschen, der den „glücklichen christlichen Glauben“ – so Storms eigene Worte15 – verloren hat und deshalb angesichts des Todes am „Abgrund“ steht, „bodenlos, ganz ohne Boden“. Wenig beachtet ist auch die Problematik der späten Novellen „Ein Doppelgänger“ und „Ein Bekenntnis“: beide Novellen sind Dokumente dafür, dass Storm im Alter den Wirklichkeitsgehalt seiner Dichtung noch gesteigert und neue, aktuelle Themen, auch soziale Fragen, angeschnitten hat: Im „Doppelgänger“ ist es das Problem der „Resozialisierung“: Ein junger Mann, der einem anderen beim Einbruch und Raub geholfen hat, dafür im Zuchthaus in Glückstadt gesessen und seine Schuld abgebüßt hat, findet nach seiner Rückkehr in seine Vaterstadt keine Arbeit, wird von der bürgerlichen Gesellschaft gemieden und stirbt auf grässliche Weise. Storms Anklage, die er in der Novelle dem Bürgermeister in den Mund legt, ist heute noch aktuell: „Nachdem dieser John von Rechtes wegen seine Strafe abgebüßt hatte, wurde er, wie gebräuchlich, der lieben Mitwelt zur Hetzjagd überlassen. Und sie hat ihn nun auch zu Tode gehetzt; denn sie ist ohn Erbarmen.“ (III 574). 106

In der Novelle „Ein Bekenntnis“ (ein Jahr vor dem „Schimmelreiter“ vollendet) geht es um das – heute vieldiskutierte – Problem der Sterbehilfe, der Euthanasie. Ein Arzt gibt seiner sehr schmerzempfindlichen Frau, die an dem damals als unheilbar geltenden Gebärmutterkrebs erkrankt ist, eine Überdosis Morphium. Sie stirbt. – Wenige Monate später, als er seine Fachzeitschriften durchsieht, erkennt er, dass er seiner Frau durch eine „Exstirpation“, d. h. durch die operative Entfernung des Uterus, hätte retten können. Er geht nach Afrika, um dort seine Schuld durch medizinische Hilfe für die Eingeborenen abzubüßen. Die Novelle „Der Schimmelreiter“ wird – obwohl sie schon dreimal verfilmt worden ist, noch immer unter dem Eindruck der Verfilmung von 1933 gelesen. Natürlich kann man Storms Novelle heute noch – im Sinne der Verfilmung von 1933 – mit Gewinn lesen als Hymnus auf den ewigen Kampf des Menschen mit den Naturgewalten, als Loblied auf die Deichgrafen und die Menschen an der Küste, die sich seit Jahrhunderten dem Kampf mit dem Meer stellen, die mit neuen Erfindungen (z. B. neuen Deichprofilen, wie Hauke Haien) die Oberhand über die Natur zu gewinnen oder dem Meer neues Land abzuringen ver­ suchen. Aber schon vor Jahren (1963) hat ein amerikanischer Stormforscher den Weg freigemacht für eine neue Sicht16. Er hat die Frage gestellt, ob die Gestalt des Hauke Haien nicht vielschichtiger und doppelgesichtiger zu interpretieren sei, ob Storm in Hauke Haien neben dem großen Deichgrafen nicht auch den „Übermenschen“, den „Gewaltmenschen“ zeichnet (übrigens das Wort „Gewaltmensch“ braucht Storm im Schlussteil der Novelle selbst: III 754). Tatsächlich erkennt man bei näherem Hinsehen, dass Storm dem Hauke Haien auch Züge des „Übermenschen“, des „Herrenmenschen“ und des „Gewaltmenschen“ gegeben hat. Von Hauke Haien heißt es z. B.: „Ein Grimm, wie gleichfalls eines Raubtiers flog dem jungen Menschen ins Blut“ (III 647). „Sie sahen ihn alle mit bösen Augen an; da faßte ihn ein Groll gegen diese Menschen [...]; so wuchsen in seinem jungen Herzen neben der Ehrenhaftigkeit und Liebe auch die Ehrsucht und der Hass“ (III 680). „Hunde!“ schrie er, und seine Augen sahen grimmig zur Seite, als wolle er sie peitschen lassen“ (III 639). „Durch das Geklatsch des Regens und das Brausen des Windes klangen von Zeit zu Zeit die scharfen Befehlsworte des Deichgrafen“ (III 720). „Der Deichgraf gewahrte ringsum grimmige Gesichter und geballte Fäuste“ (III 722). „Wie ein Rausch stieg es ihm ins Gehirn“ (III 691).

Und als „sein“ Koog den Namen „Karolinen-Koog“ bekommen hat, die Arbeiter ihn aber „Hauke-Haien-Koog“ nennen, ruft er voller Stolz aus: „Mochten sie die Menschen trotzen, wie sie wollten, um seinen Namen war doch nicht herumzukommen. In seinen Gedanken wuchs fast der neue Deich zu einem achten Weltwunder; in ganz Friesland war nicht seines Gleichen...; ihm war, er stünde inmitten aller Friesen; er überragte sie um Kopfeshöhe, und seine Blicke flogen scharf und mitleidig über sie hin“ (III 725). Das sind Einzelstellen, Zitate aus der Novelle, denen man bisher zu wenig Gewicht gegeben hat, die zusammengenommen aber ein neues Bild von Hauke Haien ergeben. Verstärkend kommt noch hinzu, dass Hauke Haien von Storm als Emporkömmling geschildert wird, als einer, der sich aus kleinen Verhältnissen (sein Vater ist ein kleiner Bauer mit wenig Land) emporarbeitet, einer, der intelligent und ehrgeizig ist und es schafft, sich gegen alle Widerstände durchzusetzen (auch gerade gegen die etablierte Bauernschaft!) und der eigenen genialen Eingebungen folgend (modernes, flaches Deichprofil!) dem Meer neues Land, einen 107

großen Koog, abtrotzt. Der Erfolg aber macht ihn übermütig und überheblich, er verliert den Kontakt zu seinen Mitmenschen; er wird berühmt, aber einsam. Damit wird die aktuelle, die allgemein-menschliche und politische Bedeutung der Stormschen Schimmelreiter-Gestalt deutlich: Hauke Haien ist einerseits vorbildlich: arbeitsam, strebsam, tatkräftig, kämpferisch, ideenreich und klug; andererseits aber arbeitsfanatisch, rücksichtslos, ich-bezogen und – im weiteren Sinn – unsozial. Er scheint damit Menschen verwandt, die Größe und Ruhm erstreben und die zwischen Genie und Gewaltmensch stehen: Gestalten wie Napoleon, Bismarck und Hitler kommen einem in den Sinn, aber auch Manager unserer heutigen Zeit. Herrenmenschen und Ehrgeizlinge jedoch hat Storm zeitlebens kritisiert und abgelehnt, also Menschen, denen es nicht gelingt, wie es in der Novelle „Eine Malerarbeit“ heißt (LL II 39): „... das liebe Ich aus dem Vorder- in den Hintergrund zu praktizieren“, und die von ihren ehrgeizigen Zielen – z. B. dem wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg, wie in der Novelle „Hans und Heinz Kirch“ – so beherrscht werden, dass sie ihre eigene Familie vernachlässigen, in der Novelle Hans und Heinz Kirch sogar : den eigenen Sohn verstoßen (III 80 ff). Wie weit der Deichgraf Hauke Haien dennoch von den oben genannten „Gewaltmenschen“ entfernt ist (mit diesen also eigentlich nicht verglichen werden kann), wird deutlich, wenn man den Schluss der Geschichte einmal unter einem neuen Gesichtspunkt betrachtet: wenn man den Selbstmord Hauke Haiens mit dem Selbstmord Adolf Hitlers vergleicht: Der Untergang Hitlers ist ein rein negatives Fanal: es ist der Tod eines Fanatikers, der um seiner „fixen Idee“ willen ein ganzes Volk mit in den Untergang reißt, der meint, selbst alles richtig gemacht zu haben: der nicht bei sich selbst die Schuld sucht, sondern bei anderen (bei seinem Volk, das es nicht besser verdient hat, als mit ihm unterzugehen). Hauke Haiens Untergang dagegen ist ein positives Signal: bevor er sich in den „Bruch“ stürzt, gesteht er: „Herr Gott, ja ich bekenn es: ich habe meines Amtes schlecht gewartet!“ (III 751) und bietet sich dann selbst als Opfer an, wenn er ruft: „Herr Gott, nimm mich, verschon die Andern!“) (III 753) Damit unterstreicht Storm – was m. E. bisher zu wenig hervorgehoben worden ist – sowohl seine Warnung vor den Fanatikern, vor den Größenwahnsinnigen als auch seine Überzeugung, dass die wahren Helden diejenigen sind, denen es gelingt, sich selbst zu besiegen oder – um es mit den Worten unseres Dichters auszudrücken (s. o.), „das liebe Ich aus dem Vorder- in den Hintergrund zu praktizieren“. – – Das Storm-Bild – das ergibt sich aus dem hier vorgelegten Rückblick – hat in den letzten 40 Jahren neue und schärfere Konturen bekommen. Außerdem kann man feststellen, dass Storms Persönlichkeit und Dichtung – auch 200 Jahre nach Storms Tod – lebendig sind, intensiv erforscht und diskutiert werden. Das bestätigen aktuelle Neuerscheinungen, von denen hier abschließend vier Werke aus den letzten Jahren genannt werden sollen: Im Jahre 2003 ist in den USA eine in englischer Sprache abgefasste Storm-Biographie erschienen, die Storms Verhältnis zur dänischen Dichtung neu beleuchtet und die Bedeutung der Stormschen Lyrik besonders heraushebt.17 In Moskau ist 2005 eine russische Übersetzung der „Schimmelreiter“-Novelle herausgekommen, die dem russischen Leser neben dem Text zum erstenmal in einem ausführlichen Kommentar die Quellen der Erzählung, die Vorbilder für die Gestalt des Deichgrafen und Interpretationsansätze aufzeigt.18 Im Erich Schmidt-Verlag in Berlin ist – in einer Reihe, die die Storm-Gesellschaft seit 1969 mit anerkannten Wissenschaftlern herausgibt – im Jahre 2006 als 108

16. Band der Briefwechsel Storms mit seinen Verlegern Hermann und Elwin Paetel erschienen.19 Dieser Band dokumentiert nicht nur Storms Verhältnis zu seinen Verlegern und zum Buch überhaupt, sondern gewährt auch Einblicke in Storms Arbeitsweise als Autor und Dichter. Mit dem Storm-Preis der Stadt Husum wurde der Band von M. Stein mit dem Titel „Sein Geliebtestes zu töten“ (2006) ausgezeichnet. Er enthält „literaturpsychologische Studien“ zu den Novellen „Auf der Universität“, „Ein grünes Blatt“, „Viola tricolor“ und „Der Schimmelreiter“.20 Die sich in diesen Neuerscheinungen dokumentierende aktuelle Stormforschung wird – zusammen mit der Neuinstallierung des Storm-Archivs in Husum (Wasserreihe 35, neben dem Storm-Museum) – den Anstoß zu weiteren Forschungen geben. Anmerkungen:   1 Gertrud Storm in: Mein Vater Theodor Storm, Berlin: Flemming und Wiskott 1922, S. 30 f. („Unterricht ... genz nach alter Art“), und in ihrer Storm-Biographie I. Bd.: Berlin: Curtius 1912, S. 90 (zitiert aus „Der Amtschirurgus“: IV, 165: („geistige Hausmannskost“).   2 Franz Stuckert: Theodor Storm. Sein Leben und seine Welt, Bremen 1955, S. 24 f.   3 Gerd Eversberg: Theodor Storm als Schüler, Heide: Boyens 2006.   4 Heinrich Detering: Kinderpsychologie und Erzählung. Storms „Der kleine Häwelmann“, in: STSG 51 (2002), S. 53-68.  5 Theodor Storm – Constanze Esmarch, Briefwechsel. Kritische Ausgabe, hg. von Regina Fasold, 2 Bände, Berlin: Erich Schmidt Verlag 2002. Vgl. dazu Karl Ernst Laage: Liebesqualen. Theodor Storm und Constanze Esmarch als Brautpaar, Heide: Boyens 2005, besonders S. 70 ff.   6 Karl Ernst Laage: Storm und seine Vaterstadt. Ein Beitrag zum Neuverständnis des Dichters, in: STSG 17/1968, S. 19-24. Derselbe dann: Der kritische Storm. Zum politischen und gesellschaftlichen Engagement des Dichters, Heide: Boyens (2. Aufl.) 1990. Außerdem zusammengefasst in meiner Storm-Biographie (Heide: Boyens 1999) S. 102-122. Später: David A. Jackson: Theodor Storm. Dichter und demokratischer Humanist. Eine Biographie, in: Husumer Beiträge zur Stormforschung 2, Berlin: Erich Schmidt Verlag 2001.   7 Thema des Symposions (8.-11.9.2005 in Husum) „Der dänische Storm? Theodor Storms Werk zwischen dänischem und deutschem Realismus“. Die Vorträge sind abgedruckt in: STSG 55 (2006).   8 Dieter Lohmeier: Die Berichte der Husumer Behörden über Storms politische Haltung während der schleswig-holsteinischen Erhebung, in: STSG 34 (1985), S. 39-54.   9 Vgl. dazu Jackson (wie Anm. 6). 10 Vgl. dazu Jackson (wie Anm. 6) und Karl Ernst Laage: Theodor Storms Chroniknovellen – ein unromantischer Rückgriff in die Vergangenheit, in: Geschichtlichkeit und Aktualität. Festschrift für Hans-Joachim Mähl zum 65. Geburtstag. Tübingen: Niemeyer 1988, S. 336-343. 11 Vgl. Karl Ernst Laage: Theodor Storm und Iwan Tugenjew. Heide: Boyens 1967, S. 21 und S. 171 (= STSG 16). 12 Thomas Mann: Theodor Storm Essay. Hg. und kommentiert von K. E. Laage. Heide: Boyens 1996, S. 22. 13 Vgl. K. E. Laage: Theodor Storm – ein literarischer Vorfahre der “Buddenbrooks”?, in: Thomas Mann Jahrbuch Bd. 15, S. 15-33. 14 Fritz Martini: Ein Gedicht Theodor Storms: „Geh nicht hinein“. Existenz, Geschichte und Stilkritik, in: STSG 6 (1957), S. 9-37. 15 Theodor Storm an Eduard Mörike am 3. Juni 1865, in der Kritischen Ausgabe von 1978, hg. von Hildburg und Werner Kohlschmidt, Berlin: Erich Schmidt 1978, S. 72. 16 J. Hermand: Hauke Haien, Kritik oder Ideal des gründerzeitlichen Übermenschen? In: Wirkendes Wort 15 (1965), S. 40-50. Vgl. auch Winfried Freund: Theodor Storm „Der Schimmelreiter“. Glanz und Elend des Bürgers, Paderborn: Schöningh 1984. 17 Clifford A. Bernd: Theodor Storm. The Dano-German Poet and Writer. Oxford/ New York: Lang 2003. 18 Teodor Schtorm: Vsadnik na belom Kone (Der Reiter auf dem weißen Pferd), hg., übersetzt und mit einem Kommentar versehen von A. C. Bakalow und c. C. Schik, Moskwa: Nauka/Ladomir 2005. 19 Theodor Storm – Gebrüder Paetel, Briefwechsel. Kritische Ausgabe, hg. von Roland Berbig, Berlin: Erich Schmidt Verlag 2006. 20 Malte Stein: „Sein Geliebtestes zu töten“. Literaturpsychologische Studien zum Geschlechter- und Generationenkonflikt im erzählerischen Werk Theodor Storms. Berlin: Erich Schmidt Verlag 2006.

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Vorstellung des Briefbandes Theodor Storm – Ernst Storm Von David Jackson, Cardiff (Wales) Ich habe mich lange gefragt, wie ich meinen heutigen Vortrag gestalten sollte, zumal ich heute Nachmittag schon wieder vor Ihnen stehen werde. Englischen Tee zweimal am selben Tag servieren, das ist vielleicht zuviel des Guten. Ich fasse mich heute Morgen also lieber kurz als lang, lieber locker als akademisch steif. Auch will ich diejenigen unter Ihnen nicht langweiligen, denen ich schon voriges Jahr meine Überlegungen zum Briefwechsel zwischen Theodor und Ernst Storm auftischte. Ich möchte Ihnen also etwas über die schleppende, ja oft qualvolle Entstehung dieses Bandes erzählen. Für Sie als Mitglieder der Storm-Gesellschaft dürfte es von Interesse sein, einen Blick in die Werkstatt, in die Schreibküche zu tun. Briefausgaben sind wirklich keine rauschenden, mit großem Schwung vollbrachten schnellen Taten. Sie unterscheiden sich dem Wesen nach von kritischen Studien zu einem Autor und von Biographien. Bei jenen konzentriert man sich auf ein Hauptthema, wählt das dazu gehörende Material aus, lässt alles andere beiseite; auch darf man sich kontroverse Vorstöße in Neuland erlauben. Bei Biographien geht es ähnlich zu: Der Verfasser bestimmt, wohin die Fahrt geht. Der Herausgeber einer kritischen Briefausgabe dagegen genießt solche Freiheiten nicht. Er ist eher der Asket. Seine Aufgabe besteht gleichsam darin, aus oft verstreuten Teilen ein zusammenhängendes, möglichst vollständiges Gelände zu schaffen. Ist das vollbracht, so muss dieses Terrain sorgfältigst erkundet werden, die Personen, die Orte, die darin sich abspielenden Tätigkeiten und Ereignisse usw. müssen erfasst und erläutert werden. Man ist bestrebt, einen möglichst informativen Reiseführer zu liefern. Hierzu ist Akribie erforderlich. Sind schon das Entziffern und das Transkribieren von Hunderten von Briefen eine äußerst mühsame Operation, die höchste Konzentration und Genauigkeit erfordern, so stellt das Erstellen des Kommentars den Herausgeber buchstäblich vor Tausende von kleinen einzelnen Informationseinheiten, deren Aufklärung oft einen nicht kalkulierbaren Aufwand an Zeit und Mühe erfordert. Ich z.B. brauchte Informationen über Kinderspiele und Kleiderstoffe in Schlewig-Holstein um 1870, Erbrechtsbestimmung in Husum, Plenarsitzungen des preußischen Abgeordnetenhauses und vieles anderes mehr. Der Teufel steckt im Detail, aber ohne die Details ist eine kritische Briefausgabe nicht zu retten. Im Zeitalter des Internets, so könnte man meinen, würde ein Klick genügen, um alles auf dem Bildschirm aufblitzen zu lassen. Schön wär’s. Genau wie früher sind wir Stormforscher noch weitgehend auf zwei bestimmte Einrichtungen angewiesen: erstens auf die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek in Kiel und die fachkundige Hilfe von Leuten wie Kornelia Küchmeister; zweitens auf die Schätze des hiesigen Stormarchivs und die Kenntnisse Elke Jacobsens. Bei jedem Besuch in Husum staune ich darüber, was Elke, Karl Ernst Laage, Gerd Eversberg und andere im Lauf der Jahre an Informationen aus jedem möglichen Bereich zusammengetragen haben. Wer dort sucht, der findet – meistens wenigstens. Und jetzt zur Entstehungsgeschichte dieser Briefausgabe. Vor Jahren beschrieb ich Ihnen die an Erschütterung grenzenden Gefühle, die mich in den 1980er Jah111

ren beim Durchlesen von Storms Briefen an seine Söhne überkamen. Es taten sich mir mit einem Mal Dimensionen seines Lebens auf, die mir bis dahin völlig unbekannt gewesen waren. Nach Rücksprache mit Karl Ernst Laage veröffent­ lichte ich dann in einer englischen Zeitschrift einen kurzen Artikel über Karl Storm und seine Syphilis. Gleichzeitig baute ich in die englische Urfassung meiner Storm-Biographie Abschnitte über Storms Söhne und Töchter ein, die nicht ins althergebrachte Bild seiner reifen und älteren Jahre hineinpassten. Nachdem Annette Eversberg mich 1991 in Flensburg für den Deutschlandfunk interviewt hatte, saß ich neben Gerd im Auto auf dem Weg nach Husum zurück. Ich hielt den Moment für gekommen, ihm auf den Zahn zu fühlen. Ob er vorhabe, die Briefe Storms an seine Kinder mal in die Reihe von Briefwechseln aufzunehmen, die im Erich Schmidt Verlag seit 1958 erschienen waren. Er schlug das Tor nicht schmetternd zu, aber ich merkte an seiner Reaktion, dass Anderes Vorrang hatte, dass ich mich gedulden müsste. Erst nach dem Erscheinen von Regina Fasolds ausgezeichnetem Storm-Band in der Sammlung Metzler spürte ich, wie immer mehr Leute meine Ansicht teilten, diese ungedruckten oder nur teilweise und recht tendenziös edierten Briefe seien für das Verständnis von Storms Leben und Werk unentbehrlich. Gerd hatte verständlicherweise immer noch gewisse Bedenken über das Ausmaß des Projekts und die entstehenden Unkosten. Reiche nicht ein Auswahlband aus? Und könne man den Kommentar nicht auf Magerstufe bringen? Endlich wurden wir uns aber einig, dass jeder der drei Söhne einen gut kommentierten Band für sich beanspruchen dürfte und dass auch die Töchter, wo weniger Briefe vorliegen, einen Sammelband für sich bekommen sollten. Dann stellte sich gleich die Frage: welcher Sohn komme als erster an die Reihe. Über Hans, den Alkoholiker, hatte Erich Erichsen in den 50er Jahren eine kleine Studie geschrieben; bei Stargard war auch eine zuverlässige Edition der Briefe aus den mittleren Jahren erschienen. Also Karl oder Ernst? Eine Zeitlang bevorzugte ich Karl, da die vielen Briefe an ihn und von ihm nie veröffentlicht worden sind; aber andererseits kam mir dieser Briefwechsel eintöniger, eindimensionaler vor. Also Ernst. Da, festgemauert in der Forschung, war ein höchst positives Bild von Storms Zweitältestem, ein Bild, zu dessen Zustandekommen Storm selber gewaltig beigetragen hatte. Ernst, so hieß es, sei sein alter ego gewesen, sein Berater in schriftstellerischen Dingen und eine treue Stütze der Stormfamilie in praktischen und rechtlichen Dingen. Er sei 1913 als Säule der Husumer Gesellschaft gestorben. Und wie stand es mit den Briefen Storms an ihn und von ihm an seinen Vater? Seine Schwester Gertrud hatte zwar in den Band “Storms Briefe an seine Kinder” manche Briefe aus der Zeit vor 1873 aufgenommen – allerdings in zurechtfrisierter Form – ; doch damit war Schluss. Diese Situation war umsomehr zu beklagen, da das Stormarchiv inzwischen in den Besitz von den Briefen Storms an Ernst aus den Jahren von 1879 bis zu seinem Tod im Jahre 1888 gekommen war. Gerd und ich entschieden uns also für Ernst. Eine kritische Ausgabe zu gestalten, ist, wenigstens für uns Germanisten, eine große Herausforderung, eine große Ehre. Die Zeiten sind jetzt anders geworden, aber nach dem Krieg hat es lange gedauert, bis akzeptiert wurde, dass ein Engländer zu einem deutschen Dichter etwas sagen könnte, vor allem wenn er kein Ordinarius war. Bei uns in Großbritannien verhielt es sich nicht anders: was könnte ein Deutscher zu Shakespeare sagen oder schreiben?! Eine kritische Ausgabe anvertraut zu bekommen, ist etwas Besonderes: Eine missglückte kritische Studie kann schnell ad acta gelegt werden, wird schnell vergessen. Eine mangelhafte kritische Ausgabe dagegen blamiert nicht nur den Verfasser, sondern auch den Auftraggeber. Sie liegt jahrelang als peinlicher kostspieliger Brocken herum, 112

auf den kein Verlass ist. Ich war mir dieser Verantwortung bewusst und hätte das Projekt nicht in Angriff genommen, hätte ich nicht damit rechnen können, mich auf einen alten bewährten Stormforscher und Fachmann für Editionsarbeit, Peter Goldammer, in fachkundigem Rat und hilfsbereiter Tat verlassen zu können. Alles muss gelernt werden und bisher war das Edieren nicht mein Fach gewesen. Der Lehrling brauchte den Meister. Als Lektor beim Aufbauverlag und als Heraus­ geber von Storms Werken und Briefen war Peter Goldammer perfekt für diese Rolle ausgewiesen. Er versicherte mich seiner Unterstützung. Erst nach dieser Zusicherung ging ich an die Arbeit heran. Peter Goldammer als Freund und Mentor widme ich diesen Band. Bei einer Briefausgabe ist die erste Aufgabe, die Briefe möglichst vollständig zu sammeln. In diesem Fall war die Lage sehr günstig. Das erste große Konvolut lag chronologisch geordnet in der Landesbibliothek in Kiel; das zweite im Archiv der Storm-Gesellschaft in Husum. Endlich lagen bei mir in Cardiff Fotokopien sämtlicher noch aufzutreibender Briefe vor – zusammen mit Tausenden anderer Fotokopien von Briefen von Storms Geschwistern, Familienmitgliedern und anderen Personen. Dann begann das Entziffern. Im Vergleich zu anderen Forschern haben die Stormforscher es leicht, d.h wenn Storms Briefpartner keine Doktorhandschrift hat. Storm selber hat nämlich eine sehr schöne Handschrift. Auch Ernst hat im Gegensatz zu seinem Bruder Hans und zu seinem Großvater Johann Casimir eine gut lesbare Handschrift. Da zerbricht man sich nur selten den Kopf. Auch steht es mit der Datierung der Briefe und Karten in der großen Mehrzahl der Fälle günstig. Es gibt nur ganz wenige Fälle, wo man selbst durch Detektivarbeit das genaue Datum nicht herausbekommt. Nur selten kommt es vor, dass Storm sich irrt; schreibt er z. B. einen Brief Anfang Januar, so kommt es einige Male vor, dass er noch das alte Jahresdatum verwendet. Eine Lappalie, könnte man meinen. Es kann jedoch relativ lange dauern, bis man merkt, was los ist. In einem Fall wusste Storm das genaue Datum nicht, schrieb also eine 2 hin und ließ eine Lücke für die zweite Zahl; dann vergaß er, die Lücke auszufüllen. Die Folge: Der arme Herausgeber rauft sich die Haare aus, um die im Brief enthaltenen Details mit denen in den umgebenden Briefen in Einklang zu bringen. Glücklicherweise trat nur ein Fall auf, wo ein Brief Storms irgendwann in der Vergangenheit durch einen Dritten dem falschen Adressaten zugewiesen worden war. Das Projekt war fast abgeschlossen, als Dieter Lohmeier feststellte, dass ein angeblich an Ernst gerichteter Brief eigentlich an Hans gerichtet war. Aber diese Erkenntnis glückte ihm erst, nachdem wir beide allerlei Kombinationen angestellt hatten, um die im Brief enthaltenen Tatsachen und Termine mit unseren sonstigen Kenntnissen vom Tun und Treiben Storms und seiner Söhne zu vereinbaren. In seinen Briefen an die Kinder befleißigte sich Storm – er schreibt natürlich die deutsche Schrift – nicht derselben schriftlichen Sorgfalt wie bei den Briefen an andere Adressaten. Er streicht mehr durch, fügt Neues am Rand, am Anfang, am Ende ein. Vor allem bei Karten versucht er, möglichst viel in den engen Raum hineinzuquetschen – was dazu führt, dass das Ende der Zeile oft recht steil abfällt und zusammengepresst wird. Kürzel und Abkürzungen, darunter auch eigenwillige, kommen häufig vor. Da muss der Herausgeber Entscheidungen treffen. Lässt man z.B. „GrM“ stehen oder löst man die Buchstaben, mit Winkelklammern, in „Großmutter” auf? Wo Storm scheinbar „Onkel” ohne „e“ schreibt, lässt man das „e“ weg? – was den Leser stört. Schaut man dann aber genauer zu, so erkennt man, dass das „l“ hier anders gestaltet wird als sonst: Also haben wir es mit noch einem Kürzel zu tun. Grund genug, das „e“ einzufügen. Dieter Lohmeier hat mir 113

seinen Hass auf Winkelklammern übertragen –, vor allem auf die großen klumpigen Dinger, welche mein englischer Computer fabrizierte. Ich muss zugeben, die wirkten oft wie die Sperren aus Metallrohren, die Landwirte gebrauchen, um Schafe einzupferchen und von einander zu trennen. Sie werden feststellen können, die Klammern, die der Verlag nach langem Suchen eingesetzt hat, sind äußerst diskrete Gäste. Wer einwenden mag, das ist doch alles Kleinkram, der soll aber bedenken, wie irritierend es für den Leser ist, wenn solche Kleinigkeiten nicht stimmen. Eine Studienausgabe ist aber keine historisch-kritische Ausgabe. Man strebt eine facsimileähnliche Wirkung nicht an. Eine gewisse Leserfreundlichkeit ist am Platz. Mit englischem Pragmatismus habe ich hier wie in anderen Dingen eine gewisse Flexibilität walten lassen, habe jedoch in der Einleitung über mein Tun Rechenschaft abgelegt. Endlich war es soweit, dass die erste Hälfe der Transkriptionen an Peter Goldammer in Weimar geschickt werden konnte. Er bestätigte den Empfang, bat um Geduld, da er alles gründlich nachprüfen wollte. Ich wartete, gespannt. Endlich traf ein großes Paket in Cardiff ein. Ausgewickelt. Meine sauber getippten Seiten wimmelten von Korrekturen; dazwischen, mit kleinen Papierklammern geheftet, lagen kleine Zettelchen, auf denen Informationen zu Personen und Büchern standen, die im Kommentar behandelt werden mussten. Die Kunst des Meisters ist es, den Lehrling mit strenger Fachlichkeit auf seine Fehler aufmerksam zu machen, ohne ihn zu demoralisieren. Ich zitiere: „Bitte erschrick nicht über die mitunter zahlreichen Verbesserungen auf einer Seite. Die Durchsicht hat mir erneut bestätigt, daß solche Transkriptionen unbedingt von wenigstens einem zweiten Kenner durchgesehen werden müssen. Ich rate Dir, in jedem einzelnen Fall die Handschrift, d.h. die Kopie, noch einmal zur Hand zu nehmen, denn ich habe mich gewiß auch da und dort geirrt, und außerdem war ich mir in manchen Fällen nicht sicher (was ich dann mit einem Fragezeichen versehen habe).“ Dann folgten allgemeine Vorschläge für die Transkription bzw. die Einrichtung der Satzvorlage. Als das zweite Paket aus Weimar zurückkam, war die Zahl der Grabkreuze geringer. Aber selbst nachdem vier Augen alles geprüft hatten, blieben noch kleine Fehler, die dann später einem anderen Augenpaar in Kiel auffielen. Wenn man kein gelernter Lektor ist, scheint das Gehirn gelegentlich aus den zu entziffernden Worten vorschnell einen plausiblen Sinn zu gewinnen, ohne eigentlich genau auf die einzelnen Buchstaben hinzuschauen. [Man verwechselt z.B. bei der altdeutschen Schrift ein o mit einem c, ein f mit einem s und – hoppla – bis man sich versieht, hat man „sorgen“ statt „fragen“ herausgelesen.] Nach der Fertigstellung der Transkriptionen kam dann die Erstellung des Kommentars. Da war ich hauptsächlich auf die Wochen angewiesen, die ich mir in den Ferien in Kiel und Husum leisten konnte. Sie werden es kaum glauben, wieviele Tausende von Stunden draufgehen, in Archiven und Bibliotheken nach Informationen herumzuschnüffeln. Oft hat man nichts davon, nur Ärger und Müdigkeit. Sitzt man mit ächzendem Rücken stundenlang vor dem summenden Mikrofichegerät und sucht unter alten verschwommenen Zeitungstexten vergebens nach einer bestimmten Information, dann fragt man sich gelegentlich: Muss das sein? Wie es magere und fette Jahre gibt, so gibt es magere und fette Kommentare. Bei der mageren Sorte steckt das Warnungsschild „Nicht ermittelt“ allzuoft im Boden. Das ist schon frustrierend, aber nicht so frustrierend, als wenn, wie in einem Minenfeld, die Anwesenheit von zu ortenden Sprengkörpern nicht einmal zugegeben wird. Es gibt aber auch Kommentare, wo alles so üppig wuchert, dass man sich im Dickicht doch nicht zurechtfindet. Jeder Herausgeber hat seine Vor114

lieben: Der eine erläutert ausführlich alles, was mit literarischen Angelegenheiten zu tun hat. Ein anderer interessiert sich eher für politische, soziale oder weltanschauliche Fragen. Ein dritter geht vorzugsweise von biographischen Angelegenheiten, familiären Verhältnissen aus. Und – last but not least – gibt es Herausgeber, die ein sehr feines Gefühl für sprachliche Sonderheiten, für regionale Eigentümlichkeiten haben, die dem Leser sonst entgehen würden. Der ideale Herausgeber ist wohl in möglichst vielen Bereichen kompetent oder erkennt wenigstens die wünschenswerten Schwerpunkte und orientiert sich dementsprechend an anderen Experten und in den betreffenden Nachschlagewerken. Einseitigkeit und Blindheit sind hier das Schlimmste. Ich habe das Glück gehabt, dass andere ausgezeichnete frühere Stormherausgeber mir vorangegangen sind. Man steht auf deren Schultern. Je mehr kritische Briefausgaben erscheinen, umso dichter wird das Informationsnetz. Es stellen sich laufend neue nützliche Querverbindungen her, die sonst unverständliche Briefstellen aufklären.Was ein Herausgeber in den 1960er Jahren zutage förderte, erweist sich jetzt als das fehlende Stück im Puzzle. Aber wie im Leben selbst, was auch immer die systematischen Zukunftsplaner uns weismachen wollen, sind wir oft auf reine Glücksfälle angeweisen. Elke Jacobsen z.B. machte mich darauf aufmerksam, dass das Stormarchiv die Briefe besitzt, die Ernst an seine Braut Maria Krause in den Jahren 18811883 geschrieben hatte. Diese Briefe erwiesen sich als eine unglaublich ergiebige Quelle. Ohne sie hätte ich so vieles in den Briefen Storms an Ernst nicht richtig würdigen können. Der ganze Hintergrund zu dem Disziplinarverfahren wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit, das volle Ausmaß seiner hypochondrischen Obsessionen – die wären sonst kaum zu erfassen gewesen. Allmählich weitete sich der Kommentar also aus. Ein Aufruf im Internet diente dazu, Artikeln in kleinen Zeitungen wie „Die Tübinger Chronik“ oder „Die Eisenbahnzeitung“ auf die Spur zu kommen. Aber auch im Zeitalter der Informatik bleibt manches noch dunkel. Bis jetzt ist es weder mir noch der Theodor-Storm-Gesellschaft gelungen, nähere Auskunft über den langen Aufsatz zu bekommen, den der Holländer Leflang aus Utrecht 1869 über Storm in einer führenden holländischen Zeitschrift veröffentlichte. Frustrierend ist es auch, dass gewisse Jahrgänge des Husumer Wochenblatts nur in Kopenhagen erhalten sind. Sucht man nach präzisen Auskünften über Husumer Haushalte, d.h. auch über Frauen, Kinder, Knechte und Mägde, so bieten die Einwohner und Steuerlisten, die Adressbücher und Volkszählungen oft nur Spärliches. Peter Goldammer hatte viel Wertvolles zum Kommentar beigesteuert und es sah aus, als ob er das Projekt bis zum Abschluss fördernd begleiten würde. Leider erlitt er einen schweren Herzinfarkt und obwohl er sich erstaunlich schnell davon erholte und anfangs zuversichtlich war, dass er seine Betreuerrolle weiter spielen könnte, musste er doch schließlich erkennen, dass er nicht mehr die für eine solche Aufgabe erforderliche Konzentration aufbringen konnte. Meine eigenen gesundheitlichen Schwierigkeiten kamen dann als weiterer Hemmfaktor hinzu. Personen wie Irmgard Bretschneider mit ihren lebensfrohen Mails wirkten damals wie ein Lebenselixier. Kurzfristige Projekte auszuführen kann sehr stressig sein, aber die Hektik ist befristet. Große Projekte, die sich über Jahre hinausziehen, belasten einen schwerer. Man muss so vieles im Kopf herumtragen und hat Angst, man könnte trotz Notizen und Dateikarten manches entweder glatt vergessen oder nicht mehr auf deren eigentliche Bedeutung kommen. All zu leicht kann einem Thema die Luft ausgehen. Für eine Biographie ist das tödlich, aber auch beim Erstellen eines Kommentars muss ein gewisser Schwung doch da sein, sonst bleibt man auf der Strecke stehen, erstickt in einem Wust von toten Details. 115

Peter Goldammer war von Anfang an der Ansicht, dass diese Briefausgabe so beschaffen war, dass nur ganz wenige Stormforscher seine Rolle als Mentor übernehmen konnten. Als Stormforscher, als Germanist mit starker historischer Orientierung, als Experte für schleswig-holsteinische Belange und als Direktor der Landesbibliothek mit einer einzigartigen Kenntnis von allen deren Ressourcen vereinigte Dieter Lohmeier in sich sämtliche erforderliche Eigenschaften. Sein bekanntes untrügliches Auge für Layout, Format, Textgestaltung versprach auch viel. Zu meiner großen Erleichterung und zur großen Bereicherung des Bandes erklärte er sich bereit, in die Bresche zu springen. Nach Ostern 2006 begann ein regelrechter Strom von Paketen aus Kiel in Cardiff anzukommen. Beim Schreiben eines Buchs bespricht man Fragen mit Kollegen und befreundeten Kennern. Man legt ihnen Abschnitte davon zum Begutachten vor. Ihre Vorschläge können struktureller oder inhaltlicher, allgemeiner oder spezifischer Art sein. Dieter Lohmeier beschränkte seine Hilfe nicht auf einen Aspekt; seine Hilfe erstreckte sich über eine ganze Skala von Editionsfragen. Im Jargon der Filmindustrie müsste man fast von einer Koproduktion reden. Als erstes wurden sämtliche Transkriptionen sorgfältigst mit den Originalen nochmals verglichen; detaillierte Vorschläge in Sachen Textredaktion trafen ein. Vor allem in Bezug auf den Kommentar sorgten seine mannigfachen Ergänzungen dafür, dass dieser abgerundeter, umfassender wurde. Meine Anmerkungen wurden oft gestrafft bzw. ergänzt. Wo meine Logik und mein Deutsch nicht ins Schwarze trafen, wurde aktiv eingeschritten. Es wurde oft recht verwickelten finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten nachgegangen. Bei der Suche nach der passenden Ausgabe eines Geschichtswerks z. B. wurde keine Mühe gescheut: Ich zitiere: „Das Ganze macht micht ratlos. Eigentlich habe ich keine Lust, die gedruckten Bibliographien zu wälzen, um hier Klarkeit zu bekommen. Aber ich muß es wohl doch versuchen. Vielleicht hilft’s ja.“ Storm ist ja oft ziemlich nachlässig bei der Handhabung von Anführungszeichen. Dies ist der Fall z. B. bei der Nennung des Schiffes „Stadt Utrecht“, auf dem sein Sohn Hans als Arzt fuhr: Da hat der Herausgeber seine Last. Dieter Lohmeiers Kommentar dazu: „Storm kann einen manchmal zur Verzweiflung bringen, weil er so wenig Rücksicht auf philologische Bedürfnisse nimmt! Als er das Schiff das erste Mal nennt, setzt er vor den Namen doppelte Anführungsstriche, aber dahinter keine. Beim zweiten Mal setzt er vor dem Namen keine, dafür aber hinter dem Namen einfache. Immerhin belebt er auf diese Weise die Produktion von Winkelklammern!“ Aber selbst dem geduldigsten Forscher platzt der Kragen gelegentlich. Es gibt eine Briefstelle, wo der Sinn eigentlich noch ein Wort verlangt; kein passendes lässt sich aber finden. Ich zitiere: „Deshalb mag es in drei Teufels Namen so stehen bleiben, wie Storm es geschrieben hat.“ Aber in neunundneunzig Fällen wird selbst der komplizierteste Sachverhalt jetzt hoffentlich verständlich. Als letztes – denn sie bereichern den Kommentar sehr – möchte ich auf die beigesteuerten Anmerkungen hinweisen, die den Fällen gelten, wo Storms Wortgebrauch durch das Niederdeutsche beeinflusst wird: „swieren“ z. B. im Sinne von „zechen“, „swippen“ im Sinne von „schnell fortspringen“, „beleben“ im Sinne von „erleben“, „beibleiben“ im Sinne von „andauern, fortfahren“, „sich freuen zu“ im Sinne von „sich freuen auf“ und viele mehr. Worte wollen erläutert werden, die Gegenstände bezeichnen, die zu Storms Zeiten wohl alltäglich waren, die aber jetzt nur wenigen bekannt sind. Was heißt dann „Back“? Ein großes hölzernes Gefäß zum Auffangen z. B. von Regenwasser. Oder „Kuup“? Ein Holzschaft, der im Stall vom Boden ins Erdgeschoss führt und durch den Korn und 116

Futtermittel hinabgeworfen wurden. Selbst Storm gab zu, nicht sicher zu sein, wie man das Wort schrieb! Es bleiben nur noch wenige Geheimnisse, die sich weder durch Mensing noch durch Grimm und andere Wörterbücher und Nachschlagewerke aufklären ließen. Bis jetzt ist es uns beiden nicht gelungen, Details über das Kinderspiel „Schrabnässpiel“ zu bekommen. Und wie sahen Ärmelklappen eigentlich aus? Da ist die Vergangenheit uns doch entwichen, fremd geworden; aber sonst darf man wohl hoffen, den Zugang zum Leben, zum Tun und Treiben, zum Denken und Fühlen der Menschen erleichtert zu haben, die in diesen Briefen vorkommen. Ob diese Briefausgabe den Zugang zum Werk Storms erleichtert, das müssen andere Stormforscher entscheiden. Ich glaube ja, aber da bin ich wohl voreingenommen. Dass ich Ihnen heute diesen Band präsentieren kann, verdanke ich Ihnen, den Mitgliedern der Theodor-Storm-Gesellschaft, den Mitarbeitern der Storm-Gesellschaft, den Mitarbeitern der Landesbibliothek, Frau Lehnen vom Erich Schmidt Verlag, dem ermunternden Zuspruch von meinen Freunden hier im Saal, vor allem aber Peter Goldammer und Dieter Lohmeier. Gerd und Annette Eversberg waren immer großartige Gastgeber und in der Endphase hat Gerd wie immer viel Arbeit auf sich nehmen müssen.

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„Ja, Storm!“ Ein Brief von Detlev von Liliencron an Karl Emil Franzos Von Walter Hettche, München I Im Frühjahr 1886 bekamen zahlreiche deutschsprachige Schriftsteller Post aus Wien. Karl Emil Franzos, der galizische Erzähler und Herausgeber der ersten Büchner-Edition, hatte ein neues Periodikum mit dem Titel „Deutsche Dichtung“ gegründet, für das er nun nach Mitarbeitern suchte. „Die ,Deutsche Dichtung‘“, so heißt es in dem Einladungsschreiben, „will mit keiner der bestehenden Revuen und Wochenschriften, mit keinem der Familienblätter und auch nicht mit jenen Organen, welche vornehmlich die Lyrik pflegen, in irgend welche geschäftliche Concurrenz treten. [...] Die ‚Deutsche Dichtung‘ nun will es versuchen, der dichterischen Produktion in Vers und Prosa eine neue Heimstätte zu schaffen [...]. Ihr soll das Schöne in jedem Genre willkommen sein, sie will und wird nur nach dem künstlerischen Werte fragen.“1 Unter den Empfängern dieses Schreibens war auch Detlev von Liliencron. Franzos konnte eigentlich nur durch die „Adjutantenritte“2 auf den Dichter aufmerksam geworden sein, kaum wegen der 1885 erschienenen, aber wenig erfolgreichen Dramen „Knut der Herr“ und „Die Rantzow und die Pogwisch“. Das Programm, das Franzos entwirft, dürfte Liliencron sehr sympathisch gewesen sein, vor allem die Abgrenzung von den „Familienblättern“, die ihm zeitlebens ein wahrer Horror gewesen sind. In seinen Briefen schimpft er des öfteren über die „gräßlich[e]“3 Zeitschriftenliteratur: „In litterarischer Beziehung ist Deutschland die ekelhafteste Nation der Welt. Schon allein diese Verkindischtheit des Volkes durch die illustrirten Familienblätter. Scheuslich.“4 Liliencron reagierte umgehend auf Franzos’ Einladung und schickte ihm am 15. Juni 1886 zwei Gedichte, doch es sollte noch über zwei Jahre dauern, bis er mit eigenen Arbeiten in der „Deutschen Dichtung“ vertreten war. Die Zeitschrift brachte insgesamt überhaupt nur drei Beiträge von Liliencron, nämlich „Die Schwertlilie“,5 „Schmetterlinge“6 und „Frühgang“.7 Zwar hat Liliencron der „Deutschen Dichtung“ öfter Gedichte zur Publikation angeboten, aber sein anfängliches Interesse an dem Periodikum ist alsbald einer großen Enttäuschung gewichen; denn von bedeutenden Ausnahmen wie der Erstpublikation von Storms Erzählung „Ein Doppelgänger“ abgesehen näherte sich das ästhetische Profil der Zeitschrift nicht nur für Liliencrons Geschmack allzu sehr der epigonalen trivialliterarischen Dutzendware an.8 Gleich nach dem Erscheinen der ersten­Nummer schreibt er an den Freund Theobald Nöthig: „Die erste Nummer von Franzos’: ,Deutsche Dichtung‘ las ich. Viellieber! Welches Zeug, namentlich an Gedichten. Nur Storm, wie stets, gut. Das also ist die vielgerühmte ,Deutsche Dichtung‘“,9 und gut anderthalb Jahre später stellt er Nöthig die rhetorische Frage: „Ist auch K. E.  Franzos ein so hochnasiger Lumpenkerl?“ und spricht dem Blatt das vernichtende Urteil: „In seiner ,D Dichtung‘. Welche widerliche Gurgeltöne der Überschätz[un]g darin!“10 Liliencron hat seine Kritik an der „Deut119

schen Dichtung“ aber nicht nur gegenüber Dritten geäußert, sondern – in etwas milderer Form – auch gegenüber Franzos selbst. Im Novemberheft des Jahrgangs 1888 las Liliencron die folgenden Reimereien eines nicht näher identifizierbaren L. Hegelmeier: Wie einsam muß sich fühlen Wer nie geliebet hat, Vor einem Herzgespielen Nie auf sein Herze that! Daß Eine nah und ferne Mir bleibet immer gut. Wie geb’ ich drum so gerne All brechlich Glück und Gut. Wo ich nun geh’ und weile Und wär’s der trübste Tag Und ob der Sturmwind heule, So laut er heulen mag, Ich seh’ sie vor mir schweben, Ich bin ein stolzer Knab’ Wie freu ich mich zu leben, Seit ich so lieb sie hab’!11

Dieses Poem, das Liliencron in dem hier erstmals publizierten Brief vom 17. November 188812 als „harmlose[s] Dilettantengedicht“ klassifiziert, ist durchaus repräsentativ für die überwiegende Mehrzahl der lyrischen Beiträge zur „Deutschen Dichtung“13 wie überhaupt für die Masse der in Literaturzeitschriften des 19. Jahrhunderts publizierten Versproduktion. In seinem Brief an Franzos vom 17. November 1888 klagt Liliencron – wie so oft in seinen Briefen – sehr ausführlich und emotional über die nach seiner Meinung in Deutschland übliche Missachtung der Literatur und der Schriftsteller im allgemeinen und kontrastiert die Lyrik Storms und Kellers (und implizit natürlich auch seine eigene) mit der Massenware vom Schlage eines Hegelmeier oder des „Schnauzenheld[en]“14 Emanuel Geibel. Gottfried Keller hat er in einem Brief an Theobald Nöthig als den „größte[n] Lyriker der Jetztzeit“15 gefeiert, und auch über Theodor Storm hat er sich häufig in diesem Sinn geäußert. Er zählt den „feinen, vornehmen, unsäglich eitlen, merkwürdigen Landsmann“16 zu den wenigen echten Dichtern und nennt ihn gar den einzigen, den er „bisher im Leben sah“.17 Die persönlichen Beziehungen zwischen Liliencron und Storm18 waren sehr harmonisch, vor allem deshalb, weil Storm sich selbst bekanntlich genauso hoch einschätzte, wie er von Liliencron gewürdigt wurde. An Franzos schreibt Storm am 22. Juli 1886: „die Welt hat eigentlich nicht einmal eine Ahnung, daß es seit Decennien in Deutschland keinen Lyriker mehr giebt“,19 und er meint damit natürlich: außer mir, Theodor Storm selbst. Aber das ändert nichts an dem Befund, dass Liliencron mit seiner Wertung selbstverständlich Recht hat, wie man ihm denn überhaupt eine erstaunlich sichere literarische Urteilsfähigkeit attestieren kann. Daran ändern auch gelegentliche Missgriffe nichts, die ihm unterlaufen sein mögen, und die ihm Karl Kraus in aller Schärfe vorgehalten hat. Liliencron sei am Erfolg genau der lyrischen Massenproduktion nicht ganz unschuldig, die er selbst so verabscheute: „Detlev Liliencron hat sich [...] an dem deutschen Volk für die Teilnahmslosigkeit, mit der es ihm aufwartete, fürchter120

lich gerächt: er förderte, durch sein bloßes Dasein und durch gütigen Zuspruch, allerorten lyrisches Unkraut. Er glaubte, jedem, der sich mit ein paar ihm nachempfundenen Versen an ihn wandte, etwas von der Anerkennung geben zu müssen, die ihm selbst vorenthalten ward. Und so lebt in deutschen Landen kaum ein reimender Unhold, der nicht mit einem liebenswürdigen Privatbrief Liliencron’s Mißbrauch treiben würde.“20 II Die „Deutsche Dichtung“ war, anders als beispielsweise die „Deutsche Rundschau“, in ihrer Anfangszeit reich illustriert. Zu den heute noch ansprechenden Abbildungen gehören zum einen die zahlreichen Handschriftenfaksimiles, zum anderen die Porträtstiche, mit denen die Titelblätter der Zeitschrift geziert waren. Liliencron stand solchen Dichterporträts grundsätzlich skeptisch gegenüber: „Diese Bilder der Herren Dichter sind ja wie Mastochsenbilder“, schreibt er am 18. Februar 1889 an den Verleger Wilhelm Friedrich,21 und so scheint es nur folgerichtig, dass ihm auch Storms Porträt in der „Deutschen Dichtung“ nicht gefiel; es sei „schlecht“ und zeige „keine Spur von Ähnlichkeit“, moniert er in seinem Brief an Franzos vom 17. November 1888. Dennoch mag diese schroffe Ablehnung zunächst verwundern, hatte Theodor Storm doch als Vorlage das am 7. Juli 1886 im Atelier von Gotthilf Constabel in Hademarschen aufgenommene Bildnis eingereicht, das er selbst für „vortrefflich“ hielt.22 Selbst wenn man Storms Eitelkeit in Betracht zieht, muss man sich seiner eigenen Bewertung anschließen, denn Constabels Aufnahme ist nicht nur eines der besten StormPorträts, sondern eines der schönsten deutschen Dichterbilder überhaupt. Liliencrons irritierende Kritik wird verständlich, wenn man sich die beiden StormPorträts ansieht, die im Abstand von zwei Jahren in der „Deutschen Dichtung“ abgebildet wurden. Der Holzstich, den Franzos in der „Deutschen Dichtung“ 1886 drucken ließ, wurde nach dem zwei Jahre älteren Storm-Bildnis von E. Vogelsang hergestellt.23 Das Porträt im Oktoberheft des Jahres 1888, in dem Franzos seinen Nachruf auf Storm publizierte, folgte ebenfalls dieser Vorlage,24 auch wenn Franzos das Gegenteil behauptet und meint, die Fotografie, die Storm ihm im Juli 1886 geschickt habe, sei „dieselbe, die als Vorlage für das Portrait dieses Heftes gedient hat.“25 Warum Franzos sich 1886 und 1888 jeweils für dasselbe Porträt aus dem Jahr 1884 entschieden hatte, ist unklar; aus dem Briefwechsel zwischen Franzos und Storm werden die Gründe für die Wahl des früheren Bildnisses jedenfalls nicht deutlich. III Mit dem hier abgedruckten Brief Liliencrons vom 17. November 1888 endet die überlieferte Korrespondenz zwischen ihm und Franzos. Wenn auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass Briefe verloren gegangen sind, so erscheint es – vor allem angesichts der zunehmend kritischen Äußerungen Liliencrons über die „Deutsche Dichtung“ und der wiederholten Ablehnung seiner eingereichten Beiträge – doch eher unwahrscheinlich, dass er Franzos mit weiteren Publikationsangeboten behelligt hat. Umgekehrt haben Liliencrons zunehmend natura­ listische Gedichte, die er Franzos zur Publikation angeboten hat, dessen programmatischem Ideal des „Schönen“ wohl allzu deutlich widersprochen, und 121

auch die heftigen Hiebe gegen die Familienzeitschriften in dem Gedicht „An meinen Freund, den Dichter“ haben Franzos gewiss nicht gefallen. Schon die Ablehnung der Gedichte „Vor Last und Lärm“ und „Tote See“, die Liliencron am 26. Oktober 1888 eingesandt hatte,26 war unmissverständlich. In der Rubrik „Korrespondenz der Redaktion“ hatte Franzos am 15. November 1888 Liliencron wissen lassen: Aus allem, was Sie uns senden, spricht ein starkes Talent der Darstellung, eine nicht alltägliche Kraft der Empfindung, aber immer wieder zerstören einzelne Wendungen den Eindruck oder die Sprache holpert dahin, daß man kaum mehr glaubt, Verse zu lesen. Es ist jammerschade! Auch das Gedicht, zu dessen Umarbeitung wir Sie ermunterten,27 ist leider in der neuen Fassung nicht dichterisch wertvoller geworden. So müssen wir uns denn mit dem Prosabeitrag begnügen. Daß wir Einsendungen von Ihnen stets gerne lesen werden, bedarf wohl nicht erst der Versicherung.28

Trotz dieser „Versicherung“ hat Franzos danach nur noch einen weiteren Beitrag Liliencrons veröffentlicht, nämlich das Gedicht „Frühgang“.29 Auf weitere Einsendungen hat Liliencron allem Anschein nach verzichtet.

Detlev von Liliencron an Karl Emil Franzos, Kellinghusen, 17. November 1888 Kellinghusen, Holstein, 17. November 1888 Hochverehrter Herr Franzos! Heute ersah ich Ihre abschlägige Antwort im Novemberheft der „Deutschen Dichtung“ unter der mir gütigst gewährten Chiffre K. v. D. L.30 Und schon erkühne ich mich, ein neues Gedicht31 einzusenden mit der Bitte, wenn es für die „Deutsche Dichtung“ geeignet erscheinen sollte, es zum Abdruck bringen lassen zu wollen. Sehr dankbar würde ich Ihnen sein, wenn ich schon im DecemberHeft der „D. D.“ – ich erhalte diese Zeitschrift jetzt monatlich – wieder unter K. v. D. L. Antwort erhielte. Ihr Aufsatz über Storm im Octoberheft32 war wundervoll. Das Bild war schlecht; keine Spur von Ähnlichkeit. Ich habe Storm gekannt. Ja, Storm! Außer Gottfried Keller war er der einzige Dichter (ich meine hier Lyriker), den Deutschland in den letzten zwanzig Jahren hatte. Wie schändlich hat Deutschland ihm gedankt. 40 Jahre hat er brauchen müssen, um überhaupt bekannt zu werden. Genau so geht’s Gottfried Keller. Storm hat sich oft bitter darüber ausgesprochen. Die Erbärmlichkeit der Deutschen in litterarischer Beziehung hat Keiner mehr als er fühlen müssen. Jede Eigenart, jede Frische, jedes Naturfühlen, jeder Schritt von dem gewöhnlichen scheuslichen Dilettantenzeug wird im Vaterland verhöhnt, verspottet, nicht – verstanden, (wie hat gerade Storm darunter leiden müssen: nicht verstanden zu werden), verlacht, mit ekelhafter Falschscham versteckt. Wie empörend sind unsere litterarischen Zustände! Storm hat es nie verwinden können.33 Ich gestatte mir, eine Satyre von mir auf unsere l[iterarischen] Zustände in Deutschland: „An meinen Freund, den Dichter“34 mit beilegen zu dürfen. Wie schade, daß Storm es nicht mehr hat lesen können. Es wurde geboren nach einem Gespräch mit Storm. Stark von sich eingenommen (nun, das soll ein echter Dichter auch), war er der neidloseste, herrlichste Mensch, den ich je gesehen habe. 122

Das mitfolgende gedruckte Gedicht von mir: „An meinen Freund, den Dichter“ bitte ich, nach Lesung (– wenn Sie überhaupt ihm zwei Minuten gönnen wollen –) in den Papierkorb zu werfen. Ich schrieb in diesen Tagen ein Spottgedicht: „Deutsche Reimreinheit“.35 Nicht einmal so weit sind wir in Deutschland, es der Mühe werth zu halten, rein zu reimen. Heute fand ich im November-Heft der „Deutschen Dichtung“ (in dem harmlosen Dilettantengedicht: „Wie einsam ...“) sogar Reime wie „weilte – heulte“.36 Besten Dank für den Menzel-Aufsatz von Otto Hartung.37 Ja, Menzel! 40 Jahre hat auch er warten müssen, wie heut der Pöbel noch Böcklin verlacht. Mit der Bitte um Verzeihung für mein langes Schreiben bin ich hochachtungsvoll ergebenst Detlev Frhr von Liliencron. Verfolgen Sie Avenarius’ prächtigen „Kunstwart“,38 so würden Sie nächstens Gedichte von mir in ihm finden an Keller und Böcklin. Ich lasse sie folgen: An Gottfried Keller. Spät lernt’ ich erst deine Gedichte kennen, Das will mir in die Seele brennen; Hätte mehr herrliche39 Stunden gewonnen, Wär’ ich schon früher getaucht in den Bronnen. Ein Dichter wie du wird im deutschen Land Nur langsam, langsam, langsam bekannt. Ein echter Dichter, das wirst du wissen, Kämpft mit unglaublichen Hindernissen; Dich mein’ ich, nicht den Dichterschund, Diesen Tausend- und Abertausen[d]bund, Der jährlich das Vaterland überschwemmt, Und sich40 in jedes Wurstblättchen klemmt. Der wird gelesen und gleich verstanden – Ein Dichter wie du, aus der Schönheit Landen, Ach, wie hat der zu rudern, zu ringen, Bis er sein Schiff kann an’s Ufer bringen. Weil er nicht wie die andern schreibt, Sich jeder Dummkopf an ihm reibt. Zetern alle: Herrje, Herrje, Der wandert ja nicht auf der alten Chaussee, Der schlürft ja nicht in unserm Pantoffel, Der ist hirnverbrannt, schreien Heinz und Stoffel. Und die Lumpenkerle richten ihn schnell, Schlagt ihn zu Boden, es41 ist ein Rebell. Meister, du siegtest – und einerlei War dir das hämische42 Unkengeschrei. Auf der mächtigen Schulter das43 nackte Schwert, Lehnst du an deinem Tempenherd.44

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An Arnold Böcklin. Wie haben die Menschen dich ausgelacht, Und ihre ledernen45 Witze gemacht, Dich Jahrzehnte lang verkannt, Dich nur mit Spott und Hohn genannt. Bis schließlich einer den Bann gebrochen Und das erlösende Wort gesprochen: Ihr Herrn,46 was redet ihr immerzu, – Laßt doch endlich den Meister in Ruh; Der hat, was selten oder nie Die Maler und Dichter in unsrer Zeit, Und sind sie noch so klug und gescheit, Ihr Eigenstes nennen – Poesie.

________________ Heute, in No 47 von Schorer’s Familienblatt habe ich Heinrich von Kleist gerächt.47 Möchte die Schamröte dabei dem Deutschen in’s Gesicht steigen. Wenn Sie „Schore[r]s Familienblatt“ zur Hand haben, würde Sie mein Kleist[ge]dicht erfreuen. Ich las in letzterer Zeit viel über Heinrich von Kleist. So schändlich, so gemein ist doch kein Dichter von seinen Landsleuten behandelt (vielleicht noch Platen48 und Lindner49) wie H. Kleist. Die dümmsten Kritiker in seiner Zeit50 neckten ihn, verlachten ihn, sprachen ihm jegliche – Poesie ab. Ach, diese Erbärmlichkeit immer in Deutschland. Auch der Neid, einer der gröbsten Fehler des Deutschen, hat besonders auch Kleist in seinen Krallen gehabt. Ich bitte tausendmal um Entschuldigung, daß ich so viel schrieb. Ihr ergebenster Liliencron.

Anmerkungen   1 Zit. nach: Karl Emil Franzos (1848-1904). Der Dichter Galiziens. Zum 150. Geburtstag. Hg. Herwig Würtz. Wien 1998, S. 32 f. – Zur „Deutschen Dichtung“ vgl. den grundlegenden Aufsatz von Wolfgang Martens: „Deutsche Dichtung“. Eine literarische Zeitschrift 1886-1904. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 1 (1956–58), S. 590–604 (künftig: Martens).   2 Detlev von Liliencron: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig 1883.   3 Liliencron an Hermann Friedrichs, 20.März 1885, in: Detlev von Liliencron: Briefe an Hermann Friedrichs aus den Jahren 1885–1889. Berlin 1910, S. 5 (künftig: LF).  4 Liliencron an Theobald Nöthig, 23. November 1888, in: Detlev von Liliencron und Theobald Nöthig: Briefwechsel 1884–1909. Hg. Jean Royer. Herzberg 1986, Bd. I, S. 323 f. (künftig: LN). – Der Herausgeber dieser Edition verwendet ganz abstruse Textauszeichnungen: Was Liliencron unterstrichen hat, erscheint bei ihm in Anführungszeichen, was bei Liliencron in Anführungszeichen steht, druckt Royer kursiv. Ich habe das in den hier zitierten Stellen aus Liliencrons Briefen in Ordnung gebracht und setze Unterstrichenes kursiv und Anführungszeichen als Anführungszeichen.   5 „Deutsche Dichtung“ Bd. 4, H. 9, 1. August 1888, S. 257 f.   6 „Deutsche Dichtung“ Bd. 6, H. 1, 1. April 1889, S. 19.   7 „Deutsche Dichtung“ Bd. 8, H. 3, 1. Mai 1890, S. 19.   8 Martens nennt die Zeitschrift „ein konservatives Blatt“, das an den Strömungen der literarischen Moderne wie dem Naturalismus keinen Anteil hat. „Aus literarischen Fehden hält sie sich heraus, ja sie nimmt, ,nur nach dem künstlerischen Werte fragend‘, selten und nur in kühler Distanz Kenntnis von dem literarischen Getriebe um sie her“ (Martens, S. 604).   9 Liliencron an Theobald Nöthig, 1. Oktober 1886, in: LN Bd. I, S. 176. 10 Liliencron an Theobald Nöthig, 20. Juni 1888, in: LN Bd. I, S. 295. 11 „Deutsche Dichtung“ Bd. 5, H. 3, 1. November 1888, S. 74.

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12 Die Korrespondenz, die Liliencron mit Franzos geführt hat, ist einseitig überliefert. Zehn Briefe von Liliencron an Franzos befinden sich im Besitz der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus, Wien. Ähnlich wie in der Korrespondenz zwischen Storm und Franzos geht es darin beinahe ausschließlich um mögliche Beiträge zu Franzos’ Zeitschrift. Der Leitung der Wienbibliothek danke ich herzlich für die freundlich gewährte Erlaubnis zur Publikation des Briefes vom 17. November 1888 (Signatur H. I. N. 126.478). Briefe von Franzos an Liliencron sind nicht erhalten. – Der Text ist zeichengetreu wiedergegeben; gelegentlich wurden fehlende Buchstaben in eckigen Klammern ergänzt. Unterstreichungen in der Handschrift werden im Druck kursiv wiedergegeben. 13 Vgl. Martens, S. 604 f. 14 Liliencron an Hermann Heiberg, 20. Januar 1889, in: Neue Kunde von Liliencron. Des Dichters Briefe an seinen ersten Verleger [Wilhelm Friedrich]. Hrsg. Heinrich Spiero. Leipzig 1912, S. 133 (künftig: LNK). 15 Liliencron an Nöthig, 19. Januar 1888, in: LN Bd. I, S. 254. 16 Liliencron an Hermann Friedrichs, 25. März 1885, in: LF, S. 14. 17 Liliencron an Wilhelm Friedrich, 23. Mai 1886, in: LNK, S. 45 f. 18 Vgl. dazu Franz Stuckert: Theodor Storm. Briefe an Georg Scherer und Detlev von Liliencron. In: STSG 3 (1954), S. 15–59, Karl Ernst Laage: Drei Briefe Liliencrons an Storm. In: STSG 15 (1966), S. 33–39, Jean Royer: Theodor Storm und Detlev von Liliencron. In: STSG 20 (1971), S. 23–39 sowie Jean Royer: Detlev von Liliencron über Theodor Storm. Aus einem unveröffentlichten Brief Liliencrons an Michael Georg Conrad. In: Stormlektüren. Festschrift für Karl Ernst Laage zum 80. Geburtstag. Hg. Gerd Eversberg, David Jackson und Eckart Pastor. Würzburg 2000, S. 301–311. 19 Peter Goldammer: Theodor Storm und Karl Emil Franzos. Ein unbekannter Briefwechsel. In: STSG 18 (1969), S. 9–40; dort auch eine ausführliche Charakteristik Franzos’ und seiner Zeitschrift. 20 „Die Fackel“, 4. Jg., Nr. 160, 23. April 1904, S. 19. 21 LNK, S. 135. 22 Storm an Franzos, 12./14. Juli 1886. Vgl. Gerd Eversberg (Hg.): Storm-Portraits. Bildnisse von Theo­ dor Storm und seiner Familie. Heide 1995, S. 47, Nr. 35. 23 Bd. 1, H. 6, 15. Dezember 1886; vgl. Gerd Eversberg (wie Anm. 22), S. 40, Nr. 27. 24 Bd. 5, H. 1, 1. Oktober 1888. 25 Karl Emil Franzos: Zur Erinnerung an Theodor Storm. In: Deutsche Dichtung Bd. 5, H. 1, 1. Oktober 1888, S. 27–31, hier S. 27. 26 Liliencron an Franzos, 26. Oktober 1888 (Wienbibliothek im Rathaus, Signatur H. I. N. 59518). 27 Am 27. September 1888 hatte Liliencron das Gedicht „Vergiß die Mühle nicht“ und die Prosaskizze „Schmetterlinge“ zum Abdruck angeboten (Brief an Franzos, Wienbibliothek im Rathaus, Signatur H. I. N. 36882). „Schmetterlinge“ hat Franzos in Bd. 6, H. 1, 1. April 1889 gedruckt, „Vergiß die Mühle nicht“ ist in der „Deutschen Dichtung“ nicht publiziert worden. 28 „Deutsche Dichtung“ Bd. 5, H. 4, 15. November 1888. – In seinem Brief an Franzos vom 26. Oktober 1888 hatte Liliencron gebeten: „Unter der mir gewährten Chiffre: K. v. D. L. bitte ich, die Güte haben zu wollen, mich zu bescheiden“ (Wienbibliothek im Rathaus, H. I. N. 59518). Die Kommunikationswege zwischen Redaktion und potentiellen Mitarbeitern der „Deutschen Dichtung“ hat Wolfgang Martens in seinem Aufsatz über die „Deutsche Dichtung“ geschildert: Auf den Umschlagblättern der „Deutschen Dichtung“ gab es eine Sparte mit redaktionellen Mitteilungen über angenommene und abgelehnte Beiträge für die Zeitschrift. Die Einsender konnten eine Chiffre angeben, unter der dann die Antworten der Redaktion nachzulesen waren. Ob auch Theodor Storm sich eine solche Chiffre hatte geben lassen, ist nicht bekannt. Vgl. Martens, S. 592 und S. 600–603. – In den Bibliotheken wurden die Umschläge der Einzelhefte der „Deutschen Dichtung“ nur selten mit eingebunden; ich zitiere nach dem Exemplar der Universitätsbibliothek Bonn. Ich danke der Bibliothek für die umstandslos und freundlich zur Verfügung gestellte Kopie der Seite. 29 Es handelt sich dabei um den zweiten Teil des Doppelgedichts „Festnacht und Frühgang“; vgl. Detlev von Liliencron: Gedichte. Leipzig o. J. [1889], S. 56–58 (künftig: G 1889). 30 Vgl. Anm. 28. 31 Nicht ermittelt. 32 Karl Emil Franzos: Zur Erinnerung an Theodor Storm. In: Deutsche Dichtung Bd. 5, H. 1, 1. Oktober 1888, S. 27–31. 33 Auch Franzos hat in seinem Storm-Aufsatz in der „Deutschen Dichtung“ geklagt, Storm werde „in seinem Werte unterschätzt, wie kein anderer seiner Zeitgenossen“, jedoch „hat sich Theodor Storm in seinen Greisenjahren an einer immer wachsenden Flamme der Liebe und Verehrung wärmen dürfen und ist so volkstümlich geworden, als es heutzutage, angesichts der Verwilderung und Erniedrigung des Geschmacks, ein Künstler in Deutschland überhaupt werden kann; die Marlitt und Heimburg werden allerdings mehr gelesen“ (ebd., S. 27). 34 In: „Die Gesellschaft“, Jg. 4, H. 10, Oktober 1888, S. 804–807. Das Gedicht erschien dann in G 1889, S. 73–78.

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35 Das Gedicht erschien in der Zeitschrift „Deutsches Dichterheim“, Jg. 9, Nr. 17, 25. April 1889 und gleichzeitig in G 1889, S. 70. 36 Es handelt sich um das in der Einleitung zitierte Gedicht von L. Hegelmeier. „Schlechte Reime machen mich geradezu krank“, schreibt Liliencron am 9. März 1887 an Theobald Nöthig (LN Bd. I, S. 204). 37 Otto Hartung: Adolf Menzel. In: Deutsche Dichtung Bd. 5, H. 3, 1. November 1888, S. 75–80. – Otto Hartung ist das Pseudonym für Karl Emil Franzos; vgl. Martens, S. 599. 38 Der Lyriker Ferdinand Avenarius (1856–1923) hatte 1887 die Zeitschrift „Der Kunstwart“ gegründet, die er bis zu seinem Tod herausgab. Er verfolgte damit die Absicht, „den Laien zum Kunstverständnis heranzubilden“; vgl. Angelika Müller: Art. „Avenarius, Ferdinand“, in: Walther Killy (Hg.): Literaturlexikon. München 1988ff., Bd. I, S. 262. – Die beiden Gedichte über Böcklin und Keller erschienen zusammen mit einem weiteren über Conrad Ferdinand Meyer unter dem Titel „Drei Schweizer“ in „Der Kunstwart“, Jg. 2, 8. Stück (Januar 1889), S. 124 f. sowie in G 1889, S. 141 f. 39 herrliche] köstliche G 1889. 40 Und sich] Sich G 1889. 41 es] er G 1889. Der Vers ist eine Anspielung auf den Schlussvers von Goethes Gedicht „Da hatt’ ich einen Kerl zu Gast“: „Schlagt ihn tot, den Hund! Es ist ein Rezensent.“ 42 das hämische] der Hämischen G 1889. 43 mächtigen Schulter das] Schulter das mächtige G 1889. 44 deinem Tempenherd.] deinen Tempelherd. G 1889. 45 ledernen] albernen G 1889. 46 Herrn,] Herren, G 1889. 47 Liliencrons Gedicht „An Heinrich von Kleist. Zu des Dichters Todestag (21. November )“ erschien in „Schorers Familienblatt“ Bd. 9, H. 16, Nr. 47 der Wochenausgabe, S. 751, danach in G 1889, S. 143 f. – Kleist ist Liliencrons „Abgott“, wie er am 24. November 1884 an Theobald Nöthig schreibt (LN Bd. I, S. 50). 48 August Graf von Platen (1796–1835), der wegen seiner Homosexualität vor allem von Heinrich Heine („Die Bäder von Lucca“) verspottet wurde. Am 16. Juni 1886 schreibt Liliencron an Nöthig: „Ein reiner, keuscher Charakter, der aber Dichter war. Und als Vollblutdichter muß er innerlich gekocht haben. Da er aber fortwährend jene berühmte ,marmorne‘ Ruhe zeigt, so muß ein innerlicher furchtbarer Kampf stattgefunden haben. Ich habe Mitleid mit Platen“ (LN Bd. I, S. 121). 49 Albert Lindner (1831–1888), Dramatiker und Erzähler. Er verbrachte seine letzten Lebensjahre in der psychiatrischen Klinik Dalldorf bei Berlin. Liliencron erwähnt ihn in seinen Briefen des öfteren. Sein Gedicht „Auf den Tod eines im Elend untergegangenen deutschen Dichters“ (G 1889, S. 72 f.) bezieht sich auf Lindner. 50 Zum Beispiel Friedrich Christoph Weisser (1761–1836), der am 18. Dezember 1810 im „Morgenblatt für gebildete Stände“ über Kleists „Das Käthchen von Heilbronn“ schrieb: „Bei Lesung der ersten Blätter dieser Ritter-Tragödie glaubten wir, eine Parodie auf den romantischen Schnickschnack unsrer Zeit zu finden“ (zit. nach Helmut Sembdner [Hg.]: Heinrich von Kleists Lebensspuren. Dokumente und Berichte der Zeitgenossen. Dokumente zu Kleist Bd. I, Frankfurt am Main 1984, S. 309 [Nr. 373]).

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Theodor Storms Erzählwerk Alphabetisches Verzeichnis Zusammengestellt von Almut Gohde, Gerd Eversberg und Jean Lefebvre Verzeichnet werden sämtliche Erzählungen Storms in alphabetischer Reihenfolge, darunter neben den Novellen auch die frühen Schwänke, die Märchen, die nicht ausgeführten Novellenentwürfe und ein Romanfragment sowie seine kulturhistorischen Skizzen und journalistischen Arbeiten, außerdem die Besprechungen, Vorworte und sämtliche autobiographische Texte. Aufgenommen wurden auch die von Storm aus mündlicher oder schriftlicher Tradition ausgewählten und bearbeiteten Sagen und Spukgeschichten. Nicht berücksichtig sind die Gedichte, deren Entstehungs- und Druckgeschichte in den Kommentaren von Goldammer (Bd. 1), Laage/Lohmeier (Bd. 1) und Eversberg 2006 dokumentiert werden. Entgegen der bisherigen Anordnung wird das Märchenspiel „Schneewittchen“ hier ebenfalls aufgeführt, das Storm seinen Gedichten zugeordnet hat. Storms Sagen sind bei Eversberg 2005 ediert, seine Sammlung von Spukgeschichten bei Laage 1991. Die Titelaufnahme erfolgt nach folgendem Schema: Titel (Sonstige Überschriften), (Textsorte) 1. Zeitpunkt der Niederschrift 2. Erstdruck 3. Erste Buchausgabe 4. Gesammelte Schriften zu Storms Lebzeiten 5. Druck bei Goldammer (Gd Band, Seite) und bei Laage-Lohmeier (LL Band, Seite) 6. weitere wissenschaftliche Ausgaben Abkürzungen: Gd Theodor Storm: Sämtliche Werke in vier Bänden. Hg. von Peter Goldammer. Berlin: Aufbau 1967 und öfter LL Theodor Storm: Sämtliche Werke in vier Bänden. Hg. von Karl Ernst Laage und Dieter Lohmeier. Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker-Verlag 1987-1988 Eversberg 1992 Theodor Storm: Märchen. Text, Entstehungsgeschichte, Quellen. Nach den Erstdrucken. Hg. von Gerd Eversberg. Heide: Boyens 1992 Eversberg 2005 Theodor Storm: Anekdoten, Märchen, Sagen, Sprichwörter und Reime aus Schleswig-Holstein. Texte, Entstehungsgeschichte, Quellen. Hg. von Gerd Eversberg. Heide: Boyens 2005 Eversberg 2006 Gerd Eversberg: Theodor Storm als Schüler. Mit vier Prosatexten und den Gedichten von 1833 bis 1837 sowie sechs Briefen. Heide: Boyens 2006 Laage 1991 Theodor Storm: Neues Gespensterbuch. Beiträge zur Geschichte des Spuks. Hg. von Karl Ernst Laage. Frankfurt am Main: Inselverlag 1991 127

Müllenhoff 1845 Karl Müllenhoff (Hg.): Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel: Schwerssche Buchhandlung 1845 Volksbuch 1844 Volksbuch für das Jahr 1844 mit besonderer Rücksicht auf die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Mit Beiträgen von [...], J. Th. Mommsen, [...], Th. Woldsen-Storm, [...]. Hg. von K(arl) L(eonhard) Biernatzki. Kiel: Schwers’sche Buchhandlung 1843 Volksbuch 1846 Volksbuch auf das Jahr 1846 für die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Mit Beiträgen von [...], Theodor Storm u. A. Hg. von K(arl) L(eonhard) Biernatzki. Altona: im Verlage der Expedition des Altonaer Mercur’s 1845 Volksbuch 1847 Volksbuch für das Jahr 1847 mit besonderer Rücksicht auf die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Mit Beiträgen von [...]. Hg. von K(arl) L(eonhard) Biernatzki. Altona, Verlag der Expedition des Altonaer Mercur’s 1846 Volksbuch 1848 Volksbuch auf das Jahr 1848 für Schleswig, Holstein und Lauenburg. Mit Beiträgen von [...], Theodor Storm, [...] u. A. Hg. von Karl Biernatzki. Altona, Verlag der Expedition des Altonaer Mercur’s 1847 Volksbuch 1849 Volksbuch auf das Jahr 1849 für Schleswig, Holstein und Lauenburg. Mit Beiträgen von [...], Theodor Storm, [...] u. A. Hg. von Karl Biernatzki. Altona, Verlag der Expedition des Altonaer Mercur’s 1848 Volksbuch 1850 Volksbuch auf das Jahr 1850 für Schleswig, Holstein und Lauenburg. Mit Beiträgen von [...] Theodor Storm u. A. Hg. von Karl Biernatzki. Altona 1849 Volksbuch 1851 Volksbuch auf das Jahr 1851 für Schleswig, Holstein und Lauenburg. Mit Beiträgen von [...] Theodor Storm u. A. Hg. von Karl Biernatzki. Altona 1850 Abseits (Novelle) 1. 1863 2. Abseits. Eine Weihnachtsidylle von Theodor Storm. In: Leipziger Illustrirte Zeitung Nr. 1068 (1863). Hg. von Johann Jakob Weber, Leipzig, S. 450-454 3. „Zwei Weihnachtsidyllen“; zusammen mit „Unter dem Tannenbaum“. Berlin: Schindler 1865 (2. Aufl. 1875) 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 3, S. 171-226; mit der Datierung „Heiligenstadt 1863“ 5. Gd 2, S.150-180 / LL 1, S. 619-648 Adolph Möller („Ein Konzert“) (Besprechung) 1. 1871 2. Husumer Wochenblatt, 18. Januar u. 10. Mai 1871 3. Erster Wiederabdruck der 1. Besprechung: Gd (1967) Bd. 4. S. 602; mit der Überschrift „Ein Konzert“ 5. Gd 4, S. 617 / LL 4, S. 370-372 Agenda (Tagebuchaufzeichnungen) 1. 1870-1874 5. Gd - / LL 4, S. 504-509 128

Am Kamin (Spukgeschichten) 1. 1857/1858 und 1861/1862 2. Victoria. Illustrirte Muster- und Modezeitung 12 (Feb. 1862). Berlin: A. Haack, S. 46 f. und 62 f. 3. Posthum – in: „Nachträge“ / „Spukgeschichten und andere Nachträge zu seinen Werken“. Braunschweig, Berlin (von Fritz Böhme in Berlin 1911 wieder entdeckt) 1913, Bd. 9, S. 1-32 5. Gd 1, S. 366-393 / LL 4, S. 52-78 Angelika (Novelle) 1. 1855 2. Sammelband: „Ein grünes Blatt. Zwei Sommergeschichten“. Berlin: Heinrich Schindler 1855, 4. Aufl. 1881, S. 1-44 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 5, S. 125-167, mit der Datierung „Potsdam 1855“ 5. Gd 1, S. 559-581 / LL 1, S. 363-385 Aquis submersus (Novelle) 1. 1875/76 2. Deutsche Rundschau 9 (1876). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 1-49, und als Einzeldruck bei Paetel, Berlin 1877 3. Im Sammelband: „Vor Zeiten“; zusammen mit „Eekenhof“, „Zur Chronik von Grieshuus“, „Renate“ und „Ein Fest auf Haderslevhuus“. Berlin 1886, S. 303 4. Seit 1882 in den „Gesammelten Schriften“, Bd.11, mit der Datierung „18751876“ 5. Gd 2, S. 644-723 / LL 2, S. 378-455. 6. Theodor Storm: Aquis submersus. Text, Entstehungsgeschichte, Quellen, Schauplätze, Aufnahme und Kritik. Mit 10 Abbildungen. Hg. von Karl Ernst Laage. Heide: Boyens 1992 Auf dem Staatshof (Novelle) 1. 1857/1858 2. Argo. Album für Kunst und Dichtung. Hg. von Friedrich Eggers, Theodor Hosemann, Bernhard von Lepel. 4. Bd. Breslau 1859, S. 7-22 3. „In der Sommer-Mondnacht“. Berlin: Schindler 1860, S. 9-66; zusammen mit „Wenn die Äpfel reif sind“, „Posthuma“ und „Der kleine Häwelmann“ 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 3, S. 3-66; mit der Datierung „Heiligenstadt 1858“ 5. Gd 1, S. 588-623 / LL 1, S. 392-426 Auf der Universität („Lenore“) (Novelle) 1. 1862 2. Auf der Universität. Münster: Brunn 1863 3. 2. Auflage als „Lenore“ 1865, 3. Aufl. Berlin: Paetel 1888 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 5, S. 3-123, mit der Datierung „Heiligenstadt 1862“ 5. Gd 2, S.57-123 / LL 1, S. 529-593 Aus dem Leben eines Malers (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 156 129

Aus der Familie Mummy (Autobiographisches) 1. 1885/86 2. „Aus der Familie Mummy“. In: LL (1988) 4, S. 436-441 Aus der Jugendzeit (Autobiographisches) 1. Anfänge Mitte der 1870iger Jahre, konkrete Hinweise erst seit 1884 2. Deutsche Rundschau 57 (1888), S. 341-34; neue Überschrift „Nachgelassene Blätter von Theodor Storm“ 4. „Sämtliche Werke“. Hg. von Albert Köster. Bd. 8, S. 3-11; wieder unter der richtigen Überschrift „Aus der Jugendzeit“. Gd (1967) 4, S. 507-524, unter der Überschrift „Aus nachgelassenen Blättern“ 5. Gd 4, S. 521-539 / LL 4, S. 415-436 Aus der Studienzeit (Tagebuchaufzeichnungen) 1. 1837 2. Gertrud Storm, Bd. 1, S. 132-134 5. Gd 4, S. 547/48 / LL 4, S. 495-504 Beim Vetter Christian (Novelle) 1. 1873 2. Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft Bd. 1 (1874). Hg. von J. Rodenberg, Leipzig, S. 129-148 3. In: „Novellen und Gedenkblätter“; zusammen mit „Viola tricolor“, „Lena Wies“, „Von heut’ und ehedem“. Braunschweig: G.Westermann 1874, S. 83-137 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 7, mit der Datierung „1872“ 5. Gd 2, S. 364-392 / LL 2, S. 102-130 Berichte für die Schleswig-Holsteinische Zeitung (Journalistische Arbeiten) 1. 1848 (16.April – 13. Dez.) 2. Schleswig-Holsteinische Zeitung vom 18.4.(1), 22.4.(2), 26.4.(3), 28.4.(4), 1.5.(5), 6.5.(6), 9.5.(7), 30.5 (8), 30.8.(9), 13.9.(10), 17.9.(11), 11.11.(12) und 13.12.1848 (13) 3. In: Theodor Storms Briefwechsel mit Theodor Mommsen. Hg. von Hans-Erich Teitge. Weimar 1966, S. 129 f. Danach bei Gd (1967) 4, S. 545 f. 5. Gd 4, S. 559-574 / LL 4, S. 309-325 Beroliniana. Erlebnisse des Studiosen Nordheim, nacherzählt und seinen Freunden Krebs und Klander gewidmet von HTW Storm (Romanfragment) 1. 1838 2. LL 4, S. 448-466. Böse Herrinnen (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 53 (Nr. 58) 6. Eversberg 2005, S. 67 Bötjer Basch („Aus engen Wänden. Eine Geschichte“) (Novelle) 1. 1885-1886 2. Deutsche Rundschau Bd. 49 (1886). Hg. Julius Rodenberg, Berlin, S. 1-37 3. „Bei kleinen Leuten. Zwei Novellen“; als „Bötjer Basch“ zusammen mit “Ein Doppelgänger“. Berlin 1887. Einzelausgabe: „Bötjer Basch. Eine Geschichte“. Berlin 1887, S. 1- 99 130

4. Seit 1889 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 16, S. 179-284, mit der Datierung „1885-1886“ 5. Gd 4, S. 78-136 / LL 3, S. 459-516 Braunes Taschenbuch (Tagebuchaufzeichnungen) 1. 1883-1888 5. Gd - / LL 4, S. 533-564 Bredstedter Sage (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 90; Müllenhoff 1845, S. 271 (Nr. 347) 6. Eversberg 2005, S. 56 Bulemanns Haus (Märchen) 1. 1864 2. Bulemann’s Haus. Ein Märchen. In: Leipziger Illustrirte Zeitung 43, Nr. 1121 v. 24. Dez. (1864), S. 447, 450, 454 3. Drei Märchen. Hamburg: W. Mauke 1866; zusammen mit „Die Regentrude“ und „Der Spiegel des Cyprianus“. 2. Auflage unter dem Titel: „Geschichten aus der Tonne“, Berlin: Paetel 1873. 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 6, S. 105-148, mit der Datierung „Heiligenstadt 1864“ 5. Gd 1, S. 425-447 / LL 4, S. 109-131 6. Eversberg 1992, S. 85-108 Carl Heinrich Preller, Neunzig Lieder und neun polemische Episteln (Besprechung) 1. 1854 2. Literaturblatt des Deutschen Kunstblattes. Hamburg 6.4.1854 3. Gd (1956), Bd. 4, S. 583-584 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 46-48 5. Gd 4, S. 588-590 / LL 4, S. 341-343 Carsten Curator (Novelle) 1. 1877 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 44 (1878). Braunschweig: Wester­mann, S. 1-38 3. „Carsten Curator“. Berlin 1878; und Sammelband: „Neue Novellen“; zusammen mit „Renate“. Berlin 1878, S. 109-217 4. Seit 1882 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 12, S. 121- 242, mit der Datierung „1877“ 5. Gd 3, S. 7-74 / LL 2, S. 456-522 6. Theodor Storm: Carsten Curator. Text, Entstehungsgeschichte, Quellen, Schauplätze, Aufnahme und Kritik. Mit 10 Abbildungen. Hg. von Karl Ernst Laage. Heide: Boyens 1994

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Cazottes Prophezeiung der Revolutionsschrecken (Hs. verloren gegangen) (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 127 Celeste. Eine Phantasie (Erzählung) 1. 1840 3. LL 4, S. 265-268 6. Gerd Eversberg: Theodor Storm als Schüler. Mit vier Prosatexten und den Gedichten von 1833 bis 1837 sowie sechs Briefen. Heide: Boyens 2006 Chronik der Familie Esmarch (Vorwort) 1. 1887 2. „Chronik der Familie Esmarch“. Hg. von Ernst Esmarch; als Manuskript gedruckt 1887 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 96/97 5. Gd 4, S. 636/37 / LL 4, S. 411/12 Claus Nanne (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 159 (Nr. 218) 6. Eversberg 2005, S. 80 Cyprianus (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 192 (Nr. 263) 6. Eversberg 2005, S. 87 Das Anpochen (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 34 Das erröthende Bild (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 547 (Nr. 548) 6. Eversberg 2005, S. 117 Das Geisterschiff (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 163f. (Nr. 223) 6. Eversberg 2005, S. 81 Das Gelächter (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 122 Das Gesicht des Nachtwächters (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 117 132

Das Gespenst auf Gramm (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 180 (Nr. 248) 6. Eversberg 2005, S. 84 Das Gespenst mit dem Grenzpfahl (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 189 f. (Nr. 260) 6. Eversberg 2005, S. 86 Das Glück der Grafen Rantzau (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 88 f.; Müllenhoff 1845, S. 329 f. (Nr. 443) 6. Eversberg 2005, S. 55 Das Goldstück (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 124 Das kranke Kind (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 558 (Nr. 565) 6. Eversberg 2005, S. 89 Das kranke Kind (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 71 Das liebe Brodt (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 91; danach Müllenhoff 1845, S. 145 f. (Nr. 200) 6. Eversberg 2005, S. 57 Das Mährchen von den drei Spinnfrauen (Märchen) 1. 1844 2. Volksbuch 1846 (in: Geschichten aus der Tonne) 5. Gd 1, S. 331-334; LL 4, S. 270-273 6. Eversberg 2005, S. 12-15 Das rauhe Tier (Handschrift verloren gegangen) (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 62 Das Sopha (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 104 Das theure Zeugniß (Schwank) 1. 1846 2. Volksbuch 1847, S. 133-135 5. LL 4, S. 280-281 6. Eversberg 2005, S. 30 133

Das Tortingsche Haus (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 24 Das Turmgemach (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 119 Das Versprechen der Sterbenden (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 35 Das Viehsterben (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 238 f. (Nr. 327) 6. Eversberg 2005, S. 87 Das Wunderhorn (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1846, S. 138 6. Eversberg 2005, S. 118 Das Wunderkind (kulturhistorische Skizze) 1. 1846 2. Volksbuch 1847, S. 139-144 6. Eversberg 2005, S. 35-41 De Möller von de Brakermœl (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 152 f. (Nr. 207) 6. Eversberg 2005, S. 78 Der alte O. (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 74 Der arme und der reiche Bauer (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 284 f. (Nr. 388) 6. Eversberg 2005, S. 98 Der bekehrte Hardesvogt (Erzählung) 1. 1846 2. Volksbuch 1847, S. 132 f 6. Eversberg 2005, S. 26 f. Der bestrafte Vorwitz (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 170 f. (Nr. 234) 6. Eversberg 2005, S. 82 134

Der Bridfearhoger auf Silt (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 108 f. (Nr. 131) 6. Eversberg 2005, S. 68 Der Bröddehoogmann (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 185 (Nr. 253) 6. Eversberg 2005, S. 85 Der Brunnen am Segeberger Kalkberg (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 83 (Nr. 90) 6. Eversberg 2005, S. 66 Der Brutsee (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 109 f. (Nr. 132) 6. Eversberg 2005, S. 69 Der Dikjendälmann (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 175 (Nr. 239) 6. Eversberg 2005, S. 83 Der Doctor Jacob (Sage) 1. 1842-1843 2 Volksbuch 1846, S. 139 ff. 6. Eversberg 2005, S. 120 Der Dränger (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 258 (Nr. 347) 6. Eversberg 2005, S. 94 Der Dreizehnte (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 44 Der falsche Racker (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 333 f. (Nr. 447) 6. Eversberg 2005, S. 110 Der faule Hans (Märchen) 1. 1844 2. Müllenhoff 1845, S. 431 (Nr. 14) 6. Eversberg 2005, S. 19 f. Der feurige Mann (Sage) 1. 1842-1843 135

2. Müllenhoff 1845, S. 246 (Nr. 338) 6. Eversberg 2005, S. 91 Der Freier (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 586 (Nr. 606) 6. Eversberg 2005, S. 117 Der Geist der Bäuerin (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 554 (Anmerkung zu Nr. 559) 6. Eversberg 2005, S. 117 Der Geisterseher (kulturhistorische Skizze) 1. 1842-1848 2. Volksbuch 1847, S. 137-139. 6. Eversberg 2005, S. 32-34 Der Gespensterbesen (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 97 Der gestohlene Becher (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 294 f. (Nr. 403) 6. Eversberg 2005, S. 99 Der Griper und sein Herr (Schwank) 1. 1846 2. Volksbuch 1847, S. 133 f. 5. LL 4, S. 278-281 6. Eversberg 2005, S. 27-29 Der Herr Etatsrat (Novelle) 1. 1880 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 50 (1881), Braunschweig: Westermann, S. 329-557 3. „Novellen“; zusammen mit „Die Söhne des Senators“. Berlin 1881, S. 1-87. „Der Herr „Etatsrat“. Berlin 1882 4. Seit 1889 in den „Schriften“, Bd. 18, S. 1-90, mit der Datierung „1880-1881“ 5. Gd 3, S. 322-371 / LL 3, S. 9-57 Der Hofprediger (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 135 Der kleine Häwelmann. Ein Kindermärchen (Märchen) 1. 1849 2. Volksbuch 1850, S. 25-28; „weil’s doch jetzt Zeit ist, Märchen zu erzählen“. 3. Sommergeschichten und Lieder“. Berlin: Duncker 1851, S. 24-30; und überarbeitet: „In der Sommer-Mondnacht“. Berlin: Heinrich Schindler 1860, S. 87-95 136

4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 6, S. 201-209, mit der Datierung „Husum 1849“ 5. Gd 1, S. 334-337, LL 4, S. 21-24 6. Eversberg 1992, S. 18-22 Der kürzeste Weg (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 43 Der letzte Trank (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 79 Der liebe Gott und der Teufel (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 155 f. (Nr. 213) 6. Eversberg 2005, S. 79 f. Der Neubau (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 115 Der offenherzige Polizeimeister (Schwank) 1. 1846 2. Volksbuch 1847, S. 134. 5. LL 4, S. 280 6. Eversberg 2005, S. 29 Der Pastor Josin (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 63 Der Prozeß (Schwank) 1. 1848 2. Volksbuch 1849, S. 49 f 6. Eversberg 2005, S. 41 f. Der rothe Hauberg (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 300 f. (Nr. 412) 6. Eversberg 2005, S. 102 f. Der Sagensammler (Schwank) 1. 1842 2. Eversberg 2005, S. 11 Der Schatzgräber und die Unterirdischen (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 94 f.; Müllenhoff 1845, S. 282 f. (Nr. 384) 6. Eversberg 2005, S. 59 f. 137

Der Schimmelreiter (Novelle) 1. 1886-1888 2. Deutsche Rundschau Bd. 55 (April und Mai 1888). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 1-34 und 161-203 3. Wieder abgedruckt in: Halbmonatshefte der Deutschen Rundschau Bd. 3 (1887/88), S. 81-114, 161-180, 241-264. „Der Schimmelreiter“. Berlin: Paetel 1888. 4. Seit 1889 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 19, S. 99-326, mit der Datierung „1888“ 5. Gd 4, S. 257-381 / LL 3, S. 634-756 6. Theodor Storm: Der Schimmelreiter. Text, Entstehungsgeschichte, Quellen, Schauplätze, Aufnahme und Kritik. Mit Textillustrationen von Gustav Olms und Hans Volkert und mit Abbildungen im Kommentar. Hg. Karl Ernst Laage. Heide: Boyens 1983 Der Schloßbrand zu Kopenhagen (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 102 Der Segeberger Kalkberg (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 273 (Nr. 368) 6. Eversberg 2005, S. 97 Der Spiegel des Cyprianus (Märchen) 1. 1864 2. Der Bazar. Illustrierte Damen-Zeitung. Hg. von Julius Rodenberg 11 (1865), Nr. 48 v. 23. Dez. (1865), S. 417-419 3. Drei Märchen. Hamburg: W. Mauke 1866; zusammen mit „Die Regentrude“ und „Bulemanns Haus“. 2. Auflage unter dem Titel: „Geschichten aus der Tonne“, Berlin: Paetel 1873 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 6, S. 57-104, mit der Datierung „Heiligenstadt und Husum 1864 und 1865“ 5. Gd 1, S. 448-473 / LL 4, S. 132- 156 6. Eversberg 1992, S. 109-135 Der Stein bei Seeth (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 546 f. (Nr. 546) 6. Eversberg 2005, S. 116 f. Der Steinhügel bei Hedehusum (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 124 f. (Nr. 161) 6. Eversberg 2005, S. 71 Der Sturm von 1799 (Schwank) 1. 1848 2. Volksbuch 1849, S. 53-55 6. Eversberg 2005, S. 45-47 138

Der Teufel in Flehde (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 258 (Nr. 348) 6. Eversberg 2005, S. 95 Der Teufel und die Braut (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 165 (Nr. 225) 6. Eversberg 2005, S. 82 Der Teufel und die Kartenspieler (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 149 f. (Nr. 204) 6. Eversberg 2005, S. 78 Der Tisch der Unterirdischen (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 91; Müllenhoff 1845, S. 286 (Nr. 390) 6. Eversberg 2005, S. 57 f. Der Tod der Mutter (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 140 Der Tropfenfall (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 60 f. Der verhinderte Mord (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 41 f. Der Verschlag (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 18-20 Der verschüttete Eingang (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 298 f. (Nr. 409) 6. Eversberg 2005, S. 101 Der versöhnte Niß (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 334 f. (Nr. 448) 6. Eversberg 2005, S. 111 Der verwünschte Prinz (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 187 (Nr. 256) 6. Eversberg 2005, S. 86 139

Der zurückkehrende Vater (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 151-153 Des Grafen Fußstapfen (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 142 (Nr. 192) 6. Eversberg 2005, S. 77 Des kleinen Volkes Überfahrt (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 317 (Nr. 429) 6. Eversberg 2005, S. 104 f. Des Knaben Wunderhorn, 4. Band (Besprechung) 1. 1854 2. Literaturblatt des Deutschen Kunstblattes 1854, S. 46 f. (15. Juni) 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 48-52 5. Gd 4, S. 590-594 / LL 4, S. 344-348 Deutsche Liebeslieder seit Johann Christian Günther (Vorwort) 1. 1859 2. „Deutsche Liebeslieder seit Johann Christian Günther”. Eine Codification v. Th. Storm. Berlin: Schindler 1859 3. Erster Wiederabdruck: „Nachträge”. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 78-85 5. Gd 4, S. 619-625 / LL 4, S. 377-384 Die Abelssage (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 84-87 6. Eversberg 2005, S. 50-54 Die Alchymisten (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 128 f. Die Ankunft im Himmel (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 138 f. Die Armesünder-Glocke (Nicht ausgeführter Novellenentwurf) 1. 1888 2. Gertrud Storm: Theodor Storm. Ein Bild seines Lebens. Berlin 1913, Bd. 2, S. 248-260. 5. Gd 4, S. 382-391 / LL 4 S. 297-307

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Die beiden Brüder auf Pellworm (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 45 (Nr. 45) 6. Eversberg 2005, S. 62 Die beiden Drescher (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 162 (Nr. 220) 6. Eversberg 2005, S. 80 Die Bettdecke (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 95 f. Die Bibelstelle (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 137 Die Dokumente (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 39 f. Die Dorfcomödie (Schwank) 1. 1848 2. Volksbuch 1849, S. 50-53. 6. Eversberg 2005, S. 42-45 Die dreibeinige Totenlade (Sage) 1. 1842-1843 2. Auszug aus: „Wie den alten Husumern der Teufel und der Henker zu schaffen gemacht“. Erstdruck: In Kapitel X unter der Gesamtüberschrift „Zerstreute Kapitel“. In: Westermanns Illustrirte deutsche Monatshefte 31 (1871/72), S. 465-479. 6. Eversberg 2005, S. 123/124 Die Ermordung des Herzogs von Buckingham (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 26-31 Die Glocke (Sage) 1. 1845 2. Volksbuch 1846, S. 142 f. 6. Eversberg 2005, S. 25 f. Die Gräfin Schack (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 52 f. (Nr. 57) 6. Eversberg 2005, S. 63 Die Heringe auf Helgoland (Sage) 1. 1842-1843 141

2. Müllenhoff 1845, S. 136 (Nr. 181) 6. Eversberg 2005, S. 75 f. Hexen in Uetersen (Sage) 1. 1842-1843 2. Eversberg 2005, S. 89 Die Hexen in Wilster (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 217 (Nr. 294) 6. Eversberg 2005, S. 88 f. Die Karossen (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 141 f. Die Kindbetterin (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 296 f. (Nr. 407) 6. Eversberg 2005, S. 100f. Die Kobolde auf Gut Ahrensburg (Sage) 1. 1842-1843 2. Eversberg 2005, S. 90 Die Krankheit der Mutter (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 45 f. Die Laube (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 69 f. Die Lotterienummern (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 66-68 Die nächtliche Gesellschaft auf dem Flensburger Landtage (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1846, S. 141 f. 6. Eversberg 2005, S. 122 f. Die nächtliche Unruhe (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 99-101 Die Pfarre (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 14-17

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Die Pfenningwiese (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 55 (Nr. 61) 6. Eversberg 2005, S. 64 f. Die Prinzessinnen im Tönninger Schloß (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 350 (Nr. 466) 6. Eversberg 2005, S. 114 Die Regentrude. Ein Mittsommermärchen („Die Regenfrau. Ein Märchen“) (Märchen) 1. 1863/1864 2. Leipziger Illustrirte Zeitung . Leipzig: Johann Jakob Weber 43 (1864), Nr. 1100, S. 79-83 3. Drei Märchen. Hamburg: W. Mauke 1866; zusammen mit „Bulemanns Haus“ und „Der Spiegel des Cyprianus“. 2. Auflage unter dem Titel: „Geschichten aus der Tonne“. Berlin: Paetel 1873 4. Seit 1886 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 6, S. 1-56, mit der Datierung „Heiligenstadt 1864“ 5. Gd 1, S.394-424 / LL 4, S. 79-108 6. Eversberg 1992, S. 53-84 Die Roßtrappe (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1846, S. 139 6. Eversberg 2005, S. 120 Die Schattenmännerchen (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 133 f. Die schwarze Gestalt (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 88-94 Die schwarze Greth (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 87 f.; Müllenhoff, S. 157 f. (Nr. 215) 6. Eversberg 2005, S. 54 f. Die Silter Riesen (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 267 f. (Nr. 359) 6. Eversberg 2005, S. 95-97 Die Söhne des Senators (Novelle) 1. 1880 2. Deutsche Rundschau 25 (1880). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 1-28 3. Dr. L. Meyns Schleswig-Holsteinischer Hauskalender für 1882. Garding, S. 15-54. Als Zweinovellenband: „Der Herr Etatsrat“, „Die Söhne des Senators“. „Novellen“. Berlin 1881, S. 89-165 143

4. Seit 1882 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 14, S. 59-139, mit der Datierung „1879-1880“ 5. Gd 3, S. 278-321 / LL 2, S. 721-764 Die Spiegel (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 130-132 Die Tänzerin (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 146 (Nr. 201) 6. Eversberg 2005, S. 76 f. Die Todesbotschaft (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 55-59 Die übermüthige Frau (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 134 f. (Nr. 178) 6. Eversberg 2005, S. 75 Die Unterirdischen (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 179 (Nr. 380) 6. Eversberg 2005, S. 97 f. Die verhängnisvolle Stelle (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 32 f. Die verschworne Stätte (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 138 (Nr. 168) 6. Eversberg 2005, S. 76 Die Versöhnung (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 49-54 Die Violine (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 143-145 Die weise Frau Hertje (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 248 f. (Nr. 343) 6. Eversberg 2005, S. 92f.

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Die weiße Frau an der Dorfslinde (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 11-13 Die Wogenmänner (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 35 f. (Nr. 34) 6. Eversberg 2005, S. 63 f. Die Wolterkens (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 317-319 (Nr. 430) 6. Eversberg 2005, S. 105-107 Dr. Faust und Niß (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff 1845, S. 320 (Nr. 432) 6. Eversberg 2005, S. 107 Draußen im Heidedorf (Novelle) 1. 1871/72 2. Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft Bd. 10, Heft 2 (1872). Hg. von Ernst Dohm und Julius Rodenberg, Leipzig, S. 129-151 3. In: „Zerstreute Kapitel“. Berlin 1873, S. 113-173 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 7, S. 17-77, mit der Datierung „1871“ 5. Gd 2, S. 330-363 / LL 2, S. 69-101 Dree to Bett (plattdeutsche Fassung) (Schwank) 1. 1844 2. Müllenhoff, S. 464 (Nr. 25) 6. Eversberg 2005, S. 11/12 Dree to Bedd (hochdeutsche Fassung) (Schwank) 1. 1844 2. Volksbuch 1846 (in: Geschichten aus der Tonne) 3. Gd 1, S. 337f.; LL 4, S. 277 f. 6. Eversberg 2005, S. 18 f. Drei Märchen (Vorwort) 1. 1865 2. „Drei Märchen“, Hamburg: Mauke 1866 5. Gd - / LL 4, S. 385 f. Dreier Mädchen erstes Gesicht (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 149 Drüben am Markt (Novelle) 1. 1860 2. In „Über Land und Meer“, Jg. 3, Bd. 6 (1861), S. 582 f. und S. 598 f. 145

3. Im Sammelband: „Drei Novellen“; zusammen mit „Veronica“ und „Späte Rosen“. Berlin: Schindler 1861 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 5, S. 191-241 mit der Datierung „Heiligenstadt 1860“ 5. Gd 1, S. 636-663 / LL 1, S .439-465 Eekenhof („Es klingt wie eine Sage“, „Die Zwillinge“) (Novelle) 1. 1879 2. Deutsche Rundschau Bd. 21(1879). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 1-28 3. Im Sammelband: „Drei neue Novellen“. Berlin 1880, S. 1-74; zusammen mit „Zur Wald- und Wasserfreude“, „Im Brauer-Hause“. In: „Zwei Novellen“; zusammen mit „Im Brauer-Hause“. Berlin 1880, S. 1-68; und im Sammelband: „Vor Zeiten“; zusammen mit „Renate“, „Zur Chronik von Grieshuus“, „Aquis submersus“ und „Ein Fest auf Haderslevhuus“. Berlin 1886, S. 1-64 4. Seit 1882 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 13, S. 1-80, mit der Datierung „1879“ 5. Gd 3, S. 234-277 / LL 2, S. 678-720 Ein andres Zweites Gesicht (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 73 Ein Bekenntnis („Die Erzählung des Arztes“, „Novella medici“) (Novelle) 1. 1886 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 63 (1887). Braunschweig: Wester­mann, S. 1-28 3. „Ein Bekenntnis“. Berlin 1888 4. Seit 1889 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 19, S. 1-98, mit der Datierung „1887“ 5. Gd 4, S. 202-256 / LL 3, S. 580-633 Ein Doppelgänger (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 21-23 Ein Doppelgänger („Der Brunnen“) (Novelle) 1. 1886 2. Deutsche Dichtung, Bd. 1 (1886), S. 2-9, 34 f., 58-63, 82-87, 106-111, 130-139 3. Berlin 1887. Überarbeitet: „Bei kleinen Leuten. Zwei Novellen“. Berlin 1887, S. 101-208 4. Seit 1889 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 15, S. 137-252, mit der Datierung „1886“ 5. Gd 4, S. 137-201 / LL 3, S. 517-579 Ein Fest auf Haderslevhuus („Noch ein Lembeck“, „Zur Hochzeit“) (Novelle) 1. 1885 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 59 (Okt. 1885). Braunschweig: Westermann, S. 80-117; unter dem Titel „Noch ein Lembeck“ 3. Als Sammelband: „John Riew’“ , „Ein Fest auf Haderslevhuus“. Zwei Novellen. Berlin 1885, S. 101-221. Einzelausgabe: Berlin 1886. Im Sammelband: „Vor 146

Zeiten“; zusammen mit „Eekenhof“, „Zur Chronik von Grieshuus“, „Aquis submersus“ und „Ein Fest auf Haderslevhuus“. Berlin 1886, S. 415-516 4. Seit 1889 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 17, S. 17-144, mit der Datierung „1884-1885“ 5. Gd 4, S. 7-77 / LL 3, S. 389-458 Ein Geisterbeschwörer (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 146-148 Ein grünes Blatt (Novelle) 1. 1850 2. Argo. Belletristisches Jahrbuch für 1854. Hg. von Th. Fontane und Franz Kugler, Dessau, Bd. 1, S. 294-307 3. Im Sammelband: „Ein grünes Blatt. Zwei Sommergeschichten“; zusammen mit „Angelika“. Berlin: Schindler 1855. Und: „Zwei Novellen“. Berlin: Schindler, 1861; die 4. Auflage erschien in: Berlin: Paetel 1881. 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 3, S. 95-123 mit der Datierung „Husum 1850“ 5. Gd 1, S. 529-544 / LL 1, S. 333-348 Ein merkwürdiger Traum (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 111-113 Ein Mord durch einen Traum entdeckt (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 114 Ein stiller Musikant (Novelle) 1. 1874/75 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 38 (1875), S. 449-464 3. Sammelband: „Drei Novellen“ „Ein stiller Musikant“, „Psyche“, „Im Nachbarhause links“. Braunschweig: Westermann 1876, S. 1-60 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 10, S. 1-61, mit der Datierung „1874/75“ 5. Gd 2, S. 544-576 / LL 2, S. 280-311 Ein unbewohnbares Haus (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 47/48 Ein Unnereerschen gefangen (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 92-94; Müllenhoff 1845, S. 311 f. (Nr. 424) 6. Eversberg 2005, S. 58/59 Eine bis jetzt halberfüllte Prophezeiung (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 107 147

Eine Episode aus dem Berliner Studienjahr 1839 (Autobiographisches) 1. 1839 2. „Gedenkbuch“ zu Storms 100. Geburtstag. Hg. von Friedrich Düsel (1916), S. 35-37, und in: Th. Storm: „Sämtliche Werke“. Hg. von Albert Köster. Bd. 8, S. 16-18 5. Gd 4, S. 547-551 / LL 4, S. 466-469 Eine Erscheinung Wallensteins (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 83-87 Eine Halligfahrt (Novelle) 1. 1871/72 2. Als Teil der Zerstreuten Kapitel, in: Westermann’s Illustrierte Deutsche Monatshefte 1871 3. In: „Zerstreute Kapitel“. Berlin: Paetel 1873, S. 41-92. 2. Auflage 1875 4. In den „Gesammelten Schriften“, Bd. 8, 1877, mit der Datierung „1870“ 5. Gd 2, S. 300-329 / LL 2, S. 40-68 Eine Hand aus der Wand (Sage) 1. 1842-1843 2. In: Hans-Erich Teitge (Hg.): Theodor Storms Briefwechsel mit Theodor Mommsen. Weimar 1966, S. 40. 6. Eversberg 2005, S. 50 Eine Malerarbeit (Ein Malerstück) (Novelle) 1. 1867 2. Westermann’s Illustrierte Deutsche Monatshefte Nr. 23 (1867), S. 1-17 3. „Novellen“. Schleswig 1868, S. 193-262; zusammen mit „In St. Jürgen“ und „Von Jenseit des Meeres“ 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 4, S. 179-236, mit der Datierung „Husum 1867“ 5. Gd 2, S. 268-299 / LL 2, S. 9-39 Eine zurückgezogene Vorrede (Vorwort) 1. 1881 2. Erstveröffentlichung nach einem (seither verschollenen) Probeabdruck aus dem Besitz von E. Schmidt, in: „Nachträge“. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 94-96 5. Gd 4, S. 634/35 / LL 4, S. 408 – 410 Eine zurückgezogene Widmung (Vorwort) 1. 1864 2. David Jackson: „Theodor Storms Heimkehr im Jahre 1864“, in: STSG 33 (1984), S. 19-44 (hier S. 33) 5. Gd - / LL 4, S. 384 f. En Döntje (Schwank) 1. 1845 2. Volksbuch 1846, S. 35 148

3. Wiederabdruck bei Fritz Böhme 5. Gd 1 S. 332-333 / LL 4, S. 268 6. Eversberg 2005, S. 12 Entwürfe einer Tischrede zum 70. Geburtstag (Autobiographisches) 1. 1887 2. Gertrud Storm: Th. Storm – Ein Bild seines Lebens. 1912, Bd. 2, S. 233-236 (unvollständig) 3. Beide Handschriften vollständig in: Gd (1967), Bd. 4, 2. Aufl., S. 537-541 5. Gd 4, S. 552-556 / LL 4, S. 487-491 Erzählungen aus den Bädern von Lucca (Vorwort) 1. 1885 2. Westermanns Illustrirte Monatshefte 58 (1885), S. 655 (Augustheft) 3. LL 4, S. 410 (1988) 5. siehe unter 3. Es waren zwei Königskinder („Marx“) (Novelle) 1. 1884 2. Spemann’s Illustrirte Zeitschrift für das deutsche Haus. ‚Vom Fels zum Meer’ 1884, S. 256-269 3. „Es waren zwei Königskinder“. Berlin 1888 4. Seit 1889 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 18, S. 91-159, mit der Datierung „1884“ 5. Gd 3, S. 614-650 / LL 3, S. 294-330 Etwas über die Süderstapler Marktnacht vom 22. April d.J. [1835] (Journalistische Arbeit) 1. 1835 2. „Ditmarser und Eiderstedter Bote“, Nr. 18 vom 30.4.1835, Sp. 284 f. mit dem Kürzel „St…“ 6. Gerd Eversberg 2006, S. 133-135 Ferdinand Röse (Autobiographisches) 1. 1885 2. LL (1988) 4, S. 448-466 Festschreiben (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 199 f. (Nr. 217) 6. Eversberg 2005, S. 87/88 Florentiner Novelle (Nicht ausgeführter Novellenentwurf) 1. 1884 2. LL 4, S. 291-293 Friesische Sage (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 90 f.; Müllenhoff, S. 187 f. (Nr. 257) 6. Eversberg 2005, S. 57 149

Geschichten aus der Tonne (enthält innerhalb einer Rahmenhandlung: „Das Mährchen von den drei Spinnfrauen“, „Se dohn sick wat to gude“ und „Dree to Bedd“ in hochdeutscher Fassung) 1. 1844 2. Volksbuch 1846, S. 81-88 5. Gd 1, S. 329-338; LL 4, S. 268-278. 6. Eversberg 2005, S. 11-19 Geschichten aus der Tonne (Vorwort) 1. 1873 2. Geschichten aus der Tonne. Berlin: Paetel 1873 4. In den Schriften (1889), Bd. 6, S. XI – XVI, leicht verändert, jetzt mit der Überschrift „Vorwort“ 5. Gd - / LL 4, S. 387-390 Gesammelte Schriften (Vorwort) 1. 1868 2. „Gesammelte Schriften“, Bd. 1 5. Gd 4, S. 626 / LL 4, S. 386 Glocken im See (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 95 f.; Müllenhoff, S. 118 f. (Nr. 149) 6. Eversberg 2005, S. 60-61 Hans Bär (Märchen) Ein Mährlein erzählt von H.Th.W. Storm (Märchen) 1. 1837 3. Privatdruck – 1930 – „Hamburger Buchbund“. Hamburg: R. Johannes Meyer; und in STSG, Heft 1, S. 9-14. Heide: Boyens 1952 5. Gd 1, S. 313-322, LL 4, S. 11-20 6. Eversberg 1992, S. 7-17 Hans Brüggemann (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 122 f. (Nr. 157) 6. Eversberg 2005, S. 70 Hans, der sich die Welt besieht (Märchen) 1. 1844 2. Wilhelm Wisser: Volksmärchen aus dem östlichen Holstein Nr. 14; Die Heimat 11.1901, S. 42 ff. und Anm. S. 37 f. 6. Eversberg 2005, S. 20-23 Hans und Heinz Kirch (Novelle) 1. 1882 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 53 (1882), S. 1-39, Braunschweig: Westermann 3. In: „Zwei Novellen. „Schweigen“, „Hans und Heinz Kirch“. Berlin 1883. „Hans und Heinz Kirch“. Berlin 1883, S. 119-141, wiederabgedruckt in: Kieler Zeitung, 13.-30.5.1885 150

4. Seit 1889 in den „Schriften“, Bd. 15, S. 1-135, mit der Datierung „18811882“ 5. Gd 3, S. 372-446 / LL 3, S. 58-130 Hartnäckige Verteidigung (kulturhistorische Skizze) 1. 1846 2. Volksbuch 1847, S. 135 f. 6. Eversberg 2005, S. 30-32 Hartwig Reventlow (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 20 ff. (Nr. 19) 6. Eversberg 2005, S. 61 f. Hausbuch aus deutschen Dichtern seit Claudius (Vorwort) 1. 1870 2. „Hausbuch aus deutschen Dichtern seit Claudius“. Kritische Anthologie von Th. Storm. Hamburg: Mauke 1870 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragsband zu Stroms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 85-92 5. Gd 4, S. 627-633 / LL 4, S. 390-408 Heinrich der Gute (Märchenfragment) 1. 1844 2. Eversberg 2005, S. 23-25 Hel (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 244 (Nr. 335) 6. Eversberg 2005, S. 90 Helgoland (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 128 (Nr. 169) 6. Eversberg 2005, S. 71 f. Herein! (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 77 f. Hermann Heiberg, Plaudereien mit der Herzogin von Seeland (Besprechung) 1. 1881 2. Kieler Nachrichten, 20. Mai 1881 (Abendausgabe). Auf den 2. Absatz verkürzter Wiederabdruck in: „Heimgarten“ 8 (1883/84), S. 314 f. (dort als Besprechung der 2. Aufl. d. Buches) 5. Gd - / LL 4, S. 373 f. 6. Briefwechsel Storm – Heyse. Hg. von C.A. Bernd. Berlin 1974, S. 208 (hier nach dem Erstdruck)

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Hermann Klette, Gedichte (Besprechung) 1. 1854 2. Literaturblatt des Deutschen Kunstblattes 1854, S. 78 f. (5.10.1854) 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 58-61 5. Gd 4, S. 600-603 / LL 4, S. 354-357 Hinzelmeier („Stein und Rose“) (Novelle) 1. 1850 2. „Stein und Rose. Ein Märchen“. In: Volksbuch 1851, S. 117-138. „Mehr eine phantastisch-allegorische Dichtung“, Brief Storm an Emil Kuh, 22.12.1872. Erstdruck der überarbeiteten Fassung: „Hinzelmeier. Eine nachdenkliche Geschichte“. Schlesische Zeitung. Breslau: Dezember 1855, 19-22.12.1855, (Nr. 592, 594, 596, 598) 3. „Hinzelmeier. Eine nachdenkliche Geschichte“. Berlin: Duncker 1857 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 6, S. 149-199, mit der Datierung „Husum 1850“ 5. Gd 1, S.338-365, LL 4, S. 25-51 6. Eversberg 1992, S. 23-51 Husumer Pfingstmarkt 1834 (Journalistische Arbeit) 1. 1834 2. „Husumer Wochenblatt“ Nr. 22 vom 1. Juni 1834, S. 178, ohne Überschrift 6. Gerd Eversberg 2006, S. 131 f. Husumer Michaelismarkt 1834 (Journalistische Arbeit) 1. 1834 2. „Husumer Wochenblatt“ Nr. 39 vom 28. Sept. 1834, ohne Überschrift, S. 319 6. Gerd Eversberg 2006, S. 132 f. Im Brauer-Hause („Der Finger“) (Novelle) 1. 1879 2. Der Finger. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 46 (1879). Braunschweig: Westermann, S. 1-18 3. Dr. L. Meyns Schleswig-Holsteinischer Hauskalender für 1880. Garding, S. 133-166. Als Sammelband in: „Drei Novellen“; zusammen mit „Eekenhof“ und „Zur Wald- und Wasserfreude“ (zum ersten Male unter dem Titel „Im Brauer-Hause“ Berlin 1880). Im Sammelband: „Zwei Novellen“; zusammen mit „Eekenhof“. Berlin: Paetel 1880. 4. Seit 1882 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 14, S. 1-58, mit der Datierung „1878-1879“ 5. Gd 3, S. 202-233 / LL 2, S. 647-677 Im Korn (Nicht ausgeführter Novellenentwurf) 1. 1880 ? 2. Brief Storms an seine Frau Constanze, Heiligenstadt 28.6.1862 – Theodor Storm: „Briefe an seine Frau“, Braunschweig 1915. 5. Gd S. / LL 4, S. 285-286

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Immensee (Novelle) 1. 1849 2. Volksbuch 1850, S. 56-86 3. Umgearbeitet in „‚Sommergeschichten und Lieder’, Th. St.“, 1851. Als Separatausgabe: Immensee. Berlin: Duncker 1852. 29. und 30. Auflage: 1888. 4. Seit 1862 in den „Gesammelten Schriften“ 1862, Bd.2, S. 1-60, mit der Datierung „Husum 1849“ 5. Gd 1, S. 491-524 / LL 1, S. 295-328 6. Theodor Storm: Immensee. Text (nach der zweiten Fassung – 1851), Entstehungsgeschichte, Quellen, Schauplätze, Aufnahme und Kritik. Mit sämtlichen Abbildungen der zu Storms Lebzeiten erschienenen illustrierten Ausgaben. Hg. Gerd Eversberg. Heide: Boyens 1998 Im Nachbarhause links (Novelle) 1. 1875 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 39 (1875). Braunschweig: Wester­mann, S. 1-6 3. Sammelband: Ein stiller Musikant. Psyche. Im Nachbarhause links. Drei Novellen. Braunschweig: Westermann 1876, S. 125-186 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 10, S. 125-184, mit der Datierung „1875“ 5. Gd 2, S. 611-643 / LL 2, S. 346-377 Im Saal (Novelle) 1. 1848 2. Volksbuch 1849, S. 65-70 3. „Sommergeschichten und Lieder“. Berlin: Duncker 1851, und wieder aufgelegt unter dem Titel: „Im Sonnenschein. Drei Sommergeschichten“. Berlin: Alexander Duncker 1854; zusammen mit „Marthe und ihre Uhr“ und „Im Sonnenschein“ 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 4, S. 85-99, mit der Datierung „Husum 1848“ 5. Gd 1, S. 484-490 / LL 1, S. 288-294 Im Schloss (Novelle) 1. 1861 2. Die Gartenlaube. Illustrirtes Familienblatt Nr.10-12 (1862), S. 145-149, 161164, 177-180 3. „Im Schloß“. Münster: Brunn 1863; 2. Auflage Berlin: Paetel 1884. 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 2, S. 85-176, mit der Datierung „Heiligenstadt 1861“ 5. Gd 2, S. 7-56 / LL 1, S. 480-528 Jochim von der Hagen (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 141 (Nr. 191) 6. Eversberg 2005, S. 77 Im Sonnenschein (Novelle) 1. 1854 2. Wiederaufgelegt im Sammelband unter dem Titel „Im Sonnenschein. Drei 153

Sommergeschichten“. Berlin: Alexander Duncker 1854, S. 1-29; zusammen mit „Marthe und ihre Uhr“ und „Im Saal“. 3. Die 7. Auflage: Berlin: Paetel 1867 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 3, S. 67-93, mit der Datierung „Potsdam 1854“ 5. Gd 1, S. 545-558 / LL 1, S. 349-362 In St Jürgen (Novelle) 1. 1867 2. Deutsches Künstler-Album. Gesammelt von W. Breidenbach und L. Bund. Bd. 2. Düsseldorf 1868, S. 74-85, mit der Datierung „Husum, im Frühling 1867“. 2. Auflage: Berlin Paetel 1877 3. „Novellen“. Schleswig: Heiberg 1868; Zusammen mit „Von jenseit des Meeres“ und „Eine Malerarbeit“ 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 4, S. 101-177, mit der Datierung „Husum 1867“ 5. Gd 2, S. 226-267 / LL 1, S. 694-734 John Riew’ („John Rive“, „Eine stille Geschichte“) (Novelle) 1. 1885 2. Deutsche Rundschau 42 (1885). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 321-358 3. Als Sammelband: „John Riew’“, „Ein Fest auf Haderslevhuus“. Zwei Novellen. Berlin 1885, S. 1-100. Separatausgabe: „John Riew“. Berlin 1886 4. Seit 1889 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 18, S. 161-268, mit der Datierung „1884-1885“ 5. Gd 3, S. 651-709 / LL 3, S. 331-389 Klaus Groth, Quickborn (Besprechung) 1. 1852 2. In: Ditmarser und Eiderstedter Bote, 22. Dez. 1852, S. 22 f. 3. Wiederabdruck in: Klaus-Groth-Gesellschaft, Jahresausgabe 1960, S. 22 f.; danach Gd (1967) 4, S. 561 f. 5. Gd 4, S. 575-576 / LL 4, S. 329-330 Klaus Groth, Hundert Blätter (Besprechung) 1. 1854 2. Literaturblatt des Deutschen Kunstblattes 1854, S. 75f. (21.9.1854) 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 52-58 5. Gd 4, S. 594-599 / LL 4, S. 348-353 Klaus Groth, Quickborn 2. Teil (Besprechung) 1. 1870 2. Itzehoer Nachrichten, 17.12.1870 4. Erster Wiederabdruck: Th. Storm: Sämtliche Werke. Hg. von Peter Goldammer. Berlin u. Weimar 1956, Bd. 4, S. 619-621 5. Gd 4, S. 614-616 / LL 4, S. 367-370 König Dan (Sage) 1. 1842-1843 154

2. Müllenhoff, S. 375 f. (Nr. 505) 6. Eversberg 2005, S. 114/115 Lena Wies (Autobiografisches) 1. 1870 2. „Lena Wies. Ein Gedenkblatt“. Deutsche Jugend 1. Hg. von Julius Lohmeyer (1873) 3. Novellen und Gedenkblätter. Braunschweig: Westermann 1874 S. 61-81; zusammen mit „Viola tricolor“, „Beim Vetter Christian“, „Von heut’ und ehedem“ 4. Schriften, 1977, Bd. 8, S. 54 – als Teil der „Zerstreuten Kapitel“, mit der Datierung „1870“ 5. Gd 4 S. 411-421 / LL 4, S. 175-185 Lieder von Julius Rodenberg (Besprechung) 1. 1853 2. Literaturblatt des Deutschen Kunstblattes, 1. Aufl. 1853 in Hannover, 2. Aufl. 1854, S. 25-27 (6.4.1854) 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 41-48 5. Gd 4, S. 582-587 / LL 4, S. 336-341 M. Anton Niendorf (Besprechung) 1. 1854 2. Literaturblatt des Deutschen Kunstblattes 1854, S. 14 f. (23.2.1854) 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 35-41 5. Gd 4, S. 577-582 / LL 4, S. 330-335 Marie von Lützow (Nicht ausgeführter Novellenentwurf) 1. 1880 ? 2. LL 4, S. 286-290 Marthe und ihre Uhr (Novelle) 1. 1847 2. Volksbuch 1848, S. 54-59 3. Sommergeschichten und Lieder. Berlin: Alexander Duncker 1851, und im Sammelband: unter dem Titel „Im Sonnenschein. Drei Sommergeschichten“; zusammen mit „Im Saal“. Berlin: Alexander Duncker 1854 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 5, S. 243-256, mit der Datierung „Husum 1847“ 5. Gd 1, S. 477-483 / LL 1, S. 281-287 Martje Floris (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 540 (Nr. 534) 6. Eversberg 2005, S. 115 f.

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Meine Erinnerungen an Eduard Mörike (Autobiographisches) 1. 1876 2. „Meine Erinnerungen an Eduard Mörike“. In: Westermann’s Jahrbuch der Illustrirten­Deutschen Monatshefte 41 (1876/77), S. 384-392 (Januarheft) 4. Seit 1882 in den „Gesammelten Schriften“ (gekürzt), Bd. 14, S. 141-173, mit der Datierung „1876“ 5. Gd 4, S. 503-520 / LL 4, S. 470-487 Mettenwarf (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 65 (Nr. 70) 6. Eversberg 2005, S. 65 M. Solitaire (Besprechung) 1. 1878 2. „Hausbuch aus deutschen Dichtern seit Claudius“, 4. Aufl., Braunschweig 1878, S. 575 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 93/94 5. Gd 4, S. 618 / LL 4, S. 372 Niß Puk in der Luke (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 232 f. (Nr. 446) 6. Eversberg 2005, S. 110 Nu quam jem glad Niskepuks (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 320 f. (Nr. 433) 6. Eversberg 2005, S. 107-110 Pancratius halet sine Tüffelen wedder (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 123 (Nr. 159) 6. Eversberg 2005, S. 70 Peter Swyn (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 527 (Nr. 519) 6. Eversberg 2005, S. 115 Pole Poppenspäler (Novelle) 1. 1873/74 2. Deutsche Jugend Bd. 4 (1874). Hg. von Julius Lohmeyer, Leipzig, S. 129-143 u. S. 161-171 3. In: „Waldwinkel. Pole Poppenspäler. Novellen“. Braunschweig: Westermann 1875, S. 115-220 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 9, S. 1-106, mit der Datierung „1873/1874“ 5. Gd 2, S. 426-483 / LL 2, S. 164-220 156

6. Theodor Storm: Pole Poppenspäler. Text, Entstehungsgeschichte, Quellen, Schauplätzen, Abbildungen. Mit den Illustrationen des Erstdrucks von Carl Offterdinger. Hg. von Gerd Eversberg. Heide: Boyens 1996 Posthuma (Erzählung) 1. 1849 2. Sammelband: „Sommergeschichten und Lieder“. Berlin: Duncker 1851, S. 112117 3. „In der Sommer-Mondnacht“; zusammen mit „Auf dem Staatshof“, „Wenn die Äpfel reif sind“ und „Der kleine Häwelmann“. Berlin: Schindler 1860, und Berlin: Paetel 1881 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 5, S. 169-177, mit der Datierung „Husum 1849“ 5. Gd, S. 525-528 / LL 1, S. 329-332 Psyche (Novelle) 1. 1875 2. Deutsche Rundschau 5 (1875). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 1-22. 3. Sammelband: „Drei Novellen“ „Ein stiller Musikant“, „Psyche“, „Im Nachbarhause links“. Braunschweig: Westermann 1876, S. 61-124 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 10, S. 63-124, mit der Datierung „1875“ 5. Gd 2, S. 577-610 / LL 2, S. 312-345 Renate (Novelle) 1. 1878 2. Deutsche Rundschau 15 (1878). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 1-42 3. Im Sammelband: „Neue Novellen“ mit „Carsten Curator“. Berlin 1878, S. 1-108, und in „Vor Zeiten“; zusammen mit „Eekenhof“, „Zur Chronik von Grieshuus“, „Aquis submersus“ und „Ein Fest auf Haderslevhuus“. Berlin 1886, S. 207-302 4. Seit 1882 in den „Gesammelten Schriften“, Bd.12, S. 1-120, mit der Datierung „1877-1878“ 5. Gd 3, S. 75-141 / LL 2, S. 523-587 Rinder weisen die heilige Stätte (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 112 f. (Nr. 139) 6. Eversberg 2005, S. 66 f. Rungholt (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 130 f. (Nr. 173) 6. Eversberg 2005, S. 73 f. Schacken-Sage (Sage) 1. 1842-1843 2. Volksbuch 1844, S. 89; Müllenhoff, S. 50 (Nr. 52) 6. Eversberg 2005, S. 56

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Schneewittchen (Märchenszenen) 1. (1) 1845, (2) 1865 2. (1) Volksbuch 1846, S. 65-70, (2) Theodor Storm: Gedichte. 7., verm. Aufl. Berlin 1885, S. 219-221. 5. Gd 1, S. 309-318; LL 1, S. 108-114. Schweigen („Psychologische Novelle“) (Novelle) 1. 1882 2. Deutsche Rundschau 35 (1883). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 161-202 3. „Zwei Novellen. ‚Schweigen‘, ‚Hans und Heinz Kirch‘“. Wiederabgedruckt in: Kieler Zeitung, 26.2.-11.3.1885 4. Seit 1889 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 17, S.145-268, mit der Datierung „1882-1883“ 5. Gd 3, S. 446-514 / LL 3, S. 131-197 Se dohn sick wat to gude (Schwank) 1. 1844 2. Volksbuch 1846, S. 81-88 (in: Geschichten aus der Tonne) 3. Gd 1, S. 334-337; LL 4, S. 274-277. 6. Eversberg 2005, S. 15-18 Sie wollen ausziehen (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 316 (Nr. 427) 6. Eversberg 2005, S. 103/104 Sommergeschichten und Lieder (Vorwort) 1. 1851 2. Sommergeschichten und Lieder. Berlin: Duncker (Vorwort) 1851 4. Erster Wiederabdruck: „Nachträge“, Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. v. Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann (1913) Bd. 9, S. 78 5. Gd - / LL 4, S. 377 Späte Rosen (Novelle) 1. 1859 2. In: Argo Bd. 5 (1860). Hg. von Fr. Eggers, Th. Hosemann, B. Lepel, Breslau, S. 31-36 3. Drei Novellen. Berlin: Schindler 1861; zusammen mit „Drüben am Markt“ und „Veronika“; 2. Auflage: Berlin: Paetel 1878 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 2, S. 61-83, mit der Datierung „Heiligenstadt 1859“ 5. Gd 1, S. 624-635 / LL 1, S. 427-438 Stawedder bei Segeberg (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 120 (Nr. 152) 6. Eversberg 2005, S. 69 Steenbock (Sage) 1. 1842-1843 158

2. Müllenhoff, S. 265 (Nr. 175) 6. Eversberg 2005, S. 84 Sylter Novelle (Nicht ausgeführter Novellenentwurf) 1. 1887 2. Sylter Novelle. Ein unbekannter Novellenentwurf Theodor Storms. Hg. und kommentiert von Clifford Albrecht Bernd und Karl Ernst Laage. In: STSG 18 (1969), S. 41-53; ohne das Ende 3. LL 4, S. 294-297 (vollständig) Theodor Fontane (Besprechung) 1. 1855 2. Literaturblatt des Deutschen Kunstblattes 1855, S. 85-87 (18.10.1855) 4. Wiederabdruck: „Nachträge“. Nachtragsband zu Storms Sämtlichen Werken. Hg. von Fritz Böhme. Braunschweig u. Berlin: Westermann 1913, Bd. 9, S. 61-71 5. Gd 4, S. 604-613 / LL 4, S. 358-367 Thoms und der Niß (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 323 f. (Nr. 437) 6. Eversberg 2005, S. 109 f. Todesahnung vor der Schlacht (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 108-110 Traum des Herrn von Brenckenhof (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 81 f. Unheimliche Orte (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 236 f. (Nr. 342) 6. Eversberg 2005, S. 90 Unter dem Tannenbaum (Novelle) 1. 1862 2. Leipziger Illustrirte Zeitung, Nr. 1016 (20.12.1862), S. 443-447, aber ohne die Zeichnungen Pietschs 3. „Zwei Weihnachtsidyllen“; zusammen mit „Abseits“. Holzstiche nach Vorlagen von Ludwig Pietsch, illustriert von Otto Speckter und Ludwig Pietsch. Berlin: Schindler 1861. 2. Aufl.: ohne Illustrationen. Berlin: Paetel 1875. 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 3, S. 125-170, falsche Datierung „Heiligenstadt 1864“ 5. Gd 2, S. 124-149 / LL 1, S. 594-618 Untergang der Schackenburg (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 248 (Nr. 342) 6. Eversberg 2005, S. 92 159

Veronika („Im Beichtstuhl“, „In der Osterzeit“) (Novelle) 1. 1861 2. In dem Band „Drei Novellen“. Berlin: Schindler 1861, S. 3-28; zusammen mit „Späte Rosen“ und „Drüben am Markt“ 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 2, S. 177-204, mit der Datierung „Heiligenstadt 1861“ 5. Gd 1, S. 664-678 / LL 1, S. 466-479 Versprochene Rückkehr nach dem Tode (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 154 f. Viola Tricolor (Novelle) 1. 1872/73 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 35 (1874), S. 561-576 3. In: „Novellen und Gedenkblätter“; zusammen mit: „Beim Vetter Christian“, „Lena Wies“, „Von heut’ und ehedem“. Braunschweig: Westermann 1874, S. 1-60. Keine separate Ausgabe zur Zeit Storms 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 7, S. 79-140, mit der Datierung „1873“ 5. Gd 2, S. 393-425 / LL 2, S. 131-163 Von heut’ und ehedem („Auf der Reise“) „(In Urgroßvaters Haus, in Großvaters Haus, Staub und Plunder)“ (Autobiographisches) 1. 1873 2. Zerstreute Kapitel, in: Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 35 (1873/74), S. 75-83 3. Novellen und Gedenkblätter. Braunschweig: Westermann 1874, S. 139-200; zusammen mit „Viola tricolor“, „Beim Vetter Christian“ und „Lena Wies“ 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd.8, S. 77-137 5. Gd 4, S. 422-454 / LL 4, S. 186-217 Von Jenseit des Meeres (Novelle) 1. 1863/1864 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 17 (1864-1865). Braunschweig: Westermann, S. 337-359 3. Von jenseit des Meeres. Schleswig: Heiberg 1867; 2. Auflage: Berlin: Paetel 1872 Überarbeitet in: Novellen. Schleswig: Heiberg 1868; zusammen mit „In St. Jürgen“ und „Eine Malerarbeit“ 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 4, S. 1-84, mit der Datierung „Heiligenstadt und Husum 1863 und 1864“ 5. Gd 2, S. 181-225 / LL 1, S. 649-693 Von Kindern und Katzen, und wie sie Nine begruben. Ein Gedenkblatt (Auto­ biographisches) 1. 1876 2. Deutsche Jugend. Hg. Westermann 9 (1877), S. 20-23 4. Schriften (1877), Bd. 8, S. 153-167; an den Schluss der „Zerstreuten Kapitel“ gestellt, mit der Datierung „1876“ 5. Gd 4, S. 462-269 / LL 4, S. 225-231 160

Vor dem jüngsten Gericht (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 250 (Nr. 344) 6. Eversberg 2005, S. 94 Waldwinkel („Im Narrenkasten“) (Novelle) 1. 1874 2. Deutsche Rundschau 1 (1874). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 94-131 3. Sammelband: „Waldwinkel“; zusammen mit „Pole Poppenspäler“. Braunschweig: Westermann 1875, S. 1-111 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 9, mit der Datierung „1874“ 5. Gd 2, S. 484-543 / LL 2, S. 221-279 Was der Tag gibt (Tagebuchaufzeichnungen) 1. 1881-1883 5. Gd - / LL 4, S. 510-533 Wenn die Äpfel reif sind (Erzählung) 1. Frühjahr 1856 2. Argo. Album für Kunst und Dichtung Bd. 2 (1857). Hg. von Friedrich Eggers, Theodor Hosemann, Franz Kugler, Breslau, S. 17-18 3. Aufgenommen in die Sammlung: „In der Sommer-Mondnacht“. Berlin: Schindler 1860 4. Seit 1868 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 5, S. 179-190, mit der Datierung „Potsdam 1856“ 5. Gd 1, S. 582-587 / LL 1, S. 386-391. Weshalb sie den Nachtwächter nicht begraben wollten (Auch eine Dorfgeschichte) (Schwank) 1. 1847 2. Volksbuch 1849, S. 55 f. 3. Fritz Böhme, Bd. 8, S. 206-208 5. LL 4, S. 281-282 6. Eversberg 2005, S. 48 f. Wie den alten Husumern der Teufel und der Henker zu schaffen gemacht (kulturhistorische Skizze) 1. 1871 2. Als Teil der Zerstreuten Kapitel, in: Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 31 (1871/72), S. 465-479 3. Nachträge: „Kulturhistorische Skizzen“ 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“ 5. Gd, Bd. S. / LL 4, S. 232-262 Wie wird man Schriftsteller von Beruf? (Autobiographisches) 1. 1887 2. „Wie wird man Schriftsteller von Beruf?“. In: LL (1988) 4, S. 469/70 Wir ziehen um (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 335 (Nr. 449) 6. Eversberg 2005, S. 113 161

Woher die großen Fluthen kommen (Sage) 1. 1842-1843 2. Müllenhoff, S. 129 (Nr. 170) 6. Eversberg 2005, S. 72/73 Zerstreute Kapitel (Aus der grauen Stadt am Meer. Zerstreute Capitel von Th. Storm) – Der Amtschirurgus – Heimkehr (kulturhistorische Skizze) 1. 1870 2. Westermanns Illustrierte Deutsche Monatshefte 29 (Okt. 1870-März 1871), S. 487-494 3. Berlin: Paetel 1873, S. 1-29; zusammen mit „Gedichten“ (aus den J. 18711872), „Eine Halligfahrt“, „Die neuen Fiedellieder“, „Draußen im Heidedorf“ und „Zwei Kuchenesser der alten Zeit“; 2. Auflage 1875 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 8, S. 25-54, mit der Datierung „1870“ 5. Gd 4, S. 395-410 / LL 4, S. 159-174 Zur Chronik von Grieshuus („Romantische Novelle“) (Novelle) 1. 1882 2. Westermann’s Illustrirte Deutsche Monatshefte 57 (1884/85). Braunschweig: Westermann, S. 1-24 3. „Zur Chronik von Grieshuus“. Berlin 1884; im Sammelband „Vor Zeiten“; zusammen mit „Renate“, „Eekenhof“, „Aquis submersus“ und „Ein Fest auf Haderslevhuus“. Berlin 1886, S. 65-205 4. Seit 1889 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 16, S. 1-177, mit der Datierung „1883-1884“ 5. Gd 2, S. 515-613 / LL 3, S. 198-293 „Zur Wald- und Wasserfreude“ („Die Tochter aus der „Wald- und Wasserfreude“) (Novelle) 1. 1878 2. Deutsche Rundschau 18 (1879). Hg. von Julius Rodenberg, Berlin, S. 331-368. 3. „Zur Wald- und Wasserfreude“. Berlin 1880, S. 129-228; sowie als Sammelband in „Drei Novellen“; zusammen mit „Eekenhof“ und „Im Brauer-Hause“. Berlin 1880 4. Seit 1882 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 13, S. 81-188, mit der Datierung „1878“ 5. Gd 3, S. 142-201 / LL 2, S. 588-646 Zwei Kuchenesser der alten Zeit (in: Zerstreute Kapitel) (Kulturhistorische Skizze) 1. 1871 2. Westermanns Illustrirte Monatshefte 31 (Okt. 1871/72). Braunschweig: Wester­ mann, S. 78-81 3. In: „Zerstreute Kapitel“. Berlin: Paetel 1873, S. 175-188 4. Seit 1877 in den „Gesammelten Schriften“, Bd. 8, S. 139-152, mit der Datierung „1871“ 5. Gd 4, S. 455-461 / LL 4, S. 218 Zwei merkwürdige Träume (Spukgeschichte) 1. 1842-1848 2. Laage 1991, S. 158-162 162

Storm-Bibliographie Zusammengestellt von Elke Jacobsen, Husum Nachträge zu den Jahren 1901-2005 Bauer, Gisela: Husum. Eine Liebeserklärung. (Gedichte u. Fotos.) (Darin: Die Stadt.) (Geschenk v. d. Verf.) Bergfeld, Ernst: Der immergrüne Garten. Roman e. Jugend. Braunschweig: Appelhans 1950. 366 S. (Th. Storm mehrfach erwähnt.) (Geschenk v. Herrn W. Jokschus, Husum.) Bontrup, Hiltrud: Mit der Moderne gehen. Mode in Erzähltexten d. 19. Jh.: Mörike, Stifter, Keller, Storm. 1. Aufl. Berlin: ed. Ebersbach 2004. (Zugl. Diss. Univ. Münster 2003.) (S. 183-220: 7: Schichten, Kombinieren, Zitieren [über „Auf der Universität“].) Dichter und Dichterinnen aus Schleswig-Holstein. Dokumentation eines Unterrichtsprojekts der Klasse Untersekunda L der Hermann-Tast-Schule, Husum. Eine Referatesammlung. Erarb. v. Schülerinnen u. Schülern d. Klasse U II L (10. Schuljahr) d. Hermann-Tast-Schule, Husum unter Leitung u. Anleitung v. Klaus-H. Evers. (1998.) 106 S. (Masch.-schr.) Ill. (Th. Storm S. 46-49.) Küng, Peter: „Ein schönes Weib ist doch auch nur ein schönes Raubtier.“ Männliche Angstphantasien u. Imaginationsangebote in Theodor Storms Novellen. (Lizentiatsarb.) Zürich 2005. 125 S. (Masch.-schr.) (Geschenk v. Verf.) Loewenberg, Jakob (Hg.): Vom goldnen Überfluß. Eine Ausw. aus neuern dt. Dichtern f. Schule u. Haus. Im Auftr. u. unter Mitwirkung d. literar. Ausschusses d. Hamburger Lehrervereinigung z. Pflege d. künstler. Bildung hg. v. Jakob Loewenberg. 248.-252. Tsd. Leipzig: Voigtländer (1927?) 375 S. (Th. Storm S. 76-94.) (Geschenk v. Frau Susott, Husum.) McKinnon, Helen: The role of music in the „novellen“ of Theodor Storm. (Diss.) Sydney 2005. X, 299, VI S.; Noten. (Enthält folgende Noten: Storm, Th.: Ein Lied, welches der Herr Magister Antonius Wanst sang ... Storm, Th.: Das Jägermädchen. Emmerich, Robert: Meine Mutter hat‘s gewollt (= Elisabeth). Franz, Robert: Ach, wär‘ es nie geschehen! (= Elisabeth).) (Geschenk v. d. Verf.) Sachau, Birger: Individual psychology in the teaching of foreign language and literature: a new approach in foreign language pedagogy and an Adlerian interpretation of selected works by Theodor Storm. (Diss.) Pennsylvania State Univ. 2004. XII, 403 S. (Masch.-schr.) (Geschenk v. Verf.) Salmen, Walter: Geschichte u. Profile e. Berufes v. 14. bis zum 19. Jh. Mit e. Anh. „Der Tanzmeister in d. Literatur“. Hildesheim, Zürich, New York: Olms 1997. 319 S. Ill. (S. 263-70: Auszug aus „Auf der Universität“.) (Geschenk v. Verf.) Steensen, Thomas: Im Zeichen einer neuen Zeit. Nordfriesland 1800 bis 1918. 3., völlig neu bearb. u. erg. Aufl. Bredstedt: Nordfriisk Inst. 2005. 224 S. Ill. (Geschichte Nordfrieslands. Neuausg. 4.) (Nordfriisk Instituut. 184.) (Über Th. Storm S. 178-80.) 163

Storm, Theodor: Ausgewählte Novellen. Ill. v. Wilhelm M. Busch, Liesel Lauterborn, H. Scheffler, Otto Ubbelohde, Karl Wernicke, Hans Wingenbach, C. Ziesmer. Berlin: Neues Leben 1987. 767 S. Ill. (Geschenk v. Herrn W. Jokschus, Husum.) Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Gesprochen v. Karlheinz Gabor. [Wien:] Hoerbuch.cc 2005. 4 CDs. Zimmer, Fritz Alfred: Theodor Storm. [Gedicht.] In: Westermanns Monatshefte. Geleitet v. Friedrich Düsel. 61 (August 1917) 12 (= 122.II), S. 778. (Geschenk v. Frau Susann Weimar, Husum.) Zobeltitz, Hanns v.: Vierzig Lebensbilder deutscher Männer aus neuerer Zeit. 2., verm. u. umgearb. Aufl. Mit 40 Bildnissen. Bielefeld u. Leipzig: Velhagen u. Klasing 1901. VIII, 568 S. Ill. (Über Th. Storm S. 266-79.) (Geschenk v. Herrn Klaus Klein, Langenfeld/Rhld.)

Neuerscheinungen 2006-2007 I. Werke, Übersetzungen, Briefe Deutschbuch 9. Sprach- und Lesebuch. Gymnasium Bayern. Hg. v. Wilhelm Matthiessen, Bernd Schurf u. Wieland Zirbs. Erarb. v. Johann Anetzberger [u. a.] 1. Aufl. Berlin: Cornelsen 2007. 383 S. Ill. (S. 177-80: Auszug aus „Hans und Heinz Kirch“.) Doppel-Klick. Das Sprach- und Lesebuch 5. Ausg. Südwest. Hg. v. Werner Bentin, Renate Krull u. Martin Plieninger. Erarb. v. Benildis Andris u. a. 1. Aufl. Berlin: Cornelsen 2007. 320 S. Ill. (Darin v. Th. Storm: Die Stadt, S. 110; Liegt eine Zeit zurück, S. 111.) Drescher, Daniela (Ill.): Die Regentrude. Nach e. Erzählung v. Theodor Storm. Textbearb.: Frank Berger. Stuttgart: Urachhaus 2007. O. Pag. Überw. Ill. (Geschenk v. Herrn Hinrich Tramm, Ahrensburg.) Eversberg, Gerd: Drei Kinderbriefe von Theodor Storm. In: Mitteilungen aus dem Storm-Haus. (2007) 20, S. 7-10. Faks. (Storm an seine Urgroßmutter Elsabe Feddersen, Husum, 1.1.1827, S. 8; Storm an seine Großmutter Magdalena Woldsen, Husum, 1.1.1828 u. Dezember 1828, S. 9.) Hillenbrand, Rainer: Ein Brief von Hans Hoffmann an Theodor Storm. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 187/88. Laage, Karl Ernst: Die früheste briefliche Nachricht über den „kleinen“ Theodor Storm (mit einem bisher unbekannten Brief aus dem Jahre 1818). In: Laage, Karl Ernst: Theodor Storm. Neue Dokumente, neue Perspektiven. Berlin: Schmidt 2007. S. 27-30. (Mit Abdr. e. Br. v. Elsabe Woldsen an ihre Mutter Magdalena Woldsen, wahrscheinlich Segeberg, 27.6.1818.) Laage, Karl Ernst: Theodor Storm. Neue Dokumente, neue Perspektiven. Mit 35 unveröff. Briefen. Berlin: E. Schmidt 2007. 139 S. Ill. (Husumer Beiträge zur Storm-Forschung. 6.) Laage, Karl Ernst: Theodor Storms Gedicht-Zyklus „Ein Buch der rothen Rose“. Kommentierter Erstdr. nach d. Hs. v. 1848. In: Laage, Karl Ernst: Theodor Storm. Neue Dokumente, neue Perspektiven. Berlin: Schmidt 2007. S. 9-17. Faks. Laage, Karl Ernst: Zur Entstehungsgeschichte und zur Bedeutung von Theodor Storms Gedicht „Abseits“. In: Laage, Karl Ernst: Theodor Storm. Neue Do164

kumente, neue Perspektiven. Berlin: Schmidt 2007. S. 19-26. Faks. (Mit Abdr. e. Pk. v. Th. Storm an H. Kehr, Grube, 14.6.1887.) Martens, Peter (Hg.): Plattdüütsch güstern un hüüt. Plattdeutsch gestern und heute. Beispiele zur Geschichte u. Vielfalt niederdt. Literatur aus 12 Jh. 1. Aufl. Neumünster: Wachholtz 2007. 479 S. Ill.; Kt. (Plattdüütsch leevt nich bloots Hoochdüütsch. Darlegungen mit Text-Beispielen. II.) (Edition Fehrs-Gilde.) (Darin v. Th. Storm: Gode Nacht, S. 355; An Klaus Groth, S. 357. Mit Wort-Erklärungen auf der jeweils vorangehenden Seite.) Storm, Lucie: Brief an Theodor und Constanze Storm. Anfang Januar 1858. In: Fasold, Regina: Zum unveröffentlichten Familienbriefwechsel Theodor Storms. Der Fall d. „Briefe in d. Heimat“. In: Schriften der Theodor-StormGesellschaft. 56 (2007), S. 58/59. Storm, Theodor: Brief an seine Eltern Johann Casimir und Lucie Storm. Heiligenstadt, 30.6.1858. In: Fasold, Regina: Zum unveröffentlichten Familienbriefwechsel Theodor Storms. Der Fall d. „Briefe in d. Heimat“. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 54/55. (Der Aufsatz enthält Auszüge aus weiteren Briefen an die Eltern.) Storm, Theodor: Der kleine Häwelmann. Mit Ill. v. Henriette Sauvant. 1. Aufl. Berlin: Aufbau-Verl. 2006. 30 S. Zahlr. Ill. Storm, Theodor: Der kleine Häwelmann. Ein Märchen. Geschrieben u. ill. v. Karl-Hans Bachmann. 2007. 11 S. (Handgeschrieben u. -ill.) (Geschenk v. Ill.) Storm, Theodor: Der Schimmelreiter und andere Novellen. Wiesbaden: Marix Verl. 2007. 478 S. Storm, Theodor: Gedichte. Hg. v. Gerd Eversberg. Heide: Boyens 2007. 232 S. Storm, Theodor: Theodor Storm - Ernst Storm. Briefwechsel. Krit. Ausg. Hg. v. David A. Jackson. Berlin: E. Schmidt 2007. 449 S. (Storm-Briefwechsel. 17.) II. Sekundärliteratur Berbig, Roland: „Ich genehmige. Westermann“. Theodor Storms Briefwechsel mit d. Verl. Westermann - e. Editionsdesiderat? In: Schriften der TheodorStorm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 63-72. Böttger, Till: Fritz Böttger und Otto Th. W. Stein unterhalten sich über Kurt Hiller. In: Schriften der Kurt Hiller Gesellschaft. Fürth. (2007) 3, S. 174-223. (Enthält Bemerkungen über Storm und über Böttgers Buch „Theodor Storm in seiner Zeit“.) (Geschenk v. Verf.) Deupmann, Christoph: Verdichtetes Schweigen. Paradoxien d. unterdrückten Rede in e. späten Novelle Theodor Storms. In: Schriften der Theodor-StormGesellschaft. 56 (2007), S. 149-62. Eggert, Sybille: „Weißt Du etwas von Herm. Schnee?“ Neue Materialien zur Beziehung zwischen Theodor Storm u. d. Landschaftsmaler Hermann Schnee. In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt. 13 (2007), S. 90-100. Ill. Eversberg, Annette: Daten über Vergangenes. Die Quelle aus d. Sicht d. Historikers. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 29-36. Eversberg, Gerd: „Bürgers trunkene Liebesphantasie“. Theodor Storm u. Gottfried August Bürger. In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt. 13 (2007), S. 29-61. Eversberg, Gerd: Das Theodor-Storm-Archiv mit seinen Sammlungen und die Bedeutung der Quellenforschung für eine moderne Darstellung von Biogra165

phie und Werk Theodor Storms. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 23-28. Eversberg, Gerd: Drei Kinderbriefe von Theodor Storm. In: Mitteilungen aus dem Storm-Haus. (2007) 20, S. 7-10. Faks. (Storm an seine Urgroßmutter Elsabe Feddersen, Husum, 1.1.1827; Storm an seine Großmutter Magdalena Woldsen, Husum, 1.1.1828 u. Dezember 1828.) Eversberg, Gerd: Mise en Scène, Einstellungsgrößen, Montage. Elemente „filmischen Schreibens“ bei Theodor Storm. In: Hickethier, Knut u. Katja Schumann (Hg.): Die schönen und die nützlichen Künste. Literatur, Technik u. Medien seit d. Aufklärung. München: Fink 2007. S. 123-33. Eversberg, Gerd: Storm-Forschung und Storm-Gesellschaft. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 203-10. Eversberg, Gerd: Theodor Storm arbeitet mit Quellen. In: Schriften der TheodorStorm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 113-27. Fasold, Regina: „... Gegangen zum entlegnen Waldesgrund ...“ Naturwahrnehmungen Theodor Storms aus literaturpsycholog. Sicht. Anlässl. e. Ausstellung zu d. Stormtagen 2006 mit Fotografien v. Werner Löwe. In: StormBlätter aus Heiligenstadt. 13 (2007), S. 74-83. Ill. Fasold, Regina: Laudatio anlässlich der Verleihung des Theodor-Storm-Preises der Stadt Husum an Dr. Malte Stein am 16. Juni 2006. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 13-19. Fasold, Regina: Zum unveröffentlichten Familienbriefwechsel Theodor Storms. Der Fall d. „Briefe in d. Heimat“. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 53-62. Goldammer, Peter: Theodor Storm über Adalbert Stifter. Urteile im Kontext d. Stifter-Rezeption. In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt. 13 (2007), S. 62-73. Goldammer, Peter: Theodor Storms Briefe: „eine wichtige Ergänzung zu seinem poetischen Werk“. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 109-12. Jackson, David: Theodor Storms Briefwechsel mit seinem Sohn Ernst. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 45-52. Jacobsen, Elke: Storm-Bibliographie. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 189-201. Jaritz, Gerhard: Zu den Verdiensten des Eichsfelders Wilhelm Kolbe um die Erinnerung an Theodor Storm in Heiligenstadt. In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt. 13 (2007), S. 113-15. Kochte, Eckhard u. Klaus-Peter Möller: Der Schimmelreiter. Ein Hörspielprojekt im Literaturunterricht. In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt. 13 (2007), S. 116-22. Krah, Hans: Die „Realität“ des Realismus. Grundlegendes am Beispiel v. Theodor Storms „Aquis submersus“. In: Wünsch, Marianne: Realismus (1850-1890). Kiel: Ludwig 2007. S.61-90. Küchmeister, Kornelia: Rückblick und Ausblick. Briefeditionen aus Theodor Storms Nachlass in d. Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek in Kiel. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 37-44. Tab.; graph. Darst. Kürtz, Jutta: Husum gestern und heute. Fotografien v. Günter u. Roland Pump. Husum: Husum Druck- u. Verlagsges. 2007. 63 S. Zahlr. Ill. (Schönes Schleswig-Holstein. Kultur. Geschichte. Natur.) Kulturstiftung der Länder: Tätigkeitsbericht VI 2004-2006. Berlin 2007. 199 S. Zahlr. Ill. (S. 78: Ein Konvolut aus dem Nachlaß von Theodor Storm. S. 79: Skizze zu „Der Schimmelreiter“ [1 S. Faks.]) 166

Laage, Karl Ernst: Die früheste briefliche Nachricht über den „kleinen“ Theodor Storm (mit einem bisher unbekannten Brief aus dem Jahre 1818). In: Laage, Karl Ernst: Theodor Storm. Neue Dokumente, neue Perspektiven. Berlin: Schmidt 2007. S. 27-30. (Mit Abdr. e. Br. v. Elsabe Woldsen an ihre Mutter Magdalena Woldsen, wahrscheinlich Segeberg, 27.6.1818.) Laage, Karl Ernst: Theodor Storm. Leben u. Werk. 8., erw. u. überarb. Aufl. Husum: Husum Druck- u. Verlagsges. 2007. 118 S. Ill. (Husum Taschenbuch.) Laage, Karl Ernst: Theodor Storm. Neue Dokumente, neue Perspektiven. Mit 35 unveröff. Briefen. Berlin: E. Schmidt 2007. 139 S. Ill. (Husumer Beiträge zur Storm-Forschung. 6.) Laage, Karl Ernst: Theodor Storm in der russischen „Kolonie Alexandrowka“. In: Mitteilungen aus dem Storm-Haus. (2007) 20, S. 17-19. Ill. Laage, Karl Ernst: Theodor Storm und der „Schobüller Berg“. In: Schobüller Dörpsblatt. 19 (2007) 2. Ill. (Darin über „Auf dem hohen Küstensande“ u. „Immensee (Aus diesen Blättern...)“. Laage, Karl Ernst: Zu den Briefeditionen Stormscher Briefe durch die TheodorStorm-Gesellschaft. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 107/08. Laage, Karl Ernst: Zur Entstehungsgeschichte und zur Bedeutung von Theodor Storms Gedicht „Abseits“. In: Laage, Karl Ernst: Theodor Storm. Neue Dokumente, neue Perspektiven. Berlin: Schmidt 2007. S. 19-26. Faks. (Mit Abdr. e. Pk. v. Th. Storm an H. Kehr, Grube, 14.6.1887.) Mitteilungen aus dem Storm-Haus 20. Hg.: Theodor-Storm-Gesellschaft, Husum. Gerd Eversberg, Rosemarie Baier-Held. Heide 2007. 27 S. Ill.; Faks. Morgenthaler, Walter: Die Historisch-Kritische Gottfried Keller-Ausgabe (HKKA). Zur Ed. d. Gedichte. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 95-106. Faks.; Tab.; graph. Darst. Neumann, Christian: Eine andere Geschichte vom Schimmelreiter. Der Subtext d. Deichnovelle Theodor Storms aus literaturpsycholog. Perspektive. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 129-48. Neumann, Christian: „Fallen Sie nicht, Mamsell!“ Verhinderte Ehen in Theodor Storms Heiligenstädter Novellen „Drüben am Markt“ u. „Abseits“. In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt. 13 (2007), S. 6-28. Nicolaisen, Dörte: Von Husum nach Hadersleben. Die Malerin Charlotte von Krogh (1827-1913). Mit Beitr. v. Bärbel Manitz u. Hans Schultz Hansen. Hg. v. Museum Sønderjylland - Arkæologi Haderslev, Museumsverbund Nordfriesland u. Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, Kiel. 2007. 159 S. Ill. (Auch Th. Storm erwähnt.) Nicolaisen, Dörte: Von Husum nach Hadersleben. Die Malerin Charlotte v. Krogh. In: Nordfriesland. (2007) 160, S. 18-21. Ill. (Auch Th. Storm erwähnt.) Pingel, Fiete u. Thomas Steensen (Hg.): Städte in den Frieslanden. Beiträge v. 5. Historiker-Treffen d. Nordfriisk Inst. Bredstedt: Nordfriisk Inst. 2006. 92 S. Ill.; Kt. (Nordfriisk Instituut. 188.) (Husum S. 88.) Radecke, Gabriele: Der Briefwechsel zwischen Theodor Storm und Theodor Fontane. Methodische Überlegungen zu e. krit. Neuedition. In: Schriften der Theodor-Storm- Gesellschaft. 56 (2007), S. 73-79. Schleswig-Holstein. Kultur & Freizeit zwischen den Meeren. Schleswig-Holstein entdecken - d. schönsten Ausflugsziele u. Routen. Museen. Schlösser. Theater. Kirchen. Gärten. Tier- u. Freizeitparks. Kulturrouten. 1. Aufl. München: Travel House Media 2007. 157 S. Zahlr. Ill.; Kt. (Merian guide.) (Theodor-Storm-Zentrum S. 53.) 167

Schmidt, Ekkehard: Die Einbeziehung der Natur im Werk von Theodor Storm am Beispiel des Gedichtes „Meeresstrand“ am Hattstedter Koog. Ein Beitr. zur Erforschung seiner Vorarbeit zum „Schimmelreiter“. In: Natur- und Landeskunde. Zeitschrift für Schleswig-Holstein, Hamburg u. Mecklenburg. 114 (2007) 4-6, S. 57-72. (Sonderdr.) (Geschenk v. Verf.) Scholl, Joachim: Deutsche Schriftsteller. Von Grimmelshausen bis Grass. Dargest. v. Joachim Scholl unter Mitarb. v. Klaus Binder. Hildesheim: Gerstenberg-Verl. 2007. 255 S. Ill. (50 Klassiker.) (Über Th. Storm S. 88-91.) Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. Im Auftr. d. Theodor-Storm-Ges. hg. v. Gerd Eversberg, Regina Fasold u. Gabriele Radecke. Bd. 56 (2007). Heide: Boyens 2007. 229 S. Faks.; graph. Darst.; Tab. Severin, Anne: Theodor Storm und der Heiligenstädter Iberg. In: Storm-Blätter aus Heiligenstadt. 13 (2007), S. 101-12. Ill. Stein, Malte: Danksagung aus Anlass der Verleihung des Theodor-Storm-Preises der Stadt Husum. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 21/22. Stein, Malte: Theodor Storm: „Geh nicht hinein“. In: Schönert, Jörg u. Peter Hühn u. Malte Stein: Lyrik und Narratologie. Text-Analysen zu deutschsprachig. Gedichten v. 16. bis zum 20. Jh. Berlin, New York: de Gruyter 2007. S. 159-74. Storm-Blätter aus Heiligenstadt. Hg. Heilbad Heiligenstadt, Literaturmuseum „Theodor Storm“. Redaktion: Regina Fasold. Heiligenstadt. 13 (2007). 131 S. Ill. Tateo, Giovanni: Die Inszenierung des Worts. Zum Verhältnis v. Oralität u. Schriftlichkeit in d. Rahmennovellen Theodor Storms. In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft. 56 (2007), S. 163-86. Wülfing, Wulf: „Luft ist kein leerer Wahn“. Theodor Fontane u. d. Berliner Luft als Metapher f. d. polit.-gesellschaftl. Klima im nachmärzl. Preußen; unter besonderer Berücksichtigung d. Briefwechsels mit Theodor Storm im Jahre 1853. In: Formen der Wirklichkeitserfassung nach 1848. Bd. 1. Hg. v. Helmut Koopmann u. a. Bielefeld 2003. S. 167-88. Wünsch, Marianne: Experimente Storms an den Grenzen des Realismus: Neue Realitäten in „Schweigen“ und „Ein Bekenntnis“. In: Wünsch, Marianne: Realismus (1850-1890). Kiel: Ludwig 2007. S. 297-312. Wünsch, Marianne: Konzeptionen der „Person“ und ihrer „Psyche“ in der Literatur der „Goethezeit“ bis zum „frühen Realismus“. In: Wünsch, Marianne: Realismus (1850-1890). Kiel: Ludwig 2007. S. 121-51. (S. 135-39 über „Immensee“.) Wünsch, Marianne: Leben im Zeichen des Todes. Zu Theodor Storms Lyrik. In: Wünsch, Marianne: Realismus (1850-1890). Kiel: Ludwig 2007. S. 213-32. Wünsch, Marianne: Realismus (1850-1890). Zugänge zu e. literar. Epoche. Mit Beitr. v. Jan-Oliver Decker, Peter Klimczak, Hans Krah u. Martin Nies. Kiel: Ludwig 2007. 400 S. (LIMES - Literatur- und Medienwissenschaftliche Studien - Kiel 7.) Wünsch, Marianne: „Tod“ in der Erzählliteratur des „Realismus“. In: Wünsch, Marianne: Realismus (1850-1890). Kiel: Ludwig 2007. S. 233-48. Wünsch, Marianne: Vom späten „Realismus“ zur „Frühen Moderne“: Modell eines literarischen Strukturwandels. In: Wünsch, Marianne: Realismus (1850-1890). Kiel: Ludwig 2007. S. 337-59. (U. a. Th. Storm als Beispiel erwähnt.) 168

III. Sekundärliteratur (Examensarbeiten u. ä., außer Diss.) Biesalski, Verena: Literaturtourismus am Beispiel von Husum und Theodor Storm. (Hausarb. ... 1. Staatsprüfung f. d. Lehramt...) Göttingen 2007. V, 91 S. (Masch.-schr.) Ill.; Tab.; gaph. Darst. (Geschenk v. d. Verf.) Busch, Nadine: Von „Menschentragik und wildem Naturgeheimnis“ - der Mensch im Kampf mit dem Meer: biographischer Kontext, Mythos und Aberglaube in Theodor Storms „Der Schimmelreiter“. (Magisterarb.) Bielefeld 2007. 95, VII S. (Masch.-schr.) (Geschenk v. d. Verf.) Dries, Melanie: Der poetische Realismus in der Novellistik Theodor Storms. (Wiss. Arbeit zur Erlangung d. Lehrbefähigung ...) Saarbrücken 2007. 114 S. Ill. (Masch.-schr.) (Geschenk v. d. Verf.) Scheible, Erich: Waiblingen in der lyrischen Novelle von Theodor Storm „Es waren zwei Königskinder“. (Manuskript.) 35 S. (Eine verkürzte Form dieses Aufsatzes war Gegenstand e. unter denselben Titel gestellten Vortrags im Heimatverein am 18. Juni 2003.) (Geschenk v. Verf.) IV. Film, Fernsehen, Kassetten, CD-ROM u. ä. ALG, Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten e. V.: Literatur vor Ort. Literarische Gesellschaften, Museen und Gedenkstätten. Berlin: Directmedia Publ. 2006. CD-ROM + Beil. (31 S.) Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Novelle (1888). Sorgsam gekürzte Hörfassung. Erzählt v. Henning Westphal. Schleswig: Schleswiger Druck u. Verlagshaus 2006. 3 CDs. (SDV Hörbücher.) (Geschenk v. Herrn Walter Zimorski, Oberhausen.) Storm, Theodor: Ein Bekenntnis. Novelle (1887). Sorgsam gekürzte Hörfassung. Erzählt v. Henning Westphal. Schleswig: Schleswiger Druck u. Verlagshaus 2006. 2 CDs. (SDV Hörbücher.) (Geschenk v. Verl.)

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Storm-Forschung und Storm-Gesellschaft Von Gerd Eversberg I. Storm-Archiv Im Storm-Archiv wurde an der Sichtung und Auswertung des Nachlasses von Gertrud Storm und den Handschriften aus dem bedeutenden Ankauf aus dem Nachlass Ernst Storm gearbeitet. Schwerpunkt der Arbeit war die Vorbereitung der neuen „Schimmelreiter“-Ausstellung in den beiden freien Räumen des Museums; dafür wurden aus Spendenmitteln Vitrinen angeschafft und der Schreibprozess Storms mit seinen historischen und lokalen Voraussetzungen erforscht. Die Mitarbeiter des Archivs gaben vielfältige Auskünfte zu Theodor Storm und seiner Welt; die Einrichtung wurde von 35 Besuchern für wissenschaftliche Arbeiten genutzt, bzw. zu Informationszwecken besucht. Durch großzügige Spenden von Herrn und Frau Auvermann konnten einige Bücher aus dem Storm-Archiv restauriert werden; außerdem schenkte uns Herr Auvermann Literatur für das Storm-Archiv. An folgenden Publikationen wurde im Jahre 2006/07 gearbeitet: „Mitteilungen aus dem Storm-Haus“ 2007 und „Schriften der Theodor-StormGesellschaft“ Nr. 56/2007; es handelt sich um den umfangreichsten Band, der je in der Reihe erschienen ist. Er enthält die Beiträge unserer Tagung „Das Literatur-Archiv – Sammlungen und Perspektiven der Forschung“. Herausgeber sind diesmal neben dem Sekretär unser Präsidiumsmitglied Frau Dr. Regina Fasold, die Leiterin des Storm-Museums in Heiligenstadt, und Frau Dr. Gabriele Radecke aus München. Am 9. Mai wurde das neue Buch „Theodor Storm: Gedichte“, hg. von Gerd Eversberg, Boyens Buchverlag 2007, im Storm-Haus vorgestellt. Am 11. Juli stellte Prof. Laage einen neuen Band in der Reihe „Husumer Beiträge zur Storm-Forschung“ (Bd. 6) mit dem Titel „Theodor Storm - Neue Dokumente, neue Perspektiven. Mit 35 unveröffentlichten Briefen“, Berlin: Erich Schmidt 2007, vor; er wurde durch die Storm-Gesellschaft mit € 4.500,– (davon € 1.000,– Spende) finanziert. Betreut wurden die Arbeiten am Briefwechsel zwischen Theodor Storm und seinem Sohn Ernst, der von Prof. Dr. David Jackson (Cardiff, Wales) anlässlich der Storm-Tagung vorgestellt wurde. Auch dieser Band wurde durch die Storm-Gesellschaft mit € 5.500,– finanziert. Außerdem hat Herr Prof. Laage Mitte August ein weiteres Buch im Boyens Verlag vorgelegt: „Im Bann der Insel. 150 Jahre Badeinsel Sylt im Spiegel von Dichtung und Malerei“.

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Neuerwerbungen des Storm-Archivs 1. Handschriften und Fotokopien von Handschriften a) Handschriften Gedichte Jensen, W(ilhelm): Aus dem sechzehnten Jahrhundert. Culturhistorische Novellen. Bielefeld u. Leipzig: Velhagen u. Klasing 1877. 374 S. Ill. (Mit hs. Gedicht [Laß in die „graue Stadt am Meer“ ...] v. Wilhelm [u. Marie] Jensen, Weihnacht 1876.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Dokumente Brahm, Otto: Heinrich von Kleist. Berlin: Allg. Verein für Dt. Literatur 1884. 391 S. (Mit hs. Widmung v. Th. Storm: „Ernst Storm zum Weihnachten 1884.“) (Nachlass Ernst Storm.) Bremer, Frederike: Das Haus, oder Familiensorgen und Familienfreuden. Aus d. Schwed. 6. Aufl. 1. Th. 2. Th. Leipzig: Brockhaus 1864. 2 Bde. (in 1 Bd. geb.) (Bremer, Frederike: Gesammelte Schriften. 2. Bd.) (Mit hs. Widmung: „Meiner lieben Lisbeth zur Erinnerung an Großmama. Husum Weihnachten 1896“.) (Nachlass Ernst Storm.) Deutsches Künstleralbum. Mit Beiträgen lebender Künstler und Dichter. Bd. VIII. Hg. v. Ernst Scherenberg. Düsseldorf: Breidenbach 1875. 101 S. + Abb.-Teil. (Darin v. Th. Storm: Sprüche des Alten. Ritornelle. S. 68.) (Hs.: „Do Storm Weihnachtabend 1874.“) (Nachlass Ernst Storm.) Edward in Rom. Eine Novelle in neun Büchern. 1. u. 2. Bändchen (in 1 Bd. geb.) Breslau: Max 1840. 2 Bde. (in 1 Bd. geb.) (Darin Zettel mit hs. Notizen Storms: Buchtitel v. M. Solitaire.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Heiberg, Hermann: Die goldene Schlange. Leipzig: Friedrich o. J. 360 S. (Heiberg, Hermann: Ernsthafte Geschichten. 2. Bd.) (Mit hs. Widmung: „Dem größten lebenden Poeten Deutschlands: Herrn Th. Storm vom Verfaßer 12/2 84-“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Hoffmeister, Karl: Schiller‘s Leben, Geistesentwickelung und Werke im Zusammenhang. 1.-5. Th. Stuttgart: Balz 1838-42. 5 Bde. (Supplement zu Schiller‘s Werken. 1-5.) (Im 1. Bd. hs. Widmung: „Zum 14 Sept 1842 von Mommsen“; außerdem beiliegend 2 Zeitungsausschnitte zu Schiller, 2 eingeklebte Bilder. In allen Bdn. hs. Namenszug „HTWStorm.“) (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Müller, Otto: Bürger, ein deutsches Dichterleben. Roman. 1. u. 2. Bd. (in 1 Bd. geb.) 3. Aufl. Stuttgart: Kröner 1870. 2 Bde. (in 1 Bd. geb.) (Mit hs. Widmung v. Th. Storm: „Marie Storm zum Weihnachten 1884.“ Darunter in anderer Hs.: „Hede Spethmann zum Weihnachten 1930“.) (Nachlass Ernst Storm.) Pogatschnigg, V. u. Em. Herrmann (Hg.): Deutsche Liebeslieder des Volkes in Kärnten. Graz: Pock 1869. XXI, 392 S. Tab. (Mit hs. Bemerkung Th. Storms: „Geschenk v. Friedr. Marx in Graz.“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) 172

Pütz, Wilhelm: Grundriss der Geographie und Geschichte der alten, mittlern und neuern Zeit für die oberen Klassen höherer Lehranstalten. Coblenz: Baedeker. 1. Bd. Das Alterthum. 11., vielfach verb. Aufl. 1863. VIII, 395 S. 2. Bd. Das Mittelalter. 7., umgearb. Aufl., mit 2 Kt. u. 1 Uebersicht d. Geschichte d. dt. Litteratur. 1857. VIII, 262 S. Kt. (Mit hs. Notiz „Ex bibl. Zugbaum. Ernst Storm.“) 3. Bd. Die neuere Zeit. 6., verb. Aufl., mit e. Uebersicht d. Geschichte d. dt. Litteratur. 1855. IV, 315 S. (Mit gleicher hs. Notiz wie im 2. Bd. u. Namenszügen, Notizen u. Kritzeleien auf d. Einband u. hinten im Buch.) (Nachlass Ernst Storm.) Rosegger, P. K.: Der Gottsucher. Ein Roman. 1. u. 2. Bd. Wien, Pest, Leipzig: Hartleben 1883. 2 Bde. (in 1 Bd.) (Rosegger, Peter: Ausgewählte Schriften.) (Mit hs. Widmung: „Meinem lieben Ernst. Mama. Weihnachten 1900“.) (Nachlass Ernst Storm.) Scheffel, Joseph Victor: Gaudeamus! Lieder aus d. Engeren u. Weiteren. 2. Aufl. Stuttgart: Metzler 1869. X, 192 S. (Mit hs. Namenszug „H. Woldsen-Storm 1869.“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Stifter, Adalbert: Erzählungen. Gesammelt u. d. Nachlasse entnommen. Hg. v. Johannes Aprent. 1. u. 2. Bd. Leipzig: Amelang (1869). 2 Bde. (Mit hs. Widmung v. Th. Storm: „Ernst Storm. Weihnachten 1879.“) (Nachlass Ernst Storm.) Storm, Theodor: (Immensee.) El lago de las abejas. Novela de Teodoro Storm. (In span. Sprache.) Traducida directamente de la 19. ed. alemana por Antonio Paz y Melia. Madrid: Tipografia de la Revista Contemporanea 1877. 64 S. (Mit hs. Widmung d. Übers. an Herrn Knust [?]) (Nachlass Ernst Storm.) Storm, Theodor: Sämmtliche Schriften. 1. Gesammtausg. 6 Bde. Bd. 1/2. Braunschweig: Westermann 1868. (Mit Widmung, wahrscheinlich an Peter Heinrich Herr und Frau: „Unsern lieben Freunden im Langenhorner Pastorate zum Weihnachtabend 1869. ThStorm.“) Storm, Theodor: Sommer-Geschichten und Lieder. (Erstausg.) Berlin: Duncker 1851. 150 S. (Mit hs. Widmung v. Th. Storm: „Aus Mutters Bibliothek. An Ernst bei meiner Anwesenheit in seiner Junggesellenwirthschaft. Toftlund, 14 Juli 1882. ThStorm“.) (Nachlass Ernst Storm.) Storm, Theodor: Theodor Storm‘s gesammelte Schriften. 1. Gesammtausg. (Von 14 Bdn. nur Bd. 1/2 vorh.) 3. Aufl. Braunschweig: Westermann 1884. Bd. 1/2 (in 1 Bd. geb.) (Mit hs. Widmung: „Meinem lieben Sohn Hans Storm zum Weihnachtabend 1884. ThStorm.“) (Nachlass Ernst Storm.) Tausend eine Nacht. Arabische Erzählungen. 1.-4., 9.-12., 13.-16., 17.-20., 21.-24. Bändchen (in 5 [v. 6] Bd. geb.) Deutsch v. Alexander König. Leipzig: Wigand 1841. 5 Bde. (v. 6). (Mit hs. Widmung: „Ernst Storm von Papa. Heiligenstadt 8 März 1858“ u. hs. Namenszug „E. W. Storm“.) (Nachlass Ernst Storm.) Tübingen im Munde der Dichter 1477-1877. (hs. Zusatz: „herausgegeben v. Prof. Julius Hartmann in Stuttgart“.) Tübingen: Osiander 1877. IV, 101 S. (Mit hs. Widmung „S [durchgestrichen]/ m. lb. Onkel Theodor. z. 14/9 77. mit einem herzlichen Gruße aus dem schönen Schwabenlande.-“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Voß, Johann Heinrich: Theokritos Bion und Moschos. Tübingen: Cotta 1808. 392 S. u. 6 unpag. S. (Mit Bemerkung in Storms Hs.: „Im Herbst 1881 von Mimi v. Wartenberg geb. Esmarch, aus ihres Vater, des meinigen Freund u. Studiengenossen, geschenkt erhalten. ThSt.“ Außerdem einzelne Buchstaben [Initialen?] u. d. hs. Namenszug „Casimir Storm“.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) 173

Willatzen, P. J.: Gedichte. (Auswahl d. Verf.) Bremen: Tannen 1872. XVI, 280 S. (Mit hs. Widmung „Herrn Dr. Theodor Storm in Husum P. J. Willatzen.“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) b) Fotokopien Gedichte Storm, Theodor: Brief an Ludwig Pietsch. Husum, 19.7.1865. 3 S. (unvollst.) (Enthält die Gedichte „In der Gruft bei den alten Särgen“ [=“Tiefe Schatten“ 1], unvollst.; „Weil ich ein Sänger bin“ [=“Tiefe Schatten“ 4]; „Mitunter weicht von meiner Brust“ [=“Tiefe Schatten“ 2], unvollst.) (Orig.: SHLB.) Storm, Theodor: Constanze (Entwurf). In: Stargardt, J. A.: Autographen aus allen Gebieten. Auktion am 28. u. 29.6.2005. Katalog 681. Berlin 2005. Nr. 312, S. 127 (Faks. einer Seite). Storm, Theodor: Engel-Ehe (unvollst. Faks.) In: Stargardt, J. A.: Autographen aus allen Gebieten. Auktion am 11. u. 12.6.2002. Katalog 676. Berlin 2002. Nr. 362, S. 174/75 (unvollst. Faks.) Storm, Theodor: (Stoßseufzer.) Am Weihnachtssonntag kam er zu mir ... (Albumblatt.) Husum, 30.3.1879. In: Stargardt, J. A.: Autographen aus verschiedenem Besitz. Auktion am 11. u. 12.6.1968. Katalog 585. Marburg 1968. Nr. 282, S. 60/61 (Faks.) Briefe Storm, Theodor: Briefe an Ludwig August Frankl. Hademarschen, 13.9.1887; 3.11.1887. 1 1/2 bzw. 3 S. (Orig.: Wienbibliothek.) Storm, Theodor: Brief an Ludwig Pietsch. Husum, 19.7.1865. 3 S. (unvollst.) (Enthält die Gedichte „In der Gruft bei den alten Särgen“ [=“Tiefe Schatten“ 1], unvollst.; „Weil ich ein Sänger bin“ [=“Tiefe Schatten“ 4]; „Mitunter weicht von meiner Brust“ [=“Tiefe Schatten“ 2], unvollst.) (Orig.: SHLB.) Storm, Theodor: Brief an August Silberstein (Verlagsbuchhandlung v. E. Hallberger). Husum, 9.5.1876. 2 S. (Orig.: Wienbibliothek.) 2. Bücher, Aufsätze (Auswahl: Erstausgaben, Erstdrucke, Storms Bibliothek u. a.) Almanach und Taschenbuch zum geselligen Vergnügen (gegenüberliegende Seite: Neuer Almanach und Neues Taschenbuch zum geselligen Vergnügen). 11. Jg. bzw. 1. Jg. Hg. v. W. G. Becker. Leipzig: Noch 1801. 356 S. + Anh. + Kalenderteil.Ill.; Noten. (Im Kalenderteil Ill. v. Chodowiecki.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Andersen, H. C.: Eines Dichters Bazar. 2. u. 3. Th. Leipzig: Lorck 1847. 2 Th. (in 1 Bd. geb.) (Andersen, H. C.: Gesammelte Werke. 19. u. 20. Bd.) (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Andersen, H. C.: Neue Märchen und Geschichten. 2. Aufl. Leipzig: Hartknoch 1875. 98 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Argo. Album für Kunst und Dichtung. Hg. v. Friedr. Eggers, Th. Hosemann, Franz Kugler. Breslau: Trewendt u. Granier 1857. (S. 17/18: Storm, Th.: Wenn die 174

Äpfel reif sind.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Argo. Album für Kunst und Dichtung. Hg. v. Fr. Eggers, Th. Hosemann, B. v. Lepel. Breslau: Trewendt 1859. (S. 7-22: Storm, Th.: Auf dem Staatshof; S. 24-26: Storm, Th.: Im Garten.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Argo. Album für Kunst und Dichtung. Hg. v. Fr. Eggers, Th. Hosemann, B. v. Lepel. Breslau: Trewendt 1860. (S. 31-36: Storm, Th.: Späte Rosen.) (Einige Bilder fehlen.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Arnim, L. Achim v. u. Clemens Brentano (Hg.): Des Knaben Wunderhorn. Alte dt. Lieder. Mit Holzschnitten nach Zeichn. v. Adolf Schmitz u. Alex Zick u. e. Einl. v. Gustav Wendt. 1. u. 2. Bd. 2. Aufl. Berlin: Grote 1876. 2 Bde. (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Bauer, Gisela: Haiku. Privatdr. Zwickau 2006. 63 Bl. (Blatt 10: Graue Stadt am Meer; auch japan. Haiku-Gedichte [in Übers.] enth.) (Geschenk v. d. Verf.) Biese, Alfred: Die ästhetische Naturanschauung Goethe‘s in ihren Vorbedingungen und in ihren Wandlungen. II. (Schluß.) In: Preußische Jahrbücher. LX (1887) 1, S. 36-56. (Dieser Artikel stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Blomberg, Hugo Frhr. v.: Bilder und Romanzen. Dichtungen. Breslau: Trewendt 1860. VIII, 370 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Brahm, Otto: Heinrich von Kleist. Berlin: Allg. Verein für Dt. Literatur 1884. 391 S. (Mit hs. Widmung v. Th. Storm: „Ernst Storm zum Weihnachten 1884.“) (Nachlass Ernst Storm.) Bremer, Frederike: Das Haus, oder Familiensorgen und Familienfreuden. Aus d. Schwed. 6. Aufl. 1. Th. 2. Th. Leipzig: Brockhaus 1864. 2 Bde. (in 1 Bd. geb.) (Bremer, Frederike: Gesammelte Schriften. 2. Bd.) (Mit hs. Widmung: „Meiner lieben Lisbeth zur Erinnerung an Großmama. Husum Weihnachten 1896“.) (Nachlass Ernst Storm.) Bremer, Friederike: Die Nachbarn. Übers. v. H. Denhardt. Leipzig: Reclam o. J. 471 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Brinkmann, Rudolf: Aus dem deutschen Rechtsleben. Schilderungen d. Rechtsganges u. d. Kulturzustandes d. letzten 3 Jh. ... Kiel: Homann 1862. VIII, 379 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Castelli, J. F. (Hg.): Huldigung den Frauen. Taschenbuch f. d. Jahr 1841. 19. Jg. mit 6 Stahlstichen (fehlen hier). Wien: Tendler u. Schaefer 1840. 398 S. (Darin u. a. e. Phantasiestück u. e. Abendlied v. Alexander Jul. Schindler.) (Die Stahlstiche fehlen.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Chamisso, Adelbert v.: Werke. 1.-6. Bd. 2. Aufl. Leipzig: Weidmann 1842. 6 Bde. (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Cooper, James Fenimore: Die Ansiedler an den Quellen des Susquehannah. Ein Zeitgemälde. ... übertragen v. C. Kolb. 4. Aufl. Stuttgart: Hoffmann 1853. X, 577 S. (J. F. Cooper‘s Amerikanische Romane, neu aus dem Englischen übertragen. 3.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Deutsches Künstleralbum. Mit Beiträgen lebender Künstler und Dichter. Bd. VIII. Hg. v. Ernst Scherenberg. Düsseldorf: Breidenbach 1875. 101 S. + Abb.-Teil. (Darin v. Th. Storm: Sprüche des Alten. Ritornelle. S. 68.) (Hs.: „Do Storm Weihnachtabend 1874.“) (Nachlass Ernst Storm.) 175

Edward in Rom. Eine Novelle in neun Büchern. 1. u. 2. Bändchen (in 1 Bd. geb.) Breslau: Max 1840. 2 Bde. (in 1 Bd. geb.) (Darin Zettel mit hs. Notizen Storms: Buchtitel v. M. Solitaire.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Erinnerungsblätter an Joseph Victor von Scheffel. Zum Trauercommerse am 13. Mai 1886 hg. v. d. Lese- u. Redehalle d. dt. Studenten in Prag. 2. verm. Aufl. Prag 1886. 40 S. Faks. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Erk, Ludwig: Erk‘s Deutscher Liederschatz. Eine Ausw. d. beliebtesten Volks-, Vaterlands-, Soldaten-, Jäger- u. Studentenlieder f. e. Singstimme mit Pianofortebegleitung. Die Texte u. Melodien revidirt u. auf deren Quellen zurückgeführt v. Ludwig Erk. Bd. I. Leipzig: Peters o. J. 213 S. Noten. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Eulenburg, Philipp zu: Skalden Gesänge gedichtet und in Musik gesetzt v. Philipp zu Eulenburg. Berlin u. Posen: Bote u. Bock o. J. 29 S. Noten. (Aus dem Besitz von Maria Storm/ Nachlass Ernst Storm.) Fouqué, Friedrich de la Motte: Der Pappenheimer Kürassier. Scenen aus d. Zeit d. dreißigjährigen Krieges. Nordhausen u. Leipzig: Schmidt 1842. VI, 193 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Fouqué, Friedrich de la Motte: Die Pilgerfahrt, ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. Hg. v. Franz Horn. Nürnberg: Schrag 1816. VI, 208 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Freund, E. S. (Hg.): Rätselschatz. Sammlung v. Rätseln u. Aufgaben. Leipzig: Reclam (1885 o. 1886). 555 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Friedlaender, Georg: Aus den Kriegstagen 1870. Berlin: Hertz 1886. 121 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Gands, P.: H. G. Ollendorff‘s neue Methode, in sechs Monaten eine Sprache lesen, schreiben und sprechen zu lernen. Anleitung zur Erlernung der englischen Sprache nach einem neuen und vervollständigten Plane für den Schul- und Privatunterricht. 5. durchges. u. verb. Aufl. Frankfurt a. M.: Jügel 1855. XLII, 617 S. u. Tab. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Glassbrenner, Adolf: Die Insel Marzipan, ein Kindermärchen. Mit Ill. v. Theodor Hosemann. Hamburg: Verlags-Comptoir o. J. 40 S. Ill. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Glaßbrenner, Adolf: Gedichte. 4. verm. u. verb. Aufl. Berlin: Mecklenburg (Brigl) o. J. 168 S. (unvollst.?) (Mit hs. Vermerk Th. Storms: „Geschenk des Verfassers.“) (Dabei weiteres Ex. v. Glaßbrenners Gedichten, ohne Titelblatt, wahrscheinl. andere Aufl.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Görges, Wilhelm (Hg.): Friedrich Wilhelm‘s Album. Erinnerungsblätter d. Andenken d. verewigten Herzogs gewidmet. Braunschweig: Meyer 1847. 295 S. Ill. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Große, Julius: Gedichte. Göttingen: Wigand 1857. 284 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Guizot, (François): Histoire de la révolution d‘Angleterre (1641-1649). Mit e. Kt. Für d. Schulgebrauch erklärt v. August Althaus. Leipzig: Renger 1886. XII, 118 S. (Französische und englische Schulbibliothek. XXVIII.) (Nachlass Ernst Storm.) Hansen, C. P.: Sagen und Erzählungen der Sylter Friesen, nebst einer Beschrei176

bung der Insel Sylt als Einleitung und einer Karte der Insel Sylt als Zugabe. Garding: Lühr u. Dircks 1875. XVIII, 221 S. Kt. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Hauff, J. C.: Die Theorie der Tonsetzkunst. 1. Bd.: Harmonielehre, nebst e. ausführl. Erl. über d. Entstehung u. Entwickelung d. alten Tonarten. Frankfurt a. M.: Brönner 1863. VII, 128 S. Noten. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Hauff, Wilhelm: Lichtenstein. Romantische Sage aus d. württemberg. Geschichte. Diamant-Ausg. Mit Zeichn. v. Paul Thumann, in Holz geschnitten v. H. Günther. 3. Aufl. Berlin: Grote 1883. 488 S. Ill. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Heiberg, Hermann: Die goldene Schlange. Leipzig: Friedrich o. J. 360 S. (Heiberg, Hermann: Ernsthafte Geschichten. 2. Bd.) (Mit hs. Widmung: „Dem größten lebenden Poeten Deutschlands: Herrn Th. Storm vom Verfaßer 12/2 84-“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Heiberg, Hermann: Plaudereien mit der Herzogin von Seeland. (Unvollst.; Fragment.) Hamburg: Grädener 1881. (Fragment.) (Nur vorh.: Anfang bis S. 16, S. 113-76, 193-208, 225-348.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Heine, H(einrich): Neue Gedichte. Hamburg: Hoffmann u. Campe 1844. 421 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Heine, Heinrich: Werke. Ill. v. Wiener Künstlern. Hg. v. Heinr. Laube. Wien, Leipzig, Prag: Bensinger. 4. Bd. Deutschland II. Romancero und Letzte Gedichte. Tragödien. O. J. 376 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Hell, Theodor: Drei Tage aus dem Lebenslaufe eines Spielers. Dramat. Gemälde in 3 Abtheilungen, nach d. Franz. bearb. 2. Aufl. Braunschweig: Vieweg 1865. 156 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Heyse, Paul: Gott schütze mich vor meinen Freunden. Lustspiel in 3 Akten. (1887.) (Unvollst.) Berlin: Hertz 1888. (Nur S. 1-16 vorh.) (Heyse, Paul: Dramatische Dichtungen. 18.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Heyse, Paul: Nur keinen Eifer! Lustspiel in 1 Akt. (Bühnenmanuscript.) München: Wolf 1886. 35 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Heyse, Paul: Thekla. Ein Gedicht in neun Gesängen. Stuttgart: Cotta 1858. 176 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Hoffmann: Erläuterungen zu Shakespeares Kaufmann von Venedig. Leipzig: Beyer o. J. 66 S. (Wilhelm Königs Erläuterungen zu den Klassikern. 32.) (Nachlass Ernst Storm.) Hoffmeister, Karl: Schiller‘s Leben, Geistesentwickelung und Werke im Zusammenhang. 1.-5. Th. Stuttgart: Balz 1838-42. 5 Bde. (Supplement zu Schiller‘s Werken. 1-5.) (Im 1. Bd. hs. Widmung: „Zum 14 Sept 1842 von Mommsen“; außerdem beiliegend 2 Zeitungsausschnitte zu Schiller, 2 eingeklebte Bilder. In allen Bdn. hs. Namenszug „HTWStorm.“) (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Holzhausen, Paul: Ballade und Romanze von ihrem ersten Auftreten in der deutschen Kunstdichtung bis zu ihrer Ausbildung durch Bürger. (Diss.) Halle a. S.: Buchdruckerei d. Waisenhauses 1882. 32 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) 177

Immermann, (Karl): Der Oberhof. Aus Immermann‘s Münchhausen. KabinetsAusg. Berlin: Hofmann o. J. VIII, 356 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Jensen, W(ilhelm): Aus dem sechzehnten Jahrhundert. Culturhistorische Novellen. Bielefeld u. Leipzig: Velhagen u. Klasing 1877. 374 S. Ill. (Mit hs. Gedicht [Laß in die „graue Stadt am Meer“ ...] v. Wilhelm [u. Marie] Jensen, Weihnacht 1876.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Jensen, Wilhelm: [Dietwald Werneken.] (Ohne weitere Angaben, Titelblatt fehlt, nur S. 129-240 vorh.) (Aus den Tagen der Hansa. III.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Jensen, Wilhelm: Osmund Wernerkin (hs. verbessert zu „Osmund Werneking“). Freiburg i. Br.: Kiepert u. v. Bolschwing 1885. 240 S. (Aus den Tagen der Hansa. II.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Kennan, George: Sibirien. Nach d. im „Century Magazine“ erschienenen Aufsätzen. Deutsch v. Georg Gärtner. 1. T. Halle a. d. S.: Hendel o. J. VI, 236 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Kielland, Alexander L.: Fortuna. Roman. Autoris. Übers. v. C. v. Sarauw. Stuttgart: Engelhorn 1886. 152 S. (Engelhorn‘s Allgemeine Romanbibliothek. 2. Jg. Bd. 12.) (Fortsetzung v. „Gift“.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Kielland, Alexander L.: Gift. Roman. Autoris. Übers. v. C. v. Sarauw. Stuttgart: Engelhorn 1886. 136 S. (Engelhorn‘s Allgemeine Romanbibliothek. 2. Jg. Bd. 11.) (Fortsetzung: Fortuna.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Körner, Theodor: Sämmtliche Werke. 1. u. 2. Bd. (in 1 Bd. geb.) Mit Einl. v. Ernst Hermann. 10. Aufl. Berlin: Grote 1882. 2 Bde. (in 1 Bd. geb.) (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Koester, Hans: Schauspiele. Leipzig: Brockhaus 1842. 416 S. (Enthält: Maria Stuart. Konradin. Luisa Amidei. Polo und Francesca.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Krafft, M. Johann Melchior: Ein Zweyfaches Zwey-Hundert-Jähriges Jubel-Gedächtnis, ... Die Reformation, ...; Das andere ... N. Testaments. Dem beygefüget ist I. Eine Zwey-Hundert-Jährige Husumische Kirchen- u. Schul-Historie, II. Eine ausführl. Lebens-Beschreibung d. ... M. Jacobi Fabricii ... Hamburg: Fickweiler 1723. 621 S. + Widm., Vorrede, Reg. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Krüger, Johann: Westphälische Volkssagen und Erzählungen. Für Jung u. Alt. 2. Aufl. Wiesbaden: Friedrich 1855. 174 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Kruse, Heinrich: Der Verbannte. Trauerspiel in 5 Aufzügen. Leipzig: Hirzel 1879. 170 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) La Fontaine, (Jean de) : Contes. Stéréotype d‘Herhan. (In franz. Sprache.) Paris: Mame 1808. IX, 404 S. (Librairie Stéréotype.) (Oeuvres de La Fontaine. 3e Tirage.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Lessing, (Gotthold Ephraim): Werke. Krit. durchges. Ausg. 1.-5. Bd. Hg. v. Heinrich Kurz. Leipzig: Bibliogr. Inst. o. J. 5 Bde. (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Litzmann, Berthold (Hg.): Briefe von Anna Maria von Hagedorn an ihren jüngeren Sohn Christian Ludwig 1731-32. Hamburg u. Leipzig: Voß 1885. VI, 100 S. 178

(Mit vielen Anstreichungen.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Mackay, John Henry: Dichtungen. München u. Leipzig: Heinrichs 1886. 203 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Magazin von merkwürdigen neuen Reisebeschreibungen, aus fremden Sprachen übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen begleitet. 13. Bd. Le Vaillant‘s Reise in das Innere von Afrika, während der Jahre 1783-1785. Aus d. Franz. übers. Mit Anm. v. Johann Reinhold Forster, ... 2. Bd. Berlin: Vossische Buchhandlung 1796. 442 S. Ill.; Kt. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Matthisson: Gedichte. 5. stark verm. Aufl. Zürich: Orell, Füssli u. Co. 1815. 332 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Mendelssohn, Felix: Elias. Klavier-Auszug. Berlin: Simrock o. J. 206 S. Noten. (Mendelssohn‘s Werke. Kritisch durchges. Ausg. Grössere Gesangwerke. Klavier- Auszug. 2. Elias. Oratorium. Op. 70.) (Mit hs. Namenszug „A. Möller“.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Meyer, Conrad Ferdinand: Der Heilige. (Fragment: S. 3-64; ohne Titelblatt.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Meyer, Conrad Ferdinand: König und Heiliger. Novelle. 3. Aufl. Leipzig: Haessel 1882. 235 S. (S. 3-64 fehlen!) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Mörike, Eduard (Hg.): Classische Blumenlese. Eine Ausw. v. Hymnen, Oden, Liedern, Elegien, Idyllen, Gnomen u. Epigrammen d. Griechen u. Römer; nach d. besten Verdeutschungen, theilweise neu bearb., mit Erklärungen f. alle gebildeten Leser. 1. Bändchen. Stuttgart: Schweizerbart 1840. XII, 290 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Mommsen, Friedrich: Die Unmöglichkeit der Leistung in ihrem Einfluß auf obligatorische Verhältnisse. Braunschweig: Schwetschke 1853. XX, 420 S. (Beiträge zum Obligationenrecht. 1. Abth.) (Mit hs. Namenszug „Storm“.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Mont, Pol de: Episches und Lyrisches. (Ohne weitere Angaben, Titelblatt fehlt, nur S. 113-220 vorh.) (Mit Gedicht v. Klaus Groth: An Pol de Mont, S. 219/20.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Müller, Hubert: Lieder eines ausgewanderten Kurmärkers. Berlin: Selbstverl. d. Hg. o. J. VIII, 111 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Müller, Otto: Bürger, ein deutsches Dichterleben. Roman. 1. u. 2. Bd. (in 1 Bd. geb.) 3. Aufl. Stuttgart: Kröner 1870. 2 Bde. (in 1 Bd. geb.) (Mit hs. Widmung v. Th. Storm: „Marie Storm zum Weihnachten 1884.“ Darunter in anderer Hs.: „Hede Spethmann zum Weihnachten 1930“.) (Nachlass Ernst Storm.) Müller, Otto: Die Förstersbraut im Odenwald. Der Tannenschütz. 2 Erzählungen. Gera: Griesbach o. J. 240 S. (Mit hs. Namenszug „Marie Storm“.) (Nachlass Ernst Storm.) Oelckers, Theodor: Sieben Märchen. Leipzig: Wigand 1860. 227 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) [Paalzow, Henriette v.]: Thomas Thyrnau. Von d. Verf. v. Godwie-Castle u. St. Roche. 1.-3. Th. 2. Abdr. Breslau: Max u. Komp. 1843. 3 Bde. (Auf d. Titelbl. hs. Notiz u. Unterschr. v. fremder Hand.) (Entsprechende oder ähnliche Bände standen in Storms Bibliothek.) Pfaff, Adam: Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zur Zeit des drei179

ßigjährigen Krieges. In 4 Bdn. (nur 1. u. 2. Bd. vorh.) 1. Bd.: Von den ältesten Zeiten bis zur Wahl Konrad I. 2. Bd.: Von Konrad I. bis Rudolf von Habsburg. Braunschweig: Westermann 1864. 2 Bde. (v. 4). (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Piening, Th.: Luerfritz. En spaaßi Vertelln. Hamburg: Hoffmann u. Campe 1866. 183 S. (Mit hs. Namenszug „OWJensen in Sörup.“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Pogatschnigg, V. u. Em. Herrmann (Hg.): Deutsche Liebeslieder des Volkes in Kärnten. Graz: Pock 1869. XXI, 392 S. Tab. (Mit hs. Bemerkung Th. Storms: „Geschenk v. Friedr. Marx in Graz.“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Polko, Elise (Hg.): Dichtergrüße. Neuere dt. Lyrik. Mit vielen Ill. 6. Aufl. Leipzig: Amelang 1871. XXX, 572 S. Ill. (Darin v. Th. Storm: „O bleibe treu den Todten“, „Einer Todten“, „Wohl fühl‘ ich, wie das Leben rinnt“.) (Mit eingeklebtem Foto.) Polko, Elise: Musikalische Märchen, Phantasien und Skizzen. 2. Reihe. Mit Ill. in Holzschnitt nach Zeichn. v. J. C. Lödel u. S. Thon. 4., neu durchges. Aufl. Leipzig: Barth 1868. 514 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Pütz, Wilhelm: Grundriss der Geographie und Geschichte der alten, mittlern und neuern Zeit für die oberen Klassen höherer Lehranstalten. Coblenz: Baedeker. 1. Bd. Das Alterthum. 11., vielfach verb. Aufl. 1863. VIII, 395 S. 2. Bd. Das Mittelalter. 7., umgearb. Aufl., mit 2 Kt. u. 1 Uebersicht d. Geschichte d. dt. Litteratur. 1857. VIII, 262 S. Kt. (Mit hs. Notiz „Ex bibl. Zugbaum. Ernst Storm.“) 3. Bd. Die neuere Zeit. 6., verb. Aufl., mit e. Uebersicht d. Geschichte d. dt. Litteratur. 1855. IV, 315 S. (Mit gleicher hs. Notiz wie im 2. Bd. u. Namenszügen, Notizen u. Kritzeleien auf d. Einband u. hinten im Buch.) (Nachlass Ernst Storm.) Putlitz, Gustav zu: Vier Novellen. Berlin: Paetel 1888. 378 S. (Putlitz, Gustav zu: Ausgewählte Werke. Ergänzungsbd.) (Enthält: Ricordo. Die Frau Meisterin. Die Dame mit den Hirschzähnen. Das Frölenhaus.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Raabe, Wilhelm: Horacker. Mit Ill. v. P. Grot Johann, in Holz geschnitten v. H. Käseberg u. H. Thiele. Berlin: Grote 1876. 200 S. Ill. (Grote‘sche Sammlung von Werken zeitgenössischer Schriftsteller. 4.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Reineke der Fuchs. Aus dem Urtexte übertragen v. D. W. Soltau. Berlin: Hempel o. J. 207 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Reuter, Fritz: Sämmtliche Werke. Bd. 1-11, 15. Verschiedene Aufl. Wismar, Rostock u. Ludwigslust: Hinstorff 1872-1878. (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Richter, Ludwig: Für‘s Haus. Herbst. Dresden: Richter o. J. 15 gez. Bl. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Richter, Ludwig: Für‘s Haus. Sommer. Dresden: Richter o. J. 15 gez. Bl. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Richter, Ludwig: Unser tägliches Brod in Bildern von Ludwig Richter. Dresden: Richter o. J. 15 lose Bl. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Rosegger, P. K.: Der Gottsucher. Ein Roman. 1. u. 2. Bd. Wien, Pest, Leipzig: Hartleben 1883. 2 Bde. (in 1 Bd.) (Rosegger, Peter: Ausgewählte Schriften.) 180

(Mit hs. Widmung: „Meinem lieben Ernst. Mama. Weihnachten 1900“.) (Nachlass Ernst Storm.) Ruhl, Ludwig Sigismund: Skizzen zu Shakspeare‘s Romeo und Julie, gezeichnet, gestochen und radirt von Ludwig Sigismund Ruhl. Mit Erl. in dt., engl. u. franz. Sprache. Cassel u. Leipzig: Krieger (Fischer); Paris: Brockhaus u. Avenarius o. J. O. Pag. Ill. (Skizzen zu Shakspeare‘s dramatischen Werken. ... 4. Lfg.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Ruhl, Ludwig Sigismund: Skizzen zu Shakspeare‘s Sommernachtstraum, gezeichnet, gestochen und radirt von Ludwig Sigismund Ruhl. Mit Erl. in dt., engl. u. franz. Sprache. Cassel u. Leipzig: Krieger (Fischer); Paris: Brockhaus u. Avenarius o. J. O. Pag. Ill. (Skizzen zu Shakspeare‘s dramatischen Werken. ... 3. Lfg.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Scheffel, Joseph Victor: Gaudeamus! Lieder aus d. Engeren u. Weiteren. 2. Aufl. Stuttgart: Metzler 1869. X, 192 S. (Mit hs. Namenszug „H. Woldsen-Storm 1869.“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Schiller, Friedrich v.: Sämmtliche Werke in zwölf Bänden. Mit Privilegien gegen d. Nachdr. ... Stuttgart u. Tübingen: Cotta 1838. 12 Bde. (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Schiller, Friedrich: Sämmtliche Werke. 2. Abtheilung. (Ohne weitere Angaben.) S. 707-1304. Faks. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Schimper, Karl: Gedichte. Erlangen: Enke 1840. VI, 346 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Schröder, Johannes v.: Darstellungen von Schlössern und Herrenhäusern der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, vorzugsweise aus dem funfzehnten und sechszehnten Jahrhundert. Hamburg: Perthes-Besser u. Mauke 1862. VI, 156 S. Ill. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) (Sealsfield, Charles): Lebensbilder aus der westlichen Hemisphäre. Vom Verf. d. Legitimen, d. Virey, d. Cajütenbuchs, v. Süden u. Norden etc. 2. durchges. Aufl. Stuttgart: Metzler 1843. 5 Bde. 1. Th. George Howard‘s Esq. Brautfahrt. 2. Th. Ralph Doughby‘s Esq. Brautfahrt. 3. Th. Pflanzerleben. 1. Th. 4. Th. Pflanzerleben. 2. Th. Und Die Farbigen. 5. Th. Nathan, der Squatter-Regulator, oder der erste Amerikaner in Texas. (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Seidel, Heinrich: Vorstadt-Geschichten. Humoristische Studien. Berlin: Luckhardt 1880. 207 S. (Dem Buch als Motto vorangestellt: „Wir können auch die Trompete blasen“ v. Th. Storm.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Shakspeare (Shakespeare, William): Shakspeare‘s Dramatische Werke. Übers. v. August Wilhelm v. Schlegel, erg. u. erl. v. Ludwig Tieck. Bd. 1-9. Berlin: Reimer 1825-33. 9 Bde. (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Stifter, Adalbert: Erzählungen. Gesammelt u. d. Nachlasse entnommen. Hg. v. Johannes Aprent. 1. u. 2. Bd. Leipzig: Amelang (1869). 2 Bde. (Mit hs. Widmung v. Th. Storm: „Ernst Storm. Weihnachten 1879.“) (Nachlass Ernst Storm.) Storm, Theodor: (Immensee.) El lago de las abejas. Novela de Teodoro Storm. (In ‘' span. Sprache.) Traducida directamente de la 19. ed. alemana por Antonio Paz y Melia. Madrid: Tipografia de la Revista Contemporanea 1877. 64 S. (Mit hs. Widmung d. Übers. an Herrn Knust [?]) (Nachlass Ernst Storm.) 181

Storm, Theodor: Sommer-Geschichten und Lieder. (Erstausg.) Berlin: Duncker 1851. 150 S. (Mit hs. Widmung v. Th. Storm: „Aus Mutters Bibliothek. An Ernst bei meiner Anwesenheit in seiner Junggesellenwirthschaft. Toftlund, 14 Juli 1882. ThStorm“.) (Nachlass Ernst Storm.) Storm, Theodor: Theodor Storm‘s gesammelte Schriften. 1. Gesammtausg. (Von 14 Bdn. nur Bd. 1/2 vorh.) 3. Aufl. Braunschweig: Westermann 1884. Bd. 1/2 (in 1 Bd. geb.) (Mit hs. Widmung: „Meinem lieben Sohn Hans Storm zum Weihnachtabend 1884. ThStorm.“) (Nachlass Ernst Storm.) Storm, Theodor: Theodor Storm‘s sämmtliche Schriften. 1. Gesammtausg. 6 Bde. (in 3 Bde. geb.) Braunschweig: Westermann 1868. 6 Bde. (in 3 Bde. geb.) (Diese Bände standen in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Taschenbuch zum geselligen Vergnügen für 1792. Mit Churfürstl. Sächs. Privilegio. Leipzig: Voß u. Leo 1792. XIV, 226 S. Ill.; Taf.; Noten. (Die letzten Blätter fehlen.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Tausend eine Nacht. Arabische Erzählungen. 1.-4., 9.-12., 13.-16., 17.-20., 21.-24. Bändchen (in 5 [v. 6] Bd. geb.) Deutsch v. Alexander König. Leipzig: Wigand 1841. 5 Bde. (v. 6). (Mit hs. Widmung: „Ernst Storm von Papa. Heiligenstadt 8 März 1858“ u. hs. Namenszug „E. W. Storm“.) (Nachlass Ernst Storm.) Tegnér, Esaias: Die Frithjofs Sage. Aus d. Schwed. v. Gottlieb Mohnike. 5. unveränd. Octav-Aufl. Leipzig: Cnobloch 1842. XLVI, 211 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Tegnér, Esaias: Frithiofs Saga. (In schwed. Sprache.) Stockholm: Norstedt 1887. 208 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Tieck, Ludwig: Dramaturgische Blätter. Nebst e. Anh. noch ungedr. Aufsätze über d. Dt. Theater u. Berichten über d. Engl. Bühne, geschrieben auf e. Reise im Jahre 1817. 1. Th. Wien: Schade 1826. 200 S. (Classische Cabinets-Bib­ liothek oder Sammlung auserlesener Werke der deutschen und Fremd-Literatur. 89.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Tübingen im Munde der Dichter 1477-1877. (hs. Zusatz: „herausgegeben v. Prof. Julius Hartmann in Stuttgart“.) Tübingen: Osiander 1877. IV, 101 S. (Mit hs. Widmung „S [durchgestrichen]/ m. lb. Onkel Theodor. z. 14/9 77. mit einem herzlichen Gruße aus dem schönen Schwabenlande.-“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Turgenjew, Iwan: Erzählungen eines alten Mannes. Aus d. Russ. v. Adolf Gerstmann. Berlin: Janke o. J. 158 S. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Voß, Johann Heinrich: Theokritos Bion und Moschos. Tübingen: Cotta 1808. 392 S. u. 6 unpag. S. (Mit Bemerkung in Storms Hs.: „Im Herbst 1881 von Mimi v. Wartenberg geb. Esmarch, aus ihres Vater, des meinigen Freund u. Studiengenossen, geschenkt erhalten. ThSt.“ Außerdem einzelne Buchstaben [Initialen?] u. d. hs. Namenszug „Casimir Storm“.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/ Nachlass Ernst Storm.) Wagner, Richard: Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg. Handlung in 3 Aufzügen. Vollst. Clavier-Auszug mit Text. Neue nach d. Partitur revid. Ausg. v. Brissler. Berlin: Meser o. J. 273 S. (Mit hs. Namenszug „A. Möller“.) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) Westermann‘s Jahrbuch der Illustrirten Deutschen Monatshefte. Ein Familienbuch für das gesammte geistige Leben der Gegenwart. 37. Bd. Der 3. Folge 5. Bd. October 1874-März 1875. Braunschweig: Westermann 1875. 672 S. Ill. (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) 182

Willatzen, P. J.: Gedichte. (Auswahl d. Verf.) Bremen: Tannen 1872. XVI, 280 S. (Mit hs. Widmung „Herrn Dr. Theodor Storm in Husum P. J. Willatzen.“) (Dieser Band stand in Storms Bibliothek/Nachlass Ernst Storm.) 3. Kompositionen Danek, Max: Vertonung des Storm-Gedichts: Als ich dich kaum gesehn. (Im Volkston 1.) In: Der Gitarrefreund. Würzburg: Stürtz (1937?) Ebner, Georg: Vier Lieder für eine hohe Singstimme und Klavier. Nach Gedichten von Theodor Storm. Op. 21, Nr. 1: Im Volkston, Nr. 2: Der Lump, Nr. 3: Herbst. Op. 16, Nr. 1: Schließe mir die Augen beide. München: Selbst-Verlag (1952?) Ehrenberg, Carl: Zwei Lieder nach Gedichten von Theodor Storm. (Op. 21.) 1. Schließe mir die Augen beide. 2. Im Walde. Für eine Singstimme mit Klavier. Berlin: Ries und Erler. Graener, Paul: Theodor Storm-Musik (op. 93). Für Klavier, Violine, Cello und eine Männerstimme (Bariton). Braunschweig: Henry Litolff‘s Verlag. (Kammermusik; gesanglicher Teil: Es liegen Wald und Heide.) Kuper, Eckhart: Vertonungen von Storm-Gedichten: Im Volkston (1) (1980). Im Volkston (2) (1980). Gode Nacht (1980/81). (Für Tenor und Klavier.) (Geschenk v. Komponisten). Lattermann, Rolf: (Liederzyklus) „Immensee“ von Theodor Storm. Es singen u. spielen: Monika Vorndran, Sopran; Werner Materne, Tenor; der Keilhauer Kammerchor; Rolf Lattermann, Klavier. Tonaufnahme: Saaleton Musikverl., Michael Grübler (2007). CD. (Der Liederzyklus „Immensee“ enthält „Im Walde“, „Die Nachtigall“, „Nelken zum Tanz“, „Er wäre fast verirret“, „Meine Mutter hat‘s gewollt“, „Schlafe du“. Die CD enthält außerdem e. Lied f. gemischten Chor „Was Holdes liegt mir in dem Sinn ...“) (Geschenk v. H. Jürgen Ullrich, Leißling.) Lattermann, Rolf: Lieder für Singstimme und Klavier und Lieder für gemischten Chor. Es singen u. spielen: Monika Vorndran u. Iris Melle, Sopran; Ilse Mohr, Alt; Der Keilhauer Kammerchor; Gerd Wittig u. Rolf Lattermann, Klavier. Tonaufnahme: Saaleton Musikverl., Michael Grübler (2007). CD. (Enthält v. Th. Storm: Sechs Lieder nach „Immensee“; „Was Holdes liegt mir in dem Sinn“.) (Geschenk v. H. Jürgen Ullrich, Leißling.) McKinnon, Helen: The role of music in the „novellen“ of Theodor Storm. (Diss.) Sydney 2005. X, 299, VI S.; Noten. (Enthält folgende Noten: Storm, Th.: Ein Lied, welches der Herr Magister Antonius Wanst sang ... Storm, Th.: Das Jägermädchen. Emmerich, Robert: Meine Mutter hat‘s gewollt (=Elisabeth). Franz, Robert: Ach, wär‘ es nie geschehen! (=Elisabeth).) (Geschenk v. d. Verf.) Poos, Heinrich: Sechs Gedichte von Theodor Storm. Für Männerchor und Klavier. Partitur, zugleich Klavierstimme. 1. An die Freunde. 2. Abseits. 3. Über die Heide. 4. Gute Nacht. 5. Die Nachtigall. 6. In der Frühe. Mainz: Schott Musik International 2004. Pringsheim, Klaus: Vertonung des Storm-Gedichts: Dämmerstunde. Op. 25. Raith, Paul: Vertonung des Storm-Gedichts: Gode Nacht (1949). (Geschenk v. Komponisten.)

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4. Bild-Archiv Das Bild-Archiv konnte im letzten Jahr (2007) erneut erweitert werden. Die Karteikästen wurden z. T. neu und übersichtlicher geordnet. Benutzt wurde das Bild-Archiv (außer für eigene Zwecke) u. a. von: Freier Deutscher Autorenverband, Limburg; Cornelsen Verlag, Berlin; Die Zeit Reisen, Hamburg; Günter Flake, Osnabrück; Frankfurter Neue Presse, Reiseredaktion, Frankfurt; Freie Presse Chemnitzer Verlag und Druck, Chemnitz; Gerstenberg Verlag, Hildesheim; Dr. Franz Heiduk, Würzburg; librikon Magazin für Kinderbuchkultur, Berlin; mamilade.de Freizeitaktivitäten; Nordfriesland Verlag/Agrimedia; Random House-Verlagsgruppe, München; Schulbuchverlag Schroedel, Braunschweig; Jürgen Seul, Bad Neuenahr-Ahrweiler; TOP Magazin Hamburg; VVA Kommunikation; Wachholtz Verlag, Neumünster.

5. Benutzung von Bibliothek und Archiv Die Storm-Spezialbibliothek und das Archiv der Theodor-Storm-Gesellschaft wurden von Stormforschern, Doktoranden und Studenten aus aller Welt benutzt. Es ging 2007 u. a. um folgende Themen (Auswahl): Interesse an Storm, u. a. an „Viola tricolor” (Kyungpark National Univ., Südkorea) Familiengeschichtsforschung – Vorfahren und Nachkommen von Theodor Storm (Kiel) Recherchen für eine Lesung zum „Liebesleben“ von Theodor Storm (Brunsbüttel) Suche nach vertonten Storm-Gedichten (Sydney/Australien) Der poetische Realismus in der Novellistik Theodor Storms (Recherche für Examensarbeit/ Univ. des Saarlandes) Man töte dieses Weib – Männliche Existenzängste und Imaginationsangebote in den Novellen Theodor Storms, Theodor Fontanes und Paul Heyses (Dissertation/ Univ. Zürich) Facharbeit zum Thema Norddeutsche Literatur, Theodor Storm, Schimmelreiter (Kooperative Gesamtschule Wiesmoor) Vorbereitung für mündliche Prüfung über Theodor Storm und einzelne Werke Storms (Univ. Flensburg) Novellenforschung (Immensee, Psyche, Aquis submersus, Viola tricolor) (Vorbereitung für mündliche Prüfung/Univ. Kiel) Juristische Forschung für Buchprojekt „Dichter-Juristen“ (Bad Neuenahr-Ahrweiler) Wie entsteht ein lit. Text (am Beispiel von Storms „Schimmelreiter“); welche Möglichkeiten eröffnet ein Archiv (Leistungskurs Deutsch/ Hansa-Kolleg, Hamburg) Religion und Religionskritik bei Theodor Storm (Dissertation/Univ. Göttingen) Theodor Storm und der Tanz (Univ. Freiburg) 184

Modernitätserfahrungen in den späten Novellen Theodor Storms (Magister­ arbeit/Freie Univ. Berlin)

II. Storm-Museum Das Storm-Museum wurde 2007 von insgesamt 22.876 Interessenten besucht; von Mitarbeitern der Gesellschaft wurden 83 Schüler- und 111 Erwachsenengruppen betreut. Im Museum fanden Vorträge, Filmvorführungen und Seminare für unterschiedliche Besuchergruppen statt. Museum und Archiv wurden von Wissenschaftlern, Studenten sowie Interessierten aus allen Bereichen der Bundesrepublik und aus aller Welt besucht. Im Jahr 2007 wurde ein Frühlingsprogramm anlässlich des 190. Geburtstags Theodor Storms veranstaltet: 26. April Vortrag Prof. Dr. Karl Ernst Laage: „Theodor Storm in neuer Sicht – Aspekte der Storm-Forschung in den letzten 40 Jahren“ 23. Mai Vortrag Dr. Jean Lefebvre: Storms „Psyche“. Die Erzählung als Spiegel des Dichters 08. Juni Vortrag Prof. Dr. Heinrich Detering: „Porträt des Künstlers als junger Mann“ 21. Juni Vortrag Prof. Dr. Thomas Steensen: „Nordfriesland zur Zeit Theodor Storms“ (mit Lichtbildern) Das Sommerprogramm 2007 im Storm-Haus, das vom 30. Juni bis 08. September stattfand, bestand aus sechs Einführungen in Storms Leben und Werk, Hausführungen und Video-Filmen, insbesondere Vorführungen des Films „Die Erben des Schimmelreiters“. Eine Aktion vom Land Schleswig-Holstein und den Sparkassen: MuseumsCard 2007 „Ich geh ins Museum!“, freier Eintritt für Kinder und Jugendliche von 8-16 Jahren, wurde sehr gut angenommen. Das Museum war geöffnet und bot spezielle Veranstaltungen zum Internationalen Museumstag am 20. Mai und zur Husumer Kulturnacht am 7. Juli an. Am 21. Mai hat der Sekretär die Gesellschaft und unsere Häuser auf der SHMuseumsverbandstagung in St. Peter vertreten. Im Dezember bot die Tourismus und Stadtmarketing Husum GmbH wieder Veranstaltungen „Zu Gast bei Theodor Storm“ an; die Teilnehmer besuchten auch das Storm-Haus. Zu Beginn der Adventszeit wurde ein Weihnachtsbaum so geschmückt, wie Theodor Storm dies in vielen Dokumenten beschrieben hat.

Ausstellungen im Theodor-Storm-Zentrum, Husum Nach der Sanierung und Erweiterung des Storm-Museums um ein Archivgebäude in der Wasserreihe sind drei Bereiche entstanden, die für eine erweiterte museale Präsentation genutzt werden sollen: zwei Ausstellungsräume im Museum (33 m2), ein Raum im Gartenhaus (15 m2) und ein Innenhof (100 m2). 185

In diesen Bereichen sollen Ausstellungselemente errichtet werden, die unter dem Leitthema „Dänisch-Deutsche Literaturbeziehungen“ Leben und Werk Theodor Storms in den Herzogtümern Schleswig und Holstein in den Jahren 1817-1888 in einen überregionalen und übernationalen Zusammenhang stellen. Außerdem sollen Entstehung, Struktur und Wirkung der beiden bekanntesten Novellen Storms veranschaulicht werden: der Jugenderzählung „Pole Poppenspäler“ und der Altersnovelle „Der Schimmelreiter“. Die Konzepte für die Ausstellungen werden von Prof. Dr. Heinrich Detering, Dr. Jean Lefebvre und Dr. Gerd Eversberg erarbeitet. Es soll eine Kooperation mit der Sydslesvigsk Forening, dem Kulturträger der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig, stattfinden; Gespräche mit Vertretern der dänischen Minderheit haben bereits stattgefunden. Die Ausstellungen sollen zweisprachig gestaltet werden. Die Gesamtsumme von €75.000,– soll durch Eigenmittel der Storm-Gesellschaft, Landesmittel S-H und die Stadt Husum (Fördermittel der EU) aufgebracht werden. Davon übernimmt die Storm-Gesellschaft € 20.000,–; ein Antrag an die Kulturstiftung der Europäischen Union über € 30.000,– wurde gestellt; es wurden uns Landesmittel in Aussicht gestellt, wenn das Finanzierungskonzept erfolgreich ist. III. Storm-Gesellschaft Zum Jahresende 2007 hatte die Gesellschaft 1.114 Mitglieder. Termine und Veranstaltungen im Theodor-Storm-Zentrum Husum und auswärts im Jahre 2007 11. – 13. Jan.  Prof. Dr. Detering und Frau Dr. Piatti mit Studenten im Storm-Haus 28. Febr. Ernst-Wilhelm Stuckert übergibt Unterlagen seines Vaters dem Storm-Archiv 19. März NDR-Fernsehen im Storm-Haus (Nordschau-Magazin – Sendung Karfreitag) 22. März Vortrag des Sekretärs über Storms Lyrik für den Heimatverein Steinhagen im Thomas Hotel, Husum 20. u. 21. April Literaturtage 2007 in Husum, Grußwort und Führung durchs Storm-Haus und die Stadt durch den Sekretär 21. April Groth-Tagung; Vertretung der Gesellschaft durch den Sekretär 2. und 3. Mai NDR Info – Herr Panzer – Reportage über das Storm-Zentrum 6. Mai NDR-Fernsehen – Dr. Wilfried Hauke – Dreh für die Reihe „Milbergs Reisen“ 6. Juni Gespräch Radio Bremen mit Dr. Lefebvre 9. und 10. Juni Hebbel-Tagung; Vertretung der Gesellschaft durch den Sekretär 186

10. Juni

Architektentag – Besichtigung des Archiv-Gebäudes

28. Juni  Gespräch mit Herrn Hofmann (Regisseur) – suchte Anregungen für eine Storm-Verfilmung 6. – 8. Juli  Storm-Tage in Heiligenstadt; Vertretung der Gesellschaft durch den Sekretär 7. Juli  Vortrag vom Sekretär während der Storm-Tage: „Bürgers trunkene Liebesphantasie“. Theodor Storm und Gottfried August Bürger Juli/August Unterstützung für Verena Biesalski für ihre Examensarbeit an der Georg-August-Universität Göttingen „Literaturtourismus am Beispiel von Husum und Theodor Storm“ durch Auslegen von Fragebögen im Museum, durch Gespräche mit dem Sekretär, mit der Tourismus und Stadtmarketing GmbH Husum und dem Kulturamt der Stadt Husum 23. August Kulturstiftung Kreis Rendsburg-Eckernförde und Storm-Gesellschaft; Planung des Projekts „Auf den Spuren Storms“ – Norddeutsche Realisten

Führung durch Haus und Stadt durch den Sekretär

29. August Vortrag des Sekretärs im „Zwei Löwen-Klub“ Münster: „Theodor Storms Schulzeit. Vom kulturellen Werdegang eines Dichters“ 8. September DeutschlandRadio für die Live-Sendung „Deutschlandfahrt aus Husum“ 11. September Führung durchs Storm-Haus – Generalstaatsanwaltschaft aus Schleswig 19. September Veranstaltung zur HusumWind im Storm-Haus „Lesung aus den Briefen an Constanze“ 23. September Tourismusagentur S-H – Führung von Pressevertretern durchs Storm-Haus 2. Oktober

Veranstaltung zum Jubiläum – 35 Jahre Storm-Haus



Tag der offenen Tür im Storm-Zentrum

7. u. 8. Dezember Seminar im Storm-Haus mit Prof. Dr. Detering und Studenten aus Göttingen 8. Dezember  Stadtbibliothek Bremen; Vortrag des Sekretärs: Theodor Storm verwandelt „einen Deichspuk in eine würdige Novelle“. Von der Arbeit am „Schimmelreiter“ Im Jahre 2008 soll in Husum eine wissenschaftliche Konferenz der TheodorStorm-Gesellschaft stattfinden, für die Frau Dr. Fasold, Prof. Dr. Detering und Dr. Stein ein Konzept vorgelegt haben und die gemeinsam mit mir vorbereitet wird. Thema: Zwischen Mignon und Lulu. Das Rätsel der „Kindsbraut“ in Biedermeier und Realismus. In den konzeptionellen Überlegungen heißt es: „Untersuchungen zu Storms Novellistik sind in jüngerer Zeit wiederholt auf die Darstellung von hoch proble187

matischen Geschlechter- und Generationenverhältnissen gestoßen. Von den frühen „Sommergeschichten“ bis ins Spätwerk hinein richtet sich das Begehren der Storm’schen Protagonisten auf noch junge, am Rande der Pubertät befindliche Mädchen, deren immer ähnliche Beschreibung an das seit der Goethezeit umhergeisternde Phantasma der Kindsbraut denken lässt. Reife Liebesbeziehungen und eine eigene Familiengründung bleiben den männlichen Hauptfiguren zumeist versagt, da jene Kindfrauen sich, aus von Text zu Text scheinbar unterschiedlichen Gründen, allzu rasch in „Totenbräute“ verwandeln.“ Die Homepage der Storm-Gesellschaft wurde von über 137.000 Interessenten besucht, in der erneut Informationsmaterialien bereitgestellt wurden, die im Internet abgerufen werden können. Die Präsentation befindet sich z. Zt. in Umbau und wird ständig aktualisiert. 6. Programm der Storm-Tagung vom 14. bis 16. September 2007 in Husum Freitag, 14. September 2007 19.00 Uhr: Rathaus, Husum, Ratssaal Dr. Gerd Eversberg: Lesung „Der wilde Storm“ anschl. gemütliches Beisammensein Sonnabendvormittag, 15. September 2007 ab 9.00 Uhr: Storm-Haus, Wasserreihe Möglichkeit zur Besichtigung des Museums 10.00 Uhr: Irene-Thordsen-Kongresshalle, Erichsenweg Matinee Begrüßung durch den Präsidenten Prof. Dr. Detering Buchvorstellung durch Prof. Dr. David Jackson, Cardiff/Wales Briefwechsel: “Theodor Storm – Ernst Storm” Übergabe des Briefbandes durch Frau Dr. Carina Lehnen (Erich Schmidt Verlag, Berlin) Anschließend signiert der Autor den Briefband Sonnabendnachmittag, 15. September 2007 Irene-Thordsen-Kongresshalle, Erichsenweg 14.00 Uhr: Mitgliederversammlung Tagesordnung: Begrüßung durch den Präsidenten Prof. Dr. Heinrich Detering Tätigkeitsbericht des Sekretärs Dr. Gerd Eversberg Kassenbericht des Rechnungsführers Olaf Küter Übergabe der Schecks aus der Irene Thordsen- und Karl Ernst Laage-Stiftung Wahlen Verschiedenes Anschließend: Möglichkeit zu einer Tasse Kaffee im Foyer 15.30 Uhr: Festversammlung Begrüßung durch den Präsidenten Prof. Dr. Detering Festvortrag Prof. Dr. David Jackson, Cardiff/Wales: „Theodor Storms Kinder: verlorene Söhne – benachteiligte Töchter?” 188

Sonnabendabend, 15. September 2007 19.00 Uhr: Schloss vor Husum, Rittersaal zwischen Töne – Storm-Lieder im Vergleich Ein Liederabend mit Werkstattgespräch Begrüßung durch den Präsidenten Prof. Dr. Detering Ausführende: Dorothea Spielmann-Meyns, Sopran Ralf Kukowski, Klavier Moderation: Gerd Eversberg Sonntagmittag, 16. September 2007 13.00 Uhr: Abfahrt vom ZOB Exkursion nach Tondern (Dänemark) 14.00 Uhr Gang durch die Stadt zum Lehrerseminar, zum Wohnhaus der Schwiegereltern Ernst Storms, Familie Krause, und zum Alten Rathaus, in dem Ernst Storm als Hilfsrichter gearbeitet hat. Danach Besuch der „Christkriche“. ca. 16.00 Uhr Kaffeetrinken im Landhotel Tetens-Gasthof, Süderlügum gegen 18.00 Uhr Ankunft in Husum Storm-Tagung vom 18. bis 21. September 2008 (Vorschau) mit internationalem Symposion: Zwischen Mignon und Lulu. Das Rätsel der „Kindsbraut“ in Biedermeier und Realismus Donnerstag, 18. September 2008 Eröffnung des Symposions Freitag, 19. September 2008 Internationales Symposion „Zwischen Mignon und Lulu. Das Rätsel der ‚Kindsbraut‘ in Biedermeier und Realismus“ Puppenspiel „Stein und Rose“ nach Storms Novelle „Hinzelmeier“ Dr. Gerd Eversberg: Die Darstellung des Puppenspiels in Theodor Storms Novelle „Pole Poppenspäler“ Sonnabend, 20. September 2008 Fortsetzung des Symposions Mitglieder- und Festversammlung Vorbereitung der Exkursion ins Nolde Museum nach Seebüll Sonntag, 21. September 2008 Exkursion nach Seebüll ins Nolde Museum Storm-Tagung 2009: 11. September bis 13. September

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